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Das Dorf

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13.08.2005
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Das Dorf

1
„Vater!...Vaaater!“
Arwins Schreie durchbrachen die Stille des Waldes, waren von solchem Schmerz erfüllt, dass sie der großen Lautstärke nicht bedurft hätten, um das Herz eines jeden fühlenden Menschen zu erschüttern. Der Junge selbst war wohl der Einzige im Umkreis von Meilen der sie nicht wahrnahm. Sein Blick war starr auf den leblosen Körper vor ihm gerichtet, von dessen Gesicht nur eine blutige Masse geblieben war. Doch Arwin musste die Gesichtszüge nicht erkennen um zu wissen, dass es sein Vater war vor dem er kniete, dessen von Minute zu Minute kälter werdendes Fleisch er umklammerte.
Mit einem enormen Ruck rissen ihn fleischige Hände von den blutverschmierten Überresten los. Mit verschwommenem Blick sah er wie sich der Held seiner Kindheit weiter und weiter von ihm entfernte, spürte erst Minuten später dass er von mehreren Männern durch den Wald geschleift wurde.
„Lasst ihn liegen!“ hörte der Junge eine hohe Männerstimme beschwörend rufen. Der Pfarrer.
„Sein Fleisch wird das Biest ruhig stellen! Lasst ihn liegen um Gottes Willen!“
Arwin verspürte keine Angst. Es war vielmehr Hoffnung, die ihn trotz dieser Worte erfüllte. Die Hoffnung seinen Vater noch einmal berühren zu können. So lange an seiner Seite zu bleiben bis er selbst sein Schicksal teilen müsste. Doch die menschlichen Klauen die sich panisch in Arwins Arme gruben ließen nicht ab. Um ihn herum liefen weitere Männer in Richtung des Dorfes. Er erkannte ihre Gesichter nicht, da seine Augen noch immer mit Tränen gefüllt waren, jedoch erkannte er eine lange, dunkle Robe am Körper eines kleinen, bärtigen Mannes. Der Pfarrer. Erst in diesem Augenblick wurde Arwin klar, dass nicht er gemeint gewesen war. Der Körper seiner Vaters sollte der Bestie als Spielball und schließlich als Nahrung dienen. Verzweiflung flutete seinen Körper. Seine Sinne wurden erneut betäubt. Er schrie. Er wehrte sich. Doch der Geist des Jungen war überfordert, war erschöpft vom minutenlangen Wahnzustand. Unter anderen Umständen hätte Arwin die bleischwere Dunkelheit die ihm nun entgegenschlug als gnädig empfunden. Doch in diesem Moment wusste er, dass der dichte schwarze Nebel der sich vor sein Bewusstsein legte, ihn endgültig von seinem geliebten Vater trennen würde.


