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Das Ende einer Liebe

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30.12.2002
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Das Ende einer Liebe

Die Tür fiel mit einem dumpfen Knall ins Schloss und sie war draußen.
Sie ballte wütend die Hände zu Fäusten und versuchte die Tränen, die unaufhaltsam ihre Augen füllten, zu verdrängen. Ihr Blick war verschwommen, sie biss sich auf die Lippen und wandte sich zum Fahrstuhl.

Mit einem sanften „Pling“ hielt dieser, die Tür öffnete sich automatisch. Peinlich berührt bemerkte sie, dass bereits zwei Männer in der Kabine standen. Sie blickte demonstrativ zu Boden, dachte, so könnten diese ihre Tränen nicht sehen, und drehte ihnen den Rücken zu.

„Das war es also“, dachte sie verbittert. Das Ende einer großen Liebe, eines großen Gefühls.
Sie konnte es nicht glauben, was sie da eben erlebt hatte.
Sie hatte ihn, wie immer, nach Feierabend besucht, hatte etwas zu essen und eine Flasche Rotwein mitgebracht, um es sich mit ihm gemütlich zu machen.
Er war heute aber von Anfang an so merkwürdig gewesen.
Hatte keinen Appetit, rauchte entgegen seiner sonstigen Gewohnheit eine Zigarette nach der anderen und wich ihrem direkten Augenkontakt aus.

Zuerst versuchte sie das eiskalte Entsetzen, das sie packte, zu ignorieren, aber es gelang ihr nicht.
Es gab keine Vorankündigung. Nichts aus seinem Handeln oder Reden hätte sie darauf schließen lassen, dass ab heute alles vorbei sein sollte.
Sie plapperte verzweifelt munter drauf los, um ihn daran zu hindern, das zu sagen, was ihm ins Gesicht geschrieben stand.

Nach einer Weile, die er schweigsam rauchend auf seinem Bett sitzend verbracht hatte, sah er sie plötzlich an. Sie verstummte sofort, erwiderte
voll banger Vorahnung und mit angehaltenem Atem seinen Blick.

„Ich kann nicht mehr so weiterleben“ presste er mühsam hervor.
Sie antwortete nicht, saß da und senkte den Blick auf den Boden.

Er inhalierte ein weiteres mal tief an seiner Zigarette, drückte sie dann angewidert, nur halb geraucht, im Aschenbecher aus.
Dann stand er auf, verschränkte die Arme hinter dem Rücken, und begann, in seinem kleinen Appartement auf und ab zu gehen. Es waren nur fünf Schritte vom Fenster zur Tür, es war ein winziges Zuhause.
Nachdem er diesen Weg dreimal zurückgelegt hatte, zündete er sich eine weitere Zigarette an.

„Ich möchte deine Liebe nicht mehr! Sie klebt!“ stieß er fast wütend hervor.
„Du erdrückst mich! Ich halte es nicht mehr aus!“

Erschrocken sah sie zu ihm auf, sie spürte diese Worte wie Peitschenhiebe, mitten ins Gesicht!
„Aber, ich wollte doch nur...“ stammelte sie, mühsam um Beherrschung ringend.

„Nein, es ist aus! Ende! Vorbei! Ich kann nicht mehr! Ich ertrage deine Fürsorge nicht länger. Du erdrückst mich, du machst mich unselbstständig, ich will leben! Komme nicht mehr her, bleib weg! Bitte!“

Langsam und verwirrt erhob sie sich von seinem Schreibtischstuhl, zog mit zitternden Händen ihren Mantel an und sah ihn dabei die ganze Zeit wie ein waidwundes Reh an.
Er schob sie unsanft zur Tür und drängte sie hinaus.
„Ich bin 32 Jahre alt, es wird Zeit, dass ich mehr vom Leben habe als das hier! Bitte geh jetzt, Mutter!“

 

:rotfl:

Selten so gelacht...

Gehört die Geschichte aber nicht eher in Humor???

