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Damals, am Fenster

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29.01.2010
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Damals, am Fenster

Melchior blickte aus dem Fenster. Noch zwei Stationen, dann muss ich aussteigen. Er blätterte weiter im neuen Buch «Je reviens de chercher» von Musso. Dem sechsten Kapitel war ein Zitat von Marcel Proust vorangestellt: «Schicksal ist, was uns passiert, wenn wir es nicht erwarten.» Einen Moment sinnierte er darüber, bis heftiges Rucken der Strassenbahn ihn veranlasste, sich festzuhalten. Unwillkürlich sah er die Frau ihm gegenüber an, die auch aufblickte. Sie senkte ein wenig die Tageszeitung, die ihm zugewandte Seite enthielt Todesanzeigen. Einander anlächelnd, verständigten sie sich ohne Worte, dass solche Fahrten nicht immer angenehm waren.
Sein Blick fiel auf den Namen einer Todesanzeige, «Cleofa Malatesta», er kam ihm vertraut vor, doch konnte er ihn nicht zuordnen. … Dann kam die Erkenntnis. Es ist der amtliche Name von Cléophé! In seiner Erinnerung zeichnete sich ein anmutiges Bild von ihr ab. Ich dachte, sie sei nach Italien zurückgekehrt, dabei lebte sie wahrscheinlich all die Jahre hier in der Stadt. Er überflog die zweisprachige Anzeige, «… nach kurzer schwerer Krankheit dahingeschieden ...» Das Begräbnis ist in drei Tagen. Er überlegte. Achtundzwanzig Jahre ist es her ...
Die Frau ihm gegenüber war aufmerksam geworden, da er sich zum Lesen vorneigte. Irritiert kehrte sie die Zeitung um und sah die Todesanzeigen. «Möchten Sie die Seite haben?», fragte sie freundlich. Er bat um Entschuldigung, «eine alte Bekannte» erklärte er und machte von dem Angebot dankbar Gebrauch. Seit etlichen Jahren hatte er nie mehr an Cléophé gedacht. Eben verliess die Strassenbahn die Haltestelle, an der er eigentlich aussteigen wollte.

Es war nur Nieselregen, dafür von Beständigkeit. Die Trauergäste umstanden mit aufgespannten Schirmen das offene Grab, vor dem ein katholischer Geistlicher das Zeremoniell durchführte.
Als ob der Himmel weint, ging Melchior durch den Kopf. Ach Blödsinn, eine sentimentale Regung. Er war etliche Grabreihen entfernt stehen geblieben, da er sich nicht dazugehörig fühlte. Seine Gedanken schweiften ab, sich erinnernd, damals, am Fenster, als er sie erblickte.

Nur zufällig schaute ich aus dem Wohnzimmerfenster, vor dem ein Sofa stand. Ich langweilte mich, es war Mittwochnachmittag und damit schulfrei. Am Haus gegenüber, auf gleicher Höhe, war das Giebeldach. Darunter, in der obersten Wohnetage, sass eine Frau mit einer Näharbeit beschäftigt auf einem Fenstersims. Sie genoss, wie ich vermutete, die wärmenden Sonnenstrahlen des frühen Nachmittags, einzig mit Unterrock bekleidet. In die Arbeit vertieft, führte sie die Nadel mit dem Faden. Nur sporadisch schaute sie auf die Strasse, wenn sich dort etwas bewegte.
Es war nicht das erste Mal, dass ich eine dürftig bekleidete Frau erblickte. Lucia etwa, eine frühere Nachbarin, für die ich ab und zu Kommissionen erledigte, lief im Sommer oft nur in Unterwäsche in ihrer Wohnung herum. Für sie war ich noch ein Kind, vor dem sie sich unbefangen zeigen konnte. Ein Hauch von Scham erzeugte es mir schon, mehr regte sich da aber noch nicht. Doch jetzt war es anders. Gefühle erwachten in mir, die ich bisher nie so wahrnahm.
Obwohl es unsinnig war, mehr erkennen konnte ich deshalb nicht, öffnete ich das Fenster und kniete auf dem Sofa. Durch die Bewegung wurde die Frau auf mich aufmerksam, sie schaute direkt zu mir hoch. Einen Moment schreckte ich zurück, schamvoll ertappt, dann wagte ich es, mich wieder zu zeigen. Herausgelehnt sah ich umher. In dieser Seitenstrasse war nichts los, nur vereinzelt mal Fussgänger oder Autos, die daherkamen. Vorsichtig wandte ich mein Augenmerk wieder der Frau zu, streifte sie erst wie unabsichtlich im Blickwinkel, um dann wieder fixiert hinzusehen. Ich erschrak, als sie plötzlich den Kopf hob und mich ansah. Ihre Lippen verzogen sich zu einem Lächeln. Sie hatte mich angelächelt! Ich musste errötet sein, der Gefühlswallung nach, die ich verspürte. Die Empfindung, welche ihre Reaktion bei mir auslöste, wechselte in eine lustvolle Erregung. Etwas in dieser Form vollkommen Neues, dem ich mich nicht entziehen konnte. Hin und wieder sah sie zu mir hoch, als ob sie sich überzeugte, dass mein anhaltendes Interesse wirklich ihr galt.
Ein Impuls erfasste mich, ihr möglichst gleich zu sein. Mit entkleidetem Oberkörper stellte ich mich ans Fenster. Sie musste es durchaus bemerkt haben, liess es sich aber nicht anmerken. Wie gleichgültig hob sie hin und wieder den Kopf, schaute zu mir hoch, um sich dann wieder in ihre Arbeit zu vertiefen.
Es musste etliche Zeit vergangen sein, als sie ihre Arbeit weglegte und sich erhob. Hinausgelehnt zog sie die Fensterläden beidseits zu. Enttäuschung stieg in mir auf. … Doch da, die Läden klappten wieder auf, nicht ganz, einen breiten Spalt blieben sie offen. Es erlaubte so nur von meinem Fenster her noch Einblick, begünstigt zudem durch die Sonnenstrahlung, die einen Streifen Helligkeit in den Raum warf. Die Frau entzog sich jedoch meiner Sicht.
Meine Gefühle kehrten sich in Missmut, bereits glaubte ich, es sei vorbei, als sie wieder in meinem Blickfeld erschien. Etwas vom Fenster entfernt, mir trotzdem gut erkennbar. Gänzlich unbekleidet wusch sie sich mit einem Lappen in der Hand erst unter den Achseln. Ihre Brüste bewegten sich dabei. Noch nie hatte ich eine Frau so wahrgenommen, nicht einfach nur nackte Haut, sondern mit einem starken Reiz verbunden. Ihrer Scham, die sich als schwarzes Dreieck zeigte, widmete sie sich ausführlich. Während des ganzen Vorgangs hatte sie nie direkt zu mir hochgesehen, doch wusste ich, sie zeigte sich so einzig für mich. Abrupt, wie sie aufgetreten war, entzog sie sich mir wieder. Nach einiger Zeit trat sie bekleidet ans Fenster, die Läden vollständig schliessend. Wenige Minuten später verliess sie das Haus, ging die Strasse entlang, ohne zu mir hochzusehen. Mein Herzklopfen dauerte noch an, als ich ihr nachblickte, bis sie um die Hausecke in die Querstrasse verschwand.

