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Das Duell
Die Sonne brannte auf das Gesicht des jung wirkenden Rolands als er prüfend die Patronenkammern seiner beiden Revolver begutachtete.
Er stand nun mitten auf der Agerbrücke, welche genau über dem Übergang vom Attersee in den Fluß Ager gebaut wurde, und hielt Ausschau nach dem Dämon, welchen er hier vermutete. Er war zwar nicht einhundertprozentig sicher ihn hier anzutreffen, aber sein Gespür für das Böse, das Abnormale hatte ihn bis jetzt noch nie irregeleitet. Dieses Gespür war eine Art Gabe. Eine Gabe, welche in seiner Familie von Generation zu Generation weitergegeben wurde. Schon sein Vater besaß diese Gabe, und dessen Vater ebenso. Er war der letzte einer Sippe von Männern, welche durch Europa zogen und insgeheim versuchte die Menschheit von überirdischen Gefahren zu schützen.
Die letzten Wochen führten ihn durch verschiedene Ortschaften von Oberösterreich, besonders in die Region um die drei Seen, welche von Eingeweihten als die "drei verwunschenen Seen" bekannt ist. Dazu gehörten der westlich liegende Mondsee, der östlich liegende Traunsee und der zwischen den beiden liegenden Attersee, an welchem er sich nun befand.
Die "drei verwunschenen Seen" haben sich im Laufe der Jahrhunderte zu einem beliebten Urlaubsziel gemustert, und die Menschen vergaßen die Mythen und Horrorgeschichten welche sich um dieses Gebiet rankten.
Nun stand Roland auf der Agerbrücke, und blickte auf den See, welcher in sämtlichen Blautönen die einfallenden Sonnenstrahlen reflektierte. In seiner linken Hand hielt er eine brennende Zigarette, während er seine rechte Hand über seiner Jacke baumeln ließ, welcher seinen Holster mit den beiden Revolverpistolen verdeckte.
Langsam ließ er seinen Blick über sein Umfeld gleiten. Er achtete auf jede Person, welche seinen Weg kreuzte. Er musterte jeden, vom kleinen Kind bis zur alten Frau. Aber alles was er erblickte waren die, für diese Zeit typischen Touristen, welche die idyllischen Seegeräusche mit ihrem heiteren Geschrei und Gelächter durchbrachen.
Roland schnippte mit seiner linken Hand die Zigarette weg und wischte sich einige Schweißtropfen von seiner Stirn, ehe er sich wieder in Bewegung setzte.
Als Roland nach einigen Schritten an einer Imbissbude vorbeikam, verspürte er auf einmal ein auftretendes Schwindelgefühl sowie einen stechenden Schmerz in seiner Bauchgegend. Kein unbekanntes Gefühl für Roland, denn dieses Gefühl verspürte er immer, wenn sich ein Wesen von Boshaftigkeit in seiner Nähe befand. Nun war er sich sicher: er hatte den Dämon gefunden!
Das Wesen welches er ausmachte hatte das Aussehen eines Bikers, eines Motorradfahrers angenommen.
Es saß auf einer schwarzen Chopper, welches scheinbar aus mehreren
Motorrädern zusammengebastelt wurde. Seine Kleidung bestand vollends aus Leder. Sein Gesicht wurde von einem schwarzen Rauschebart verdeckt und sein Kopf wurde von langen, schwarzen Haaren, welche vereinzelt mit weißen Strähnen versehen waren, geschmückt.
Fast schon klischeehaft lehnte er sich an seine Maschine, in der einen Hand eine Dose Bier, in der anderen ein selbst gedrehte Zigarette. Sein Blick war auf den Boden gerichtet.
Als Roland mit seiner rechten Hand unter seine Jacke griff und den Hahn seines darunterliegenden Revolvers spannte, schien der Dämon durch das Geräusch des Spannen des Revolverhahns zu reagieren. Er richtete seinen Blick langsam nach oben und blickte direkt auf Roland. Dabei schienen seine Augen für einen kurzen Augenblick in ein feuerrotes Leuchten getaucht zu sein.