2
Arwin spürte Luft in seinen Körper strömen. Gleichmäßig wurde sie durch seine Nase gesaugt. Nur um kurz darauf auf demselben Wege ausgestoßen zu werden. Sein Mund war unangenehm trocken und als er schluckte befeuchtete kein Speichel seine schmerzende Kehle. Er schlug die Augen auf. Massive Holzbalken hingen drohend über ihm.
„Arwin.“ Als er seinen Kopf mitsamt seinem steifen Körper in Richtung der hellen und vertrauten Stimme schob, fühlte er wie sich die weiche Blättermatratze unter ihm, seiner Bewegung anpasste.
Seine Schwester Fála musterte ihn besorgt. Ihre Stimme jedoch verriet Erleichterung als sie sagte „Du bist wach. Pfarrer Jari sprach bereits davon dich nackt in den Sumpf zu werfen damit du nicht endgültig die Pforte in die andere Welt durchschreitest.“
Arwin brachte ein verwegenes Lächeln zustande. „Meinst du er hätte mich ohne Hilfe hineinwerfen können?“ Beide lachten aufrichtig, einfach weil sie froh waren einander zu haben. Doch Arwin erfüllte plötzlich ein Gefühl unendlichen Verlustes als ihn seine Erinnerung traf wie ein Hammerschlag auf die Nase. Fála nahm die Veränderung im Gesicht ihres Bruders sofort war und versuchte ihm Halt zu geben „Es ist nicht deine Schuld. Wir sind es nicht die gesündigt haben.“
„Doch es ist unser Vater der büßen musste! Wie kann uns Gott beide Eltern nehmen wenn wir so frei von Schuld sind wie du sagst? Meinst du es waren Mutter und Vater die gesündigt haben? Niemals! Wieso also straft der Herr nicht die waren Sünder sondern gerade die reinsten Seelen des Dorfes?“ Der Gefühlsausbruch ihres Bruders überraschte Fála. Sie hätte nicht geglaubt, dass er rein körperlich dazu bereits in der Lage war. Doch das zeigte ihr einmal mehr, was für eine Stärke Arwin aus seinen Emotionen ziehen konnte. Auch wenn sie diese Art starker Emotionalität normalerweise als Schwäche ansah, so beeindruckte es sie doch sie in ihrem kleinen Bruder zu finden. „Es ist nicht Gott der unsere Eltern getötet hat. Vielmehr ist es sein schwindender Einfluss über dieses sündhafte Dorf, der es ihm unmöglich macht die Bestie zurückzuhalten. Und diese Ausgeburt der Hölle macht keine Unterschiede zwischen rechtschaffenen Menschen und Sündern, sie ermordet jeden der in ihren Einflussbereich gerät. Auch die Krankheit von Mutter war nicht von Gott gewollt. Er konnte sie nur nicht davor schützen, weil unser Dorf befleckt wurde.“ Arwin hatte Tränen in den Augen, doch es war keine reine Trauer, vielmehr war es Wut darüber mit was für einer Willkür Menschen sterben mussten. Gleichzeitig fragte er sich ob er genauso ruhig geblieben wäre im Angesicht des Todes seiner Eltern wie Fála jetzt, wenn er bereits das achtzehnte Jahr erreicht hätte. Doch er war erst sechzehn, noch nicht als Mann akzeptiert da sein Bart noch nicht begonnen hatte zu wachsen und somit wurden ihm seine starken Gefühle noch verziehen, ohne dass er Angst um seinen Ruf haben musste. Als er seine Schwester betrachtete beneidete er sie um ihrer Reife. Nicht nur emotional war sie kontrolliert wie man es von einem Erwachsenen erwartete, auch körperlich war sie bereits eine Frau. Ob sie jemals einer der wenigen jungen Männer im Dorf heiraten würde, nun wo sie eine Waise war, ohne Einkommen und Unterstützung? Wie sollten sie nur leben wenn sie von den anderen Dorfbewohnern abhängig waren und nichts zu bieten hatten? Arwin war verzweifelt, doch die Zuversicht seiner Schwester sowie die Hoffung auf die Hilfe des Pfarrers beruhigten ihn ein wenig. Der Pfarrer. „Lasst ihn liegen!“. Die Worte hallten in Arwins Kopf wider und er fragte sich ob das Biest nun Ruhe geben würde nachdem es zwei Holzfäller des Dorfes, einer davon sein Vater, zerfleischt hatte. Schon jetzt würde es schwer genug werden ausreichend Nahrung für alle vom fahrenden Händler kaufen zu können. Selbst versorgen konnte sich das kleine Dorf nicht. Mitten im Wald konnten sie kein Land bestellen und die Jäger würden zu ängstlich sein nach dem zweiten Todesfall innerhalb von einer Woche in den Wald zu gehen.
Plötzlich war Tumult außerhalb des Hauses zu hören. Fála stürzte ans Fenster.
„Arwin, schnell, da kommen Fremde!“ Arwin erhob sich so schnell er konnte und schaute neben seiner Schwester aus dem Fenster des kleinen Holzhauses ihrer Eltern. Der Anblick der sich ihm bot war Furcht einflößend und bewundernswert zugleich. Aus dem Nebel der die meiste Zeit um das Dorf lag brachen drei Reiter. Ihre Pferde schritten langsam näher und doch schienen sie den Nebel kraftvoll zu durchbrechen. Es saßen massige Gestalten in den Satteln. Stachelbewehrte Harnische die aussahen als wögen sie Tonnen, schwere Stiefel, dicke Lederhosen. Der vorderste der drei hatte kurz geschorene Haare und einen ebenso kurz gehaltenen, stoppligen Bart, sodass seine kantigen Gesichtszüge entblößt waren. Hinter seinem Kopf ragte der Griff eines Schwertes hervor. Seine beiden Kameraden trugen ihre Waffen offen sichtbar. Der eine, ein Bärtiger mit langen roten Haaren trug eine gewaltige Axt in einer seiner riesigen Hände. Arwin glaubte die Waffe nicht einmal mit beiden Armen anheben zu können, dabei war er für sein Alter ziemlich kräftig, ohne unnötiges Fett mit sich herumzutragen. Doch der rothaarige hielt die Axt neben seinem Pferd als wäre sie ein leichter Ast. Der dritte Reiter hatte lange braune Haare und einen ebenso stacheligen Bart wie der vorderste. Er hielt einen Speer in der Hand. Allerdings keine Reiterlanze sondern einen kurzen Speer, vielleicht eine Wurfwaffe dachte Arwin. Insgesamt wirkte der dritte im Bunde deutlich weniger muskulös, auch sein Harnisch war nicht so breit wie die der anderen beiden und die entblößten Unterarme waren nicht einmal halb so mächtig wie die des Axtträgers.
Als die drei näher kamen, Nebelschwaden vor sich herschiebend die um ihre Waffen und die kurzen metallen Stacheln ihrer Rüstungen spielten bevor sie sich auflösten, wusste Arwin dass diese Männer gekommen waren um sie zu beschützen, nicht um ihnen Leid anzutun. Doch während seine Schwester sich ängstlich an den Fensterrahmen klammerte, erhoffte sich der junge Mann sogar mehr als Schutz von den Fremden. Sein Herz dürstete es nach Rache.

