Was ist neu

Das grüne Licht

Mitglied
Beitritt
13.06.2015
Beiträge
3
Zuletzt bearbeitet:

Das grüne Licht

Party! Endlich mal wieder eine gute Veranstaltung, dachte sich Vivienne, als sie die Einladung zum Sommerfest am nahe gelegenen See erhielt. Der See befand sich in einem Naturschutzgebiet. Das Fest sollte auf der Terrasse eines Restaurants stattfinden, in dem sie schon öfter gewesen war. Der Besitzer hatte auch mehrere Lokale in der Stadt, die regelmäßig von den sogenannten Schönen und Reichen frequentiert wurden. So brauchte er sich keine Sorgen um mangelndes Interesse machen und wartete mit einem großen Programm auf.

Vivienne machte sich fertig und fuhr am frühen Abend mit ihrer Freundin Julie zum See. Als sie ankamen, war es noch relativ leer. Die Dämmerung hatte bereits eingesetzt und verband sich mit der rosafarbenen Beleuchtung der Lokalität zu einem traumhaften Licht.
Nach und nach kamen immer mehr Gäste, es wurde gegessen, getrunken und getanzt. Einen Augenblick lang dachte sie, dass es eigentlich eine sehr oberflächliche Gesellschaft war. Sie ging mit Julie an den Rand der Terrasse zum See. Es war inzwischen schon dunkler geworden. Himmel und See leuchteten in einem Grün, das sie noch nie zuvor gesehen hatte. Sie schenkte diesem Licht zunächst keine Beachtung und ging wieder zurück zu den anderen Gästen. Es war sehr voll geworden. Julie und sie tranken ein Glas Wein und tanzten. Nach einer Weile ging sie wieder zurück zum Rand der Terrasse. Noch immer leuchteten See und Himmel grün. Woher kam das? War es nur eine optische Täuschung? Die anderen Gäste schienen es nicht zu bemerken. Vielleicht interessierte es sie auch nicht. Sie hatte plötzlich den Eindruck, das grüne Leuchten würde sich weiter Richtung Terrasse ausbreiten. Sie trat einen Schritt zurück und fühlte den seltsamen Drang, das Lokal verlassen zu müssen. Sie ging zu Julie, die gerade mit einem jungen Mann flirtete und machte ihr deutlich, dass sie kurz hinausgehen wollte. Inzwischen war es so voll, dass sie eine ganze Weile dafür brauchte. Als sie endlich vor dem Eingang stand, sah sie zurück und ihr stockte der Atem: das grüne Licht hatte sich über die gesamte Terrasse gelegt. Immer noch schien es niemand außer ihr zu realisieren. Sie glaubte schon an Halluzinationen, als etwas Fürchterliches passierte. Nach und nach begann das grüne Licht die Gäste zu verschlucken. Es blieb einfach nur ein leerer Platz übrig. Seltsamerweise nahm auch das niemand war. Vielleicht dachten die Leute, das Lokal leere sich langsam, es war schon spät. Irgendwann war keiner der Gäste mehr da. Alle waren von dem Licht verschluckt worden, lautlos, auch Julie. Eine gespenstische Stille lag über dem Ort. Vivienne wollte so schnell wie möglich nach Hause.
Sie konnte nicht glauben, was geschehen war und fürchtete, zu Hause ein ähnliches Szenario zu erleben. Aber dem war nicht so. In der Hoffnung, alles wäre nur ein Alptraum gewesen, ging sie zu Bett.

Am nächsten Morgen fuhr sie erneut zu dem Restaurant am See. Das grüne Licht war verschwunden, die Sonne schien. Aber dennoch war es kein Alptraum! Alles auf der Terrasse war noch wie am Abend zuvor, es standen leere Teller auf den Tischen, halb gefüllte Weingläser und nicht geleerte Aschenbecher. Aber kein einziger Mensch war mehr dort. Das einzige, was von diesen Menschen übrig blieb, war deren Schmuck und teure Uhren, die ebenfalls auf den Tischen und auf dem Boden lagen. Was hatte das zu bedeuten? Ängstlich blickte sich Vivienne um. In der Mitte der Terrasse saß ein kleiner Sperling. Er flog nicht fort, auch nicht, als Vivienne näher kam und ihn vorsichtig aufhob. Anscheinend konnte er nicht mehr fliegen. Sie nahm ihn an sich und fuhr zurück nach Hause, wo sie sich um ihn kümmern wollte. Als sie ihn näher betrachtete, sah sie seine leuchtend grünen Augen...

