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Das Gartenzwerg-Massaker

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17.12.2004
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Das Gartenzwerg-Massaker

Das Gartenzwerg-Massaker

Wenn ich gewußt hätte, wie das Alles endet! Sie meinen wahrscheinlich, man sollte es als vernünftig denkender Mensch besser wissen. Aber andererseits kennen Sie die Boisenbergs ja auch nicht. Die Boisenbergs sind meine Nachbarn. So mit akkurat auf einen Zentimeter gestutzen Rasen, behutsam gepflegten Hecken und gewissenhaft gesäuberten Fußweg. Sie wissen schon, die Sorte, die den ganzen Tag damit beschäftigt ist, alles furchtbar nett aussehen zu lassen, jeden Abend um Punkt 18 Uhr den Rasen zu sprengen und den ganzen Tag eine Hektik verbreiten, die es einem selbst unmöglich macht sich zu entspannen. In ihrem Garten haben die Boisenbergs zwei Liegestühle stehen. Die Liegestühle stehen immer an der selben Stelle. So dicht aneinander, daß sich die Armlehen dabei berühren. An den Füßen der Liegestühle sind Unterleger angebracht, die den Rasen schützen sollen. Mein Garten sieht dagegen natürlich verwildert aus. Ich habe einfach keine Zeit ihn zu pflegen. Andererseits gefällt er mir so auch besser. Deshalb ist es mir auch ein Dorn im Auge, wenn Herr Boisenberg mit einem seiner furchtbar lauten, benzinbetriebenen Mänerspielzeugen beim Hecke- oder Rasenschneiden wie zufällig auch ein paar Stellen auf meinem Grundstück abmäht. Wahrscheinlich meint er, mir damit einen Gefallen zu tun. Jedenfalls grinst er mir dann immer wie ein Fünfjähriger zu, der sein Wasserfarben-Gekritzel Oma vorzeigt und um Aufmerksamkeit und Lob bettelt. Natürlich haben sie auch Gartenzwerge. Die Gartenzwerge sind alle mit Spitzhacke, Schaufel oder sonstigen Arbeistgeräten bewaffnet und stellen fröhlich lachende und fleißig schaffende Zwerge dar. Aber manchmal glaube ich, daß sie gar nicht fröhlich lachen, sondern boshaft grinsen. Einige von Ihnen sind so aufgestellt, daß sie in meine Richtung blicken, und ich schwöre Ihnen, daß ich sporadisch ein schadenfrohes Lachen in meine Richtung höre, ganz besonders wenn ich mich grade mal wieder über die Boisenbergs aufrege, weil sie abends noch den Rasen mähen, während ich versuche mich von meinem harten Arbeitstag zu erholen. Sie sehen, was letztens geschah war einfach unvermeidlich. Es war mal wieder ein harter Arbeitstag gewesen, und ich kam sehr spät Abends nach Hause. Als ich durch meinen naturbelassenen Garten ging, sah ich den perfekt gepflegten Garten der Boisenbergs und diese zwei Liegestühle, die immer an der selben Stelle stehen, und dieser verdammte Boisenberg hatte schon wieder beim Heckenschneiden in meinem Garten gewildert. Doch diesmal war er zu weit gegangen: er hatte einige meine Brombeersträucher gestutzt. In meinem Kopf begann es zu summen. Und da hörte ich es auch schon wieder. Dieses boshaft Lachen. Ich drehte mich um, und sah die Gartenzwerge mit ihren grinsenden Gesichtern. Sie alle starrten mich an und lachten mich aus. Aber denen würde das Lachen noch vergehen, denn heute war der Tag der Abrechnung gekommen. Ich schmiß meine Aktentasche hin und lief auf die Gartenzwerge zu. Wahllos fing ich an, sie umzutreten. Ich metzelte sie gnadenlos nieder, diese vorlauten Geschöpfe, die mir weismachen wollten, daß man bei der Arbeit gutgelaunt lachen könne. Ich trat einem den Kopf ab, und einen anderen traf ich so geschickt, daß er einen seiner eigenen Leute mit seiner Spitzhacke ins Auge traf. Ich war im Blutrausch, und da sah ich diesen lächerlich grinsenden Gartenzwerg mit der Laterne in der Hand. Ich nahm Anlauf und kickte ihn mit aller Kraft. Er flog im hohen Bogen direkt auf Boisenbergs Haus zu, durchbrach die gläserne Balkontür und blieb im Wohnzimmer liegen. Für eine Sekunde stockte mir der Atem. So ein Mist! Andererseits blieb alles still. Gehetzt schaute ich mich um. Niemand zu sehen. Wahrscheinlich war meine Tat unbemerkt geblieben. Schleunigst verschwand ich vom Tatort in guter Hoffung, niemals für das Gartenzwerg-Massaker zur Verantwortung gezogen zu werden. Ich konnte ja nicht wissen, daß die Boisenbergs dem Laternenzwerg tatsächlich eine kleine Öllampe in seine Laterne gesteckt hatten. Jetzt stehe ich am Doppelgrab der Boisenbergs und bedaure meine Impulsivität. Und wenn ich abends in meinem Garten sitze sehe ich das runtergebrannte Haus und die zwei Liegestühle, die immer noch so dicht beeinander stehen, daß sich die Armlehnen dabei berühren und manchmal vermisse ich die Boisenbergs dann doch ein wenig.

 

Hallo california!

Mach ich mal den Anfang. Mir hat die Geschichte ganz gut gefallen. Das Thema "Spießige Nachbarn" ist zwar nicht ganz neu, aber du hasts gut umgesetzt. Dass du den Leser mit "Sie" anredest ist etwas ungewöhnlich, passt aber gut zum Inhalt (Herr Boisenberg scheint ja auch ein ganz Korrekter zu sein).

