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Das Brot
Traurig saß der kleine Fritzli auf der Fensterbank und sah hinaus. Es regnete und der Hund lag draußen in einer Pfütze und wurde dementsprechend nass. Der kleine Junge schaute ihm dabei zu, während ihm ein Tränchen aus dem linken Auge floss. Eine weitere Träne floss, denn Fritzli saß im warmen, trockenen Wohnzimmer und durfte bei dem Regen nicht mit dem nassen Hund spielen.
Ein paar Meter hinter ihm saß, alt und grau, der Opa in seinem alten, schweren Sessel und seufzte laut. Daraufhin wurde er auf den Opa aufmerksam und blickte zurück. Freundlich sah der Opa ihn mit seinen lieben Augen an und fragte seinen Enkel, ob er nicht Hunger habe. Die Mama hatte ihm ein Brot eingepackt, bevor sie zur Arbeit ging und gab es Fritzli mit zu seinem Opa, der auf ihn aufpasste, bis die Mama von der Arbeit wieder kam.
Der Opa war schon zu alt und seine Finger zu krumm, um ein Brot zu schmieren, daher brachte er immer sein eigenes kleines Brot mit.
„Fritzli“ sagte der Opa leise und sah auf das Brot, das der kleine Junge sich gerade in den Mund stecken wollte. Doch Fritzli nahm das Brot wieder herunter und hörte dem Opa zu.
„Fritzli“ sagte der Opa wieder, „ich möchte dir eine Geschichte von Familie Bär erzählen.“
Der kleine Fritzli liebte Geschichten und sperrte sofort seine kleinen Ohren auf. Das Brot noch immer in der Hand haltend, blickte er den Opa mit großen Augen an, der begann, seine Geschichte zu erzählen:
„Es war einmal eine Bärenfamilie. Der Mamabär, der Papabär viele, viele kleine Bärenkinder. Eines Tage backte Mamabär ein Stück Honigkuchen. Das Kuchenstück war gerade groß genug, um den Hunger eines Bärenkindes zu stillen. Doch das erste Bärenkind wollte es nicht essen. Es sagte:
„Thomias schaut so hungrig aus. Ich mag ihn nicht hungern sehen, während ich meinen Hunger stille.“
Mamabär lobte das Bärenkind dafür, dass es seinen Kuchen für das Brüderchen hergab. Doch auch Thomias wollte den Kuchen nicht essen. Er begann zu weinen, weil Isolde-Bär sehr traurig aussah. Das machte das Herz des kleinen Thomias sofort weich. Er gab den Kuchen an Isolde-Bär weiter, die ihn ein paar Minuten auf ihrem Tellerchen liegen ließ. So wechselte der Kuchen von einem Bärenkind zum Nächten. Es vergingen Tage, dann Wochen. Schließlich war der Kuchen verdorben und die Bärenkinder verhungerten qualvoll vor den traurigen Augen von Mamabär und Papabär.“
Der Opa beendete seine Geschichte und sah sehr traurig aus. Der kleine Fritzli dachte kurz nach. Dann gab er sein Brot dem Opa. Der Opa lächelte, aß das Brot und legte sich schlafen.
by Neawoulf