In den nächsten Tagen blieb ihr Fenster stets geschlossen. In der schulfreien Zeit war es mir nicht immer möglich hinüberzuschauen, da meine Tante, bei der ich wohnte, öfters zugegen war und ungestört im Wohnzimmer arbeiten wollte. Auch wenn ich von der Strasse hochblickte, regte sich an ihrem Fenster nichts, noch begegnete sie mir im Quartier. Die verstreichenden Tage versetzten mich in eine manische Unruhe.
Zwei Wochen waren vergangen, meine Gefühlsverwirrung klang nicht ab, vielmehr fantasierte ich, was geschehen sein könnte. Vielleicht war sie krank, lag im Bett und niemand sah nach ihr? Oder war sie immer bei der Arbeit? Doch auch abends war kein Lebenszeichen am Fenster erkennbar. Ich musste wissen, warum sie sich mir nicht mehr zeigte. Bereute sie es, sich auf unser Spiel eingelassen zu haben? War ich ihr gleichgültig?
Ich hatte Angst davor ihr direkt zu begegnen, aber alles war besser als diese Ungewissheit. So beschloss ich, sie aufzusuchen. Leise schlich ich das Treppenhaus hinauf, unter Befürchtung, einem andern Mieter zu begegnen, der mich fragen könnte, was ich hier suchte. Kinder und Jugendliche wohnten keine in diesem Haus.
In der obersten Etage waren keine Wohnungen, sondern nur Zimmer, wie ich anhand der Türen erkennen musste. Die Zweite von links muss es sein, der Anordnung des Fensters nach. Am Türschild las ich den Namen: «Cleofa Malatesta.» Auf mein Klopfen hin rührte sich nichts.

