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Das Erwachen

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24.03.2003
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Das Erwachen

Es war lange her, das sich so viele Drachen auf dem großen Platz versammelt hatten. Die jüngeren hielten Abstand von den Alten, die in der Mitte standen und bedrückt beratschlagten.
„Wir können das nicht länger hinnehmen,“ verkündete Krronhnymarr, der Starke, „die Unterrassen haben keinen Respekt mehr vor uns, und deshalb tun sie solche Dinge.“
Sarllarrmey, die Schöne, schüttelte bedächtig den Kopf, „Was willst du vorschlagen, sollen wir das tun, was die Unterrassen sich in ihren Geschichten erzählen? Sollen wir Dörfer und Städte zerstören, und wie ein Fluch mordend, die Erde mit dem Blut der Unwürdigen tränken?“ Auf ihre Fragen hin, machte sich unter den Alten wieder bedrücktes Schweigen breit. Nach einiger Zeit erhob sich eine alte, brüchige Stimme von außerhalb des Kreises der Alten: „Es ist an der Zeit ihn zu wecken.“ Mijanjore mit den Narben schleppte seinen, von vielen Kämpfen gezeichneten, Körper auf den Kreis zu. Sarllarrmey stieß ein überraschtes Fauchen aus. „Aber er schläft schon seit so langer Zeit, als ich noch eine Junge war, erzählte man sich bereits Geschichten über ihn. Er ist doch nur eine Legende, oder existiert er wirklich?“ Der mit den Narben ließ nur ein zustimmendes Brummen vernehmen. „Ich werde einem von Euch den Weg zu seinem Hort beschreiben, ich selbst bin zu schwach um diese Strecke zu fliegen. Weckt ihn und sagt ihn das wir seinen Rat brauchen.“ Jetzt erhob der gefleckte Assorcuello zum ersten Mal seit Beginn des Rates seine gewaltige Stimme, „Ich kenne ihn noch von Tagen gemeinsamer Ausflüge, ich werde ihn wecken und hierherholen.“

Assorcuello erhob sich, schritt stolz aus dem Kreis, breitete seine mächtigen, von vielen Farben gezierten, Schwingen aus und erhob sich in die Lüfte. Er kannte den Weg zu seinem Hort. Als er am Horizont verschwunden war, wich das ehrfürchtige, erwartungsvolle Schweigen einem leisen Gemurmel. Die Jungdrachen begannen sich an die Geschichten der Alten über ihn zu erinnern, keiner von ihnen hatte geglaubt, das er wirklich existiere und jetzt war der Gefleckte auf dem Weg ihn zu holen.
Die Alten jedoch schwiegen, sie wußten keinen anderen Rat, als ihn zu wecken, vielleicht wußte er was zu tun sei.

Ewiges Eis bedeckte die Spitze des Berges, die nur oberhalb der Wolken zu sehen war. Nur selten öffneten sie sich und gaben den Blick aus der Ebene frei, hoch zum weissen Gipfel. Hier, wo noch kein Fuss eines Unwürdigen je einen Schritt getan hatte, stand sein Berg. Kurz oberhalb der Schneegrenze war ein großes Plateau , welches in den dunklen Schlund einer großen Höhle mündete. Assorcuello landete, legte seine Schwingen an und ließ den Blick über das weite, unberührte Land streifen. Lange war es her, das er hier gewesen war, zu lange wie es ihm jetzt schien. Bevor sich wehmütige Gedanken an längst vergangenes einstellen könnte, wandte er sich um und schritt auf die Höhle zu.