3
Igor hievte seinen, durch den Harnisch zusätzlich schweren Körper aus dem Sattel. Vor ihm standen zwei Männer wie sie unterschiedlicher nicht sein konnten. Der eine in einfacher, lederner Kleidung, eine gesunde Statur, langes Haar auf dem Kopf und einen gepflegten Bart im Gesicht. Der andere in langer, schwarzer Stoffrobe, auffällig klein gewachsen und dazu ein hagerer Körperbau abgesehen von dem Bauch der sich klar unter seiner Robe abzeichnete. Seine Haare begannen zu schwinden und er stützte sich auf seinen Stock als könnte er sich ohne ihn nicht auf den Beinen halten.
„Seid gegrüßt.“ Die Worte schlugen ihm voll und kräftig entgegen, dennoch war keinerlei Drohung oder Misstrauen herauszuhören. Igor mochte den einfachen Mann sofort, während ihm der ängstlich dreinblickende Pfarrer suspekt war. Doch das mochte daran liegen, dass er für die Kirche im Allgemeinen nur Abscheu übrig hatte. Schließlich verkündete sie Worte eines Gottes, für dessen Existenz jegliche Anzeichen fehlten. Wie konnte über diese düstere, grausame Welt ein Gott wachen, der den Menschen wohlwollen gegenüberstand? Nein, Igor glaubte an die Kraft des Einzelnen. Die meisten Menschen waren allein nicht überlebensfähig, also wandten sie sich an die Kirche, die gleichzeitig ihre mickrigen Dörfer zusammenhielt. Doch dieser Zusammenhalt war nur oberflächlich, die bescheidene, ehrliche Lebensweise nur Fassade, das wusste Igor. Er hatte es in jedem Dorf erlebt in dem er bis jetzt stationiert gewesen war. Früher oder später kam die Wahrheit über die Menschen immer zum Vorschein. Und diese Wahrheit war, dass die Dorfbewohner sich kaum von Tieren unterschieden. Selbst die körperlich starken unter ihnen waren schwach. Nahm man ihnen die Illusion von ihrem großen Gott entfesselte das all ihre Triebe, doch gleichzeitig nahm es ihnen den Inhalt ihres Lebens und trieb sie in unendliche Verzweiflung. Nicht dass Igor ein im göttlichen Sinne reines Leben führte. Auch er lebte seine Triebe aus. Ihn hinderte kein Glaube. Er brauchte genauso Essen, Sex, Alkohol und Blut wie jeder andere. Das waren aus seiner Sicht die vier größten Laster eines jeden Menschen. Die meisten wehrten sich am hartnäckigsten gegen das letzte, doch sobald eine Hinrichtung stattfand, sobald ein Verbrecher gelyncht wurde kamen sie alle aus ihren Verstecken gekrochen. Sobald dem Menschen Blut versprochen wurde verfiel er in einen Wahn in dem er von unendlicher Gier und ebenso unendlicher Befriedigung gleichzeitig erfüllt war. Igor hatte gelernt einen Nutzen aus diesen Lastern zu ziehen anstatt sie zu unterdrücken, so wie die abergläubischen Dörfler. Er aß viel und gerne, schließlich ließ es seine Muskeln nur noch weiter wachsen. Er nahm sich ein Mädchen wenn er es brauchte, weil ihn das für den Kampf motivierte. Er trank Alkohol nach getaner Arbeit, als Belohnung auf die er sich immer freuen konnte. Und das wichtigste, das den Nutzen alles anderen bedingte: er hatte seine Fähigkeit zu Töten zum Beruf gemacht. Doch er war kein elender Söldner, nein Igor war ein Soldat des Königs. Nicht dass diese Tatsache einen großen Unterschied für seine Tätigkeit machen würde, viel eher für seinen sozialen Status.
„Was wollen diese Fremden hier?“ Die Stimme des Pfaffen erklang hoch und hysterisch und war teils an den anderen Dorfbewohner gerichtet und teils an die Fremden selbst. „Diese Fremden sind Soldaten des Königs geehrter Jari. Ich persönlich habe einen Brief an den Verwalter der Stadt geschrieben, in dem ich Hilfe für unser Dorf erbeten habe.“ Auch wenn der Mann in seiner Wortwahl respektvoll war, hörte Igor sofort die Verachtung für den Pfarrer. Dieser schien sich mit einem Mal in seiner Einstellung gegenüber den Fremden vollständig zu wandeln. „Wieso hast du mir bloß nichts davon gesagt Thorwald? Wir hätten unseren Gästen einen gebührenden Empfang bereiten können. Herzlich willkommen Ritter, Ihr werdet in den besten Räumen unseres bescheidenen Dorfes nächtigen und meine Kapelle steht euch immer offen.“
„Vielen Dank Pfarrer, ich denke die Taverne sollte für den heutigen Abend ausreichen.“ Jari war sichtlich beleidigt von dieser verdeckten Ablehnung seines Gotteshauses doch er setzte nicht nach. Igor erfüllte es schon jetzt mit Befriedigung den Pfaffen zu reizen, auch wenn er zunächst höflich blieb. Schließlich wusste er noch nicht wie viel Macht der Mann wirklich über sein Dorf hatte. Immerhin schien Thorwald bereits ein Verbündeter gegen den Alten zu sein. Igor musterte den Pfarrer noch einmal offensichtlich und gründlich, aber achtete darauf dabei leicht zu lächeln. Ihm war es ein Rätsel wie ein Mann von solch mickriger Statur und mit einer so erbärmlichen Selbstkontrolle überhaupt von irgendjemandem respektiert werden konnte.