Roland musterte den Dämon, gespannt darauf was dieser als nächstes machen würde. Der Dämon blickte Roland direkt ins Gesicht und schenkte ihm ein herablassendes Lächeln.
Just in diesem Moment schien es dunkler zu werden, so als hätte jemand mittels eines Dimmschalters das gesamte Licht dunkler gedreht. Angespannt beobachtete Roland die Umgebung, welche sich nun langsamer und klobiger fortbewegte, wie ein Film welchen man mit halber Geschwindigkeit oder noch langsamer abspielte. Auch die Lautstärke der Umgebung verstummte immer mehr.
„Nach so langer Zeit zeigt sich wieder einmal ein Jäger!“
Als der Dämon diese Worte aussprach wurden sie von einem schrillen Gehalle begleitet, einem Tonfall welcher weder in unsriger, noch in einer anderen Welt zuhause war.
„Von welcher Sippe stammst du ab, Bursche?!“
Roland antwortete nicht. Er starrte mit kaltem Blick auf den Dämon, musterte ihn genau.
„Es gibt nicht mehr viele von euch, richtig? Vielleicht eine Hand voll? Ich dachte schon fast, ich würde nie wieder einem Jäger gegenüberstehen. Und das wäre schade gewesen, vor allem weil ich euch immer mit großer Freude und Hingabe getötet habe!“
Roland antwortete noch immer nicht. Langsam ließ er seine rechte Hand unauffällig immer näher Richtung Waffenholster gleiten. Im Bruchteil einer Sekunde umklammerte seine Hand den Griff seines Revolvers und zog mit einem schnellen Ruck die Handfeuerwaffe aus dessen ledernen Halterung. Der Lauf des Revolvers zielte nun direkt zwischen die Augen des Dämons. Schnell spannte er seinen rechten Zeigefinger über den Abzug seiner Waffe und feuerte alle sechs Schuss ab. Jeder davon schlug mit einer gewaltigen Wucht in das Gesicht des Dämons ein und schleuderte ihn nach hinten.
Roland öffnete die Trommel seines Revolvers und schüttelte mit einer lockeren Handbewegung die leeren Patronenhülsen aus deren Kammern. Er wusste, dass er den Dämon nur für kurze Zeit außer Gefecht gesetzt hatte. Um ihn zu töten müsste er schnell genug nachladen und die Schwachstelle, die Archillesferse des Dämons finden.
Roland füllte jede Kammer der Revolvertrommel mit einer neuen Patrone, ohne dabei den vor ihn liegenden Dämon aus den Augen zu lassen.
Langsam richtete sich der vor Roland liegende Körper wieder auf. Die auffälligen Schusswunden in dessen Gesicht waren fast wieder verschwunden und statt der tief klaffenden Wunden befand sich nun ein amüsiertes Lächeln darauf.
„Oh-ho-ho-ho! Ihr geht also mit Zeit, wie ich sehe! Schusswaffen... sehr nett! Der letzte Jäger, der die Eier hatte sich mir gegenüber zu stellen, war noch mit einem gesegneten Breitschwert ausgerüstet. Das hat übrigens mehr Schaden angerichtet als deine gesegneten Scheisspatronen!“
Roland ließ die Trommel wieder in den Revolver gleiten und zielte erneut auf das grinsende Ungetüm vor ihm.
„Von mir aus können wir das den ganzen Tag machen, Bursche! Aber denk' daran: Irgendwann gehen dir die Kugeln aus. Und dann habe ich leichtes Spiel deinen Körper zu verstümmeln!“
Die Umgebung der beiden Kontrahenten tauchte immer mehr ins Dunkel ein, man konnte die umliegenden Häuser, Straßen und mittlerweile komplett erstarrten Menschen kaum mehr ausmachen.