 

Hallo lily!

Unter Fantasy und Horror hast du deinen Text angesiedelt. Unter diesem Aspekt solltest du dir den Text nochmal ansehen. Was ist wichtig? Was nicht? Ist der Restaurantbesitzer wichtig und dass er mehrere Restaurants betreibt ...? Nein, wohl kaum. Also kannst (und solltest) du das streichen.
Wo fängt deine Geschichte an, ich meine das, was du wirklich erzählen willst, was Fantasy und Horror ist? Beim grünen Licht. Das davor kann alles weg, ein Satz zum Setting reicht: Party am See. Natürlich kannst du auch Atmosphäre aufbauen, aber das solltest du entweder mit Beschreibung eines geheimnisvollen Settings machen (nicht sagen: langweiliges Restaurant, reicher Besitzer) und/oder über deine Protagonistin Vivienne. Denn wer ist sie eigentlich? Bisher steht da bloß: jemand, der mit einer Freundin zu einer Party geht. Das erzählt dem Leser nichts.
Dann: das Geheimnisvolle: "Nach und nach begann das grüne Licht die Gäste zu verschlucken." => unbedingt ausführlicher beschreiben, nicht lapidar mit einem Satz abhandeln. Und das Innenleben der Protagonistin einbringen. Was denkt sie? Hat sie Angst? Ich meine, ihre Freundin wird verschluckt, verschwindet einfach, und deine Vivienne will bloß nach Hause und geht ins Bett? Ernsthaft? Hat sie denn keinerlei Gefühle? Sie benimmt sich wie ein Roboter, das ist nicht glaubwürdig!
Und was philosophisch an den Text sein soll, ist mir nicht ergründlich, sorry.

Ich weiß nicht genau, was ich dir raten soll. Fantasy- und Horrorstories lesen und herausfinden, wie sie funktionieren, vielleicht. Denn bisher ist es mit deinem Text noch nicht weit her, sorry. Nicht persönlich nehmen, ja? So ist das nicht gemeint, ich will dir nichts Böses.

Grüße,
Chris

PS: Und es wäre nett, wenn du auch Texte anderer kommentierst, geben und nehmen, weißt du?

 

Hallo lily,
erstmal möchte ich sagen, dass ich deine Idee grundsätzliches gut finde. An einem relativ gewöhnlichen Ort passiert etwas Schreckliches, ohne das später genau geklärt wird, was vor sich gegangen ist. Chris hatte zum Setting bereist etwas gesagt und ich sehe ebenfalls nichts philosophisches an dem Text.

Der Besitzer hatte auch mehrere Lokale in der Stadt, die regelmäßig von den sogenannten Schönen und Reichen frequentiert wurden. So brauchte er sich keine Sorgen um mangelndes Interesse machen und wartete mit einem großen Programm auf.

Auch das wurde bereits gesagt, aber ich wiederhole es nochmal, da es wirklich wichtig ist: Streiche, was unwichtig ist. Das sich die sog. "Reichen und Schönen" auf der Party befinden, kann man ja gerade noch als atmosphärisch durchgehen lassen, aber dass das Geschäft gut läuft und das Programm groß ist, geht zu weit. Beides ist für den Fortgang der Geschichte nicht wichtig.

Vivienne machte sich fertig und fuhr am frühen Abend mit ihrer Freundin Julie zum See. Als sie ankamen, war es noch relativ leer. Die Dämmerung hatte bereits eingesetzt und verband sich mit der rosafarbenen Beleuchtung der Lokalität zu einem traumhaften Licht.

