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Das fremde Haus

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22.06.2003
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Das fremde Haus

Das fremde Haus
Von Daniel Rosner

Der schmale Gehweg ist bedeckt mit nassem glitschigem Laub, das sich als dicke Schicht lückenlos über den Asphalt legt. Die Luft ist kalt und klar, die Schwüle und die Hitze sind spurlos verschwunden. Der Regen hat die Luft gefiltert, so dass die Erde in den riesigen Gärten der Anwesen links und rechts der Allee einen feinen Dampf abgibt durch die Wärme, die noch in ihr gespeichert ist. Vereinzelt fahren Autos an mir vorbei, hinterlassen für kurze Zeit Spuren in der Wasserschicht auf der Straße und ich rieche die Abgase, die sich in der freien Luft schnell wieder verziehen.
Nur stellenweise ist es möglich in die großen und prächtigen Gärten der vornehmen Villen zu schauen, die sich hier angesiedelt haben. Alle Mauern, an denen ich vorbeikomme, sind weiß und hoch und nur die Tore mit den dicken Stahlstreben geben Gelegenheit einen Blick in die Einfahrt des Grundstückes zu erhaschen.
Eine Mauer hebt sich jedoch von allen anderen ab. Hinter einer dicken Eiche, erstreckt sich diese Mauer, die mit Efeu und Ginster überwachsen ist. Kleine Flecken von der dunkelroten Mauer scheinen durch das Pflanzenwerk. Meine Hand schiebt etwas Efeu weg und ich fühle den kalten feuchten Stein darunter.

Nach ein paar Schritten geht die Mauer über in einen Halbkreisbogen, unter welchem ein altes Eisentor ruht. Der Rost hat sich über das Tor hergemacht und es angefressen. Trotz des Rostes hat es an Würde nichts verloren, als wisse es, welch lieblich schönes Anwesen es bewacht.
Der Griff des Tores bekam seine Form nach einer Muschel, da er sich rund gewölbt an das Tor anpasst. Die Oberfläche ist abgegriffen, hell und glatt. Ich öffne das Tor und ein lautes Quietschen ertönt als Stimme des Empfangs. Erst als ich ein paar Schritte auf der Einfahrt aus Kieselsteinen gelaufen bin, frage ich mich warum ich eingetreten bin.

Das ganze Grundstück im Bereich zwischen Haus und Straße ist umgeben von grünen Eichen und zwei sehr hohen Tannen. Unter den Tannen, die nahe am Haus stehen, lehnt ein altes schwarzes Fahrrad. Es ist eines der Fahrräder aus den 30er Jahren, das ich früher wegen seines hässlichen, dicken und ovalen Vorderlichtes gehasst habe und nun wegen seines abgesessenen Ledersattels mit den harten Eisenfedern liebe und suche. Unter den Tannen ist alles trocken. Mein Hintern schmiegt sich auf den trockenen Sattel und ich radle damit auf dem Kiesweg Richtung Tor.
Als ich pfeifend wieder zurückfahre um das Rad abzustellen, versperrt mir ein weißer Labrador den Weg. Er sitzt da und schaut mich schräg an, als wolle er mir sagen, dass es sein Fahrrad sei. Ich steige ab um das Fahrrad an die Stelle unter der Tanne zurückzustellen. Der Hund bleibt noch kurz sitzen und kommt dann auf mich zu. Außer dem Hund sehe ich niemanden auf dem Gelände.
So gehe ich die steinerne Treppe zum Haus empor um herauszufinden wem dieses Grundstück gehört. Das Wohnhaus ist an manchen Stellen bis zu der Dachrinne mit Efeu bewachsen und der Balkon schmiegt sich wie ein großes grünes Vogelnest an die Vorderseite des Hauses.
Die Treppe zum Haus ist breit, aber in der Mitte sind die Stufen abgelaufen und dadurch nicht mehr eben. Die Nässe macht die Stufen rutschig. Am Ende der Treppe stehe ich unter einem kleinen Vordach. Auf der Mauer stehen zwei Öllampen, dessen Leuchtkraft aber im Tageslicht und trotz des Schattens unter dem Dach untergeht.
Ein dicker Messingring an der Tür dient dem Besucher dazu sich bemerkbar zu machen. Ich klopfe ein paar Mal, trete aus dem Vordach und schaue hinauf zu dem Fenster, dessen weißer Rahmen von Efeu bedeckt ist. Da niemand öffnet gehe ich um das Haus herum und betrete einen Garten, der in einem kräftigen Grün erleuchtet. Die Wiese ist von Hecken und Bäumen eingezäunt, zwei lange Blumenbeete am Rande der Wiese geben diesem Garten die Buntheit und einen zarten Duft. Ich betrete die Wiese, bleibe etwa in der Mitte stehen und drehe mich herum. Der weiße Labrador kommt angesprungen, bleibt vor mir stehen und schaut mich wieder so schräg an.
Ich setze mich am Rande der Wiese auf einen weißen Holzstuhl von dem die dicke Lackschicht in Splittern abfällt.

