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Das Familiengeheimnis

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01.01.2005
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Das Familiengeheimnis

Das Familengeheimnis

Robert schnürte seine Laufschuhe zu, zog sich die Sportjacke über und verließ seine Wohnung.
Als er die Haustüre öffnete wehte im ein scharfer Wind Nieselregen ins Gesicht. Es machte ihm nichts aus, er war schon bei schlechterem Wetter gejoggt. Einen Moment überlegte er, welche Richtung er einschlagen sollte, dann schaltete er den MP3 Player ein und lief los.

Erst vor ein paar Monaten war er hierhin gezogen. Zurück in die Stadt. In die Stadt seiner Vorfahren. Nach dem Studium hatte er hier einen Job bekommen. In der Verwaltung eines großen Industrieunternehmens. Es war einfach zu aufwendig tagtäglich zu pendeln und so hatte er den Entschluss gefasst hierher zu ziehen.

Über Generationen hatte seine Familie dort gelebt. Seine Urgroßeltern waren schließlich fortgezogen. Raus aufs Land, weit weg vom Lärm und Dreck der Stadt. Aber das war nicht der eigentliche Grund. Es hatte etwas mit seinem Urgroßvater zu tun. Und es hatte etwas mit Weihnachten zu tun. Irgendetwas war damals zu Weihnachten vorgefallen, vor fast 80 Jahren.
Etwas was die Familie dazu bewog die Stadt zu verlassen und nie mehr Weihnachten zu feiern.
So sehr Robert auch bohrte niemand wollte mit ihm darüber sprechen. Es sollte wohl ein Familiengeheimnis bleiben.

Robert bog in das alte Industriellen-Viertel ein und befand sich auf einer alten Kastanienallee.
Hier standen noch viele Villen aus der Gründerzeit, die der Krieg verschont hatte. Der Regen wurde kräftiger und es fielen nun dicke Tropfen vom Himmel. Robert zog seine Kapuze fest zu,
stellte den Mp3 Player lauter und legte ein paar Schritte zu.

Eigentlich hatte er gar nicht vor am Heiligen Abend zu joggen. Trotz der Vererbten Antipathie gegen das Fest, wollte er sich einen besinnlichen Abend machen. Am Vormittag war er noch für ein paar Stunden im Büro um einige Unterlagen zu ordnen. Kurz vor Feierabend hatte er eine Meinungsverschiedenheit mit seinem Abteilungsleiter, der ebenfalls dort war. Er kam mit diesem Mann einfach nicht klar und war in den letzten Wochen schon des Öfteren mit ihm aneinander geraten. Der heutige Streit war allerdings um einiges aggressiver und würde ihn wahrscheinlich den Job kosten. Robert war nun mal nicht der Typ, der seine Klappe hielt. Und so hatte er seinem Abteilungsleiter ordentlich die Meinung gesagt. Dieser konnte absolut keine Kritik vertragen und so ist die Konsequenz absehbar.
Aber das war Robert egal, er hatte seinen Stolz und er würde auch woanders Arbeit finden. Trotzdem steckte ihm der Streit noch in den Knochen und so beschloss er eine extra große Runde zu laufen, um den Kopf wieder etwas frei zu bekommen.

Er hatte das Streitgespräch noch mal Revue passieren lassen. So war er Geistesabwesend ein paar Mal unbewusst abgebogen und hatte die Orientierung verloren.
Diesen Stadtteil kannte er einfach noch nicht gut genug um zu wissen wo er sich momentan befand. Sonst war er immer im nahe gelegenen Park laufen gegangen. Robert hielt an, nahm die Ohrhörer heraus und sah sich um. Die alten Häuser ringsum waren sehr liebevoll und aufwendig restauriert worden. So wirkten sie fast wie erst kürzlich erbaut. Das Kopfsteinpflaster, die antiken Laternen und die alten Straßenschilder erweckten nahezu den Eindruck einer Filmkulisse. „Mozartstrasse“ las Robert laut. Er war also im Musiker-Viertel gelandet. Jetzt wusste er zumindest ungefähr wo er sich befand und welche Richtung er einschlagen musste. Er holte tief Luft, sein Atem kondensierte. Die Temperaturen waren rapide gesunken und es mischten sich plötzlich Schneeflocken unter den Regen. Der junge Mann wunderte sich, da er im Wetterbericht nichts davon gehört hatte. Im Gegenteil, es wurden mal wieder milde Feiertage prophezeit. Doch jetzt kroch ihm eine feuchte Kälte unter die Kleidung und ließ ihn frösteln.
Schnell lief er weiter, damit sein Körper nicht auskühlte und er sich eine Erkältung zuzog.
Nach einiger Zeit verließ Robert intuitiv die Kastanienallee und bog in eine kleine Nebenstraße, die seiner Meinung nach zurück in seine Wohngegend führte. Er trat durch einen dichten Schleier aus Schneeflocken. Die Szenerie wirkte gespenstisch. Vor ihm lag eine weiße Winterlandschaft, als hätte er einen Schritt in eine andere Welt gemacht. Hier musste die Wetter-Grenze gewesen sein, dachte Robert. Er kannte dieses Phänomen durchaus von längeren Autobahnfahrten. Gerade noch bestes Wetter und dann, als hätte jemand einen nassen Strich durch die Landschaft gezogen, fuhr man in ein Regengebiet.