Nachdem die drei Soldaten ihre Zimmer in dem kleinen Gasthaus bezogen, ihre Rüstungen abgelegt hatten und ihre Pferde gut versorgt wussten, hatten sie sich einen Tisch in dem erstaunlich geräumigen Essenraum des Gasthauses genommen. Alle Männer des Dorfes schienen hier versammelt, mit Ausnahme des Pfarrers. Igor, der rothaarige, massige Traustur und Elias blieben zuerst unter sich. Sie bestellten Wein doch bekamen nur Starkbier, das einzige vorrätige Getränk neben Wasser wie sie zu ihrer Enttäuschung feststellten. Der Wirt bemühte sich um Freundlichkeit aber war sichtlich aufgeregt und peinlich berührt ob der mangelhaften Bestückung seines Lagers. Die drei versuchten sich leise über ihre Eindrücke des Dorfes auszutauschen doch je leiser sie sprachen, desto ruhiger wurde der gesamte Raum. Es war offensichtlich, dass alle nur wegen der Neuankömmlinge in der Taverne versammelt waren. Endlich brach Traustur die Mauer des Schweigens zwischen den Soldaten und den Einheimischen „Ein Monster habt ihr euch hier also eingefangen, soso. Was ist das denn für ein Monster? Ein Drache? Ein Oger? Oder ist der verdammte Yeti bis zu euch in den gottverdammten Sumpf herabgestiegen?“ Die drei brachen in schallendes Gelächter aus doch die anderen wirkten irritiert ob des lockeren Tonfalls von Traustur, welcher wie Igor wusste, so typisch für den kräftigen Krieger war, der scheinbar schon jeden Schrecken der Welt gesehen und dann eigenhändig niedergerungen hatte. „Wie kannst du es wagen so abfällig in dem Haus zu sprechen in dem wir dir Schutz gewähren!“ Es war ein mittelgroßer Mann mit schwarzen Locken und breitem Kreuz der das Wort ergriff. Im Gegensatz zum rotbärtigen Soldaten war jedoch auch er nicht vielmehr als ein Witz von einem Mann. „Die Bestie hat bereits zwei unserer Holzfäller zerfleischt, beides starke aufrechte Männer im besten Alter. Und du meinst dir kann das Biest nichts antun nur weil deine Axt größer ist als die unserer Männer?“ Zustimmung und Applaus wurden verhalten geäußert. Die Leute waren beeindruckt von dem Mut einem so Respekt einflößenden Soldaten offen zu widersprechen. Igor vermerkte den kräftigen Schwarzgelockten sofort als dritten Rädelsführer des Dorfes. Ein kurzer amüsierter Blick zu Elias zeigte ihm, dass sie beide wussten was nun kommen würde. Sie kannten sich gegenseitig einfach zu gut um noch von einem der jeweils anderen überrascht werden zu können.
Traustur setzte eine beeindruckte Mine auf, konnte diese jedoch nur kurz halten da er in prustendes Gelächter ausbrach. „Zeigt mir eure Bestie und ich werde sie auf der Stelle in Stücke hauen. Meine zwei Kameraden hier können derweil schon den nächsten Krug von diesem Trunk leeren den ihr Bier nennt, denn ich werde mich nach meiner Tat wieder zu ihnen gesellen und trinken als wäre nichts gewesen.“ Einige Dorfbewohner schienen nun doch amüsiert angesichts der unglaublichen Arroganz Trausturs, die sie in dieser Form in ihrem tristen und verängstigten Leben wohl noch nie erlebt hatten. Doch der Breitschultrige zitterte vor Wut. Für ihn stellte der Soldat mit der roten Mähne eine einzige Provokation dar. „Du nordisches Stück Schmutz, du sprichst wie ein dreckiger Söldner nicht wie ein Soldat des Königs. Die Bestie wird dich zerfleischen! Dich und deine selbstgerechten Freunde! Wir brauchen euch nicht! Gott allein wird uns helfen diesen Schrecken zu überwinden.“
Traustur lachte aus vollem Halse während der andere sprach, was diesen nur immer stärker in Rage brachte. Bevor die Situation eskalieren konnte schritt Thorwald ein, der sich bis jetzt unauffällig verhalten hatte. „Genug Eremir! Diese Männer sind unsere Gäste, lass sie mit der vor ihnen stehenden Aufgabe umgehen wie es ihnen beliebt. Oder willst du an ihrer Stelle in den Wald treten und dem Biest die Stirn bieten?“
Igor nutzte die einsetzende Ruhe die Thorwalds Worte hinterließen. „Wir danken euch aufrichtig für eure Gastfreundschaft, nicht war Traustur?“ Dieser lachte erneut auf, auch Elias konnte sein Grinsen nicht mehr unterdrücken. „Und ich bitte um Verständnis dafür, dass wir diesen Abend der Ankunft nach unserer langen Reise aus der Stadt mit ein wenig eures köstlichen Starkbiers begießen möchten. Also lasst uns zusammen darauf trinken, dass wir dieses wunderschöne Dorf von dem Ungeheuer befreien, welches in diesen dunklen Wäldern sein Unwesen treibt. Gesellt euch ruhig zu uns dreien, wir werden bestimmt niemandem etwas Böses tun, auch wenn es unser Freund Traustur manchmal mit dem Alkohol übertreibt.“ Eremir hatte bereits wutentbrannt den Raum verlassen, aber es war ihm niemand gefolgt wie Igor beruhigt feststellte.