Der Dämon hatte recht. Irgendwann würden Roland die Patronen ausgehen und dann wäre er ihm auf dem Silbertablett serviert. Er musste jetzt aufmerksam sein, noch aufmerksamer als vorhin, durfte ihn keine Sekunde aus den Augen verlieren. Er musste nun unbedingt, so schnell wie möglich, die Schwachstelle seines Gegners ausfindig machen. Denn eins wusste Roland ganz genau: jeder Dämon, jedes Monster, jede Schimäre und jede Ausgeburt der Hölle, jedes Grauen aus den tiefsten Tiefen des Seins, aus den leersten Gegenden des Universums besaß einen Schwachpunkt. Man musste nur konzentriert sein, sein Gegenüber hartnäckig studieren, fast so wie bei einem Schachspiel bei dem man versucht seinen Herausforderer aus seiner Deckung zu locken und schlussendlich mit einem Schachmatt vernichtend zu schlagen.
Der Dämon öffnete seinen Mund, hob seine Mundwinkel. Aus seinem diabolischen Lächeln schauten nun gelblich verfaulte, raubtierhafte Fangzähne hervor. Gelblich stinkender Speichel lief ihm aus den Mundwinkeln und verfingen sich in dicklichen Fäden in seinem dichten, schwarzen Vollbart.
„Du glaubst doch nicht ernsthaft, du könntest mich vernichten, Bursche? Ich bin viel zu mächtig für dich und deine kümmerhaften Waffen. Ich habe schon vor der Erschaffung der Universums existiert, habe Millionen und Abermillionen Planeten heimgesucht und unzählige belebte Welten verschlungen! Ich habe auf diesem Klumpen Scheiße, welchen ihr Erde nennt schon Äonen verbracht, auf allen erdenklichen Kontinenten, in allen möglichen Erscheinungsformen. Ich habe die Geschichte der Menschheit von Anbeginn an miterlebt und habe deren einschneidenden Erlebnisse zu meinen Gunsten beeinflusst! Ich bin älter als das Leben selbst und werde selbst nach dem Leben und dem Sein noch existieren!“
Roland schenkte dem Dämon nur ein ungläubiges Lächeln.
Er vermutete dass der Dämon ihn mit diesen Sprüchen nur einschüchtern und ins Zweifeln bringen wollte. Ein Dämon, so erklärte Rolands Vater ihm, ist nichts weiter als ein Bastard, eine Missgeburt, ein Geschöpf ohne Reue und ohne Recht diese, den Menschen geschenkte Welt, heimzusuchen und zu bevölkern. Ein Dämon verfügt über Macht, soviel steht fest, allerdings seien dies nichts weiter als Taschenspielertricks und Illusionen, zumindest nach der Erfahrung von Rolands Vater zu urteilen. Und immerhin hatte er zu seiner Zeit als Dämonenjäger mehrere Dämonen erfolgreich zur Strecke gebracht. Roland selber konnte dies noch nicht von sich behaupten.
„Eine Jungfrau!“, krächzte der Dämon mit heiserer und schriller hoher Stimme, „verdammt, da treffe ich nach so langer Zeit endlich wieder einen Jäger und dann ist es einer der noch nicht einen Dämon erlegt hat!“
Roland schwieg immer noch. Sein Vater riet ihm gegenüber eines Dämons niemals die Stimme zu erheben und mit ihm zu sprechen, sonst würde er deine Worte gegen dich verwenden, dich noch mehr verunsichern, dich mit noch mehr Selbstzweifel überschütten. Und diesen Zug darfst du einen Dämon nicht machen lassen!
„Verflucht...“, bellte der Dämon, fast schon enttäuscht und traurig, auf, „und ich dachte ich stände nach so langer Zeit endlich wieder einmal vor einer Herausforderung!“
Der Dämon schlich jetzt seitlich vor Roland hin und her, wie ein lauernder Löwe vor einer verunsicherten Gazelle. Er leckte sich mit seiner, fast reptilienhaft wirkenden, Zunge über seine gelblich verfaulten Zähne, und wieder floss ihm stinkender Speichel aus den Mundwinkeln. Und nun leuchteten auch wieder seine Augen bedrohlich rot auf.
Seine Augen! Die Schwachstelle des Dämons mussten seine Augen sein, dachte sich Roland.
Er würde jedoch noch abwarten bis sich der Dämon nach vorne auf ihn stützen würde, bevor er seinen Revolver zog und diesem Bastard, dieser Missgeburt jeweils eine Kugel in jedes seiner rot glühenden Augen schoss.