Die Zeit schien mir endlos, die ich schon auf dem Treppenabsatz sass. Vielleicht war sie verreist? Einmal hörte ich wie eine Türe geöffnet und geschlossen wurde. Es gab hier nichts, wo ich mich verstecken konnte. Erleichtert nahm ich wahr, die Schritte gingen abwärts. Jemand verliess das Haus. Ich wollte eben aufstehen und gehen, als ich hörte, dass jemand kam. Ich zählte die Etagen mit, die sich die Schritte näherten. Sie erreichten das untere Stockwerk, mit angehaltenem Atem horchte ich. Die Schritte nahmen die nächsten Stufen. Ich vergrub den Kopf in meinen Händen und schloss die Augen. Kindisch, allerdings hatte mich mein Mut plötzlich verlassen, eigentlich war ich mehr einem Zwang gefolgt. Die Schritte verharrten auf dem Absatz unter mir, ein Moment völlige Stille. Da, sie setzten sich wieder in Bewegung, ich spürte einen Luftzug, als sie an mir vorbeiging. Alsbald wurde eine Tür aufgeschlossen, dann zuklappend. War sie es gewesen, oder jemand anders? Es war dumm von mir herzukommen, ich gehe besser wieder.
Da hörte ich, wie sich hinter mir eine Tür öffnet. «Komm herein.» Es war das erste Mal, dass ich ihre Stimme vernahm, sie war mir fremd. Ich erhob mich, ihre Tür stand halb offen, die Frau war nicht zu sehen.
«Mach zu», sagte sie knapp, als ich eintrat. Sie stand mitten im Raum. Ein bescheidenes Zimmer, sehr klein, wenn ich die Fläche mit der Wohnung meiner Tante verglich. «Was willst du?»
Ich zuckte die Achseln, «Besuchen», brachte ich einzig hervor. Die Situation war mir peinlich und meine Unsicherheit wurde noch verstärkt. Sie war eine reife Frau. Diese Gewissheit hemmte mich, sie mir unbekleidet vorzustellen. Sie seufzte und ein Moment herrschte Stille.
«Setz dich», ihre Stimme klang nun etwas weicher.
Ich sah mich um. Auf den beiden Stühlen hatte sie Gepäck abgestellt, mit einem Schulterzucken trat ich zum Bett und setzte mich auf die Kante. Sie setzte sich mit Abstand neben mich.
«Ich hoffte, du würdest verstehen, dass dies nicht geht. … Miseria ladra, ich habe auch Gefühle. Was denkst du dir eigentlich, wie es mir dabei ergeht?»
Mit der Tirade hatte sich ihr italienischer Akzent verstärkt, der sonst nur schwach durchklang. Ich musste wie ein begossener Pudel dagesessen haben, denn sie strich mir, entgegen ihren Worten, sanft über die Haare.
«Wie heisst du?»
«Melchior.»
«Meine Güte, ein unmöglicher Name», sie lachte dazu. «Ich werde dich Angelo nennen. Du hast so wunderbar lockige Haare wie ein Engel. Ich bin Cléophé. Eigentlich ist mein Name Cleofa, aber so klingt es schöner.»
«Cléophé ist ein wunderschöner Name», getraute ich mich zu sagen, was sie zu einem Lächeln animierte. «Angelo und Cléophé», doppelte ich heiter nach.
«Du hast Charme, weisst du das?» Dabei spielte sie weiter in meinen Haaren, die ich schon länger nicht mehr schneiden liess. «Hattest du schon mal was mit einer Frau? … Ich meine so, wie es zwischen uns begonnen hatte?»
Ich überlegte, was hier wohl die richtige Antwort wäre. «Nein, … das heisst nicht direkt. Lucia, eine frühere Nachbarin, für die ich ab und zu etwas erledigte, sah ich oft nur mit dem Nötigsten bekleidet. Oder meine Tante, bei der ich wohne, sah ich einmal unbekleidet, als sie aus dem Bad gesprungen kam, da das Telefon klingelte.»
«Aber berührt hast du Lucia nie? Ich meine zärtlich angefasst.»
«Nein.»
«Hast du denn daran gedacht, wenn du sie so aufreizend gesehen hast?»
Erst wollte ich beschämt abwehren, gestand es dann Mut fassend abgeschwächt ein. «Ich kannte sie schon lange, sodass ihr Auftreten mir vertraut war und ich nicht darauf achtete. … Es gab schon Momente, in denen ich es mir vorstellte. So wenn sie dicht an mich herankam und mir einen Kuss gab, um sich für etwas zu bedanken. Aber es war anders als mit Ihnen.»
«Mit Dir», korrigierte sie mich.
«Magst du mich denn auch?», ich hatte allen Mut zusammengenommen, diese Frage zu stellen.
«Natürlich mag ich dich, carissimo Angelo.» Sie legte ihren Arm um mich und drückte mich an sich. «Aber es ist verrückt.»
Diesen Moment, den ich mir vorher nicht wirklich vorstellen konnte, brach mit einem Schwall an zärtlichen Gefühlen über mich herein. Zaghaft umarmte ich sie, ihren Körper sinnlich wahrnehmend.
Ihre Küsse, mit denen sie mein Gesicht bedeckte, befremdeten mich erst. Ich hatte es als Kind nicht gemocht, wenn Erwachsene meinten, sie müssten mich bei allen Gelegenheiten mit Küssen eindecken, nur weil sie mich herzig fanden. Doch jetzt erzeugte es mir eine andere Empfindung. Alsbald suchten ihre Lippen meinen Mund, mein erster richtiger Kuss, lang anhaltend. Ihre Hände waren dabei in Bewegung geblieben, hatten mein Hemd geöffnet und liebkosten meinen Körper. Da ich nicht so recht wusste, was zu tun war, ergriff sie meine Hand und führte sie in ihre Bluse. Ich spürte ihre Brust, die Wölbung, den Nippel der fest wurde, was mir ein lustvolles Gefühl gab. Mit der andern Hand knöpfte ich ihre Bluse auf, und streifte sie samt den Trägern ab.
Die Empfindung, als sie mir in die Hose griff, war mir im Moment unbeschreiblich. Ihr Spiel, das sie trieb, drohte meine Sinne explodieren zu lassen, sie schien es zu ahnen und hörte rechtzeitig damit auf.
«Komm Angelo, zieh mich ganz aus. Liebkose meinen ganzen Körper.» Natürlich war ich ungeschickt, doch sie verstand es, mich sachte anzuleiten und mir auf die Sprünge zu helfen. Es war ein ausgiebiges Liebesspiel, bis sie mich erstmals einführte. Mit verschiedenen Stellungen brachte mich ihre fordernde Begierde in nie geahnte Dimensionen. Ihre Schreie gedämpft, erschlossen mir luststeigernd ein neues Universum, sie liess mich spüren, wenn wir gemeinsam Höhenpunkte erreichten. Ab und zu lagen wir einfach umschlungen da, nur die Hände zärtlich über die Körper streichelnd. So intensiv hatte ich mir die körperliche Liebe nicht vorgestellt, und es war wohl Erschöpfung, die mich einschlafen liess. Ich erwachte, da sie mich zärtlich küsste.
«Es ist Zeit Angelo, du musst gehen.»
«Schon?», fragte ich. Das Verlangen war mir wieder stark gegenwärtig und übertrug sich auf sie, so gaben wir uns noch einmal einander hin.
«Jetzt ist aber höchste Zeit, ich muss zur Arbeit.»
Während wir uns anzogen, schien mir Cléophé plötzlich ernster. Ich hatte sie beobachtet, wollte an ihren Gefühlen teilhaben, weshalb mir ihre Veränderung auffiel. «Was ist?», fragte ich. «Habe ich etwas falsch gemacht?»
Cléophé lachte, aber es klang ernst. «Nein Angelo, du warst wundervoll. Doch, wie ich zu Beginn sagte, es ist unmöglich. Wir hatten heute ein paar Traumstunden zusammen, aber es darf nie wieder sein.»
«Warum? Du warst doch auch glücklich dabei?»
«Ja, unsagbar. Trotzdem, du weisst genau, warum es nicht geht.»
«Aber wenn es niemand weiss? Wir uns nur so sehen wie heute?»
«Nein, Angelo», diesmal klang ihre Stimme hart und bestimmt. «Bewahre uns so in Erinnerung, wie wir es miteinander verspürten, alles andere würde es kaputtmachen. Du wirst später einmal eine andere Frau kennenlernen, eine die in jeder Beziehung zu dir passen wird. Aber vergiss mich nie. Ich werde dich auch in meinem Herzen tragen, für immer.»
Mir war klar, sie meinte es ernst und würde um keinen Preis davon abweichen. Ich wusste, dass sie recht hat, aber trotzdem musste ich darum kämpfen, dass mir die Tränen nicht in die Augen traten. Ich war jetzt schliesslich ein Mann.
Zum Abschied küssten wir uns noch einmal. Ich spürte ihren Körper an den meinen gepresst, zu gern hätte ich sie nochmals zum Bett geschoben. Aber sie löste sich von mir. Sie wollte nicht mit mir gemeinsam das Haus verlassen, es sollte uns niemand zusammen sehen.