Arwin setzte sich mit einem Altersgenossen und einigen älteren Männern zu den Soldaten. Diese Fremden zogen ihn beinahe magisch an. Zwar war er zuerst enttäuscht gewesen als er hörte, dass sie Soldaten des Königs waren. Diese hatte er sich immer als edle Männer in strahlenden Rüstungen vorgestellt. In dieses Bild wollten sich diese drei desillusionierten, rauen Männer in ihren Furcht einflößenden Harnischen so gar nicht einfügen. Und doch spürte Arwin, dass er viel von ihnen lernen konnte, schließlich kamen sie aus der Stadt während er selbst sein Dorf noch nie verlassen hatte. Außerdem beeindruckte ihn die Art mit der Traustur mit der Bedrohung umgegangen war. Das Biest hatte seinen Vater getötet und das ganze Dorf, einschließlich dem Pfarrer und dem Dorfsprecher Thorwald in Angst und Schrecken versetzt und dieser rothaarige Bär von einem Mann hatte die ganze düstere Bedrohung scheinbar mit wenigen verächtlichen Worten hinweggewischt.
„Hat jemand von euch das Ungeheuer schon zu Gesicht bekommen?“ fragte der drahtige Elias, dessen Augen ständige Wachheit ausstrahlten, in die Runde. Betretenes Schweigen war die einzige Antwort die er bekam. „Woher wollt ihr dann wissen, dass es ein Ungeheuer ist und nicht einfach ein wildes Tier das man jagen kann?“ Er sprach leise, doch seine Stimme war kristallklar. „Du hast nicht die Leichen gesehen. Sie waren grausam zugerichtet. Kein Tier zerfetzt einen Menschen um ihn verrotten zu lassen.“ Antwortete einer der Älteren in der Runde. „Dieses Verhalten deutet auf pure Mordlust hin.“ Fügte Thorwald hinzu der ebenfalls in der Runde saß. „Entweder das oder es fühlt sich bedroht.“ Sagte Elias leise ohne jemanden direkt anzuschauen. Ein anderer ergriff das Wort „Du sagst wir haben das Biest provoziert? Einfache Holzfäller aus diesem Dorf? Das ist Schwachsinn und du weißt es. Sprechen wir es doch ruhig aus. Es gibt Sünder in diesem Dorf und wenn ihr es schafft das Biest zu töten so müssen wir doch die Schuldigen finden und richten.“ Arwin glaubte im Gesicht Igors pure Verachtung zu erkennen, doch er konnte sie sich nicht erklären. Elias tauschte einen kurzen Blick mit seinem Kameraden aus, als wolle er ihm bedeuten dass er selbst weiterhin das Reden übernehme. „Was sagt der Dorfpfarrer zu diesen Vorkommnissen? Er sollte am besten einschätzen können wer schuldig an dem Vordringen der Bestie ist.“ Es wirkte wie eine einfache Frage, doch sowohl an Igors als auch an Elias’ Mimik ließ sich erkennen, dass sie mehr implizierte als das Offensichtliche. Traustur derweil trank unbeeindruckt sein Bier und warf der Frau des Wirtes lüsterne Blicke durch den halben Saal zu. Thorwald antwortete „Jari verweist neuerdings darauf, dass der zweite Tote der Vater dieses Jungen hier ist.“ Er deutete auf Arwin. „Seine Mutter ist vor längerer Zeit an einer schlimmen Krankheit gestorben, die laut Jari ebenfalls auf Beschmutzung innerhalb des Dorfes zurückzuführen ist. Nun meint er zwei Tote aus derselben Familie können kaum Zufall sein, doch er weiß nicht ob es die Kinder sind die sündigen oder ob es die getöteten Eltern selbst waren.“ Arwin verkrampfte augenblicklich. Von diesen Vorwürfen hatte er nichts gewusst. „Das ist absurd.“ Stammelte er. „Dir macht keiner einen Vorwurf Junge. Es gibt nicht mehr viele hier die der Meinung des Pfarrers blind vertrauen.“ Beruhigte ihn Thorwald. Elias und Igor warfen sich verschwörerische Blicke zu, die Arwin noch nicht genau zuordnen konnte. Er konnte nicht mehr klar denken. Die Vorwürfe des Pfarrers empörten ihn, verunsicherten ihn aber gleichzeitig auch. Waren seine Eltern nicht die gewesen für die er sie gehalten hatte? Konnte er seiner Schwester vielleicht nicht vertrauen?
„Nun ich bin sicher Pfarrer Jari ist ein ehrenwerter Mann, doch auch ein Mann Gottes kann irren.“ Igor hatte sich bemüht diese Aussage möglichst diplomatisch zu halten, doch Elias strafte ihn mit einem ernsten Blick der ihm signalisierte, schon zu weit gegangen zu sein. Igor fügte hastig hinzu „Wir werden morgen mit unserer Arbeit beginnen und wenn das Biest tot ist dann werden wir euer gemütliches Dorf in der Hoffnung verlassen, niemals wiederkehren zu müssen.“ Er lächelte, doch es war nicht echt, das sah sogar Arwin. „Ich glaube ihr versteht mein Anliegen nicht ganz.“ Setzte Thorwald nach. „Selbst wenn ihr die Bestie tötet sind in diesem Dorf Menschen in Gefahr. Der Pfarrer muss den Leuten ein Opfer präsentieren, sonst verliert er weiter an Ansehen.“ Elias schüttelte kaum merklich den Kopf während er eine ungläubige Mine zur Schau trug. Arwin begann die Bedeutungsschwere während des gesamten Gespräches zu verstehen. Im Dorf hatte sich anscheinend eine Gruppe von Leuten gebildet die gegen den Pfarrer arbeiteten. Die Soldaten versuchten sich nun ein Bild von der Lage zu machen, schienen selbst keine guten Christen zu sein, schließlich hatte Traustur das Wort „gottverdammt“ gebraucht und Elias bestand hartnäckig darauf, dass die Bestie ein gewöhnliches Tier sei. Und nun sprach Thorwald offen gegen den Pfarrer ohne sicher sein zu können wer alles auf seiner Seite war. Oder waren die Fronten bereits geklärt? Bestand diese Spaltung des Dorfes schon länger ohne dass Arwin sie registriert hatte? Sein Vater hatte stets respektvoll und doch distanziert von Pfarrer Jari gesprochen. Auf welcher Seite stand Arwin selbst? Auf der einen Seite wollte er ein guter Christ sein, so wie es ihn sein Vater gelehrt hatte, aber auf der anderen Seite beschuldigte der Pfarrer seine Familie der Sünde. Oder war das eine Erfindung Thorwalds um ihn auf seine Seite zu bekommen? Immerhin würde er in ein oder zwei Jahren ein anerkannter Mann sein und jeder Mann war wertvoll in diesem kleinen Dorf. Arwin war verwirrt. Das einzige was er sicher zu wissen glaubte war, dass dieses Dorf nach dem Abzug der Soldaten nicht mehr dasselbe sein würde wie zuvor.