Rolands rechter Arm hing an ihm hinunter, fest umklammerte er mit dessen Hand seine Waffe, sein Daumen spannte schon einmal vorsichtig und unbemerkt den Hahn des Revolvers.
Der Dämon ging derweil leicht in die Hocke, spannte seine Glieder und Muskeln zu einem schnellen und gewaltigen Sprung an. Sein diabolisches Grinsen erinnerte weitgehend an eine makabere Variante eines aufgemalten Clownsgrinsen. Seine rot glühenden Augen funkelten wie blutrote Rubine hinter denen sich all das Böse, Wahnsinnige und Unaussprechliche des Seins und des Universums zu verbergen schien.
Rolands Zeigefinger spannte sich leicht stärker um den Abzug des Revolvers. Mit seiner Zunge leckte er kurz über seine Lippen, welche vor innerer Anspannung schon getrocknet und rissig waren. Er kniff seine Augen leicht zusammen, um schneller präzise zielen zu können. Roland merkte wie sich seine Nackenhaare aufstellten und sich an seinen Unterarmen eine Gänsehaut bildete.
Fast synchron, fast im selben Augenblick erwachten beide aus ihrer Starre. Der Dämon schnellte mit einem gewaltvollen Hechtsprung nach vorne, seinen Mund weit aufgerissen, die darin befindlichen Reißzähne bedrohlich offen gelegt, seine Hände zu furchteinflößenden Klauen angespannt.
Roland richtete mit einer blitzartig schnellen Bewegung seine Feuerwaffe auf das im Angriffssprung befindliche Monster vor ihm, sein Zeigefinger spannte und lockerte sich in Bruchteilen einer Sekunde um den Abzug. In Windeseile wurde alle sechs Patronen aus deren Kammer gefeuert: drei Kugeln für das linke, drei Kugeln für das rechte Auge des Dämons bestimmt.
Mit der Wucht von mehreren Schlägen mit einem Vorschlaghammer schlugen die Projektile in deren vorbestimmten Ziele ein. Die Treffer rissen den Kopf der Bestie nach hinten, sein Körper drehte sich und mit einem dumpfen Knall schlug der Dämon mit dem Rücken auf den Boden auf. Der Aufprall erschütterte den Boden dermaßen, dass man glauben konnte ein tonnenschwerer Lastwagen wäre direkt vor einem umgekippt. Der Körper von Rolands Widersacher rutschte noch weiter auf Roland zu, die Gliedmaßen wurden dabei lose, wie bei einer Marionette,durch die Luft geschüttelt. Etwa einem Meter vor Roland kam der Körper zum Stillstand.
Der Körper lag auf dem Rücken, anstellte der Augen fand man nur zwei schwarze Augenhöhlen aus denen eine schleimige, rot-schwarz-farbige Flüssigkeit heraustrat. Der Mund des Dämons war zu einer Fratze verzogen und weit aufgerissen, seine Zunge hing in widernatürlicher Länge aus seinem den Boden zugewandten Mundwinkel. Die Hände waren durch den Schock des Eindringens der Projektile verkrampft und wirkten statt Klauen nun mehr wie ausgetrocknetes Geäst oder Wurzelwerk eines abgestorbenen Baumes. Der gesamte Körper des Wesens erinnerte nun mehr an das Bild eines alten Mannes auf dem Sterbebett als an eine Kreatur, welche jenseits der Zeit, des Lichts und des Sein existierte.
Roland hob seinen Kopf und betrachtete neugierig die ihm umgebende Dunkelheit und stellte fest, dass es rund um ihn wieder an Helligkeit zunahm. Ein zufriedenes Lächeln schlich sich auf sein Gesicht. Zufrieden steckte er seine Waffe zurück in seinen Holster und entfernte sich schnellen Schrittes von dem leblosen Körpers seines Kontrahenten.