Ein tolles Ende basiert auf einer schön konstruierten Geschichte. Mit Sicherheit bin ich nicht der einzige, der darauf reinfällt...

cu_christoph

 

Hallo Christoph, vielen Dank für deine nette Kritik! Ich habe sie absichtlich unter dieser Rubrik versteckt, damit möglichst viele Leser darauf hereinfallen.
Einen lieben Gruß, Barkai

 
Zuletzt bearbeitet:

hi!
:lol: :rotfl:
erst dachte ich, ach so, eine trennungsgeschichte.
beim letzten satz musste ich so loslachen. das ist genial!!!

@christoph
nein, du bist nicht der einzige. ich auch.

bye und tschö

p.s. ich hatte dich eigentlich auch gefragt, ob du dich in der rubrik geirtt hast. hab ich wieder raus genommen, da ich eben gesehen hab, dass du schon auf christophs frage geantwortet hast.
mir fiel dann auch noch ein, dass das den witz sozusagen steigert; wie du auch sagtest

 

Hi Barkai,

gibt es eine weibliche Abwandlung von Schlingel, also eine Schlingeline? ;), dann wärste eine !!!! :lol:

Dramatische Geschichte mit einem Ende wie ein Plop, man ahnt, dass es wohl zu irgendeinem big finish kommen wird in deiner Geschichte, nur dieses Ende...wow, gut erdacht. Feine Überraschung.
An zwei Stellen hab ich die Formulierungen nicht so glücklich gefunden und zwar am Ende, "waidwundes" Reh und "komplimentierte". Ich kann mir unter einem waidwunden Reh nicht so sehr viel vorstellen, vielleicht würde verwundetes Reh besser klingen. Und mit dem Begriff "hinauskomplimentieren" setze ich immer einen ganzen Schwall an Worten gleich, die man benutzt, um jemanden wieder loszuwerden. In deiner Geschichte ist die letzte Szene aber eher so angelegt, so versteh ich sie jedenfalls, dass er nun gar nichts mehr sagt und sie einfach nur zur Tür drängt und hinausschiebt, ohne Worte also. Täusch ich mich da?

Lieben Gruß
lakita

 

@ Moonshadow: ich freue mich, das dir meine Geschichte gefallen hat! Danke. Barkai

@ lakita: Auch dir vielen Dank, für die "Schlingeline" :D
Deine zwei Kritikpunkte habe ich wie folgt verarbeitet
das "waidwunde Reh" möchte ich gern so stehenlassen, es hat für mich etwas so besonders rührendes, und das "hinauskomplimentieren" habe ich geändert, weil ich dir völlig Recht gebe. Du hast dich nicht getäuscht.
Einen lieben Gruß,
barkai

 

Hallo barkai!

Hach ja, Mutti wird vor die Tür gesetzt... Du triffst einen Umstand, der wohl gar nicht so selten ist, ziemlich pointiert. Gut gemacht! Man glaubt wirklich bis zuletzt, es handele sich um die verlassene Freundin.
Ich kannte mal jemanden, der ähnlich abhängig von siener Mutter war. Wenn sie sich nicht gesehen haben, haben sie ständig telefoniert, was nie ohne Streit ging, und wenn sie bei ihm war, war der Sreit noch schlimmer. Klassischer Fall von unbeendigter Abnabelung! :)

Gut gelungen.

Lieben Gruß

chaosqueen :queen:

 

hi barkai,
ich hab genau so eine gschichte schonmal gelesen, doch diese hier war ganz klar besser ausgeführt, und die pointe kan viel besser rüber. ganz nett, wennauch die idee schon älte ist.
Mary

 

Hallo barkai,

ich versteh` die Welt nicht mehr - wie die heutige Jugend eine sorgende Mutter behandelt! Also - die Geschichte gehört in `Gesellschaft´. Allerdings - wie die Mutter den Jungen versklavt - eindeutig Horror! Nee, das passiert täglich also – Alltag!
Eine gelungene Romantik- Variante, mit einer guten Pointe, prima!

tschüß... Woltochinon

 

@mary: nichts ist so alt, als dass es nicht immer wieder aktuell ist. Ich danke dir für deine Kritik

@chaosqueen: danke, lieben Gruß zurück! :D

@woltochinon: danke, tschüss - barkai

@saschakahlfuss: das habe ich schon versucht zu erklären, aber trotzdem, danke!

