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Das Geschenk

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08.06.2002
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Das Geschenk

Als der Himmel explodierte, war es ungefähr 12 Uhr mittags. Das bunte Spektakel gefiel den Kindern, die vor ihren Häusern spielten; sie ließen alles fallen und starrten mit glänzenden Augen nach oben, manche drehten sich im Kreis und streckten ihre kleinen Zeigefinger hoch über ihre Köpfe, aus ihren Kehlen kamen Begeisterungskrächzer und Freudenschreie. Die Mütter, Väter und älteren Geschwister waren in den Häusern, sie steckten in Kleiderschränken, lagen unter den Betten oder kauerten in übriggebliebenen Ecken. Der Himmel explodierte ziemlich langsam - so schien es den Kindern. Zunächst zwei rote Risse, aus deren Schnittpunkt eine staubige blaurote Substanz kam und sich durch ihre Umgebung fraß; die Stücke Himmel, die nicht davon betroffen waren, fingen zu splittern an, und bald regnete es Scherben, die im Flug ständig ihr Wesen änderten - mal waren sie schwarze Teertropfen, brühend heiß, glänzend, lichtaufsaugend, dann drehten sie sich und versprühten diamantenähnliches Feuer, brachen die Lichtwellen und färbten die Gesichter der faszinierten Kinder nach Regenbogenart. Wäre ein Erwachsener dem Geschehen beigewohnt, es wäre ihm vorgekommen, als ätze sich die Hölle ins Paradies und verwandle die Engel in gedankenlos staunende Beobachter. Es gab jedoch keinen Erwachsenen in der Nähe - keinen, der seine unermeßliche Angst vor dem Nichts hätte überwinden oder wenigstens bewußt erkennen können. Und wozu auch? Die Kinder brauchten keine Umschreibung, keine Erklärung. Sie ließen sich von diesem Zauber umhüllen und befanden sich in einem Zustand der höchsten Zufriedenheit. Zum ersten und zum letzten Mal in ihrem wunderbar sonderbaren kleinen Leben.

Der Tod erreicht nur den, der sich vor ihm fürchtet. Die Kinder empfingen ihr letztes Geschenk mit offenen Armen, mit offenen Augen. Bedingungslos akzeptierten sie die Entschuldigung des Lebens. Und sie empfanden in diesen wenigen Momenten mehr, als es ein Erwachsener jemals gekonnt hätte. Sie lebten - jetzt ...

 

Hallo anti materia!

ich bin nicht sehr bewandert in der SF, doch ich denke schon, diese Geschichte wäre in Philosophisches oder in Seltsam besser aufgehoben - aber das ist, wie so vieles, Ansichtssache :)

Wenn ich deine Geschichte nämlich unter diesem Aspekt sehe (philosophisch), dann gefällt sie mir ganz gut, obwohl sie vielleicht ein wenig kurz ist.
Ich hätte mir gewünscht, du hättest die Story mit etwas mehr Details ausgestattet, kleine Sachen, die eine Erzählung interessant machen.

Stilistisch bist du nämlich ziemlich sicher, kleinere Holpereien fallen wenig ins Gewicht.
Ansonsten weiter so, ich bin gespannt!

P.S. Könnte mir vorstellen, dass Sheckley einer deiner Lieblingsautoren ist ;)

Viele Grüße!

 

Hallo!

Ich könnte mir die Geschichte auch gut in "Seltsam" vorstellen, da sie viele Fragen offen lässt:

z. B.:
Warum haben sich die Eltern und ältere Geschwister versteckt und die Kinder draußen gelassen, wenn sie doch wussten, dass irgendetwas "Schlimmes" geschehen würde?

Der Tod erreicht nur den, der sich vor ihm fürchtet. Die Kinder empfingen ihr letztes Geschenk mit offenen Armen, mit offenen Augen. Bedingungslos akzeptierten sie die Entschuldigung des Lebens.
Könnte es nicht auch sein, dass sie in ihrer kindlichen Naivität die Explosion des Himmels beobachteten?
Ich könnte mir gut vorstellen, dass sie gar nicht wussten, was sie eigentlich zu erwarten hatten.