An dieser Stelle fiel mir etwas zu deinem Stil auf, von dem ich nicht genau sagen kann, ob das intendiert ist oder nicht. Deine ganze Geschichte wirkt ein bisschen wie ein Artikel in einer Zeitung oder Polizeibericht. Ich fand das Wort "Lokalität" irgendwie unpassend und ein bisschen technisch und dann fiel mir auf, dass du im weiteren Verlauf komplett auf die direkte Rede verzichtest und den Leser im Allgemeinen nicht besonders tief in die Vorkommnisse eintauchen lässt. Du berichtest ihm schlicht, was passiert ist und reicherst das ab und zu mir den Gedanken deiner Protagonistin an.

Sie ging mit Julie an den Rand der Terrasse zum See.

Warum?

Es war inzwischen schon dunkler geworden. Himmel und See leuchteten in einem Grün, das sie noch nie zuvor gesehen hatte. Sie schenkte diesem Licht zunächst keine Beachtung und ging wieder zurück zu den anderen Gästen.

Hier dienen deine Figuren nur dem Plot und haben keine eigene Motivation. Vivienne und Julie haben keinen Grund auf die Terrasse zu gehen. Sie sind nur von dir da "positioniert" worden, damit Vivienne das Licht bemerkt. Kaum ist das geschehen, gehen sie auch schon wieder weg.
Es würde hier schon völlig ausreichen, zu sagen, dass die Aussicht schön ist, oder dass die Luft hier besonders frisch ist, oder so.

Immer noch schien es niemand außer ihr zu realisieren.
Im Deutschen realisiert man Bauprojekte und dergleichen. Man macht sie sozusagen real. Realisieren im Sinne von bemerken gibt es im Deutschen nicht.

Vielleicht dachten die Leute, das Lokal leere sich langsam, es war schon spät.

Eine Situation wird immer gruseliger, je konkreter sie beschrieben wird. Und hier verlierst du mich. Wie kommt sie darauf, dass die Leute das denken? Sehen die Leute, dass die anderen Gäste verschwinden und nehmen es dann doch nicht wahr? Wie reagieren sie, wenn ihr Gesprächspartner plötzlich verschwindet? Du sagst am Ende, dass die Gäste einige Dinge zurück lassen, müssten da nicht jetzt permanent Gläser zu Boden fallen? Sag uns nicht, was passiert, sondern wie es sich anfühlt.

Alle waren von dem Licht verschluckt worden, lautlos, auch Julie.

Und jetzt wird es wirklich absurd. Ihre Freundin verschwindet und du erwähnst das nur nebenbei, als sei diese Figur im Grunde von Beginn an unwichtig gewesen. Unwichtig für Dich, unwichtig für den Leser und unwichtig für deine Protagonistin.

Sie konnte nicht glauben, was geschehen war und fürchtete, zu Hause ein ähnliches Szenario zu erleben.

Wie kommt sie darauf? Denkt sie, eine Art Apokalypse ist ausgebrochen? Lass uns an ihren Gedanken teilhaben.

Am nächsten Morgen fuhr sie erneut zu dem Restaurant am See.

Warum? Deine Protagonistin wird an dieser Stelle zum ersten Mal wirklich aktiv (Flucht zähle ich mal nicht dazu). So ein Moment ist wichtig, weil Reaktion zur Aktion wird. In solchen Momenten liegt häufig die berühmte Charakter-Entwicklung begraben. Uns wird in diesem Fall jedoch nur berichtet, was passiert, nämlich, dass deine Protagonistin halt zurück geht, und es wird kein Wort über ihre Motivation verloren.

In der Mitte der Terrasse saß ein kleiner Sperling. Er flog nicht fort, auch nicht, als Vivienne näher kam und ihn vorsichtig aufhob. Anscheinend konnte er nicht mehr fliegen. Sie nahm ihn an sich und fuhr zurück nach Hause, wo sie sich um ihn kümmern wollte. Als sie ihn näher betrachtete, sah sie seine leuchtend grünen Augen...