So sehr ich auch darauf achtete, sie begegnete mir nie mehr. Als ich mich nach Wochen nicht mehr beherrschen konnte, da die Sehnsucht nach ihrem Körper mich quälte, schlich ich zu ihrer Zimmertür. Dort war jedoch ein anderer Name angebracht. Irgendwann musste sie heimlich ausgezogen sein, ohne ein Zeichen oder Worte des Abschieds zu hinterlassen.

All dies war ihm jetzt gegenwärtig, Cléophé vor Augen, so wie sie damals war.
In die Trauergemeinde kam Bewegung, die Leute entfernten sich. Melchior wartete, bis alle ausser Sichtweite waren, und schritt dann zu dem frischen Grab. Friedhofsangestellte begannen, Erde einzufüllen. Knapp konnte er noch einen Blick auf den Sarg erhaschen und eine weisse Rose hinabwerfen, dann stand er drei Meter abseits davon. Sie ist mir fremd geworden, eine schöne Jugenderinnerung, aber nicht mehr.
Er wollte gehen, es machte keinen Sinn hier weiter zu verweilen, und drehte sich um. Unmittelbar vor ihm stand eine Frau, die ihn ungeniert mit offensichtlicher Neugierde betrachtete.
«Sind Sie Herr Kurz?», sprach sie ihn an.
«Ja, Melchior Kurz.»
Die junge Frau, sie mochte etwa Mitte zwanzig sein, wirkte irritiert. «Hier steht Angelo Kurz.» Sie hatte ihrer Handtasche ein Couvert entnommen, auf dem ein handgeschriebener Namenszug stand.
«So nannte mich Frau Malatesta, sie fand es zutreffender als Melchior.» Ein erinnerndes Lächeln unterstrich seine Worte.
«Ich habe mich noch gar nicht vorgestellt. Ich bin Angela Malatesta, die Tochter der Verstorbenen.»
«Oh, herzliches Beileid.» Er streckte ihr seine Hand entgegen. Sie musste erst das Couvert in die andere Hand nehmen, mit dem sie auch den Schirm hielt, dann kam es zum Händedruck.
«Danke. … Diesen Brief hat mir meine Mutter kurz vor ihrem Tod für Sie gegeben. Sie war überzeugt, Sie würden zu ihrer Beerdigung erscheinen.» Sie überreichte ihm das Couvert, dessen Erwähnung ihn schon verwundert hatte. Wie konnte Cléophé ahnen, dass ich zu ihrem Begräbnis komme? Es war ja nur Zufall, dass ich die Todesanzeige bemerkte.
«Eigentlich …», sie zögerte einen Moment, «hoffte ich, einen etwas älteren Herrn hier anzutreffen.»
Er sah sie verunsichert an, da er nicht wusste, wie diese Bemerkung zu verstehen war. Weiss sie von der Affäre zwischen ihrer Mutter und mir?
«Als Mama mir den Brief für sie gab, wirkte sie mir einen Augenblick verträumt. Sie wollte mir aber nicht verraten, in welcher Beziehung sie zu Ihnen steht.»
Nun war es an Melchior, irritiert zu sein. Wie soll ich ihr das erklären? Die Wahrheit? Nein, es würde auch das Ansehen von Cléophé erschüttern. «Wir waren damals Nachbarn und hatten uns gut verstanden. Mehr eigentlich nicht.»
«Schade, ich dachte, ich würde heute vielleicht meinen Vater kennenlernen. Mama sagte mir nie, wer er ist, obwohl wir uns bestens verstanden und sonst keine Geheimnisse voreinander hatten. In dieser Frage blieb sie unbeugsam, als wäre es ihr ein Tabu, das sie nun mit ins Grab nahm. Einmal dachte ich auch, es sei ihr Gewalt widerfahren, dies entsprach allerdings nicht ihrer Reaktion. Vielmehr gab es mir den Eindruck, es sei eine heftige Liebesbeziehung gewesen. Vielleicht mit einem verheirateten Mann?» Ein schmerzliches Lächeln, das sie dennoch charmant wirken liess, umspielte ihre Worte.
«Es tut mir leid, da kann ich Ihnen leider nicht weiterhelfen. Sie war damals vor …», er tat so, als müsste er nachdenken, «achtundzwanzig Jahren weggezogen.»
«Ich bin siebenundzwanzig. Also musste es bald darauf gewesen sein. Hatte sie damals einen Freund?»
«Ich weiss es nicht, ich hatte sie seit dem Wegzug nie mehr gesehen. Erst als ich die Todesanzeige las, fiel mir ihr Name wieder ein.»
«Können wir uns vielleicht einmal treffen. Ich würde gern mehr über meine Mutter erfahren, wie sie damals war.»
Melchior zögerte. Gerne hätte er einfach gesagt, dass er sie eigentlich nicht näher kannte. Doch wie erkläre ich ihr dann mein Erscheinen hier … und da ist auch noch ihr Brief. «Ja, können wir», bemerkte er und sie tauschten ihre Telefonnummer aus. Mit einem etwas längeren Händedruck verabschiedeten sie sich.