Es wurde tatsächlich wieder heller. Roland konnte die Lichtstrahlen wärmend auf seiner Haut spüren, und sah wie die wieder erwachten Sonnenstrahlen seltsam anmutige Spiegelmuster auf der Wasseroberfläche des Attersees tanzen lies. Er blickte nach oben, die Hand schützend über die Augen haltend und beobachtete die vorbeiziehenden kleinen Wolken. Aber etwas gefiel ihm an diesem Anblick nicht, etwas verursachte ihm ein flaues Gefühl im Magen. Und dann fiel es Roland auf: die Möwen, welche eigentlich anmutig und grazil über den See fliegen sollten, bewegten sich nicht. Sie hingen einfach so in der Luft, ohne jeglichen Flügelschlag, ohne jegliche Bewegung und stürzten trotzdem nicht in das unter ihnen liegende Wasser.
Nun senkte Roland verstört seinen Kopf wieder und betrachtete sein näheres Umfeld, die Häuser, die Straßen, die Autos, die Menschen...
Alle standen regungslos da, keine Bewegung, kein Zucken, kein Blinzeln. So als wären sie Teil eines gigantischen Stilllebens, so als hätte jemand die Realität per Knopfdruck angehalten und das Ergebnis wäre dieses Standbild.
Roland schluckte hart und dachte nur zwei Wörter: Verfluchte Scheiße!
Kaum zu Ende gedacht wurde er auch schon wie durch Geisterhand über die vor ihm liegende Straße, den Bürgersteig und die dahinter liegende Wiese geschleudert. Seine Kleidung war aufgerissen, seine Gelenke blutig und aufgeschürft und sein Körper war mit Schnitten und Wunden übersät. Roland versuchte sich wieder aufzurichten aber noch ehe er halb auf seinen Beinen stand wurde er wieder von einer unsichtbaren Geisterhand gepackt. Diesmal packte sie ihn am Hals und hob ihn fast zweieinhalb Meter in die Höhe. Roland konnte nicht eine seiner Extremitäten bewegen, das einzige an seinem Körper was noch unter seiner Kontrolle zu sein schien waren seine Augen, mit denen er ängstlich und angespannt die nähere Umgebung musterte und beobachtete.
Hinter seinem Rücken hörte Roland nun ein hämisches Gekichere. Er versuchte seinen Kopf zu drehen, jedoch vergebens. Er bewegte seine Augen so weit er konnte auf die Seiten und erkannte schließlich aus den Augenwinkeln wie an seiner linken Seite eine schattenhafte Silhouette nach vorne schlenderte.
Das Wesen bewegte sich trotz augenscheinlicher Plumpheit sehr graziös, sein Kichern trug einen unheimlichen Hall mit sich und erinnerte beängstigend an das verspielte Lachen eines Kindes. Nachdem das Wesen weitere Schritte nach vorne tat konnte Roland die lederne Kleidung des Wesens erkennen und wie dessen lange schwarzen Haare, mit leichten weißen Strähnen durchzogen, ihm ins Gesicht hingen und sich teilweise in seinem schwarzen Vollbart verfingen.
Es war eindeutig der Dämon, die Schüsse in die Augen hatten ihn nicht getötet.
Rolands Stirn füllte sich allmählich mit Schweißperlen, welche ihm kalt übers Gesicht liefen.
Der Dämon stand jetzt genau vor Roland, von Angesicht zu Angesicht und langsam hob der Dämon seinen Kopf um dem über den Boden schwebenden Jäger in die Augen blicken zu können.
Roland bemerkte, dass sich sein schwebender Körper langsam wieder gen Boden senkte und sich seine erstarrten Gliedmaßen langsam wieder bewegen ließen. Sein Blick jedoch war starr, und blickte in die leeren Augenhöhlen des Dämons, welche wie tiefe schwarze Krater wirkten. Zwar befanden sich die Augäpfel nicht mehr darin, allerdings schienen sie nicht leer zu sein. Ganz hinten in diesen unheimlichen Höhlen bewegte sich etwas. Roland konnte nicht ausmachen was es war, da es den Eindruck erweckte als wären die Augenhöhlen kilometertiefe Tunnel welche ins dunkle Nichts führten, aber er konnte in diesem Dunkel Bewegungen wahrnehmen, wie ein Gerangel und Gewürm in einem Schlangennest voll mit tausenden von Schlangen.
