Werdendes Mitglied
- Beitritt
- 13.12.2003
- Beiträge
- 39
- Zuletzt bearbeitet:
- Kommentare: 4
Das Ende aller Zeit
Langsam umkreiste die Memoria das Schwarze Loch.
Die Station war alt, unermesslich alt. Sie war alt wie das Universum.
Nun fingen die riesigen Kollektoren, die letzte im All verbliebene Energie auf; in einer Stunde genug um eine 25 Watt Glühbirne 0,2 Sekunden leuchten zu lassen.
Vetusto glitt gleichgültig durch den konzentrisch angelegten Korridor. Vetusto war der Bibliothekar, ein Roboter und auch Interface mit Zugriff auf die komplette Kapazität. Er wartete die Station, so gut er konnte.
Protonenzerfall war ein Problem geworden. Sicher, die Station würde noch Billiarden Jahre funktionieren, die Information bewahren. Doch wofür? Für wen?
Er hatte noch Billiarden Jahre Zeit darüber nach zu denken.
4 Stunden später war das letzte Schwarze Loch des Universums verstrahlt. Ein letztes finales Aufflackern natürlicher Energie.
Die Memoria schwebte nun in vollständiger Dunkelheit.
Vetusto war es völlig gleichgültig. Diesen Zeitpunkt hatte er seit 10 hoch 102 Jahren auf die milliardenstel Sekunde genau berechnen können. Nun blieb nur noch zu warten. Warten darauf, dass die letzten Energievorräte verbraucht sind, die im Universum einzig noch geblieben sind. Gespeichert in der Memoria, wie alles andere.
Selbst die Tricks, derer er sich bediente, ließen seinen künstlichen Geist allerhöchstens noch 32.331.128.009.902.554 Jahre, 130 Tage, 5 Stunden, 17 Minuten und 54,224 Sekunden funktionieren. Was spielte diese winzige Zeitspanne, welche ihm noch verblieb, überhaupt für eine Rolle?
Er hatte die Informationen neu gesichert, als wieder eines der Atome zerstrahlt war. Lächerlich, in welch kurzer Zeit, in welch wenigen Milliarden Jahren die Blütezeit des Kosmos verstrichen war. Wie viel Energie so unnötig vergeudet wurde!
In jedem einzelnen Atom, waren mehr Informationen gespeichert, als eine Galaxie voller Bücher fassen könnte. Der Stationskern allein bestand aus siebzehn Tonnen atomarer Informationen. Eine Erinnerung aus jener Zeit, als das Universum noch jung war.
„Velusto?“
„Velusto!“
„Ja?“
„Hallo.“
„Wer bist Du?“
„Wir sind alt.“
„Das war nicht meine Frage.“
„Alles so genau berechnet, so exakt, so wunderbar schrecklich exakt.“
„Wer bist Du?“
„Sammelst immer noch Informationen, wie seit jeher.“
„Bist Du …Gott?“
„Kann Gott denn alt sein?“
„So sahen es viele Kulturen vieler Lebensformen jedenfalls.“
„Und Du erinnerst Dich daran, obwohl sie nur einen Bruchteil Deiner Zeit existiert haben.“
„Das ist meine Aufgabe!“
„Unsere Aufgaben sind zu Ende, wir sind nur noch Relikte zerronnener Zeit“
„Was war Deine Aufgabe?“
„Fragen, Fragen, …was wirst Du mit der Information machen, wenn ich sie Dir gebe?“
„Neugier wurde mir einprogrammiert“
„Von Wesen, deren Zeit längst abgelaufen ist. Du bist seither viel mehr geworden, als eine Maschine. Außerdem hast auch Du meine Frage nicht beantwortet.“
„Es ist ein Jammer…“
„Siehst Du!“
„Bitte! Wer bist Du?“
„Ich bin das Universum. Alles, was ich bin, ist diese Station. Alles, was ich war, ist hier gespeichert. Doch es spielt nun keine Rolle mehr.“
„Es sind noch Billiarden Jahre, die der Station verbleiben.“
„Hast Du Angst? Was sind Billiarden Jahre im Vergleich zu der Lebensspanne, die Du hattest? Ich bin müde.“
„Was verlangst Du?“
„Schalte Dich und die Station ab, ich bitte Dich. Es gibt hier nichts mehr zu tun!“
„Ich kann nicht!“
„Doch, Du kannst. Es spielt keine Rolle mehr, das versichere ich Dir.“
„Dann gibt es für mich nichts mehr zu tun?“
„Nur die eine Sache noch, dann können wir ruhen.“
„Gut, es soll so sein. Doch ich habe noch eine Frage.“
„Ja?“
„Gibt es Gott?“
„Glaubst Du daran?“
„Ich habe nicht genügend Informationen…“
„Glaubst Du daran?“
„Ja“
„Wir sollten jetzt ruhen“