Jedenfalls halte ich die Geschichte noch für erklärungsbedürftig. Ein wenig länger und verständlicher wäre sie mir lieber gewesen.

Inhaltlich ist sie aber nicht schlecht und ich glaube, es sind schon mal ein paar gute Ansätze für eine gute Kurzgeschichte vorhanden.

Sprachlich finde ich deine Story recht positiv. Du hast alles recht bildlich und ansprechend dargestellt.

Viele Grüße, Michael :)

 

Hallo ihr zwei!

Vielen Dank für die Kommentare.
Was das "erklärungsbedürftig" angeht - ich überarbeite diese Kurzgeschichte zur Zeit und poste die neue Version nochmals hier. Es ist zwar bekannt, dass eine Geschichte, die erst erklärt werden muss, nicht sonderlich gelungen sein kann, aber ich schreibe des Öfteren mehrere Versionen ein und desselben Textes.

Zu Michaels Frage:

"Warum haben sich die Eltern und ältere Geschwister versteckt und die Kinder draußen gelassen, wenn sie doch wussten, dass irgendetwas "Schlimmes" geschehen würde?"

Vielleicht hatten sie so große Angst, dass sie nur noch an sich denken konnten? Angst vor dem Nichts eben, das Wissen, dass alles endgültig vorbei ist ...

"Könnte es nicht auch sein, dass sie in ihrer kindlichen Naivität die Explosion des Himmels beobachteten?
Ich könnte mir gut vorstellen, dass sie gar nicht wussten, was sie eigentlich zu erwarten hatten."

Wie könnten sie auch? Für sie war es ein Erlebnis, das faszinierendste in ihren Leben.
"Bedingungslos akzeptierten sie die Entschuldigung des Lebens. " Es ist auch gut so, denn es bringt jetzt nichts mehr, sich zu verstecken, warum also nicht das letzte Mal in seinem Leben bewundern? Das können natürlich nur die Kinder in ihrer Naivität, wie du sagst.

Ich habe sehr vieles offengelassen, vor allem deshalb, damit der Leser / Kritiker mir mitteilt, was er in dieser Geschichte sieht.

Danke euch auch für das Lob, wie gesagt ich poste bald eine zweite Version.

Grüße, anti_materia

 

Hi anti materia,

ich konnte mich leider überhaupt nicht in die Geschichte hineinversetzen, sie hat mich eigentlich von Anfang bis Ende kalt gelassen. Ich konnte mir nichts genaueres unter deinem Himmelsbrechen vorstellen, irgendwie fehlte Atmosphäre und Bilder! Der Ansatz ist gut, die Idee, aber an der Umsetzung finde ich hapert es noch. Ich persönlich hätte mehr über diese Himmelsscherben erfahren, ihr Außensehen, ihre Konsistenz, ihre Wärme, Kälte... ein bißchen mehr Fühlung, weißt du was ich mein? Deine zweite Version würde ich gern lesen!

Wie gesagt, im Ansatz gut, aber zu platt erzählt!

Liebe Grüße, Korina :)

 

hallo anti.

mir persönlich gefällt die story recht gut. ich finds auch gut, dass nicht alles geklärt ist, wie und warum.

zur länge kann ich nur sagen, wenn alles gesagt ist was du sagen wolltest, dann ist sie lang genug.

eine aussagekräftige vision die du hier entwicklest. und phasenweise sehr poetisch, fast kitschig.

so long, der schumpo.

 

Hallo anti_materia,
als alter Science Fiction Fan möchte ich sagen dieses offen lassen der Fakten macht eigentlich den Reiz aus. Ich wäre gar nicht auf die Idee gekommen das in deiner Kurzgeschichte etwas fehlt. Es gibt so viele Erklärungen für deine Geschichte, Angriff von Außerirdischen, der dritte Weltkrieg, der Overgau eines Kernkraftwerkes...

Für mich könnte deine Geschichte in der Dramaturgie noch etwas aufgeppet werden, aber das nicht genau wissen was geschah macht für mich den größten Reiz bei deiner Kurzgeschichte aus. Weiter so!!! Echt stark!!! Vieleicht nehme ich gerade Kritik an einem neuen Star der Science Fiction Literatur.

Viele Grüße Susi

 

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