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Das Geheimnis meines Erfolges
Das Geheimnis meines Erfolges
Mit dem Malen hab ich angefangen, als meine Frau bei einem Autounfall ums Leben kam. Das war inzwischen dreizehn Jahre her.
Wir kannten uns gerade mal vier Jahre, dann haben wir geheiratet. Ihr Vater war ziemlich wütend auf sie, als sie es ihm erzählte. Mich kann er bis heute nicht leiden.
Meine Eltern hingegen waren froh, dass sie jetzt auf Enkelkinder hoffen konnten. Dazu sollte es nie kommen.
Nachdem wir elf Monate lang glücklich verheiratet waren starb sie in unserm Wagen, einem kleinem Fiat Punto, der alt und klapprig war als ich ihn das erste -und zu einem Würfel zusammengefahren als ich ihn das letzt mal sah. Er war dunkelblau, Marie wollte ihn unbedingt haben, ich hab mir gedacht warum nicht, wir brauchen ihn nur zum fahren, nicht um damit Schönheitspreise zu gewinnen.
Nachdem sie starb begann ich mit malen. Ein Psychologe der sich meiner angenommen und mich sechs Monate behandelt hatte, empfahl es mir. „Es bringt sie auf andere Gedanken“, hieß es.
Geholfen hat es mir, nicht nur seelisch. Ich konnte auch ein paar Bilder absetzen. Nicht für viel Geld aber dennoch für eine schöne Summe, zumindest für mich als Bibliothekar. Ich konnte schon als Kind gut malen, hätte aber nie gedacht, dass ich damit mal Geld verdienen könnte.
Damals als bei mir eingebrochen wurde, hatte ich mal wieder ein künstlerisches Tief. Ich wusste nicht was ich malen sollte, hatte auch keine rechte Lust dazu. Ich hatte ein Gemälde angefangen, wusste aber nicht wie es damit weitergehen sollte. Ich spielte mit dem Gedanken es wegzuschmeißen, überlegte es mir dann aber anders, weil ich schon so viel Arbeit hineingesteckt hatte.
Es war ein sonniger und sehr heißer Freitag gewesen. Ich hatte meine liebe Not die ganze Zeit in der stickigen, kleinen und bis zum Kochen aufgeheizten Bibliothek zu verbringen. Wie gesagt sie ist nicht sehr groß, genau wie unsere Stadt und es arbeiten außer mir nur noch fünf weiter Personen hier. Also können wir es uns nicht leisten, uns während unserer Arbeitszeit vom Platz zu entfernen.
Als ich nach Hause kam, das weiß ich noch genau, hab ich mir erst einmal ein Bier aus dem Kühlschrank geholt und ich vermag mich ebenfalls zu erinnern, dass ich meinen Kopf, zumindest für ein paar Sekunden, tief in den Schrank gesteckt hab.
Nachdem ich in mein Wohnzimmer gegangen bin und mich auf dem alten Ohrensessel meiner Mutter, Gott hab sie selig, gesetzt hatte, öffnete ich das Bier. Es tat gut als das Getränk meine vertrocknete Kehle hinunterrann. Herrlich. Dann zündete ich mir eine Zigarre an und lehnte mich zurück. Ich rauchte genüsslich und trank mein Bier dazu. Dabei machte ich mir weder Gedanken über die Arbeit, meine tote Frau oder daran dass ich zur Zeit nichts gescheites auf die Leinwand brachte. Diese stand in einem Gästezimmer das ich zum Atelier umgewandelt hatte, im zweiten Stock meines Hauses.
Ich schaute einfach nur aus dem Fenster, von welchem ich auf einen kleinen Bach hinabsah. Sein fließen, das beständige plätschern beruhigt mich ungemein.
Irgendwann schlief ich ein.
Als ich aufwachte waren vier Stunden vergangen. Draußen begann es zu dämmern und die Luft kühlte langsam ab. Die Grillen begannen ihre Sommernacht Konzerte. Ich stand auf und warf meine Zigarren Kippe in den Mülleimer. Die Bierflasche legte ich in einen Korb den ich im Flur vor der Eingangstür hingestellt hatte, indem ich alle leeren Mehrwegflaschen hineinstellte. Dann machte ich mir zwei Brote, eins mit Leberwurst, das andere mit Salami und setzte mich vor den Fernseher, die Nachrichten waren vorbei und sonst kam nichts was mich noch weiter vor dem Flimmerkasten hätte fesseln können, also ging ich, nachdem ich fertig gegessen hatte in die Küche und trank noch ein Glas Wasser. Nachdem ich geduscht hatte, ging ich sofort ins Bett.
Ich konnte nicht schlafen.
Jetzt gingen mir all die Gedanken durch den Kopf, die ich am Nachmittag, mit Hilfe des Bieres und der Müdigkeit die ein solcher Tag mit sich bringt, vermeiden konnte.
Meine Bilder. Ich hatte lange nicht mehr gemalt. Ich nahm mir vor am nächsten Tag wieder zu beginnen, was, wusste ich noch nicht. In meinem inneren dachte ich mir aber schon das, das nichts werden würde.
Nachdem ich noch eine Weile wach gelegen hatte schlief ich doch irgendwann ein, es muss so gegen eins gewesen sein.
Ich wurde von Schritten geweckt. Ganz leise und unbestimmt, strich jemand durch mein Haus. Es dauerte eine Weile bis ich verinnerlichte was das zu bedeuten hat. Dann kam die Angst.
Ich hatte keine Waffe in meiner Wohnung, geschweige denn in meinem Schlafzimmer. Ich sah auf den Wecker, die rotleuchtenden, digitalen Zahlen zeigten mir dass es sieben Minuten nach fünf war. Sollte ich die Polizei anrufen? Nein, vielleicht verschwindet der, die oder das gleich wieder. Ich hatte keine Lust draufzugehen.