Als Thorwald sie in ihr Zimmer im Obergeschoss des Gasthauses begleitet hatte, hatte Elias ihn zu größerer Vorsicht in Bezug auf Jari den Pfarrer gemahnt. „Ich weiß auf wen ich zählen kann. Jari hat kaum noch Einfluss auf die Leute“ hatte Thorwald erwidert, offensichtlich empört darüber dass man ihm Unvorsichtigkeit unterstellte.
Bevor sie zu Bett gingen besprachen sie noch einmal die Lage unter Einbeziehung der neuen Erkenntnisse aus der Taverne. Eremir, der Mann der sich mit Traustur angelegt hatte, wurde als Verbündeter des Pfarrers eingeordnet. Allerdings ließ sie der Fakt misstrauisch werden, dass alle anderen geblieben waren als Eremir wütend den Gastraum verlassen hatte. Bei den wenigen Häusern die das Dorf hatte und der Anzahl von Männern die in der Taverne gewesen waren, mussten die drei Soldaten davon ausgehen, dass nahezu alle Männer des Dorfes zusammengekommen waren. Also mussten unter den Anwesenden auch Anhänger des Pfarrers gewesen sein, andernfalls wäre er schon lange aus dem Dorf gejagt worden. In der Gesprächsrunde mit Thorwald und dem Jungen, Arwin, hatten noch sechs weitere gesessen. Der scharfsinnige Elias hatte genau darauf geachtet. Die Gesamtzahl der Männer im Saal schätzten die Soldaten auf dreißig. Sie folgerten, dass auch in der Gesprächsrunde mindestens ein Anhänger des Pfarrers gewesen sein musste, denn um seine Macht zu erhalten musste er wenigstens die Hälfte der Männer hinter sich haben und wieso sollten sich alle seine Anhänger die Gelegenheit entgehen lassen mit den Soldaten zu sprechen? Also würde der Pfarrer mit hoher Wahrscheinlichkeit bald von der Feindseligkeit Thorwalds hören. Immerhin hatte dieser die Soldaten indirekt um Hilfe gegen Jari gebeten.
„Es könnte bereits morgen zu Problemen kommen.“ Schlussfolgerte Elias. „Ich denke ich sollte morgen im Dorf bleiben während ihr Jagd macht, auf was auch immer da draußen lauert. Ich werde sagen, dass ich den Jungen noch ein wenig über den Tod seines Vaters befragen will um Hinweise auf die Bestie zu bekommen. So kann ich die Entwicklung im Dorf beobachten.“ Schlug Igor vor. Elias nickte zustimmend, während Traustur verlauten ließ, dass er das Biest wenn nötig auch alleine schlachten würde. Doch diesmal lachte keiner über seine offensichtliche Selbstüberschätzung. Zu groß war die Unklarheit über die Bedrohung die innerhalb des Dorfes herrschte.


4
Die Dorfbewohner hatten verständnisvoll auf Igors Begründung reagiert, sich noch nicht an der Jagd zu beteiligen, auch wenn einige besorgte Stimmen laut wurden, die der Meinung waren das Biest werde unterschätzt. Dennoch zogen Traustur und Elias unter Jubel und Gebeten in den Wald. Traustur mit seinem mächtigen Harnisch der wohl jeden anderen Mann zu Boden gezogen hätte und Elias in seiner Rüstung aus Hartleder die ihm mehr Bewegungsspielraum und Schnelligkeit gewährte.
Igor dagegen ließ sich von Arwin in das Haus seiner Eltern führen, das nun ausschließlich von ihm und seiner Schwester bewohnt wurde. Es war eine einfache Holzhütte ohne Obergeschoss mit zwei Betten, einem Tisch mit Stühlen und einer Feuerstelle und nicht viel mehr. Igor fand den Gedanken befremdlich, dass der Junge sein Leben lang in diesem Loch verbringen würde, während die Menschen in der Stadt oder in reicheren und besser gelegenen Dörfern viele Annehmlichkeiten genossen. Außerdem brannte er darauf die Unterkunft des Pfaffen zu sehen, welche wahrscheinlich deutlich komfortabler war. „Wasser predigen und Wein trinken“ flüsterte er ohne es zu merken. Diesen Satz hatte er in der Stadt oft gehört. Dort waren die Menschen bereits weniger ängstlich wenn es um die Kirche ging, es regte sich zum Teil öffentliche Kritik. Er sah keine Zukunft für den Jungen in diesem Dorf. Vielleicht würde er Holzfäller werden wie sein Vater, um über die Runden zu kommen und eines Tages von einem Bären oder einem Wolf angefallen werden, genau wie sein Vater. Würde er ein Mädchen finden in diesem kleinen Dorf? Igor hatte noch keines gesehen. In der Taverne die diesen Namen nicht einmal verdiente, waren mit Ausnahme der Frau des Wirtes nur Männer anwesend gewesen. Er nahm sich vor dieser Sache noch auf den Grund zu gehen. Für die Abwesenheit des Pfarrers hatte er einen einfachen Grund, da er ein solches Verhalten bereits anderswo beobachtet hatte. Als geistliches Oberhaupt des Dorfes musste der Pfarrer zügellosen Alkoholkonsum verurteilen, jedoch war dieser niemals ausgeschlossen. Um also nicht jeden Betrunkenen bestrafen zu müssen, blieb der Pfarrer eines Dorfes der Taverne in der Regel fern. Jari hat bestimmt für zuverlässige Informanten gesorgt, dachte Igor grimmig. Bereits der Gedanke an die mickrige Pfaffengestalt weckte Abscheu in ihm, aber er war sich bewusst, dass ein geistlicher in einem Dorf wie diesem, welches weit von der Zivilisation entfernt lag und leicht überschaubar war, eine enorme Machtfülle haben konnte.
Als er gerade mit Arwin Platz genommen hatte, kam ein Mädchen zur Tür herein. Arwin stellte sie als seine Schwester vor. Sie hatte langes, volles, braunes Haar und ein rundes Gesicht dessen Haut so strahlte, wie es nur die Haut von Mädchen tut, die sich auf dem Höhepunkt ihrer Fruchtbarkeit und Schönheit befinden. Ihr Körper war wohl geformt, nicht so dürr wie die einiger Frauen, die er bei der Verabschiedung seiner Kameraden gesehen hatte. Aber nicht so füllig wie die Figur der Wirtsfrau, auf die Traustur ein Auge geworfen hatte.

