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Das Fenster
Ich bin im Dezember 1987 in Weimar geboren. Zuerst wohnte ich, zusammen mit meinen Eltern und meiner im Januar 1987 geborenen Schwester, die ebenfalls in Weimar zur Welt kam, in der Georg-Herwegh-Straße 13. Im April 1988 zogen wir um, weil die Wohnung zu klein für vier Personen war, von denen zwei auch noch klein waren. Der Umzug ist lange her. Unser neues Zuhause war die Leonard-Frank-Straße 17, in der wir auch noch heute leben. Hier fuhren wenig Autos und es war ruhig. Meine Schwester und ich wuchsen hier unbeschwert und glücklich auf. Oft spielten wir draußen, auch mit Nachbarskindern und Freunden. Mir hat unsere Wohnung immer gefallen, ich habe mich nie über sie beschwert. Seit ungefähr einem Jahr habe ich die Angwohnheit, ins Bad zu gehen und dort aus dem Fenster zu sehen. Meistens mache ich das nach dem Hände waschen. Da wir ein kleines Bad haben, steht die Badewanne quer an der Wand, unter dem Fenster. Und so steige ich immer auf den Rand der Badewanne und lehne mich auf das Fensterbrett, um hinauszuschauen. Es ist fast so, als ob es da draußen etwas Besonderes zu sehen gibt, es gibt aber nichts zu sehen. Ein paar Krähen im Winter, spielende Kinder im Sommer und fast immer, außer Sonntag abends, viele Spaziergänger. Leute mit Hunden, alte und junge Frauen, die ihren Einkauf nach Hause tragen, fahrende Autos, parkende Autos, das ist alles, was es zu sehen gibt. Jemand, der das liest, könnte meinen, dass ich leicht verrückt bin, aber das Badezimmerfenster übt einen gewissen Reiz auf mich aus, den ich mir nicht erklären kann. Manchmal sehe ich eine viertel Stunde aus dem Fenster, ohne das etwas passiert, was spannend oder interessant sein könnte. Ich glaube, dass mir dieses Fenster ein Stück Ruhe und Frieden gibt, dass ich sonst nirgendwo finde.
PS: Die Straßen gibt es wirklich in Weimar. "Das Fenster" ist eine sehr persönliche Geschichte über mich, und meine Eltern fanden sie so schön, dass ich sie veröffentlichen musste.