Das Ende des Regens
Hallo. Meine Name ist Lia. Heute ist es genau zwei Jahre her als meine beste Freundin Lucy gestorben ist. Ein Unfall. Wir waren unterwegs mit unseren Fahrrädern. Wie jeden Samstag. Unser Ziel, ein Gasthaus, oben in den Bergen, wie jeden Samstag. Nur jenen Samstag regnete es. Wir dachten uns nichts dabei, der Regen kühlte unsere Wangen während wir kräftig in die Pedale traten. Wir fuhren am Rand, waren ganz vorsichtig. Doch Lucy kam ins schleudern. Sie wankte zunächst erst ein wenig und ich dachte sie würde sich wieder fangen. Doch sie begann herum zu wirbeln, schlitterte auf die Straße, schließlich kippte sie mit ihren Rad um. Es müssen nur Sekunden gewesen sein, in denen sie sich nicht rühren konnte. Sekunden zu viel. Der LKW kam um eine Kurve, der Fahrer hätte sie nicht rechtzeitig sehen können. Meine Freundin starb noch in der selben Nacht, ich erinnere mich noch, sie lag da im Krankenhaus, in ihr zahllose Schläuche. Doch ihr Herz wollte nicht weiter schlagen, nicht von selbst konnte sie mehr atmen. Ihre Eltern kamen und ließen die Maschinen abstellen. Lucy trat den Tod gegenüber, er holte sie, nahm sie mit sich, wo auch immer sie nun sein mag, ich werde ihr folgen. Mein achtzehnter Geburtstag ist nun schon zwei Wochen her und ich werde die nächste Stunde nicht überleben. Krebs. Dieses Wort hört sich so komisch in meinem Mund an. Es war so ein langer Kampf. Mein Kopf ist kahl, mein Körper geschunden. Es ist als wäre ich ein Baum, all meine Blätter sind abgefallen und nach einem langen Winter bin ich nun morsch und hohl geworden. Dieser Winter würde für mich nicht enden, bis ich meinen letzten Atemzug genommen habe und mich verabschiede von diesem Leben. Eigentlich sollte es mir Angst machen, mir den Atem rauben, aber das tut es nicht. Da ist eine leere in mir, die ich nicht beschreiben kann. Keine Trauer auch keine Freude, nur Leere. Sie erleichtert mich, macht mich frei. Das weiße Bett auf dem ich liege fühlt sich an wie eine Wolke und egal wie schwer mein Körper auch wird, sie trägt mich. Meine Familie und Freunde, sie sitzen an meinem Bett. Fassungslos. Mit Tränen in den Augen. Sie alle spüren das mein Herz nicht mehr will, dass das Leben aus mir hinausströmt, Sekunde für Sekunde. Kein Arzt der Welt, kann es noch aufhalten. Langsam löse ich mich von dieser Welt. Ich kann es regnen hören, obwohl die Sonne scheint. Es ist dieser Regen den ich hörte, als ich mit Lucy in den Bergen war. Was für ein furchtbarer Regen, doch gleichzeitig ist er beruhigend. Ich fühle eine Hand die meine hält. Mich noch immer hier an diese Welt kettet, doch sie lässt mich nicht alleine. Ich muss nicht alleine durch den Regen gehen. Sie sind alle da und winken mir zu. Mein Fahrrad ist neu und glänzend, es fährt wie von selbst. Ein summen geht durch meinen Kopf. Ein Schlaflied. Ich bin so müde, die Hand hält mich immer noch, doch ich nehme sie kaum noch war. Der Regen wird nun stärker und ich kann sie nicht mehr winken sehen, doch weiß ich das sie da sind. Sie verabschieden mich. Ihre Tränen, sind der Regen, das weiß ich jetzt, doch dort, wo ich nun hin gehe, regnet es nicht. Noch einmal fühle ich die schwere meines Körpers. So schwer, wie mein Leben das ich tragen musste, doch dann fällt es ab und mein Körper ist leicht. Noch ein letzter Atemzug, dann hört es auf zu regnen. Die Sonne scheint und ich sehe Lucy am Berggipfel stehen. Sie winkt mir zu.