Auf dem kleinen runden Marmortisch neben dem Stuhl steht ein sieben-armiger Kerzenleuchter mit unbenutzten Kerzen, deren Dochte, vom Regen feucht und schwer geworden, schlapp herunterhängen. Der Tisch und die Arme des Kerzenständers sind bedeckt mit verschiedenfarbigen Wachsschichten. Hier haben schon sehr viele Kerzen gebrannt und ihr Wachs hinterlassen.
Ich schaue auf das Haus und mein Blick bleibt an der großen Veranda des Hauses hängen, zu der eine breite Steintreppe hinaufführt. Rechts des Hauses habe ich das Vordach, unter dem die Öllampen brennen im Blick.
Der weiße Labrador kommt heran und ich frage ihn, wer hier wohnt und ob er den Besitzer des Fahrrades nicht fragen könne, ob es käuflich wäre. Ich würde auch, wenn ich das Fahrrad ab und zu leihen, könne mit dem Hund spazieren gehen.
Es wird schnell dunkel, während ich auf dem Holzstuhl sitze, leicht wippe und die Nässe auf dem Stuhl meinen Hintern erreicht. In den Fenstern des Hauses spiegelt sich die Abendsonne, die schwer und golden durch die dichten Tannen hinter mir scheint. Noch einmal hat sie sich nach dem Regen die Sonne hervorgewagt und scheint nun selbstbewusst und voller Tatendrang.
Das Haus schaut mich an mit diesen schweren goldenen Augen. Auch ich schaue es an. Die Augen des Hauses werden schwächer und bald sehe ich nur noch die Umrisse des hohen Daches mit dem Blitzableiter und der Kuppel am Ende des Dachgiebels.
Die Öllampen unter dem Vordach am Eingang sind jetzt in der Dunkelheit heller. Die Augen des Labradors, der immer noch vor mir liegt mit dem Kopf auf seine Pfoten gelegt, leuchten schwach.
Da mir kalt wird, stehe ich langsam auf und schreite Richtung Haus.
Den Labrador höre ich kaum, er folgt mir. Seine Pfoten treten weich und leise in das feuchte Gras. Ich gehe über den Schotterweg zu den Treppen. Es sind sieben Treppen, ehe ich auf der Veranda angelangt bin, die sich über die ganze Längsseite des Hauses zieht. Die Sonne ist verschwunden, die alles in einen rotbraunen Nebel gehüllt hatte. Nun liegt alles in einem schwerfälligen Dunkelblau vor mir. Der Mond strahlt über die Wipfel der großen Tannen am Gartenrand. Ich stoße gegen einige Tische und Stühle, ehe ich die zwei großen Glasschiebetüren erreiche.
Die roséfarbenen Seidenvorhänge der Türen schweben mir entgegen und bilden eine schöne gewellte Engelsform. Mit diesen Flügeln des Hauses steigt der Duft aus dem Zimmer zum Fluge auf und verliert sich in der klaren Abendluft.
Ich streiche die Vorhänge weg und schaue in das große Zimmer. Der Raum ist dunkel, nur der Parkettboden schimmert in einem natürlichen Holzocker. Ich trete ein und mein erster Schritt mit meinen harten Sohlen auf dem Parkett des Hauses erzeugt eine leichte Schwingung und einen dumpfen hallenden Klang. Es muss ein großer Saal sein, wenn ein Schritt einen solchen Ton erzeugt.
Der Labrador neben mir streckt seinen Kopf herein, traut sich aber nicht ganz herein. Anscheinend ist es im nicht erlaubt das Haus zu betreten.
„Ich bin nicht der Besitzer des Hauses, ich würde Dich gerne reinlassen, aber da bekomme ich nur Ärger mit dem Besitzer“ sage ich zu dem Hund und knie zu ihm nieder. Ich streichle seinen Kopf mit dem glatten feinen Fell. Es fühlt sich an wie die eben hereingebrochende Sommernacht. Dann lasse ich ab, erhebe mich und schiebe die schwere Tür zu.