Im Inneren erstreckte sich ein langer Gang, hoch und breit genug um für einen ausgewachsenen Drachen ausreichend Platz zu bieten. Der Gang endete in einer riesigen, fast perfekt runden Höhle, deren Wände nach oben spitz zuliefen. Um einen perfekten Stein in der Mitte der Höhle waren Unmengen an Gold und anderen Schätzen angehäuft. Es wirkte, als sei alles Wertvolle der Welt in dieser Höhle untergebracht. Etwas abseits, in einer, selbst für Drachenaugen, ziemlich dunklen Nische waren undeutlich die Umrisse eines schlafenden Drachen zu sehen. Sein Atem ging ruhig, kaum merklich hob und senkte sich der Körper, der für einen flüchtigen Blick unsichtbar sein mußte. Aber Assorcuello wüßte wo er zu suchen hatte. Der Gefleckte stellte sich neben den Eingang der Höhle, setzte sich auf die Hinterläufe und sprach mit seiner tiefen Stimme: „Rragnahrokk, erwache Bruder, die Deinen brauchen Deinen Rat.“ Von den Wänden der Höhle war ein tausendfaches Echo zu hören, als hätte das Felsgestein sich seit Jahrhunderten danach gesehnt, wieder zu hören und antworten zu können.

Einige Zeit passierte gar nichts. Doch dann schwoll ein Geräusch an, als würden riesige Felsbrocken von der höchsten Spitze des Berges ins Tal rollen. Der Ton wurde immer lauter und als man meinen konnte, das die gesamte Welt nur noch aus diesem Geräusch bestehen würde, verebbte es wieder, so schnell wie es gekommen war. In der Nische begann der Schatten sich zu bewegen. Gliedmassen die seit Ewigkeiten reglos gewesen waren, tasteten sich suchend in der Dunkelheit um. Zwei Lider hoben sich und erlaubten es einem Augenpaar, das lange Zeit blind gewesen war, sich umzusehen. Eine Stimme, welche Assorcuello seit unzählbaren Tagen nicht mehr vernommen, doch nie vergessen hatte, füllte plötzlich das Innere der Höhle aus, „Trügen mich meine Augen oder ist es der Gefleckte, der mich aus meinem Schlaf ruft?“
„Bruder, Deine Augen sind scharf wie eh und je, Assorcuello ist es, der dich weckt, auf das du den Deinen helfen kannst in ihren Ratlosigkeit.“ Rragnahrokk erhob sich in seiner Nische und ein zustimmendes Grollen war aus seiner Richtung zu vernehmen. „Zuerst, ruft mein Magen nach einer Mahlzeit, ich glaube der Sinn steht mir nach Rotwild.“ Etwas unsicher schritt er an dem Gefleckten vorbei, der ihm folgte. „Deine Knochen scheinen sich erst wieder an Bewegungen gewöhnen zu müssen,“ merke Assorcuello an.

Als sie das Plateau erreicht hatten, positionierten sich die beiden Drachen am Rand desselben und schauten in die Tiefe. Der Berg fiel an dieser Stelle fast senkrecht ab, bis er, viele Flügelschläge weiter unten, in den Wolken verschwand. Rragnahrokk breitete seine Schwingen aus, betrachtete sie mit halb kritischen halb lustigen Blick und ließ sich von der Felskante fallen. Assorcuello folgte ihm, nachdem er noch einen letzten Blick auf die Landschaft geworfen hatte, wo die Wolken es zuließen. Kein Drache, der einmal gelernt hatte, zu fliegen, würde wohl je abstürzten, so auch nicht Rragnahrokk, der sich nach wenigen Flügelschlägen wieder so anmutig und majestätisch durch die Luft bewegte, wie Assorcuello es in Erinnerung hatte.

Es dauerte nicht lang, da hatten die beiden einen Hirsch ausgemacht, der auf einer Lichtung stand und Brunftlaute ausstieß. Da der Gefleckte zur Eile mahnte, gönnte Rragnahrokk sich nur diesen kleinen Happen, und verzichtete auf eine weitere Jagt nach Eßbaren, obwohl sein Magen der Meinung war, das er mehr verdient hatte.

