Das Café
Stimmengewirr. Die Lampen im Café verbreiten nur wenig Licht. Der alte Mann am Nebentisch murrt ständig Unverständliches vor sich hin. Das Café ist in Brauntönen gehalten. Die Scheiben bestehen aus Milchglas und lassen die Welt draussen ganz trübe und verschwommen erscheinen. Es regnet. Ein trüber Tag. An der Wand hängen Fotografien. Die Serviertochter hilft einer alten Frau ihren braunen Mantel zu zuknöpfen. Sie wünscht ihr einen schönen Tag. Ich lächle der alten Frau zu, doch sie reagiert nicht. Sie starrt auf irgendeinen Punkt hinter mir. Ich versuche durch ein Lächeln Kontakt mit dem alten Mann am Nebentisch aufzunehmen. Er schaut mich unfreundlich an. Normalerweise wird mein Lächeln erwidert, vor allem von alten Leuten. Der alte Mann zündet sich mit seinem Feuerzeug eine dicke Zigarre an. Das Feuerzeug gibt ein klickendes Geräusch von sich. Der Mann nimmt einen grossen Zug und beginnt zu husten und zu würgen. Er sollte besser nicht rauchen. Er schaut sich unruhig im Café um. Der Mann am Tisch hinten in der Ecke ruft die Serviertochter. Ich versuche, die Geräusche zu verdrängen und konzentriere mich auf das Café. An der Wand neben dem Eingang hängt eine kleine, braune Wanduhr. An der Decke befinden sich grosse, mit Stoff überzogene Platten. Auf ihnen befindet sich ein Muster aus Blumen und Gräsern. Ist es wirklich Stoff? Ich bin mir nicht ganz sicher. Ich werde von dem alten Mann abgelenkt. Sein lautes Murren geht mir auf die Nerven. Ich versuche den Mann weg zu denken. Jemand klimpert mit ein paar Münzen. Die Kaffeemaschine dröhnt laut. Leise ist die Musik des Radios zu hören. A-ha mit „Forever Not Yours”. Das Lied endet und ich versuche mich wieder auf etwas anderes als die Geräusche zu konzentrieren. Die Kasse rattert, als der Kassenzettel erscheint. Der alte Mann murrt noch immer. Ich hoffe, dass er bald gehen wird. Der Tisch. Er ist klein, eckig und braun. Vor mir stehen mein Eistee, ein Aschenbecher, mein Etui und mein Block. Es sitzt sich bequem auf der Bank mit dem braun-rötlichen Polster. Es ist angenehm warm hier. Ich würde mich sehr wohl fühlen, wenn der alte Mann nicht wäre. Seine Zigarre stinkt fürchterlich. Ich mag den Geruch von Zigarrenqualm nicht. Die Eingangstür wird geöffnet und zwei ältere Damen verlassen das Café. Im Radio läuft ein fröhliches Lied. Ich kenne den Titel und die Sängerin nicht. Das Lied ist neben dem Stimmengewirr nur leise zu hören. In meinem Eistee schwimmt eine Zitrone. Ich nehme einen grossen Schluck. Ich schaue aus dem Fenster. In dem Gebäude gegenüber befindet sich die Mobillar. Der rote Schriftzug prangt oben an der Aussenmauer. In einigen Fenstern brennt Licht. Im untersten Stock befindet sich ein Restaurant. Ich sehe durch die milchige Scheibe einige Leute, die an einem Tisch sitzen. Eine junge Frau gestikuliert wild mit den Händen. Direkt vor dem Fenster befinden sich einige Büsche. Die grünen Blätter erzittern jeweils kurz, wenn sie von einem Regentropfen getroffen werden. Ich mag es, diese kleine Bewegung zu beobachten. Der alte Mann lenkt mich wieder ab. Er würgt ständig und es scheint, als würde er nächstens erbrechen. Hoffentlich nicht. Ein Schwall kalter Luft dringt in das Café ein, einige Leute verlassen es. Ich drehe die Seite, die ich eben beschrieben habe und wedle demonstrativ damit in der Luft herum. Ich will den alten Mann damit herausfordern, etwas zu sagen, mir zu beweisen, dass ich auch noch existiere. Der einzige Existenzbeweis hier war die Serviertochter, die mich gefragt hatte, was ich trinken wolle. Ich schaue den alten Mann an. Es wirkt. „Recht viel schreiben!“, meint er. Ich nicke und schreibe dann weiter. Der Mann steht auf und macht Anstalten, das Café zu verlassen. Er verabschiedet sich. Er öffnet die Eingangstür und tritt nach draussen. Endlich.