Der Labrador quetscht seine Schnauze an die Scheibe und schleckt sie ab. Hässliche Flecken entstehen auf der sonst so sauberen Scheibe.
Ich gestehe meine Niederlage ein, öffne die Türe und lasse den Hund herein. Die Scheibe sieht schrecklich aus. Ich wische die Flecken mit dem seidenen Vorhang wieder sauber. Dafür sehe ich nun einige Flecken auf dem sonst so unschuldig wirkenden Vorhang.
Die Wände des Raumes sehen massiv und düster aus, die wagen Umrisse von Gemälden an den Wänden zeichnen sich ab.
In der Mitte des Raumes steht auf goldenen Rädern ein großer weißer Flügel. Durch das hereinfallende Mondlicht wirft der Flügel einen großen Schatten, der kurz vor zwei großen hohen Türen endet. Ich bewege mich leise auf den Flügel zu. Das Mondlicht erzeugt nicht nur den Schatten sondern auch den Glanz der Oberfläche. Als ich mit meiner Hand über die lackierte Oberfläche fahre, spüre ich meinen schwachen Schweiß. Ich bin etwas angespannt und aufgeregt in ein so fremdes Haus eingedrungen zu sein. Meine Hand gleitet nicht sondern haftet leicht auf der Oberfläche. Ich beuge mich nieder und hauche meinen warmen erregten Atem auf die Oberfläche. Es entsteht ein nebliger Fleck auf dem Flügel. Dann tauchen ganz kleine und geschwungene Initialen auf dem Klavier auf.
„Frederic Lydia“ lese ich und schon gleich ist der Fleck wieder verschwunden und die Oberfläche ruht wie seit eh und je.
Ich bin etwas erstaunt und streiche noch einmal über die Stelle, an der die Initialen aufgetaucht waren. Ich spüre nichts, nur die Glätte des Lackes.
Der Hund bellt, leise aber mehrmals nacheinander. Ich drehe mich zu ihm um, nehme seinen Kopf in den Arm und verstecke mich hinter dem Klavier.
Nach einiger Zeit der Stille, in der ich nur meinen und den Atem des Hundes höre, stehe ich wieder auf. Gemächlich und mit Bedacht gehe ich auf die beiden Flügeltüren zu. Sie haben einen dicken Bügel aus blitzendem Chrom, den ich zu mir herziehe und mit einem leisen Quietschen geht eine der Türen auf. Hinter den Türen verbirgt sich eine Art Flur, an dessen Seiten verschwommene Formen von Skulpturen ruhen. Das Mondlicht bleibt genauso wie der Labrador in dem großen Saal zurück.
Ich dringe immer weiter in die Seele des Hauses vor. Es scheint hier keine Lichter zu geben, oder ich finde die Schalter nicht. So taste ich mich langsam vorwärts.
Eine Wendeltreppe führt in den zweiten Stock. Ich folge ihrem Lauf in behutsamer Gangart und finde mich schließlich auf dem zweiten Flur wieder, der durch die vielen Fenster vom Mond etwas Licht geschenkt bekommt.
Von dem Gang führen zahlreiche Türen ab und in der Mitte des Flurs breitet sich ein Teppich wie eine Zunge aus. Das Ende des Ganges wird durch zwei Glastüren markiert, die auf einen Balkon führen. Sie lassen sich mit wenig Kraft öffnen und ich stehe direkt von Angesicht zu Angesicht mit dem Mond, der heute mit ganzer Kraft auf die Erde leuchtet.
Er könnte der Besitzer sein, so verwundert und hellwach schaut er mich an. Doch das Haus ruht herrenlos und ich komme mir vor wie jemand, der die Totenruhe stört. Es ist aber eine trügerische Ruhe, die sich überall im Haus verbreitet. Es gibt keine Anzeichen auf Vernachlässigung und der Flügel in dem großen Saal wirkt als sei er kurz vor meinem Eintritt ausgiebig poliert worden.
