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Das bewohnte Haus

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16.10.2009
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Das bewohnte Haus

Das bewohnte Haus

Die Familie wohnte erst seit einem Monat in dem Haus, in einem kleinen Vorort von Frankfurt. Es war l-förmig und zweistöckig mit Giebelfenstern und Mansarden, gelb gestrichen mit einem großzügigen Garten und einer hinter dem Haus liegenden, gut versteckten Terrasse, die niemand dort vermutet hätte. Wenn man zur Haustüre gelangen wollte, musste man zuvor 16 Stufen erklimmen. Eine Edeltanne und zwei Kiefern umsäumten das Grundstück, das von der Straße aus gut einsehbar war. Im Garten befand sich ein alter Apfelbaum mit einer nicht zu definierenden Sorte Äpfeln, dessen Blätter von einem Wurm befallen waren. Hier wollte man gerne zum Tee im Garten oder auf der Treppe sitzen und den Blick schweifen lassen. Zwei Mädchen tollten mit einem Golden Retriever durch den Garten. Das eine versuchte dem Hund Kunststücke beizubringen. Gib Laut. Pfote. Leg dich. Dreh dich. Platz. So ist es fein. Die Sonne stand hoch am Himmel als das andere Mädchen nach seiner Mutter rief. Können wir baden?, fragte es. Das Wetter war ideal dazu und die Mutter kam bald mit zwei Eimern warmen Wasser aus der Tür heraus. Wo ist mein rosa Badeanzug und der rosa Bademantel ?, wollte das eine Mädchen wissen. Rosa war seine Lieblingsfarbe. Das andere Mädchen verabscheute dagegen diese Farbe. Die Mutter sagte: Schau im Bad nach. Dort hast du die Sachen gestern ausgezogen. Das Kind lief ins Haus und fing an zu suchen. Nach einer Weile rief es: Ich finde es nicht! Die Mutter kam hinauf und half beim Suchen. Vergebens. „Das ist eigenartig. Deine rosa Sandalen sind seit zwei Tagen verschwunden und Dein rosa Nachthemd seit einer Woche. Das geht doch nicht mit rechten Dingen zu. Hier nimm den blauen Badeanzug.“, sagte die Mutter und lief wieder nach unten, um das Planschbecken vorzubereiten. Sie war gerade damit beschäftigt, heißes Wasser hinein zu gießen, als der alte Nachbar von nebenan nach ihr rief. Er war etwas tatterig und schlurfte langsam durch seinen Garten. Am Zaun hielt er inne und fragte: „Haben Sie sich gut eingelebt, Frau Bastian ?“ „Ja, danke. Die Kartons sind ausgepackt und alles ist soweit fertig. Wir fühlen uns hier sehr wohl.“, sagte sie. „Das ist gut.“, antwortete Herr Schneider. „Die anderen Familien sind ja leider nicht lange geblieben.“ „Wie kam es dazu?“, wollte Frau Bastian wissen. „Das ist für alle ein Rätsel. Sie sind jedenfalls immer nach einem halben Jahr wieder ausgezogen. Meine Frau sagt, dass ein Fluch auf dem Haus lege, wer weiß…“ Er verabschiedete sich und nahm in einem Gartenstuhl Platz. Nachts wurde die jüngste Tochter, Sophie, von einem Geräusch im Zimmer geweckt. Als sie die Augen aufmachte, sah sie ein kleines Mädchen, etwas älter als sie, vielleicht sieben, auf dem Boden ihres Zimmers sitzen und mit ihrer Puppe spielen. Die Puppe hatte blonde Zöpfe und ein rosa Kleidchen mit weißer Schürze an. "Wer bist du?", fragte Sophie das Mädchen. "Ich wohne hier", antwortete es. "Aber wir wohnen doch hier. Wie kannst du dann hier wohnen?" "Ich wohne hier seit dem Unfall damals." "Was für ein Unfall?" "Ich wurde auf dem Schulweg von einem Auto überfahren. Das war vor diesem Haus, genau vor 44 Jahren. Und seitdem wohne ich hier." Sophie bekam Gänsehaut. "Dann