@BeautifulExperience: Gott sei Dank sind wir keine Vögel... :D Danke dir, für deine netten Worte!

 

Hallo, barkai!

Das Ende einer Liebe!

...um es sich mit ihm gemütlich zu machen.
boahhh! Ich sehe vor meinem geistigen Auge die Mutter, die wie eine Presserin, Abend für Abend in dem winzigen Zuhause des armen Tropfes herumhockt und ihm die Luft zum Atmen nimmt. Wirklich schlimm! Na, wenigstens wird er jeden Tag mit Wein befüllt.:D

Bin gerne auf Deine kleine List hereingefallen! Hat sich gelohnt!:thumbsup:


Ciao
Antonia

 

Liebe Antonia,
danke, für deine sehr liebe Kritik!
Wenn dir solche Geschichten mit "Knalleffekt" gefallen, lies doch mal "Mandy".
Bin gespannt, wie dir die Geschichte gefällt.
Eine gute Nacht wünsche ich dir,
liebe Grüße von Barbara

 

Hi barkai,

ja, die Überaschung ist dir gelungen. Allein der Titel hat abgelenkt, was aber dann kam, ist ein großer Knaller, der aber in die entgegengestzte Richtung einschlägt. Basiert die Geschichte auf ein Witz, oder einer Tatsache?
Wenn so etwas im echten Leben passiert, wäre es wohl Gesprächsthema Nr.1 für einen Bierabend.:) Oder für alle anderen, die Gebrauchsanweisung für einen selbständigen Lebenserhaltwiederaufbau-ohne-symbiotische-Gewissensbisse.:D

bye
cRy

 
Zuletzt bearbeitet:

Ich danke euch für eure Kritiken! barkai

 

Hallo Barbara,

auch ich mußte sehr lachen! Wirklich gut gemacht!

Ich war zwar schon auf einen ungewöhnlichen Schluß eingestellt, aber ich dachte, Du hättest einfach nur die Rollen vertauscht, der Mann säße wartend in der von der Frau finanzierten Wohnung und sie käme, kurz bevor sie nach einem anstrengenden Arbeitstag heim zu Mann und Kindern muß auf ein entspannendes Stündchen vorbei..... Deine Wendung war so unvorhergesehen, einfach Klasse!

:bounce:

Liebe Grüße
Barbara

 

Hallo barkai,

auch ich möchte die pointe loben - gefiel mir sehr gut - und als "pointenjäger" ärgere ich mich immer, wenn ich sie mal nicht vorher weiß.. insofern gut gemacht..

die geschichte selbst ist mir alerdings zuwenig... sie scheint nur für die pointe geschrieben worden zu sein...etwas konstruiert deshalb..deine sätze an sich sind aber sehr intensiv und voller leben.... das bringst du gut rüber..

lg, streicher

 

Hi Barkai
Wenn ich nicht beim lesen deiner geschichte im Büro gewesen wäre dann hätte ich laut losgelacht, so mußte ich es mir leider verkneifen und durfte mir nur ein breites lächeln erlauben ;-)
Ich finds gut dass du die geschichte in Romantik gesetzt hast, so bin ich dir voll in die Falle gelaufen.
Eine sehr gelungene Geschichte,
Kompliment.

 

:D
Hi K-Revenger,
Danke dir für deine lustige Kritik! Ja, wenn du nicht im Büro gewesen wärest....
Ich freue mich über dein breites Lächeln!
Danke, und noch sehr viel Spaß auf diesen Seiten,
Barbara

 

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