Die Abendluft tritt mir erneut entgegen. Liebend und umgarnend schwebt sie um mich wie auslaufende Wellen am Sandstrand.
Die Säulen des Balkons sind überwuchert von Efeu und tagsüber würde das Haus knistern von den Bienenschwärmen, die sich im Efeu ihren Nektar holen. Das Summen ihrer Flügel und die Berührungen mit dem Efeu würden einen konstanten Brummton ergeben.
Ich reiße ein Blatt vom Efeubusch ab, lehne mich über die Mauer des Balkons und lasse das Blatt hinutersegeln. Nur kurz können meine Augen dem Blatt folgen. Ich erstarre um die Ankunft des Blattes zu hören. Die Nacht verschluckt das Blatt und das Geräusch der Landung.
Ich gehe zurück in den oberen Flur und Richtung Treppe. An der letzten Tür halte ich inne und öffne sie. Innen ist es stockfinster. Kein einziger verlorener Funken Mondlicht dringt in das Zimmer. Die Fensterläden sind verschlossen und mit durchsichtigen Vorhängen versehen.
Ich greife nach links und drücke an die Wand. Eine Lampe geht an. Ich verschließe meine Augen und bin verwundert darüber, dass ich den Schalter gefunden habe.
Den hinteren Teil des Zimmers füllt ein großes Bett mit hellblauen Bettbezügen. Vor einem Kleiderschrank stehen ein paar braune Lederschuhe, die an Glanz dem Flügel im unteren Stockwerk in nichts nachstehen. Da ich meine jetzigen Schuhe mit der harten Sohle für zu auffällig und zu laut halte, ziehe ich die braunen Schuhe an. Erstaunlicherweise passen sie wie für mich gearbeitet. Dann öffne ich den Kleiderschrank mit den zwei Spiegeln, die schon einige Risse haben. Die Hemden und Anzüge darin gefallen mir auf Anhieb. Ich lasse sie hängen, auch wenn ich das Gefühl habe, dass sie mir stehen und passen würden.
Mit meinen neuen Schuhen, die sich zu meinen Füssen gesellen wie das fallende Efeublatt zu der Nacht, laufe ich die Treppe hinunter. Von dem Erdgeschoss führt eine weitere etwas schmalere Treppe in das Untergeschoss.
Die Schuhe lassen mich einfach weiterlaufen. Ich fühle mich wie das Efeublatt, das sich in der Dunkelheit mit der Nacht vereint.
Hier unten muss ich lange nach dem Lichtschalter suchen. Als ich ihn gefunden habe, bin ich enttäuscht über das schwächelde Licht, das mal stärker mal schwächer versucht gegen die Dunkelheit anzukämpfen. Ich kann wenig erkennen. Umso stärker verspüre ich die feuchte Luft, die sich in diesem Gewölbe hält. Zwei schwere Eichentüren muss ich öffnen um in eine große Halle zu gelangen, die gesäumt ist mit zwei weiteren etwas helleren Lampen. Grosse Regale halten hunderte von Weinflaschen in ihren Halterungen. Die Flaschen sind teilweise so alt, dass man das Etikett nicht mehr lesen kann, die Korken so verfallen, dass es den Spinnen möglich gewesen wäre diesen wohl kostbaren Wein zu probieren.
Spinnweben und eine dicke Staubschicht legen sich über die Flaschen und die Regale. Nur auf einem leeren Weinfass mit einem Metallgurt umspannt, steht eine Flasche Wein, auf welcher der Korken nur halb aufgesteckt ist. Daneben steht ein Glas, auf dessen Boden sich ein dünner Weinrest aufhält. Ich hebe das Glas auf und halte es ins Licht. Ich komme mir vor wie ein Detektiv. Es sind Finger und Lippenabdrücke auf dem Glas zu sehen. Die Fingerabdrücke, die ich eben aufgedrückt habe, unterscheiden sich, soweit ich das mit den bloßen Augen erkennen kann, in keiner Einzelheit von den bereits vorher dagewesenden Abdrücken. Darüber erschrecke ich so sehr, dass das Glas auf den grauen Pflastersteinboden fällt, aber nicht zerbricht und an den Rand der Halle kullert, wo es durch das Weinregal gestoppt wird.