Als sie Draak, erreichten und direkt auf dem großen Platz landeten, herrschte gespanntes Schweigen, alle Augen waren auf die beiden gerichtet. Die Jungdrachen machten respektvoll Platz und die Alten öffneten ihren Kreis um dem Gefleckten, aber mehr noch um Rragnahrokk eintreten zu lassen. „Ich bringe Euch den, der den meisten von Euch nur aus Sagen und Geschichten bekannt ist. Rragnahrokk, der Älteste, so ist er allen von Euch bekannt.“ Kurz erhob sich ein Murmeln, welches jedoch gleich wieder verebbte.
„Lange habe ich geschlafen,“ begann der Älteste zu sprechen, „und noch weiß ich nicht, warum mein Volk meinen Rat benötigt, doch bin ich sicher, nicht umsonst wurde ich geweckt,“ ein hoher Schrei, wie er nur von einem Kleindrachen ausgestoßen werden konnte, unterbrach Rragnahrokk, und sogleich viel sein Blick in die Mitte des Kreises der Ältesten, der sich jetzt soweit geöffnet hatte, das er freie Sicht hatte. Was er erblickte, ließ ihn ein Brüllen ausstoßen wie es seit dem Anbeginn der Zeit nicht mehr vernommen worden war. Einige der Jungdrachen zuckten zusammen, andere brachten sich mit einigen Flügelschlägen aus der Reichweite des Ältesten.

Im Kreis der Alten lag, ein Kleindrache, dem Tode näher als dem Leben. Sein kleiner Körper war übersät von Wunden, zugefügt durch Schwerter oder andere scharfe Waffen. Einer seiner kleinen Flügel, die unmöglich fähig waren schon zu fliegen, war nicht mehr da, abgehackt durch eine unbekannte Waffe, der andere war von einem gefiederten Pfeil durchbohrt. Aus dem Winkel seiner kleinen, halb geöffneten Schnauze floß langsam dickes Blut, kein Zahn war mehr zu sehen. Sein Schwanz war zerfetzt worden, die Spitze, wo einmal scharfe Hörner gewachsen wären, war abgetrennt worden. Zwei blutige Knochenstummel am Kopf zeugen von abgesägten Hörnern.

Rragnahrokk blickte sich zornig und hilflos zugleich um, „Wer war das, wer ist zu sowas im Stande?“ Keiner wagte es, dem Ältesten zu antworten. Mijanjore mit den Narben, brach nach einiger Zeit das Schweigen. „Es waren Drachentöter, Vertreter der Unterrassen die uns seit langer Zeit hassen und jagen. Doch sie wagen sich nicht gegen uns Alte, sie suchen sich immer die Kleinsten und schlachten sie regelrecht ab. Aus Hörnern und Zähnen machen sie sich dann Ketten und Anhänger und rühmen sich damit ihrer glorreichen Taten.“ Abermals ließ Rragnahrokk ein Brüllen vernehmen, geprägt durch Verzweiflung und Zorn, ob solcher Grausamkeit. Langsam schritt er auf den Kleindrachen zu, verharrte vor ihm, senkte den Kopf, bis sein Gesicht beinahe das geschundene kleine Gesicht des Verletzten berührte, seine Stimme war sanft und warm, „Sag, kleiner Bruder, was ist geschehen?“ Die Augen des Kleinen schauten sich noch immer gehetzt um, Panik war in ihnen zu lesen, als würde er noch immer gejagt. „Er hat Angst, niemals sah ich solche Angst in den Augen eines Drachen. Wer brachte ihn her?“ Krronhnymarr, der Starke, erhob seine Stimme, „Ich war es, der ihn fand. Ich flog weit oben, um den Blicken der Unterrassen zu entgehen, als ich ihn schreien hörte, sofort stieß ich hinab um zu sehen, was vor sich ging. Hunde waren da, sie hatten ihn in eine Sackgasse getrieben, er stand mit dem Rücken zu einer Felswand, vor ihm die Hunde, hinter denen eine Schar von sieben gerüsteten Menschenkriegern. Sie hatten sich bereits über ihn hergemacht, ihn übel zugerichtet und so durch den Wald getrieben, jetzt wollten sie ihn wohl durch die Hunde zerfleischen lassen, doch ich kam ihnen zuvor, ihre Hunde verbrannten ihn meinem Feuer, doch die Menschen konnten fliehen, denn ihr Mut hatte sie verlassen und ich mußte mich um meinen kleinen Bruder kümmern.“ Krronhnymarrs Stimme war geprägt von Zorn und Haß, als er berichtete, „Wir sollten uns erheben und den Unterrassen zeigen daß sie Unrecht tun. Wir sollten ihnen antun, was sie uns antun,“ er brach ab, weil Rragnahrokk sich abwandte und wieder zu dem Kleinen blickte. „Er stirbt,“ sagte der Älteste mit brüchiger Stimme. „Ich habe doch nichts getan ...“ flüsterte der Kleine schwach, dann hörte er auf zu atmen, seine Augen blickten gebrochen in die des Ältesten, geprägt von Frucht und Unverständnis.