Auf dem Heimweg kreisten seine Gedanken um Cléophé und ihre Tochter. Vielleicht hatte Cléophé damals doch einen Freund? Ihr Wegzug hätte dann auch einen anderen Sinn gehabt. Er schmunzelte bei dem Gedanken, dass sie ihre Tochter Angela taufen liess. Die Engel hatten es ihr damals wohl angetan. … Angela passt gut zu ihr, sie hat schön lockiges Haar.
Oder … Ein Gedanke war in ihm aufgeblitzt. Angelo, Angela, nein das ist absurd. Meine Fantasie der Erinnerung spielt mir einen Streich.
Er betrachtete das lindengrüne Couvert, von dem ein leichter Duft ausging. An die Nase haltend roch er das intensive Parfüm. Es riecht frisch und feminin. An den Duft ihrer Haut kann ich mich nicht mehr erinnern, aber es war eine bestimmte Note. Vielleicht ist es ja diese? Ihre Handschrift ist fein und schwungvoll, direkt liebevoll, wie sie das Angelo anführte.
«Mein geliebter Angelo, ich habe Dich nie vergessen. In diesen Tagen wurde mir die Erinnerung an Dich jedoch direkt beherrschend, da es für mich eine Zeit des Abschiednehmens ist. Ich mochte damals nicht Auf Wiedersehen sagen, Du bliebst mir dennoch für immer gegenwärtig, was ich so nicht ahnte.
Ich möchte nur, dass Du dies weisst. Vielleicht erreicht Dich dieser Brief nie. Aber für mich ist es wichtig, dass ich diese Worte noch einmal an Dich richten konnte, es aussprechen durfte.
In liebevollen Gedanken an dich, Cléophé.»

Sie hat mich nie vergessen. Merkwürdig, und ich dachte, ich sei für sie nur ein Intermezzo gewesen, das kurze Spiel einer reifen Frau mit einem Lustknaben. Da muss ich mich getäuscht haben, ihr bedeutete es genauso viel wie mir damals.
Seine Gedanken überschlugen sich. Nein, dies darf nicht sein … Dann wäre Angela ja meine Tochter.

 

Hallo Anakreon,

die Geschichte ist zügig und flott durchzulesen. Inhaltlich gesehen hatte mindestens sicher jeder zweite Junge solche Wunschträume, schön auch damals mit Dustin Hofmann in der Reifeprüfung in Bildern gezeigt.

Natürlich ist es fast etwas zu einfach, wie sich die reife Frau sofort auf den jungen Mann einlässt. Ich hätte doch gerne gewusst, in welchem Alter er war. 12, 14, 16?

Unglaubwürdig jedoch fand ich seine Begriffsstutzigkeit, die eigene Tochter nicht zu erkennen. Überhaupt waren einige Abläufe etwas an den Haaren herbeigezogen; nimmt man die Geschichte aber so an, ist es vertretbar.

Diesen kompletten Absatz würde ich streichen:

Jahre später, Melchior war inzwischen erwachsen und seine damalige Liaison war ihm nicht gegenwärtig, als er durch einen Bericht in einer Zeitschrift jäh an sein Erleben mit Cléophé erinnert wurde.
Der ethnosoziologisch geprägte Artikel berichtete von einer Sitte, die anscheinend in einigen italienischen Regionen bis in jüngster Zeit üblich war oder sogar noch immer praktiziert werde. Zur Aufklärung führten Väter ihre Söhne, wenn diese die körperliche Reife erlangten, in ein Bordell. Mancherorts sollen stattdessen auch frühe Witwen dienstbar gewesen sein und sich dieser Aufgabe angenommen haben. Vereinzelt war auch die Rede von reifen Damen, die einfach zu eigener Erfüllung ausgewählte Jünglinge in die Kunst der Liebe einführten, dies jedoch ohne Kenntnis derer Väter. Es galt immerhin, die Ehre und das Ansehen zu wahren. Öffentlich wollte niemand darüber sprechen. Doch unter dem Siegel der Anonymität, und wohl einem für Informanten üblichen Honorar, fanden sich Frauen und auch einige Männer, die von ihren persönlichen Erfahrungen darüber berichteten. Die Schilderungen liessen keinen Zweifel an deren Plausibilität.
Melchior wühlte dieser Artikel auf, da er seinerzeit von einer echten Liebesbeziehung überzeugt war, deren Einzigartigkeit durch diese Aussagen nun seine schöne Erinnerung gefährdete. Mit der Zeit verblasste dieser Bericht in seiner Erinnerung, er wollte sich sein bisheriges Bild von Cléophé bewahren.

Mein Geschmack sind solche behäbigen Texte nicht unbedingt, aber dieser ist in sich rund und Leser, die so etwas mögen, werden ihre Freude daran haben.

Liebe Grüße
bernadette

 

Hallo Anakreon,

gern gelesen. Aber: Mit dem Absatz, beginnend mit "Jahre später ..." geht es mir wie bernadette, das ist ein Bruch, der mich unsanft aus dem Text wirft und gestrichen werden kann.

Irgendwie erinnert mich die Geschichte auch an einen Film, der mir allerdings partout nicht einfallen will.

Eins noch: Du verwendest viele Partizipkonstruktionen: fügte er erklärend ... Gedanken schweiften erinnernd ab ... sporadisch auf die Strasse hinabschauend ....

Hab mal gelernt, das das Geschichten träge macht, vor allem, wenn es zu oft verwandt wird. Sollte aber jeder für sich entscheiden.

Auf jeden Fall: Bilder erzeugt und mich gut unterhalten, danke,

nastro.

 

Hallo bernadette

die Geschichte ist zügig und flott durchzulesen.

Das freut mich sehr, dass dieser Aspekt aus deiner Perspektive gelungen ist.

Inhaltlich gesehen hatte mindestens sicher jeder zweite Junge solche Wunschträume, schön auch damals mit Dustin Hofmann in der Reifeprüfung in Bildern gezeigt.

Interessant deine Einschätzung, darüber hatte ich mir gar keine Gedanken gemacht. Die Reifeprüfung muss ich wohl verdrängt haben, den Film hatte ich seinerzeit bestimmt gesehen. Vage in Erinnerung ist mir ein anderer, italienischer Film, dessen Titel mir nicht mehr einfällt, bei dem eine reife Frau einen etwa Zwölfjährigen verführt.

Natürlich ist es fast etwas zu einfach, wie sich die reife Frau sofort auf den jungen Mann einlässt. Ich hätte doch gerne gewusst, in welchem Alter er war. 12, 14, 16?