Fála setzte sich zu den beiden Männern. Ihrem Bruder der aufgrund seines fehlenden Bartwuchses noch nicht als solcher anerkannt war und dem fremden Soldaten mit den eisblauen Augen, die nicht so recht zu seinem dunklen, kurz geschorenen Haar passen wollten und dennoch Macht ausstrahlten. In seinem Harnisch hatte er Angst einflößend auf Fála gewirkt doch nun in seinem kurzärmligen Stoffhemd wurde sie magisch angezogen von seinem muskulösen Körper und seinem ernsten Blick. Igor strahlte eine Attraktivität aus, die sie so bei keinem der Männer im Dorf fand oder jemals finden würde, da war sie sich sicher.
Igor riss seinen Blick los von dem schönen Mädchen und doch verriet ihm das Gesicht ihres Bruders, dass sein Verlangen nicht unbemerkt geblieben war. Das war einer seiner Makel, dachte Igor. Im Angesicht von Verwüstung und Tod konnte er emotionslos und ruhig bleiben doch sobald er Verlangen oder Abscheu empfand, registrierte das seine Umgebung sofort. Und er glaubte dass es gerade diese beiden Emotionen waren, die ihn in diesem Dorf in ernsthafte Schwierigkeiten bringen konnten. Oder vielleicht erst die Kombination von beiden?
Er unterhielt sich mit den beiden über den Tod ihrer Mutter, das Verschwinden ihres Vaters und die Entdeckung seiner Leiche durch Arwin. Dieser hatte sich im Morgengrauen aus dem Haus geschlichen, nachdem sein Vater den dritten Tag in Folge nicht Heim gekehrt war. Das Schreien des Jungen hatte das gesamte Dorf geweckt. Er schien den Verlust noch nicht verkraftet zu haben, auch wenn er sich bemühte männlich zu wirken, was unter anderem hieß nicht zu weinen. Der Junge erinnerte Igor an sich selbst vor vielen Jahren. Er war auch ein emotionaler junger Mann gewesen, der schnell weinte, nicht wegen körperlichem, aber wegen seelischem Schmerz. Außerdem war er hitzköpfig gewesen, war es noch heute oftmals, wenn auch nicht in dem Maße wie Traustur. Er fragte sich ob er diese Hitzköpfigkeit, diesen Zorn, vielleicht auch in Arwin wecken konnte. Die Voraussetzungen waren gegeben: beide Eltern waren tot und nun stellte sich der Pfarrer gegen ihn und seine Familienehre. Währenddessen wirkte Fála relativ kühl wenn es um ihre Eltern ging. Sie vermisste sie zwar, doch sie war bereits wieder ein fröhliches Mädchen und haderte kaum mit ihrem Schicksal. Sie hatte früh gelernt die Rolle der Ersatzmutter einzunehmen, dachte Igor. Und doch hatte sie diese jugendliche Leichtigkeit die es ihm schwer machte die Geschehnisse in diesem Dorf weiter zu analysieren. Was die beiden den ganzen Tag über so machten, fragte er sie. Das Mädchen antwortete, sie kümmere sich um den Haushalt während der Junge meinte sein Vater habe ihm die Grundlagen des Holzfällens und des Jagens beigebracht. Doch nun wisse er nichts so recht mit sich anzufangen. „Vielleicht solltest du Soldat werden.“ Witzelte Fára während sie Igor bewundernd betrachtete. „Das solltest du wirklich, dann würdest du etwas von der Welt sehen und hättest die Chance hübsche Jungfrauen zu beeindrucken.“ stimmte Igor mit fröhlichem Tonfall zu, der ihm selbst fremd vorkam. Zwar war er sich der Einfallslosigkeit seiner Äußerung bewusst, doch verfehlte sie ihren Zweck nicht. Fára lächelte und blickte dann verlegen zu Boden. Es wäre ihm ein leichtes dieses Mädchen zu haben dachte Igor, immerhin hatte er schon die Töchter gutbetuchter Eltern in der Stadt gehabt und diese waren oftmals sehr zickig und wählerisch. Umso mehr fühlte er sich nun zu dem einfachen Mädchen hingezogen, das so verzweifelt versuchte erwachsen zu wirken. Endlich gelang es ihm wieder sich zu konzentrieren. „Wie steht es denn um euch Männer hier im Dorf, könnt ihr überhaupt eine Waffe halten?“ Arwin war sichtlich stolz als Mann bezeichnet worden zu sein und antwortete „Nun ja, wir haben einige Jäger, die können Bogenschießen. Das meiste was die anderen können ist wahrscheinlich mit einem Messer zu kämpfen. Wir haben keine schweren Waffen hier im Dorf müsst Ihr wissen.“ ; „Was hältst du davon wenn wir hinüber in die Taverne gehen und ich dir mein Schwert zeige, während deine Schwester das Mittagessen zubereitet?“ Arwin war begeistert und Igor stolz den jungen Mann beeindrucken zu können. Die Geschwister hatten beide ihre ganz eigene Wirkung auf ihn und vorerst würde er sich auf Arwin konzentrieren, der in ihm eine Sehnsucht weckte, nach Zeiten in denen er noch nicht als eiskalter Schlächter auf dem Feld bekannt war, als er seine eigenen Gefühle noch wahrnehmen und sie ausleben konnte. In der Gegenwart kannte er nur noch Zorn und Lust und zwischen diesen beiden Extremen betäubte er sich mit Alkohol und genoss die Gesellschaft der einzigen beiden Menschen die ihm etwas bedeuteten. Seinen beiden Waffenbrüdern mit denen er immer lachen konnte, manchmal sogar ohne Alkohol. Allerdings boten ihnen die Anlässe für ihre Reisen selten Gründe für Frohsinn.
Arwin machte sich gut mit dem beinahe mannslangen Zweihänder. Er war ein kräftiger Junge, ein wenig mehr Essen und Körperertüchtigung würden aus ihm in ein paar Jahren einen Hünen wie Igor selbst machen. Nur an der Größe mangelte es dem Jungen ein wenig. Er war einen ganzen Kopf kleiner als Igor und damit noch immer kleiner als Elias, der einen eher drahtigen Körperbau hatte und dementsprechend lieber mit Kurzspeer oder Pfeil und Bogen kämpfte.
Nach dem Essen legte sich Arwin schlafen. Igor unterhielt sich noch eine Weile mit der Schwester des Jungen und als sie ankündigte sich auch hinlegen zu wollen konnte Igor nicht mehr klar denken. Sein Magen war zum Platzen gefüllt und er war trunken vom Anblick der ständig lächelnden Fára. Doch das Haus hatte nur zwei Zimmer sodass sie mit ihrem Bruder in einem Zimmer schlief. Igor wollte vorschlagen sie mit ins Gasthaus auf sein Zimmer zu nehmen doch er konnte sich zurückhalten. Was würden die Dorfbewohner denken wenn sie die beiden in ein Zimmer verschwinden sahen? Also verabschiedete er sich und verließ Haus. Als er die Tür öffnete schlug ihm angenehm kühle Luft entgegen, getränkt mit der allgegenwärtigen Feuchtigkeit in dieser Gegend. Der allmorgendliche Nebel war verzogen doch die Bäume zu allen Seiten des Dorfes ließen keine weite Sicht zu. Nur ein kleiner Trampelpfad führte hinaus aus diesem Wald, in Richtung der weiten Wiesen und Felder welche die Stadt umgaben. Igor spuckte auf den Boden. Er hasste diesen Ort. Die bedrohliche Atmosphäre war greifbar, doch er konnte nicht sagen was die eigentliche Gefahr in diesem Dorf darstellte. War es das Biest, das durch die Wälder streifte? Oder war es der Pfarrer der allein schon wegen seinem Äußeren und seinem Beruf Abscheu und Misstrauen in Igor und seinen Kameraden hervorrief? Oder war es etwas anderes? Hatten sie etwas übersehen, einen Hinweis nicht wahrgenommen? Egal was zwischen all diesen Bäumen lauerte und wehrlose Menschen tötete machte ihm die wenigsten Sorgen. Doch was war mit dem Pfaffen? Igor hatte die Bedrohung schon bei der Ankunft gespürt, als er noch nichts über Jari wusste, noch nicht wusste dass dieser vielleicht Menschen opfern würde. Bei der ersten Begegnung mit dem Pfaffen hatte er nur die übliche Verachtung empfunden die er jedem Geistlichen entgegenbrachte. Woher also das Gefühl der Bedrohung? Dieses Gefühl war verschwunden solange er mit dem Jungen und seiner Schwester zusammen gewesen war, doch kaum hatte er das Haus verlassen, verspürte er erneut den Drang von hier zu verschwinden. Er würde mit dem elenden Pfaffen sprechen müssen.