Bis auf seine vom Schnee gedämpften Schritte war es totenstill. Nach wenigen Metern stellte sich heraus, dass die Straße eine Sackgasse war an deren Ende sich ein einziges Haus befand. Auf dem Gehweg standen mehrere Holzkisten verschiedener Größe. Geschäftig liefen ein paar Leute hin und her und schleppten nach und nach die Kisten ins Haus. Robert wunderte sich, dass jemand ausgerechnet Heiligabend als Umzugs-Tag gewählt hatte und trat neugierig näher. In der Einfahrt des großen Anwesens parkte ein perfekt restaurierter Oldtimer, daneben standen einige antike Möbel,die ein Vermögen wert sein mussten.

„Helfen Sie mir?“ Robert zuckte zusammen und drehte sich um. Hinter ihm stand eine junge Frau in einem Pelzmantel. Ihre Gesichtszüge wirkten edel. Der Wind spielte mit ihrem seidig glänzenden, pechschwarzem Haar und einige Schneeflocken verfingen sich darin. „Ähm.. natürlich.“ stammelte Robert und hatte Mühe sich von dem Anblick der dunklen Augen mit den langen Wimpern zu lösen. Irgendetwas Trauriges lag in ihnen. Die junge Frau drückte ihm eine Kiste mit antiken Büchern in die Hände. „Es wäre doch schade, wenn der Schnee sie aufweichen würde. Ich bin übrigens Klara.“ sagte sie etwas scheu und verschwand im Haus. Robert folgte ihr in die erste Etage und stellte die Kiste auf den Gang zu dem anderen Hausrat. Er schaute sich um. Wo war sie? Klara musste in einem der hinteren Zimmer verschwunden sein, während er sich gebückt hatte.
Er wollte ihr nicht nach spionieren und entschloss sich daher nach draußen zu gehen und eine weitere Kiste ins Haus zu tragen. Auf dem Weg nach unten kam ihm ein Butler entgegen. Das mussten sehr reiche Leute sein, die hier einzogen. Als er aus dem Haus kam stand Klara bei den Möbeln und griff nach einem Stuhl. „Warten sie!“ rief Robert und packte mit an. Dabei berührte er ihre Hand. Ein Gefühl von unerklärlicher Vertrautheit schoss durch seinen Körper. Sie sah ihn an und er schaute ihr tief in die traurigen Augen. „Klara!“ ertönte plötzlich eine rauhe Männerstimme aus einem der oberen Fenster. Die junge Frau zuckte zusammen und stieß Roberts Hand weg. „Du kleine Hure!“ schrie der Mann. „Vater, nein es ist nicht..“ versuchte Klara ihn zu besänftigen. “Und dir Flegel werde ich Beine machen!“ rief ihr Vater mit drohenem Blick zu Robert und verschwand vom Fenster. „Lauf!“ flehte Klara mit tränenerstickter Stimme, „Lauf Robert!“ Woher wusste sie seinen Namen? Er hatte keine Zeit darüber nachzudenken. Ein Schuss viel, dann noch einer. Robert rannte um sein Leben. Er stieß gegen den alten Wagen strauchelte und rutsche aus. Sein Kopf stieß hart gegen eine der Marmorfiguren die das Portal zur Eingangstreppe zierten. Ihm wurde schwarz vor Augen.

