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Danke Mutti, danke Onkel Tom!
Danke Mutti, danke Onkel Tom!
16 Uhr Feierabend! Ich schmeiße das Werkzeug in den Transporter schnell noch den Kellereingang gefegt. Kurz noch mit dem Chef die Absprache für den nächsten Tag und dann rauf auf den Bock. Motor an und Heizung auf volle pulle. Scheiß Wetter. Es regnet und es ist nasskalt. Ein Glück nur noch 7 Tage bis Weihnachten. Ja Weihnachten, das Fest der Sinne. Ich denke scheiß Weihnachten, das ganze Jahr geackert und das Konto trotzdem in den Mießen. Aber was soll es, Geld ist nicht alles. Hauptsache ein paar Tage Ruhe und Frieden.
Also runter vom Hof, zweimal um die Ecke und am Funkturm rauf auf die Stadtautobahn und stop. Jeden Nachmittag das selbe Spiel, Stau! Na ja, werden wohl wieder 2 Stunden bis nach Hause werden. Was soll man machen. Ein Glück das auf der Autobahn keine Radfahrer fahren dürfen. Die würden mich jetzt ganz frech überholen und winken.
Vor mir ein 40 Tonner, der mit seinen Ladeklappen fast mein ganzes Sichtfeld einnimmt. Bremsleuchten an, Bremsleuchten aus. Anfahren. 10 m wieder stop.
Wo habe ich die Kippen hingeschmissen? Wühle in der Ablage rum. Fehlanzeige. Ach auf dem Beifahrersitz. Greife rüber, nebenbei Anfahren und gleich wieder bremsen. Denke wenn das so weiter geht werden es wohl eher 2,5 Stunden bis raus. Ich greife nach dem Feuerzeug in der Ablage...
… wie so geht im Dezember Nachmittags um 17 Uhr die Sonne auf? Es ist plötzlich für zehntel Sekunden Tag hell. Die Frontscheibe kommt mir entgegen. Sie sieht einen kurzen Moment aus wie ein Spinnennetz und rauscht dann in Millionen von Einzelteilen an mir vorbei! Mir wird kurz schwarz vor Augen. Ich weiß nicht wie lange. Sekunden, Minuten? Keine Ahnung!
Als ich zu mir komme ist mein Gesicht ganz naß und warm. Ich öffne die Augen und sehe auf mein T-Shirt. Dunkel rote Flüssigkeit rinnt über meine Brust. Ich schaue nach oben. Das Heck des LKW steht wenige Zentimeter vor meiner Stoßstange. Die beiden Fahrspuren links von mir sind fast leer, nur eine Schicht von zerbeulten und qualmenden Schrott überzieht die Fahrbahn. Es stinkt nach verbrannten Gummi und Öl.
Ich ramme den Rückwärtsgang rein. Nach 2 m kracht es hinten. Ich schaue nicht zurück. Ich wische mir das Blut aus den Augen und ziehe links an dem LKW vorbei. Vor mir ein Meer von brennenden Wracks, blauer Qualm zieht über die Fahrbahn wie Nebel. Dahinter ist die Piste leer! Du mußt hier weg! Ich ramme ein brennendes Auto. Funken sprühen. Dann bin ich allein auf der drei spurigen Autobahn. In der Gegenrichtung steht auch alles. Plötzlich huschen Schatten über die Piste. Leute! Was machen die?
Ein Gedankenblitz durchzuckt mein Gehirn.
Das war eine Autobombe!
Mein Herz fängt an zu rasen und klopft mir von unten gegen die Zunge. Auf meiner Stirn bilden sich Schweißperlen und vermischen sich mit meinem Blut. Mir ist kalt und der Regen peitscht mir ins Gesicht. Ach ja die Frontscheibe ist ja nicht mehr da!
Ich nehme die nächste Ausfahrt und bringe das Auto zum stehen. Es ist eine schwach beleuchtete Nebenstraße. Der Regen tropft aufs Amaturenbrett und die heiße Luft der Lüftung brüllt mir ins Gesicht.
Wo sind die Kippen gelandet? Im Fußraum. Ich öffne die Schachtel, ziehe eine her aus und greife nach dem Feuerzeug, zünde und fange an zu zittern wie ein 90 Jahre alter Mann, der an der Kasse bei Aldi unfreiwillig mit dem Geldschein winkt. Ich schaffe es trotzdem und mache einen tiefen Zug.
„Du siehst bestimmt schrecklich aus“ denke ich. Reiße ein paar Lagen Zellstoff von der Küchenrolle und tupfe mir das Gesicht ab. Das vom Blut getränkte Papier schmeiße ich aus dem Fenster und fahre nach hause.
Als ich auf dem Hof einparke kommt meine Frau ganz aufgeregt angerannt.
„Hast Du das in den Nachrichten …. oh Gott wie siehst Du denn aus?“
„Ich habs geschafft. Wir müssen Samen kaufen und Holz für einen hohen Zaun!“
„... und eine Kalaschnikow!“