Lange Zeit war kein Laut zu vernehmen auf dem großen Platz. Dann hob Rragnahrokk den toten, geschändeten Körper vorsichtig auf und erhob sich in die Luft. „Ihr wollt meinen Rat, ihr werdet ihn bekommen, doch nicht heute. Heute werde ich trauern um einen Bruder, dem es verwehrt wurde zu Leben, aus Gründen heraus, die wohl keiner von uns verstehen kann.“ Damit schwang er sich in Größe Höhe und war bald aus dem Sichtfeld Aller verschwunden ....

 

Kurz zum Sinn dieser Geschichte, die manchen wohl unbefriedigt zurücklassen wird:

Seit Jahren ist ein Online-Spiel angekündigt, in welchem es möglich sein wird u.a. Drachen zu spielen. Damit die Drachenpopulation irgendwie in den Griff zu bekommen ist, war geplant Drachen als "Rohstofflager" zu mißbrauchen, so sollten Drachenschuppen für Rüstungen, Drachenherzen für Magier besonders wertvoll sein.
Als dies bekannt wurde häuften sich Geschichten von begeisterten Drachenjägern, wie sie Drachen abschlachten, eigentlich ohne Sinn und Verstand. Und da Drachen in dem Spiel sehr lange Zeit nichts (wortwörtlich) können werden, bevor sie extrem mächtig werden ist es klar das die Drachenjäger bevorzugt Jagt auf Jung- und Babydrachen machen werden (das sind eindeutig zuviele "werden" auf einem Haufen :rolleyes: )

Mit dieser Geschichte wollte ich den ganzen heroischen Drachentötern einmal zeigen wie Drachen die Sache möglicherweise sehen.

Das Ende der Geschichte ist absichtlich so offen, denn wie gesagt geht es nicht darum eine Lösung für das Unterrassen/Drachenproblem zu finden, sondern zu zeigen wie Drachen sich fühlen.

 

Willkommen in diesem Forum.

Rragnahrokk
Hmmmmm...

Die Geschichte hat mir gut gefallen, auch wenn sie ewas dünn ist, und ich habe mir schon gedacht, daß sie nur dazu gedacht war, mal die "andere Sichtweise" zu schildern. Das dem ein Online-Rollenspiel zugrunde liegt, finde ich amüsant.
Kleinere Rechtschreibfehler, generell zuviele Kommas.

r

 

Auch von mir ein herzliches Willkommen!
Eine schöne Geschichte. Daraus könnte man eine Serie machen. Deine Ausdrucksweise finde ich klasse für diese Art von Geschichte. Schade das es keine Fortsetzung gibt (oder?)
Wirklich gut rübergebracht...ich konnte es mir gut vorstellen.

Gruß Joker

Ein kleiner Fehler:
ihre Hunde verbrannten ihn meinem Feuer,
(in meinem Feuer)

 

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