bist du ein Geist?", fragte sie. "Ich weiß nicht genau, was ich bin oder nicht. Aber ich lebe hier." "Bist du es, die meine rosa Sachen genommen hat?" "Ja", sagte das fremde Mädchen, "ich liebe rosa. Aber damals gab es noch nicht soviel rosa Sachen wie heute." "Wie heißt du denn?", wollte Sophie wissen. "Ich heiße Ursula." "Willst du für immer hier in unserem Haus bleiben?" "Wo soll ich sonst hin?" Sophie war entsetzt. "Wartet denn niemand auf dich?" "Ich wüsste nicht, wer auf mich warten sollte." "Hat dich Dein Engel vergessen abzuholen?", fragte Sophie mitleidig. "Ich kann mich nicht daran erinnern." "Aber es muss dich doch jemand vermissen. Hast du denn keine Mutter?" "Ich hatte eine Mutter. Aber die ist heute eine alte Frau. Ich war nur einmal bei ihr – gleich nach dem Unfall. Sie hat so geweint und ich konnte sie nicht trösten. Da bin ich hierher gekommen." "Aber jemand muss doch auf dich warten -dort oben im Himmel." Sophie zeigte nach oben. "Meinst du wirklich?" Sophie nickte stumm un schaute sie nachdenklich an. "Du musst sehr einsam sein, wenn du niemanden hast." "Ich habe mich schon daran gewöhnt." "Vielleicht können wir zusammen deinen Engel rufen. Wollen wir es versuchen?" "Wir können es probieren." Und so fingen beide zu rufen an: Engel, wo bist du. Komm und hole mich ab!, rief Ursula. Und Sophie rief: Engel von Ursula, komm und nimm sie mit! Plötzlich wurde es hell im Zimmer, ein gleißendes Licht schien zum Fenster hinein, wo mochte es nur herkommen? Als sie hinaussahen, erblickten sie eine strahlende Lichtsäule im Garten. Ursula fühlte sich davon angezogen und verließ sogleich das Zimmer, während Sophie vom Fenster aus beobachtete, was sich im Garten abspielte. Sie sah Ursula durch den Garten auf das Licht zulaufen. Als sie ganz nahe herangetreten war, geschah etwas Seltsames: Ursula schien von dem Licht ergriffen worden zu sein. Ihr Körper fing hell an zu leuchten, bevor er eins wurde mit der Lichtsäule. Lebe wohl, Ursula, dachte Sophie, als das Licht wie ein Nebel nach oben stieg und sich in der Atmosphäre ausbreitete. Sie ging schlaftrunken auf die Toilette und legte sich anschließend gleich schlafen. Als sie am nächsten Morgen erwachte, lagen fein säuberlich gefaltet das vermisste Nachthemd, der Bademantel und der Badeanzug vor ihrem Bett. Auch die Sandalen fehlten nicht. Habe ich vielleicht alles nur geträumt?, fragte sich Sophie und rieb sich müde die Augen.

 

Besonders gut gefällt mir die Schilderung des Gartens.

"Das Kind lief ins Haus und sah überall nach, konnte jedoch beides nicht finden.
Ich finde es nicht!, rief das Mädchen. Die Mutter suchte noch eine Weile in der oberen Etage, konnte jedoch ebenfalls nichts finden."

Ein bisschen zu viel "finden", "finde" ich.

Die Idee mit dem Geist gefällt mir, aber den Engel find ich irgendwie schon fast zu kitschig.

Grüße,

f.

 

oha. Das ist schon starker Tobak, der Engel, die Lichtsäule....mir persönlich ist die KG zu spirituell angehaucht. Und dann erinnert die Lichtsäule auch eher <an ein Raumschiff :-)

Ich würde meinem Kind das nicht vorlesen, einfach, weil es schon die Vorstellung was kommt nach dem Tod zu sehr verzerrt, verniedlicht, berüscht.

 
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Liebe Nikita,

danke für Dein Feedback.

Lg,

Anke

Liebe Foehre,

finde ich auch...

Danke für das Feedback.

Lg

Anna

 

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