„Kumpel! Hey Kumpel, alles klar?“ Jemand schlug ihm ins Gesicht. Langsam wachte Robert auf.
„Er lebt!“ rief eine junge Männerstimme. Schwach öffnete Robert die Augen. Verschwommen nahm er Lichter war. „Was ist passiert?“ flüsterte er und rieb sich die Augen. Sein Schädel brummte. „Das fragen wir dich.“ sagte der junge Mann. Robert war verwirrt. „Klara!“ flüsterte er. „Hey, ganz ruhig.“ sagte der Mann und half ihm auf. Es war ein Mitarbeiter der Stadtwerke in einem orangfarbenen Anzug. Im Hintergrund stand in der Morgendämmerung ein Reinigungsfahrzeug mit eingeschalteten Warnlichtern.
„Du wolltest doch nicht etwa in diese alte Bruchbude einsteigen oder?“ Glaub mir Kumpel, da gibt’s schon lange nichts mehr zu holen.“ Was meinen sie?“ fragte Robert und drehte sich verwundert um. Vor ihm Stand das Haus, vor dem er am Vorabend Klara getroffen hatte. Nichts war mehr von dem Glanz des Anwesens geblieben.
Wind und Wetter hatten es über die Jahre zu einer baufälligen Ruine gemacht, die größtenteils von Efeu überwuchert wurde. Die blinden Fensterscheiben waren teilweise von Vandalisten eingeschlagen worden. In dieses Haus zog mit Sicherheit niemand mehr ein. „Ja ja, die alte Industriellenvilla...“ Eine warme Hand legte sich sanft auf Roberts Schulter. Er riss sich von dem Anblick los und drehte sich um. Ein älterer Kollege des jungen Mannes war hinzugekommen. „Du hast Glück, dass wir dich hier gefunden haben! Der andauernde Regen hat die letzten Blätter weg gespült und einige Abfluss-Rinnen verstopft. Daher dürfen wir ausgerechnet an Weihnachten ausrücken und hier klar Schiff machen. Und das noch kurz bevor ich in Rente gehe.“ Robert begriff überhaupt nichts mehr. „Du siehst aus als hättest du einen Geist gesehen, Junge.“ sagte der Alte mit einem Augenzwinkern. „Jetzt komm erstmal mit in unser Fahrzeug, du bist ja völlig durchnässt. Wir haben eine Thermoskanne mit heißem Kaffee dabei.“ Wie in Trance ging Robert mit ihm, während der jüngere Kollege sich vor der verfallenen Villa fluchend an einem Gullideckel zu schaffen machte.

Nachdem Robert einige Schluck Kaffee getrunken hatte sprudelte es nur so aus ihm heraus. Er erzählte dem alten Mann alles was passiert war. Wie er sich fast verlaufen hatte und von der schönen Klara. Der Alte hörte ihm geduldig zu. Dann erzählte er Robert die Geschichte des alten Hauses. „Ein reicher Industrieller hatte die Villa kurz nach dem ersten Weltkrieg als Zweitwohnsitz bauen lassen. Draußen vor der Stadt besaß er eine große Fabrik auf deren Gelände sein eigentliches Haus stand. So wie es damals halt üblich war. Der Mann war ein alkoholkranker Choleriker, der seine Frau und seine schöne Tochter tyrannisierte.“ „Klara.“ flüsterte Robert. Der alte nickte und fuhr fort.“ Ein junger Fabrikarbeiter verliebte sich in das Mädchen. Es war eine unglückliche Beziehung. Zum einen war die Verbindung nicht standesgemäß zum anderen hatte der Mann bereits Frau und Kinder. Trotz allem trafen sich die Beiden so oft es ging heimlich. Das ging so lange gut, bis Klaras Vater sie wenige Tage vor Weihnachten erwischte. Er war rasend vor Wut, kündigte dem Mann fristlos und zwang seine Familie noch am heiligen Abend zum Umzug in das neue Stadthaus.

Der junge Fabrikarbeiter schlich sich zu dem Haus um Klara noch einmal zu sehen. Er konnte einfach nicht von ihr lassen. Ihr Vater hatte an diesem Abend schon einiges getrunken und als er die Beiden zusammen sah bekam er einen Tobsuchtsanfall. Er schnappte sich sein altes Jagdgewehr und wollte dem jungen Mann endgültig eine Lehre erteilen. Durch den Alkohol nicht mehr Herr seiner Sinne schoss er wild um sich. Er traf seine Tochter tödlich, sie starb in den Armen ihrer Mutter, das ungeborene Leben in ihrem Bauch mit ihr. Der Fabrikarbeiter jedoch entkam. Man hat ihn seitdem nie mehr in der Stadt gesehen.
Als dem Industriellen klar wurde, was er getan hatte nahm er sich noch in der selben Nacht den Strick und erhängte sich auf dem Dachboden. Seine Frau erlitt einen Schock. Seit der Tragödie war sie stumm und wurde wenige Wochen danach in eine Nervenheilanstalt eingewiesen, aus der sie nie mehr entlassen werden sollte. Die Villa hat seitdem einige Mal den Besitzer gewechselt, aber niemand hatte es je lange darin ausgehalten. Die Leute erzählen sich, dass es dort spukt und sich jedes Jahr Weihnachten die alte Tragödie von neuem abspielt. Solange, bis die Geister ihre Ruhe gefunden haben.“

Robert war ganz blass im Gesicht geworden während er dem Alten zugehört hatte.
Das Familiengeheimnis war nun endgültig gelüftet.

 

Hallo Hermelin!