Der Klang dieses Glases ist kristallklar und hallt durch die Gemäuer des Kellers.
Als ich mir Wein in ein frisches Weinglas gieße und der Wein sich strudelförmig in das Glas ergießt, nehme ich zarte und leise Klavierklänge war. Es scheint mir als treten sie auf die harten Stufen der Steintreppe auf und finden ihren Weg, geschwächt aber süßlich zu mir. Mir wird warm in diesen kalten Gewölben. Der Wein steht nun regungslos im Glas mit seinem kräftigen satten Rot. Ich lasse das Glas stehen und folge den Klängen. Die Töne werden heller, klarer und lauter je weiter ich der Treppe hinauffolge.
Eilig nehme ich die Treppe und komme wieder in den Flur. Die Klaviertöne hüllen den Flur in ein Blütenmeer von Sehnsucht nach dem Schöpfer dieser Musik. Ich trete bis an die beiden weißen Flügeltüren, die halb geöffnet sind.
Dann strecke ich meinem Kopf in den vom Mondlicht durchfluteten Saal.
Vor dem Flügel sitzt auf einem Hocker aus Mahagoniholz und Samtbezug, eine Gestalt von engelartiger Leichtigkeit.
Bei ihrem Anblick fange ich am ganzen Körper an zu zittern und meine Hände, die sich an den Türen halten, sind schweißig und rutschig. Sie gleiten tiefer, ich verliere den Halt und sinke nieder.
Ich stütze mich mit einer Hand ab und hebe mein Haupt. Richte meine Augen auf die Klavierspielerin. Ihre beiden Hände streichen leicht und ungezwungen wie schwebende Federn über die Tasten des Flügels. Der Klang umhüllt mich und ich spüre die Gänsehaut auf meinem Körper, der von dicken Schweißperlen überzogen ist.
Die Haare der Spielerin legen sich über ihre Schultern und verändern ihre Farbnuancen passend zu den Stimmungswechseln des Klavierspiels.
Der schwarze Rock legt sich über ihre Beine und bildet einen glatten und straffen Faltenwurf. Über dem Rock liegt ein etwas längerer Überrock aus Seide und feinen Stickspitzen. Dann folgen ihre Füße, die sich langsam, in schwarze Schuhe gekleidet, auf die goldenen Klavierpedale legen.
Ich krieche wie eine Katze auf Händen und Füße und schleppe meinen zitternden und schlaffen Körper immer näher an sie heran.
Eine Armlänge von ihr entfernt, geht meine Kraft zur Neige und ich kann nicht mehr weiter. Ich lasse mich auf den Boden sinken und mein Kopf schlägt auf den polierten Parkettboden. Ein dicker Blutfleck ergießt sich und wandert in Richtung der Musikerin.
Der schwarze Engel am Klavier mit dem Trauerkleid erhebt sich, schiebt den Stuhl zurück und blickt auf mich herab. Ihre Augen leuchten und lassen meinen Körper zum letzten Male zucken. Ihre Wangen sind so rein und unberührt wie die Luft der Nacht, die in kleinen Zügen durch die halb offenen Schiebetüren hereindringt. Ich nutze die Unsichtbarkeit der Gedanken und stelle mir vor eine Träne zu sein, die auf der Wange der Spielerin herabkullert wie der Regentropfen auf einer Rose.
„Frederic!“ haucht sie mit zitternder ängstlicher Stimme. Ihr Gesicht ist bleich und regungslos. Sie sinkt nieder, die weiche Seide ihres Kleides berührt meine Gänsehaut. Dann wird ihr Körper schlaff und sie stirbt. Der Klang des Klaviers lebt im Raum weiter, als Trauerlied ihres, meines und unseres Hauses.