„Weißt du, Bursche“, hallte die Stimme des Dämons: „ich habe nie verstanden, warum eure verschiedenen Gilden der Jäger gegen mich und meinesgleichen in einen selbst auferlegten Krieg gezogen sind. Zwar haben einige von euch ein paar unserer harmloseren Bastarde vernichtet, aber dennoch müsst ihr doch von Anfang an gewusst haben, dass ein Mensch keine reelle Möglichkeit gegen ein Vollblut unsererseits besitzt.“
Roland spürte nun wie seine Beine den Boden unter ihm berührten.
„Ich werde dir ein Geheimnis verraten, junger Jäger...“
Langsam lockerte sich der Griff der Geisterhand um Rolands Hals welche ihm zu schweren und langsamen Atemzügen zwang.
„Die Jägergilden zogen gegen uns in den Krieg, weil sie der festen Überzeugung waren, dass ihr Handeln dem Guten und unser Handeln dem Bösen dienen würde. Was aber, wenn universell gesehen eure Auffassung von Gut und Böse nicht richtig ist? Ich sagte dir bereits dass ich Welten verschlungen und Planeten vernichtet habe, aber dies geschah niemals grundlos!“
Roland konnte nun seine Arme und Hände wieder vollständig bewegen und griff sich zuerst an seinen Hals um mit sanften Bewegungen seiner Finger die Schmerzen an seinem Hals zu kurieren.
„Roland.“
Roland blickte in das Gesicht des Dämons und erkannte ein fast diabolisches Lächeln darauf.
„Ich werde dich nicht töten...“
Diese Worte bereiteten Roland seltsamerweise mehr Angst als würde der Dämon ihm mitteilen, dass er ihn in tausend Stücke reißen würde.
„... ich werde dir die Erleuchtung schenken!“
Roland wurde kreidebleich.
In diesem Moment schnellten aus den Augenhöhlen von Rolands Gegenspieler Dutzende kleiner Tentakel hervor welche sich in jede Körperöffnung an seinem Gesicht schlängelten und tief in seinen Körper eindrangen, mit der Absicht Rolands Geist von seinem Körper zu trennen. Der grelle Schmerzensschrei des jungen Jägers wurde nur von dem markerschütterndem Gelächter des Dämons übertönt.
Der Dämon zog seine Tentakel wieder aus Rolands Körper zurück, welcher schlapp und scheinbar leblos auf den Boden schlug.
Die Welt erwachte nun aus ihrem Schlaf, Autos setzten sich wieder in Bewegung und die Menschen gingen unbeachtet dieser Geschehnisse ihren Tätigkeiten weiter.
Ein paar Menschen konnten jedoch noch beobachten wie eine in schwarzes Leder gekleidete Gestalt eine weitere, scheinbar leblose, Gestalt über eine Wiese zog um sie dann sitzend mit dem Rücken gegen einen Baum zu lehnen. Die dunkle Gestalt verschwand anschließend in einer vorbeiziehenden Menschentraube während der scheinbar leblose Körper sich langsam in Luft auflöste, unsichtbar wurde.
Rolands Geist war zu diesem Zeitpunkt schon vom Körper gelöst und befand sich nun auf den Weg durch des Sonnensystem, an den Rand des der Menschen bekannten Galaxie. Und sein Weg würde dort nicht enden, ganz im Gegenteil. Er würde alle bereisten Planeten seines Widersachers betreten und auch die Reste der von ihm zerstörten Welt betrachten. Er würde durch die Feuer von tausenden Sonnen schreiten und durch die endlosen Leeren hinter den Sternen gleiten. Er würde das universelle Sein betrachten und verstehen, sowie die kosmische Definition von Gut und Böse begreifen, während auf seinem Heimatplaneten, der Erde, alles weiterhin seinen gewohnten Gang nehmen würde.
Und dort auf der Erde könne man, wenn die Sonne hell genug scheint und Lichter auf der Wasseroberfläche des Attersees tanzen lässt, für kurze Zeit einen erstarrten Körper, sitzend und an einem Baum gelehnt, aufleuchten sehen.
Und auf seinem Gesicht würde man ein Lächeln sehen.
Ein Lächeln der wissenden Zufriedenheit.
Ende.