Bevor es wieder Weihnachten wird, kommt hier ein Kommentar.

"so hatte er den Entschluss gefasst hierher zu ziehen."
"Über Generationen hatte seine Familie dort gelebt." => Hier und dort bezeichnet doch dieselbe Stadt, oder? Dann solltest du es auch so schreiben. Es wäre ohnehin einfacher, wenn du deiner Stadt einen Namen geben würdest.

Kommas fehlen eine Menge im Text, das macht das Lesen anstrengend.
Ein korrigiertes Beispiel:
"Etwas, was die Familie dazu bewog, die Stadt zu verlassen und nie mehr Weihnachten zu feiern.
So sehr Robert auch bohrte, niemand wollte mit ihm darüber sprechen."

"Robert zog seine Kapuze fest zu,
stellte den Mp3 Player lauter und legte ein paar Schritte zu." => Hier ist ein überflüssiger Zeilenumbruch. Und du solltest dich auf eine Schreibweise des MP3 Players festlegen.

"Trotz der Vererbten Antipathie" => vererbt klein

"Und so hatte er seinem Abteilungsleiter ordentlich die Meinung gesagt." => Das wäre eine gute Gelegenheit, aktiv in die Szene einzusteigen und so deinen Protagonisten den Lesern näher zu bringen. Warum lässt du den Leser den Streit nicht erleben?

"So war er Geistesabwesend ein paar Mal unbewusst" => Geistesabwesend klein. Mit dem "unbewusst" ist es ohnehin doppeltgemoppelt.

"aufwendig restauriert worden. So wirkten sie fast wie erst kürzlich erbaut." => Wenn sie wie neugebaut wirken, woher weiß Robert dann, dass sie restauriert worden sind?

„Mozartstrasse" => Straße mit ß.

"Der junge Mann wunderte sich, da er im Wetterbericht nichts davon gehört hatte." => Ich nehme an, das soll geheimnisvoll wirken, aber welcher vernunftbegabte Mensch verlässt sich denn auf den Wetterbericht?

"verließ Robert intuitiv die Kastanienallee" => Was macht die Kastanie im Musikerviertel?

"die Wetter-Grenze gewesen" => Wozu der Bindestrich?

"Umzugs-Tag gewählt" => Dito.

"parkte ein perfekt restaurierter Oldtimer" => Ja, der Leser weiß schon längst, was los ist. Robert ist natürlich in der Vergangenheit seiner Familie gelandet, und wird jetzt mitanschauen können, warum die Familie kein Weihnachten mehr feiert. Solche Zeitreisen findet man in Literatur, Fernsehen und Filmen andauernd - daher ist das nur bedingt interessant.

"„Ähm.. natürlich." stammelte Robert und" => Die allgemeinen Dinge zu Dialogen: Wenn der Satz weitergeht, wird der Punkt am Ende der wörtlichen Rede weggelassen, und nach der wörtlichen Rede ein Komma gesetzt. Wenn der Sprecher wechselt, macht man einen Zeilenumbruch, weil es sonst zu unübersichtlich wird.
Außerdem sind das immer drei Auslassungspünktchen ... und davor gehört ein Leerzeichen.

"Ein Schuss viel" => Dämlicher Fehler. Fiel - von fallen.

"Er stieß gegen den alten Wagen strauchelte und rutsche aus." => Fehlendes Komma, rutschte.

"Jemand schlug ihm ins Gesicht. Langsam wachte Robert auf." => Schlug ist in dem Zusammenhang sicher nicht der beste Begriff.

"Bruchbude einsteigen oder?" Glaub mir Kumpel, da gibt's schon lange nichts mehr zu holen." Was meinen sie?" fragte Robert" => Da ist mit den Anführungszeichen einiges danebengegangen. Ich nehme mal an, du hast den Text geschrieben und sofort gepostet, richtig? Ein bisschen mehr Sorgfalt täte dem Text gut.

"Hintergrund stand in der Morgendämmerung" => Woher weiß er, dass es die Morgendämmerung ist?

"Vor ihm Stand das Haus" => stand klein

"größtenteils von Efeu überwuchert wurde." => Eher: worden war. Naja, auf die Zeiten solltest du den Text auch noch mal kontrollieren.

"teilweise von Vandalisten eingeschlagen" => Vandalen. Und wieder die Frage: woher weiß er, dass es Vandalen waren (nicht vielleicht ein Unfall ...)?

Das Ende wird leider etwas lieblos heruntererzählt. Ein klarer Fall für: Show, don't tell.
Tipp: Wenn es um einen Schritt in die Vergangenheit geht, gerade bei einer Weihnachtsgeschichte, sollte man sich ein wenig bei Charles Dickens abschauen. "Rise. And walk with me."

Grüße
Chris

 

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