Die Schritten kamen näher und ich hörte wie diese Person die Treppe hochstieg. Die Tür meines Schlafzimmers stand einen Spalt offen. Das mache ich immer im Sommer, bessere Luftzirkulation.
Ich kroch etwas weiter unter die Decke aber so dass ich noch die Tür im Blick hatte. Der Mond stand gut. Er erhellte den Raum und ein Lichtstrahl schoss hinaus in den Flur.
Mein Puls war schnell. Meine Herz springt mir aus der Brust, dachte ich.
Die Schritte kamen näher. Sie schlürften über das Parkett der Diele.
Eine Silhouette erschien. Sie blieb stehen. Durch den Türspalt konnte ich die Augen erkennen. Die Augen. Sie waren weiß, ausdruckslos. Die Fratze des Todes.
„Hallo, Onkel!“, die Gestalt hatte etwas gesagt. Es war eine Männerstimme, die aber doch krächzend hoch klang. Ich war nicht im Stande etwas zu antworten. Ich rechnete damit das er in mein Zimmer kommen und mich erstechen, erschießen, erdrosseln würde. Aber ich würde mich wehren. Oh, ja. Komm nur!
Ich hörte wie die Schritte weiter über das Parkett schlurften.
Er ging weiter. Eine Tür wurde geöffnet. Es konnte nur mein Atelier sein, es lag am Ende des Ganges.
Ich hörte wie die Gestalt den Raum betrat, die Tür wurde geschlossen. Stille.
Ich lag circa fünf Minuten lang still in meinem Bett ohne mich zu rühren. Ich lauschte. Nichts. „Was macht der da?“, fragte ich mich.
Schnell stand ich auf rannte zur Tür, schlug sie zu und drehte den Schlüssel. Dann nahm ich die kleine Kommode die neben der Tür und vor einem alten Spiegel meiner Mutter stand und schob sie vor die diese.
Als ich den Lichtschalter betätigte, kam mir die Helligkeit nicht so blendend vor, wie sonst. Egal. Ich ging zum Telefon. 110.
Nachdem ich dem Polizisten, am anderen Ende der Leitung, alles durchgegeben hatte was nötig war, setzte ich mich links neben die Tür. Ich war mit einem Kerzenständer bewaffnet. Der hat scharfe Kanten.
Ich hörte die ganzen neun Minuten nichts bis die Polizei kam. Das Blaulicht, welches die Decke von draußen beschien, beruhigte mich.
Erst als ich hörte das sich ihre Schritte im zweiten Stock befanden stand ich auf, kippte die Kommode um und drehte den Schlüssel. Als ich die Tür aufriss starrten mir zwei Pistolenläufe und vier Augen entgegen. Sie erkannten zum Glück, das ich nicht der Einbrecher war und gingen weiter zu der einzigsten weitern Tür auf dieser Etage.
Schnell war ich wieder in meinem Zimmer und lauschte. Mit einem Schlag öffneten sie die Tür, dass ich dachte sie fällt aus den Angeln.
„Hände hoch!“.
Ich hörte ein gequältes schreien aus dem Atelier. Schon wieder diese schreckliche Stimme.
Nach einer Tasse Kaffee fühlte ich mich besser. Ich war im Polizei Revier um fragen zu beantworten und ebenfalls Antworten auf die gestrige Nacht zu erhalten. Zwei Beamten waren im Raum, einer saß vor mir, der andere hackte an seinem Schreibtisch auf der Tastatur des Computers rum.
„Nun, Herr Omson, wir können ihnen sagen, das wohl nichts aus ihrer Wohnung entwendet wurde. Jedenfalls hatte unser Freund nichts dabei.“
„Ja, es fehlt auch nichts, heute morgen hab ich mich umgesehen, es war alles da wo es sein sollte.“
„Sehr gut. Da hätten wir das geklärt. Ehhm, wissen sie schon, dass der Einbrecher gestern Morgen aus der Psychiatrischen Heilanstalt hier in der Nähe geflohen ist?“
Die beiden sahen mich an und warteten auf eine Antwort. Nein ich wusste es nicht und ich denke dass sie es an meinem Gesicht ablesen konnten.
„Er ist eine Multiple Persönlichkeit, ein Schizo. Er ist, drei Personen in einer. Eigentlich ein 36 jähriger Bankangestellter, vor ein paar Jahren soll er dann wohl rumgesponnen haben. Er ist auch ein 48 jähriger Killer, der seinen Nachbarn umgebracht hat. Na ja und dann gibt es noch das neun jährige Mädchen in ihm, das war heute morgen bei ihnen zu Hause. Nur zeigt es sich nicht besonders oft. Er ist meist der Banker oder der Killer. Sie hatten Glück.“
Ja ich hatte Glück, nicht nur das. Ich hatte wie man so schön sagt, so richtig Schwein gehabt.
Das Mädchen, der Mann oder wie auch immer, hatte an meinem Bild gemalt. Es war gut. Es war fast fertig.
Man hatte den Mann auf dem Hocker vor der Leinwand und mit einem Pinsel bewaffnet festgenommen. Er hatte einfach an meinem Bild gemalt. Es war gut, verdammt gut.
Ich habe es zu beendet. Später hab ich es verkauft, für die höchste Summe bis dahin.
Inzwischen hab ich eine eigene Galerie in der Hauptstadt und kann von den Gagen des Malens leben.
Ich bin Herbert Omson. Das ist das Geheimnis meines Erfolges!
Danke Marie.