 
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Hallo Psychotherapeut,
ich habe mich durch die ersten beiden Kapitel deiner Geschichte gearbeitet. Leider hat mir das so wenig Spaß gemacht, dass ich danach nicht weiter gelesen habe.
Für meinen Geschmack ist deine Sprache zu weitschweifig. Du verlierst dich in Details, zum Beispiel wie die Nebelschwaden die Spitzen der Rüstungen umspielen. Leider bleibt dabei die Handlung auf der Strecke. Die Grundsituation fand ich gar nicht uninteressant, aber du müsstest mich viel mehr ins Geschehen reißen.
Leseerschwerend kam hinzu, dass in jedem Satz gefühlte drei bis vier Kommata fehlen.
Meine Empfehlung lautet, die Geschichte zu straffen und dadurch das Tempo zu erhöhen. Vielleicht finden sich dann auch mehr Leser, die deine Geschichte kommentieren.
Ich hoffe, das hilft dir weiter.
Viele Grüße,
Teetrinker.

Hallo nochmals, Psychotherapeut!

Ich habe jetzt den Text zu Ende gelesen und wage gar nicht mehr, ihn als Geschichte zu bezeichnen. Das ist ja höchstens eine Einleitung. Du führst fast ein Dutzend Charaktere und zwei große Konflikte ein und das wars? Keine tatsächliche Auseinandersetzung? Keine Höhepunkte? Gar nichts?
Nur ein Haufen Erklärungen, wer was über wen denkt und wieso wer was sagt und was wer wo in der Vergangenheit mal gemacht hat? Das hätte ich viel lieber selbst wahrgenommen, als von dir vorgekaut zu bekommen.
Schwierig zu lesen war es zudem auch noch, insbesondere dadurch, dass du in Dialogen bei Sprecherwechseln keinen Zeilenumbruch einfügst.

Alles in allem finde ich es schon eine Zumutung, dass du von deinen Lesern erwartest, dass sie sich durch den Text mühen und ihnen dafür nicht mal eine vollständige Geschichte bietest.

Tut mir leid, dass ich das so hart sagen muss, aber den Text zu lesen ist nichts als Zeitverschwendung.

Viele Grüße,
Teetrinker.

 

Hallo Herr Psychotherapeut

Herzlichen Glückwunsch nachträglich zu deinem gestrigen 104. Geburtstag!

Deine Geschichte ist etwas eigentümlich. Da haben wir die Bestie, die den Vater des Junge getötet hat und auf der anderen Seite die wilden und gewaltigen Krieger des Königs. Was kommt bei der Konstellation heraus: Eine Analyse der Dorfbewohner? Öhm, ja gut. Aber es wiederholt sich alles und passieren tut da so gut wie gar nix.

Nichts für ungut aber du scheinst irgendwie auf halben Weg den Faden verloren zu haben?

-a-

 

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