Sicher ist es höchst ungewöhnlich, das sich eine reife Frau auf einen Jüngling so einfach einlässt. In realen Fällen ist ja i. d. R. eine Zeit des Beziehungsaufbaus und der Gefühlsbindung vorausgegangen. Die Motivation der Frau blitzt auch nur in einem einzigen Satz auf.
Hahaha, das Alter ist der Punkt, den ich gewollt verschwiegen und mit der Entwicklungsphase nur vage angedeutet hatte. Der Junge ist um die 13, fällt hier vom Alter her also eigentlich aus der Norm. Dies ist dennoch im Rahmen, setzt aber voraus, dass eine entsprechende Reifungskonstellation von biologischer Veränderung, sexuellen Empfindungen sowie entsprechende psychosoziale und soziokulturelle Einflüsse gegeben sind, welche ich voraussetzte. Zu meiner diesbezügliche Meinung habe ich mich nun aber in der Fachliteratur noch vergewissert, keinem Lapsus unterlaufen zu sein. (So etwa: Helmut Remscheid, Zeitschrift für Kinder- und Jugendpsychiatrie, 1975).

Unglaubwürdig jedoch fand ich seine Begriffsstutzigkeit, die eigene Tochter nicht zu erkennen. Überhaupt waren einige Abläufe etwas an den Haaren herbeigezogen; nimmt man die Geschichte aber so an, ist es vertretbar.

Die Begriffsstutzigkeit war mir bei der Niederschrift ein Moment, über den ich lange nachdachte. Die Indizien sprechen alle dafür, dass es seine Tochter ist. Der Prot. wehrt einen solchen Gedanken jedoch (vorerst) ab, da die Frau vom Alter her gut auch als eine künftige Freundin von ihm durchgehen könnte. Über kurz oder lang wird seine Abwehr aber garantiert einbrechen und er steht dann vor einer fatalen Situation. Doch dieses Ungewisse, das da mitschwingt, finde ich den Reiz für den Abschluss.

Diesen kompletten Absatz würde ich streichen:

Dieser Einschub ist nicht sehr wesentlich für die Geschichte, ich kann ihn also ohne Verlustgefühle löschen. So aus Distanz wirkt es ja auch wie eine Legitimation, der es nicht bedarf. Aber es würde mich noch interessieren, weshalb du ihn als derart störend wahrnimmst? Ist es, weil er provokativ wirkt oder einfach weil er überflüssig ist?
Amüsanterweise ist es präzis ein Abschnitt, der nicht einfach meiner Fantasie entsprungen war, sondern in Grundzügen auf einem vor Jahrzehnten gelesenen Artikel basiert.

Mein Geschmack sind solche behäbigen Texte nicht unbedingt, aber dieser ist in sich rund und Leser, die so etwas mögen, werden ihre Freude daran haben.

Ich deute das „behäbige“ Mal mit dem abgehandelten Thema. Tja, es ist ein Frühadoleszenten-Stück, das ich bereits vor etwa zwölf Jahren mal abfasste, dann aber wieder vernichtete. Da es mir fragmentarisch doch wieder im Gedächtnis auftrat, habe ich es neu und anders verfasst. Nicht zuletzt vielleicht um es unter dem Deckmantel von Alterstorheiten endgültig abhaken zu können.
Dass es seine Leser findet, die Freude daran haben, nehme ich an.

Danke dir herzlich für deine kritische und zugleich positive Einschätzung, über die ich mich sehr freue.


+++


Hallo nastro

Aber: Mit dem Absatz, beginnend mit "Jahre später ..." geht es mir wie bernadette, das ist ein Bruch, der mich unsanft aus dem Text wirft und gestrichen werden kann.

Ja, ich habe es rausgeschmissen. Vielleicht wollte ich damit ja unbewusst dem Vorwurf von Unglaubwürdigkeit vorbeugen. :D

Irgendwie erinnert mich die Geschichte auch an einen Film, der mir allerdings partout nicht einfallen will.

Es gab da mindestens zwei italienische Filme, die diese Thematik an sich abdeckten, möglicherweise ist einer von Pasolini.

Eins noch: Du verwendest viele Partizipkonstruktionen:

Tja eine Neigung, die mich schon an den Pranger brachte. Ich hatte zwar kein Reuebekenntnis abgelegt, doch mir Mässigung vorgenommen, aber das eingefleischte sitzt eben tief. Ich werde in einem ruhigen Moment aber nochmals über der Geschichte brüten, diese Konstruktionen abwägen, und dann sachte modifizieren.

Auf jeden Fall: Bilder erzeugt und mich gut unterhalten, danke,

Das freut mich sehr, denn mehr lag nicht in meiner Absicht, als zu unterhalten.

Danke auch dir für deinen Kommentar und die positive Wertung.

Schöne Grüsse an Euch beide

Anakreon

 

Dieser Einschub ist nicht sehr wesentlich für die Geschichte, ich kann ihn also ohne Verlustgefühle löschen. So aus Distanz wirkt es ja auch wie eine Legitimation, der es nicht bedarf. Aber es würde mich noch interessieren, weshalb du ihn als derart störend wahrnimmst? Ist es, weil er provokativ wirkt oder einfach weil er überflüssig ist?
Provokant wirkt er überhaupt nicht, sondern er ist in meinen Augen überflüssig, wie du schon vermutet hast.

 

Hallo Anakreon,

wat seider aal so fleischich, schiet aba auch, schon widda vertippt,fleißich, komm ja ja nich' mehr nach ...

Du findest mich „überarbeitet“, was auch Simon & Garfunkel nichts ändern können. Das war anstrengend, nicht nur wegen der gelegentlichen Partizipienreiterei, die mir ja an sich nix ausmacht, hier aber in einer Erinnerung einer ersten (körperlichen) Liebe einen bürokratischen Effekt und somit Umständlichkeit erzeugt, wozu sich dann Flüchtigkeit und nachlassende Konzentration gesellen.