Dass der Nachbar fremde Hecken gleich mitschneidet kenn ich übrigens aus eigener Erfahrung :D. Meiner hat mal den schönsten meiner Brombeersträucher komplett zurückgeschnitten. Da war ich auch kurz vorm Gartenzwergmassakker, dass du übrigens sehr lebhaft beschreibst. Der Schlussgag mit der Öllampe, die das Haus der Nachbarn in Flammen aufgehen lässt, finde ich ein bisschen weit hergeholt. Die Tatsache allerdings, dass der Protagonist am Grab der Boisenbergs steht, find ich ganz witzig.

Was mir ein ganz klein wenig an deiner Geschichte fehlt ist einerseits der Wortwitz, andererseits das Neue, Innovative, Einzigartige oder wie mans halt nennen mag. Das was bei mir bewirkt: "Mensch, darauf wär ich nie gekommen". (Ich hoffe du verstehst, was ich meine, ich drück mich manchmal a biserl unklar aus)

Ansonsten: Netter Einstand ;)

Gruß. Kaktus.

 

Hallo california!

Ich bin mir nicht sicher, ob das nun eine, in meinen Augen mißglückte, Satire auf einen Amokläufer sein soll, oder ob Du es wirklich witzig fandest, den Protagonisten so reagieren zu lassen. Ich glaube fast, Du fandest es wirklich lustig.

Deine Geschichte ist nicht die erste in letzter Zeit, in der Gewalt als ach so witzig dargestellt wird, und langsam mach ich mir echt Sorgen, was in manchen Köpfen vorgeht, wenn es als lustig angesehen wird, sich für Nichtigkeiten dermaßen zu rächen.

Susi

 

Hallo Häferl!

Häferl schrieb:
Deine Geschichte ist nicht die erste in letzter Zeit, in der Gewalt als ach so witzig dargestellt wird, und langsam mach ich mir echt Sorgen, was in manchen Köpfen vorgeht, wenn es als lustig angesehen wird, sich für Nichtigkeiten dermaßen zu rächen.

Naja, wer Gewalt gegen Gartenzwerge ausübt muss ja nicht gleich dasselbe mit Mitmenschen anstellen. Ich möchte damit nicht sagen "Gewalt ist ja halb so wild", aber in diesem Zusammenhang wird sie ja gewissermaßen "zynisiert", weil sie gegen Tonkollegen angewandt wird. Dass dabei das ganze Haus abfackelt und die Boisenbergs zu Tode kommen muss nicht unbedingt sein, da gebe ich dir Recht.

Ich weiß um den "Disput" um den "gestiefelten Vater", aber californias Geschichte als gewaltverherrlichend zu bezeichnen ist meines Erachtens übertrieben. Klar kann man auch lustig sein, ohne Gewaltakte zu formulieren bzw. zu beschreiben.

In diesem Falle soll es wohl schwarzer Humor sein, der halt ein klein wenig nach hinten losgeht, weil eben nicht eindeutig wird, dass es schwarzer Humor ist. Wirklich lustigen schwarzen Humor hinuzukriegen ist meiner Meinung nach ohnehin das schwierigste Unterfangen in der Rubrik Humor allgemein. Dass das nicht immer glückt, ist klar.
Aber trotzdem finde ich, californias Geschichte ist ein akzeptabler Versuch.

Ich bin mir sicher, du lässt nicht lange drauf warten, mich vom Gegenteil zu überzeugen :D

Schönen Gruß. Kaktus.

 

Ich bin mir sicher, du lässt nicht lange drauf warten, mich vom Gegenteil zu überzeugen
So, jetzt hab ich mir aber extra Zeit gelassen...:p


aber in diesem Zusammenhang wird sie ja gewissermaßen "zynisiert", weil sie gegen Tonkollegen angewandt wird.
Ich finde daran nichts Zynisiertes. Ich finde es - entschuldige - einfach dumm, etwas kaputt zu machen, weil es mir nicht gefällt. Wenn der Nachbar die Sträucher des Protagonisten gleich mitschneidet, dann kann man ja einmal ein nettes oder auch ernstes Wort mit ihm reden. Aber ansonsten ist es doch seine Sache, ob er Gartenzwerge in seinem Garten hat oder nicht.

Viel effektvoller bekämpft man sowas übrigens mit dem Aufstellen eigener Gartenzwerge, zum Beispiel diesen oder diesen oder diesen, um nur eine kleine Auswahl zynischer Antworten auf Gartenzwergbelästigung zu nennen. Bei meinem Papa hat es gewirkt - hab ihm den erstochenen Gartenzwerg geschenkt, worauf die des Nachbarn auf die andere Seite des Gartens übersiedelten. - Es geht doch auch ganz friedlich...

Liebe Grüße,
Susi :)

 

Hallo Susi und Kaktus,

danke für die Kritik. Ich hoffe, es beim nächsten Mal (auch dank Eurer Anregungen) besser hinzukriegen.

@Kaktus: Du hast Recht mit dem "da fehlt was Neues". Ich muß zugeben, daß es mir beim Lesen genauso ging. Auch beim Ende hätte mir wahrscheinlch etwas gewaltfreieres einfallen können.

@Susi: Du hast natürlich Recht damit, daß es viel zu viel Gewalt gibt. Aber bestimmt sollte die Geschichte nicht gewaltverherrlichender sein, als die von Dir gezeigten Gartenzwerge :-) Es sollte eher in Richtung schwarzer Humor gehen.

 

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