Mich hast du hier überrascht. Auch wenn das Ende nicht besonders konkret ist, habe ich das nicht kommen sehen und das ist für eine Horror-Geschichte schon einmal sehr gut. Ich glaube sowieso, dass du kein großes Problem mit interessanten Ideen hast, nur in der Umsetzung hapert es ein wenig. Gerade das Ende deiner Geschichte hat mich ein wenig an Stephen King erinnert, den ich dir als Leseempfehlung auch ans Herz legen würde. Wenn du ein bisschen Zeit hast, ließ "Es", wenn nicht besorgt dir einige seiner Kurzgeschichten.

Wenn du Horror schreibst, mach deinem Leser Angst! ;)

Liebe Grüße,
David

 

Hey Lily,

David und Chris haben ja schon viele Dinge angesprochen, die du verbessern kannst. Deshalb will ich das jetzt nicht alles wiederholen, aber einige Dinge muss ich doch sagen...

Ich hatte von Anfang an gar keinen Bezug zu deinen Charakteren. Es waren einfach irgendwelche Leute, die irgendwas getan haben. Sie gingen auf ein Fest, haben eine Einladung bekommen, aber warum? Gehören sie auch zu den Reichen und Schönen? Kennen sie jemand wichtigen, der sie eingeladen hat? Das könnte man doch dann nebenbei erwähnen, sonst verstehe ich nicht, wie sie auf diese Party kommen...

Einen Augenblick lang dachte sie, dass es eigentlich eine sehr oberflächliche Gesellschaft war.

Warum ist die Gesellschaft oberflächlich? Das muss doch einen Grund haben. Zeigen, nicht erzählen. Zeig dem Leser die oberflächliche Gesellschaft zB. die Damen, die die Nasen über eine billige Handtasche rümpfen, oder so was.

Ein bisschen komisch ist auch, dass Vivienne dem grünem Licht keinerlei BEachtung schenkt. Falls sie nicht irgendwo lebt, wo es Polarlichter gibt, sollte ein geheimnissvolles grünes Licht doch etwas in einem auslösen. Zumindest sollte sie ihre Freundin darauf aufmerksam machen. "Was ist denn das für ein Licht, Julie?" Und dann könnte Julie sagen: "Was denn für ein Licht? Haste schon ein paar Gläschen zuviel gehabt?"

Immer noch schien es niemand außer ihr zu realisieren. Sie glaubte schon an Halluzinationen, als etwas Fürchterliches passierte.

Hier solltest du nicht schreiben, dass etwas Fürchterliches passierte, sondern so schreiben, dass der Leser es selbst erkennt. Das Lesen der Geschichte brachte mich nicht gerade zum Bibbern...
etwas Fürchterliches...aha; alle Gäste verschwanden... hmmm; die Leute interessierte das nicht...kann ich ihnen nicht verübeln...
deine Vivienne interessiert es ja auch nicht, man würde denken, sie sollte in Panik ausbrechen, die anderen Gäste ansprechen und sie darauf aufmerksam machen, weinen, reagieren, irgendetwas, aber sie sieht einfach nur zu und dann verschwindet auch noch ihre Freundin... entweder sie ist ein vollkommener Soziopath (dann solltest du sie auch dementsprechend beschreiben) oder sie sollte doch wenigstens irgendetwas fühlen, wenn eine ganze Partygesellschaft vor ihr verschwindet.
Außerdem, wenn ich sehe, dass ein geheimnisvolles Licht alle verschluckt, dann habe ich eine verdammt riesengroße Angst, dass dasselbe auch mit mir passiert. Da kann einer schon mal durchdrehen (ich würde das zumindest)

Vom Inhalt her fehlt deinem Text noch einiges... das soll dich aber jetzt nicht demotivieren :) Du schaffst es sicher, daraus etwas sehr spannendes zu machen. Aber von nichts, kommt halt nichts, deswegen überarbeiten...

Liebe Grüße

Luz

 

Letzte Empfehlungen

Neue Texte

Zurück
Anfang Bottom