Interessant fand ich die Namengebung - eigentlich, könnt man sagen, wie immer oder doch so oft - in dieser in der Tat sich behäbig gebenden Verknüpfung von Jugenderinnerung und Todesfall mit potenzieller Familienzusammenführung: Waren die Malatesta Anhänger der Guelfen, die wir Welfen nennen, und somit in europäischer Geschichte, in Sonderheit der des Sacrum Imperium Romanum verwickelt, so sind die Staufer lange verschollen, die Malatesta als Machtfaktor erst seit dem 18. Jh. Die Welfen aber schmücken sich noch mit Hannover und unter Pseudonym mit dem UK.
Über Anspielungen über die Namen kommt der Geschichte noch ein unterschwelliger Reiz / Witz zu: Paolo M. war der Geliebte der durch Dante verewigten Francesca da Rimini, da passen dann Engel wie Melchior zu, einem der drei Weisen bzw. Drei Könige bei einer durchaus heiligen Geschichte, denn was ist heiliger als Lennon's Aufforderung, alles, was wir bräuchten, wäre Liebe ...

Ein gegenseitiges Lächeln deutete das Einverständnis unter Passagieren an, dass solche Fahrten nicht immer angenehm waren.
Nicht zwingend, so spricht man halt, aber sollte da nicht besser ein Konjunktiv den Nebensatz (Lächeln & stilles Einverständnis als indirekte Rede aufgefasst) schmücken?

Dann darf ein Kuriosom nicht unerwähnt bleiben:

Sein Blick fiel auf den Namensschriftzug der einten Todesanzeige, …
Einten?, stutzte ich und vermutete dahinter ein Zahlwort (bevorzugt ein unbestimmt’ „einen“, ggfs. aber bestimmt als einer „ersten“ und im unwahrscheinlichsten ein Lapsus wie „[ver-]einten“) … bis eine Wiederholung den Verdacht einer landschaftlichen Eigenheit aufkommen lässt, dass ich hier oben nix gesagt haben will.
Aber zur Entschädigung: Im Namensschriftzug will mir auch die Schrift entbehrlich erscheinen. Aber mit der Fortentwicklung der Massenmedien werden Todesanzeigen sicherlich gar bald gesprochen werden …
Aber nein:
Er überflog lesend die zweisprachige Anzeige, …
Ahnten wir es doch, dass er las und nicht vorlas oder vorgelesen bekam.

«Möchten Sie die Seite haben», fragte sie …
Eine Frage muss nicht, kann oder sollte doch mit einem „?“ schließen … wie auch hier
«Schon», fragte ich.

Er bat um Entschuldigung, eine alte Bekannte* fügte er erklärend an, und …
* Trägt er die Bekannte im Koffer? Nein, er sagt es nur, darum besser ein Satzzeichen zumindest am * …

…, die Läden klappten wieder auf, nicht ganzKOMMA aber einen breiten Spalt offenstehend.

…, bereits glaubte ichKOMMA es sei vorbei, …

Wenige Minuten später verliess sie das Haus, die Strasse entlanggehend, ohne zu mir hochsehend.
Da schlägt dann doch eine besondere Form der Adjektivitis durch den Partizipienritt: das hat Anklänge bürokratischen Stils. Wäre es nicht eleganter, die Verbaladjektive auf die ursprüngliche verbale Form zurückzubringen?
Wenige Minuten später verliess sie das Haus, [ging]die Strasse entlang[…], ohne zu mir hoch[zusehen].
Ähnliches kommt noch mal vor, etwa hier
… in die Bluse schiebend an ihrer Brust an, sie dabei führend
.

In den nächsten Tagen blieb ihr Fenster ständig geschlossen, …
ist so weit korrekt, bis
…, die Läden nur manchmal aufgeklappt.
Da fehlt ein Verb (wurden / waren /blieben).

…, da meine TanteKOMMA bei der ich wohnte, …

… hinauf, unter BefürchtungKOMMA einem andern Mieter zu begegnen, …

Einmal hörte ich eine Türe gehen.
Das ist m. E. nahe der Stilblüte …

So begann ichKOMMA mit der andern Hand ihre Bluse aufzuknöpfen, sie …

Ihre Schreie gedämpftKOMMA aber luststeigernd, …

Friedhofsangestellte begannenKOMMA Erde einzufüllen, ihn nur kurz beachtend.

…, sie zögerte einen Moment, «hoffte ichKOMMA einen etwas älteren Herrn hier anzutreffen.»

Ein schmerzliches Lächeln, das sie dennoch charmant wirken liess, umspielten ihre Worte.
Ein Lächeln – Einzahl – umspielte ….

…», er tat soKOMMA als müsste er nachdenken, «achtundzwanzig Jahren wegzogen.»
weg + ge + zogen

Jetzt bin ich aber fusselig!

Gruß

Friedel

 

Hallo Friedel

Nomen est omen, um diesen Segen oder Fluch kommen diese nicht herum, die einen besonderen tragen. Bei der Namensfindung für die Geschichte war ich ein Moment in Versuchung, diesen Namen wieder gegen einen andern auszutauschen, da der historische Bezug mich störte. Doch dann liess ich es bleiben, da er noch immer ein gängiger Name im Heimatland Dantes ist. Die Kreation suchte ich jedoch nicht im Umfeld dieses Poeten. Ich fand sie in einem weinseligen Lokal im Zürcher Niederdorf, einem Hort des Nachtlebens, wo sich auch der Geburtsort des Dadaismus befindet.

Deinen Lektoraten Flügelschlag werde ich im Zuge einer sanften Modifikation meiner Partizipienreiterei gerne miteinbauen. Dies wird aber einige Tage dauern, da mir der Text zunehmend in flatterhafter Schrift auftritt, durch stetig Wiederkehrendes durchlesen als auch ändern. Erschwerend kommt hinzu, dass Dantes Inferno mir anscheinend einen strafenden Hieb versetzte, denn seit ich seinen Namen las, kann ich meinen rechten Oberarm kaum mehr bewegen. Oder war es der kühle Luftzug des offenen Fensters? Durch das sollte nicht Schwefel eindringen, sondern Qualm abziehen.

