Das Bowlingcenterspektakel
RIIIIIIIIIIINNNG
„Doktor Kuko. Wer spricht?“
„Halli Hallo. Ich bin’s Jeremy. Ich habe da eine super Idee. Was hältst du davon, wenn wir heute wieder einmal Bowling spielen gehen?“
„Das ist eine spitzen Idee. Ich sehne mich schon nach einer Partie, und das seit Wochen!“
„Ja gut. Dann hol ich dich heute um 19,00 ab?“
„Perfekt.“
„Gut, bis dann.“
„Tschüss.“
Stanley ließ den Hörer auf die Gabel knallen und sein Mund verzog sich zu einem Halbkreis, der knapp bis unter die Augen reichte. „Das gibt’s doch nicht. Ich darf endlich wieder spielen. Wie habe ich das schon vermisst“, dachte Stanley. „Hat er es etwa schon vergessen? Nein, er wird mir bestimmt verziehen haben. Es ist ja schon Gras über die Sache gewachsen.“
Stanley strahlte über beide Ohren. Mit einem heiteren Liedchen auf den Lippen ging er ins Bad und bereitet sich für den Abend vor.
„Hallo, Kumpel. Wie geht’s, wie steht’s?“, erkundigte sich Jeremy.
„Alles im grünen Bereich, Jeremy“, erwiderte Stanley. „Dann lass uns keine Zeit verlieren. Betreten wir die heiligen Hallen des“, er verzog sein Gesicht zu einer hoch feierlichen Grimasse, die, die Augenbrauen ein gutes Stück weit auseinander drückte, „“CENTERS“ betreten.“
Gesagt - Getan
Als die beiden Freunde, die Türe des Bowlingcenters aufmachten, wurden sie mit einem Schwall aus Scheiß und Begeisterung empfangen, der Stanleys Herz im Dreivierteltakt schlagen ließ. Er fühlte sich wie Gott in Frankreich. Er musste sich sogar sichtlich konzentrieren, um nicht zu Hyperventilieren.
„Beruhig dich Kumpel“, sagte Jeremy, der anscheinend mitbekommen hatte, dass die Freude, die Stanley in diesem Moment empfand, wie eine Champagnerflasche mit ihm überging. Sie gingen an einem kleinen Gedenkschild vorbei auf dem stand:
„Die Welt scheint nicht für jeden ein rosiger Platz zu sein. Du gingst zu früh. Du kommst nie wieder.“
Die Beiden setzten sich auf eine kleine hölzerne Bank, die schon viele Geschichten erzählen könnte – genau so wie Max Mushroom, der für die Ausgabe und Annahme der Bowlingschuhe zuständig war.
„Servus Max“, sagte Stanley, der durch Euphorie gestützt eine freundliches Gesicht machte. Aber Max schlug diese Welle der Sympathie, die sich gegen ihn erhob, mit eiserner Faust nieder, indem er Stanley nicht einmal eines Blickes würdigte. Trunken von der Freude schien Stanley diese Antipathie jedoch nicht mitzubekommen – was wahrscheinlich auch daran lag, dass er sich schon längst in 20 verschiedene Richtungen gedreht hatte, um jeden zu begrüßen, der ihm über den Weg lief.
Woher mag wohl diese Abscheu gegenüber Stanley stammen? Max war doch ein kontaktfreudiger und durchaus netter Kerl.
Es lag an einem Ereignis, dass schon mehrere Wochen zurück lag.
Stanley hatte mit seinem Freund Jeremy wieder einmal das Bowlingcenter besucht, um eine ruhige Kugel zu schieben. Es verlief alles, wie an jedem Abend, bis auf die kleine Tatsache, dass Stanley mit jedem Schuss wütender wurde. „Warum treffe ich heute keine verdammte Kegel? Das kann doch nicht sein“, schnaubte Stanley und stampfte wütend mit dem Fuß auf.
Nach 3 weiteren Schüssen, mit denen er sage und schreibe 4 Kegeln abräumte, platzte Stanley der Kragen. Er drehte sich wie ein Wahnsinniger im Kreis und brüllte laut drauf los: „Verdammt noch mal. Wieso, wieso, wieso!?“ Stanley hatte nun schon, beschwert mit der Bowlingkugel, eine enorme Geschwindigkeit erreicht, die ihm, vor Wut und Anstrengung, den Schweiß aus den Poren trieb. Die Drehung um die eigene Achse, mit einer Bowlingkugel in der Hand und schweißnassen Händen war jedoch keine gute Mischung. Dann geschah das Unvermeidbare: die Kugel glitt aus Stanleys Hand und traf das Maskottchen.
Dieses Maskottchen war eine lebendige Katze, die Max Mushroom gehörte – sie war auf der Stelle tot.
Mit blutrotem Kopf und tränenden Augen stürmte Max auf Stanley los und ging ihm an die Gurgel. „Ich bring dich um, du verdammter Scheißkerl! Katzenmörder!“, schrie er.
Stanley hätte diesen Vorfall wahrscheinlich nicht überlebt, wenn da nicht einige mutige Bowlingcenterbesucher wären, die sich wiederum auf Max stürzten, um ihn von Stanleys Gurgel loszubekommen. Als sich beide einigermaßen beruhigt hatten schrie Max – jetzt nur mehr mit tränenden Augen: „Wenn du dich noch einmal hier blicken lässt, dann bringe ich dich um.“
Die Worte schien Stanley wohl vergessen zu haben, denn er ließ seelenruhig die Bowlingkugel über die Bahnen schnellen.
„Ich bin ja heute richtig in Form“, dachte er.
Es war wohl die Freude und Euphorie, die ihm die Sinne raubte, denn er bemerkte nicht wie sich Max an ihn heran schlich ...
Stanley drehte sich um, um zu seiner Tasche zu gehen und blickte, als er diese Drehung von 180 Grad gemachte hatte, in die blutunterlaufenen Augen von Max. Diese kleinen geplatzten Äderchen erschienen Stanley riesengroß, da sie durch eine Träne, die sich am unteren Rand eines jeden Augenliedes angesammelt hatte, stark vergrößert wurde.
Durch Stanleys Kopf schossen nun tausend Gedanken, die von einigen wenigen klaren regiert wurden: „Hat mich Jeremy in die Falle gelockt?“ Er erinnerte sich jetzt auch wieder an die Drohung und der Vorfall spielte sich, da die Freude durch Angst ersetzt wurde, von Neuem in seinem Kopf ab.
Aus dem geöffneten Mund von Max strömten nun die Worte, die durch tiefe Verzweiflung unterstrichen wurden: „Meine kleine Katze hat sich die Pfote verstaucht.“ Er hielt ein kleines Fellbündel in den Händen und streckte es Stanley entgegen.
„Ich habe mich nicht getraut, dich offen zu fragen, da ich dachte, dass du bestimmt noch immer sauer auf mich sein wirst. Manchmal kenne ich mich selber nicht mehr. Da habe ich Jeremy gebeten, dass er dich ins Bowlingcenter locken soll. Als du dann wirklich erschienen bist, habe ich mich so geschämt, dass ich dich nicht einmal anblicken konnte. Ich war mit Sternchen 2 zwar schon beim Tierarzt, der hat aber nur gesagt, dass es schon wieder von alleine heilen wird. Ich glaube ihm aber nicht. Sie humpelt nun schon so lange und da du auch Tierarzt bist, wollte ich dich doch einmal bitten, dass du dir die Sache ansiehst.“
„Aber natürlich ...“