Das Gewitter
Der junge Mann lief so schnell er konnte. Schweren Regentropfen peitschten ihm ins Gesicht und durchnäßten seine Kleidung bis auf die Haut. Blitze zuckten vom Himmel, gefolgt vom tiefen Grollen des Donnergottes. Die Weizenähren krümmten sich unter der Macht des Sturms bis sie brachen. Das Feld, durch das der junge Mann lief, erstreckte sich weit in alle Himmelsrichtungen. Weiter vorne flüchtete eine kleine Herde Rehe vor dem Zorn des Gewitters. Der junge Mann konnte die schützenden Bäume schon sehen, obwohl der Regen eine trübe Wand aus Nebel vor sein Blickfeld baute. Nur noch ein paar hundert Meter, dann hatte er es geschafft und die tobenden Naturgewalten konnten ihm nichts mehr anhaben. Ein paar Schritte vor ihm schlug ein Blitz in die feuchte Erde und gleichzeitig ertönte das Donnern, so laut wie ein Kanonenschuß. Rauchschwaden stiegen von den verbrannten Ähren auf und dann sah der junge Mann die Gestalt. Er wurde langsamer und kam kurz vor dem Fremden zum Stillstand.
Der Fremde stand breitbeinig inmitten des Weizenfeldes. Sein langer, schwarzer Umhang wurde wie eine Fahne nach hinten geweht und warf unzählige Falten. Er trug eine schwarze Kapuze am Kopf und hatte den Blick nach unten gerichtet. Sein Gesicht war verborgen. Der junge Mann betrachtete die imponierende Erscheinung mit wachsendem Unbehagen. Dann bemerkte er das Reh, das wenige Schritte hinter dem Fremden tot im Weizenfeld lag. Sein Fell brannte. Der Regen prasselte auf die Flammen und drohte sie zu löschen. Dampf stieg von dem Kadaver auf. Der junge Mann blinzelte den Regen aus seinen Augen und warf einen letzten Blick auf den Fremden. Dieser hob sein Gesicht und der Sturm blies ihm die Kapuze vom Kopf. Sein schneeweißes, langes Haar wurde als mächtige Mähne nach hinten geweht. Der junge Mann geriet in Panik und lief zurück in die Richtung, aus der er gekommen war.
Der Fremde blickte ihm nach. Sein Gesicht war alt und kantig, die Haut spannte über den Knochen und seine Augen funkelten gefährlich. Der Fremde hob einen Arm und deutete mit den krummen Fingern auf den Fliehenden. Er lächelte, als an seinen Fingerspitzen ein neuer Blitz entstand, in einer eckigen Linie durch die Luft jagte und den jungen Mann schließlich einholte.