 

Schreckt eine so lange GEschichte ab? Wir sind hier auf Kurzgeschichte.de
Als was soll ich dann diese mit 10 Seiten durchgegen lassen? als erzählung?

 

Hallo bisaim,

wie bei deiner letzten geschichte auch hier: manchmal dauert es halt ein paar tage, bis sie jemand kommentiert - ich habe sie mir gestern schon ausgedruckt und gerade gelesen, während du deinen ersten kommentar selbst geschrieben hast..;)

Die Idee zu Deiner Geschichte gefällt mir sehr gut - man nehme etwas eher ungewöhnliches, ein altes großes haus und erkunde es stück für stück und nehme den leser mit auf diese reise..mit blick auf den schluß würde ich sie in der rubrik "seltsam" posten..

die umsetzung gefällt mir eher nicht.. du hast sehr viele "bilder" in deiner geschichte.. nach meinem persönlichen geschmack allerdings viel zuviele und auch einige, die ich übertrieben oder an den haaren herbeigezogen fand..

Noch einmal hat sie sich nach dem Regen die Sonne hervorgewagt und scheint nun selbstbewusst und voller Tatendrang.

eine selbstbewußte sonne - was für ein bild ist das?

und direkt danach:

Das Haus schaut mich an mit diesen schweren goldenen Augen.

oder:
Von dem Gang führen zahlreiche Türen ab und in der Mitte des Flurs breitet sich ein Teppich wie eine Zunge aus.
da musste ich lachen, weil ich zwar weiß, was du meinst, das bild, das in mir entsteht aber sehr lustig aussieht...das willst du doch aber mit dem bild nicht erreichen - oder?

Die Abendluft tritt mir erneut entgegen. Liebend und umgarnend schwebt sie um mich wie auslaufende Wellen am Sandstrand

Sie tritt Dir entgegen?? aha. Und das mich wellen schon mal umschwebt hätten, wäre mir neu - auch nicht liebend und umgarnend.. das ganze dann als vergleich, um die abendluft zu beschrieben... na ja..mindestens geschmacksache und gewagt..

ich könnte noch viele beispiele aufführen, will aber nicht deine geschichte auseinander nehmen.. aber ich will sagen: weniger wäre deutlich mehr, und könnte auch die konzentration schärfen, welche bilder denn wirklich gut passen und das gewünschte gefühl beim leser erwecken - ich hatte manchmal das gefühl, du berauscht dich selbst an deinen wortbildern..

wenn das weniger wäre, könnte vielleicht etwas mehr handlung in der geschichte sein - denn der versuch, dieses (bewußt gewählte) starre thema so interessant zu erzählen, dass es den leser fesselt, ist dir bei mir nicht gelungen..ich musste mich schon etwas anstrengen, um sie bis zum ende zu lesen..

so - das soll kein totalverriss sein..:) sorry.. was mir sehr gut gefällt, ist, dass du dir so sehr viele schöne details suchst, versuchst genau die interessanten "nebensächlichkeiten" zu beschreiben, die in vielen geschichten fehlen.. so ala treffen, sex, trennung - das wars.. aber eine geschichte allein mit wortbildern und details zu bestreiten ist eine herkules-aufgabe.. und hier, denke ich, noch nicht gelungen..um eine handlung herum, könntest du damit sicher eine klasse story schreiben..

viele grüße, streicher

 
Zuletzt bearbeitet:

Viele Bilder:

Ja also das ist mir selber aufgefallen dass ich zu viele Beschreibungen habe, dadruch wird es langweilig und eintönig.Ich glaube das besteht eine Verbindung, da ich zeichner und maler auch bin, dass ich alles was ich sehe/vorstelle auch wiedergebe.

Klar dient mir eine GEschichte auch dazu mich selber zu begeistern, es ist nicht nur um andere daran teilhaben zu lassen sondern auch sätze zu schreiben die ich selber als schön empfinde.

Also warum sollen wellen einen nicht umgarnen, wenn man im meer steht und sie ankommen sind sie doch um dich herum und tanzen.

Also für mich sind die anderen Bilder auch nicht an den Haaren herbeigezogen:
"selbstbewusste sonne" es gibt die sonne die schüchtern und zurückhaltend scheint und manchmal eben selbstebewusst und kräftig??????

"Das haus schaut mit mich an" ist doch eine normale personalisierung des hauses? oder nicht?

"Von dem Gang führen zahlreiche Türen ab und in der Mitte des Flurs breitet sich ein Teppich wie eine Zunge aus. "
Welches Bild siehst Du da?:-)

Aber vielen Dank für Deinen Beitrag, bei manchen sachen ist eben viel fanatsie im spiel und ob es das jetzt gibt oder nicht ist ja auch je nach leser verschieden, für mich leben alle dinge und wellen umgarnen mich lüfte treten mir entgegen etc:-)

Ich weiss Feedback sollte man komemntarlos entegegen nehmen:-)
Danke nochmals Mfg Daniel

 

Würde mich sehr über noch ein zwei Kritiken freunen:-)

Danke an Streicher für die ausführliche Kritik

 

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