… bis eine Wiederholung den Verdacht einer landschaftlichen Eigenheit aufkommen lässt, dass ich hier oben nix gesagt haben will.

Da hat der Dr. Faust dir aber die Erkenntnis souffliert: „Das also war des Pudels Kern!“ Ich werde das einte dennoch ändern, um nicht in Verdacht zu geraten, für Helvetismen zu werben.

Zitat:
Einmal hörte ich eine Türe gehen.

Das ist m. E. nahe der Stilblüte …

Ich weiss, du magst diese kleinen Dinger nicht, aber hier komme ich nicht umhin. :lol: So war mein Gefühlsausbruch beim Lesen, als ich mir die Türe bildlich vorstellte.

Jetzt bin ich aber fusselig!

Das tut mir jetzt aber wirklich leid, dass der Text dich derart zerzausen konnte.

Ich danke dir für das Lesen, auch wenn der Inhalt dir anscheinend Unbehagen bereitete, deinen Kommentar und die berichtigenden Hinweise. Unglaublich, meine Flüchtigkeit wurde ertappt, der ich mich diesmal entkommen wähnte. Dabei müsste ich es besser wissen, der Wahn ist ein schlechter Ratgeber.

Schöne Grüsse

Anakreon

 

Hallo Anakreon,
von Inhalt her fand ich die Geschichte sehr schön, die Idee interessant und die Gefühle nachvollziehbar und respektvoll beschrieben. Die Perspektive des ein wenig melancholisch seinen Erinnerungen nachsinnenden Mannes, der eine einzigartige Erfahrung immer noch genießt und beschließt, seiner damaligen "Verführerin" die letzte Ehre zu erweisen, ist gut gewählt.

Am Aufbau und dem, was du der Fantasie des Lesers überlässt, hab ich gar nichts zu bemängeln, das ist richtig gut.
Aber...

die Wortwahl, auch wenn es "Helvetismen" sein mögen oder ein Schweizer Stil, sagt mir nicht zu. Ich finde es oft zu kompliziert und vor allem etwas "gestelzt" formuliert. Beim Reinlesen, hätte ich das als Buch in der Buchhandlung in die Hand genommen, wäre mir das gleich aufgestoßen und hätte ich es darum wieder weggelegt.

Hier hat man mehr Zeit und Ruhe und hab ich es nach mehreren Angriffen, auch nach und wegen der anderen Kommentare, dann geschafft, es ganz zu lesen - und bereue es wegen oben Genanntem nicht.

Bei der wörtlichen Rede ist es "weniger schlimm", aber auch da denke ich bei "..gab es schon Momente..." usw. dass kein Mensch (den ich kenne) so redet, vor allem kein 13-jähriger.

Tja, insgesamt eine Geschichte, die allem entspricht, was man sich unter einen guten Kurzgeschichte vorstellt, die befriedigt und zum Nachdenken anregt, einen selbst in Erinnerungen schwelgen lässt und wo einem die Figuren sympathisch sind.
Aber durch den Schreibstil dann im Endeffekt doch nicht mein Ding. So kann es gehen. Nimm´s mir nicht übel.

Danke und Gruß
Dea

 

Hallo Dea

von Inhalt her fand ich die Geschichte sehr schön, die Idee interessant und die Gefühle nachvollziehbar und respektvoll beschrieben.

Das freut mich, dass die Idee der Geschichte bei dir gut ankam. Da ich thematisch eine ungewöhnliche und eher brisant gekreuzte Alters- resp. Geschlechterkonstellation wählte, war ich bemüht, es nicht zu frivol erscheinen zu lassen.

Ich finde es oft zu kompliziert und vor allem etwas "gestelzt" formuliert.

Dies ist ein Punkt, der ab und an Anstoss erregt, da mir die stilistische Moderne nicht recht gelingen will, entgegen dem, dass ich Literatur in dieser Form gerne lese. Dass dies dennoch nicht zwingend eine Hemmschwelle sein muss, bewies etwa Anna Seghers, der gegenüber ebensolche Vorhaltungen gemacht wurden. Aber es vermag natürlich nicht jeden Leser anzusprechen.

Bei der wörtlichen Rede ist es "weniger schlimm", aber auch da denke ich bei "..gab es schon Momente..." usw. dass kein Mensch (den ich kenne) so redet, vor allem kein 13-jähriger.

Diesen berechtigten Kritikpunkt hatte ich bedacht, doch mir beim Verfassen zugestanden, dass der Prot. sich 28 Jahre später zurückerinnert. Er wählt folglich unbewusst eine sinngemässe aber nicht mehr die sprachlich präzise Wortwahl seiner frühen Jugend.
Der Vorhaltung, so spreche kein Mensch, lässt sich leicht mit dem Wissen um die menschliche Vorurteilsstruktur kontern. Ich will deinen Einwand damit keineswegs abtun, es aber dahingehend relativieren, dass es darin keinen Absolutheitsanspruch geben kann.

insgesamt eine Geschichte, die allem entspricht, was man sich unter einen guten Kurzgeschichte vorstellt, die befriedigt und zum Nachdenken anregt, einen selbst in Erinnerungen schwelgen lässt und wo einem die Figuren sympathisch sind.

Dies erachte ich als eine sehr schöne Textinterpretation, die der Wirkungsabsicht ihre Reverenz erweist.

Aber durch den Schreibstil dann im Endeffekt doch nicht mein Ding.

Das akzeptiere ich vollumfänglich.

Danke dir für deinen konstruktiven Kommentar, bei dem sich sprachkritische wie auch textinterpretierende Wertungen gleichermassen die Waage halten. Ich habe mich darüber gefreut.

Schöne Grüsse

Anakreon

 

Gern geschehen, Anakreon

Der Vorhaltung, so spreche kein Mensch, lässt sich leicht mit dem Wissen um die menschliche Vorurteilsstruktur kontern. Ich will deinen Einwand damit keineswegs abtun, es aber dahingehend relativieren, dass es darin keinen Absolutheitsanspruch geben kann.

Daher hab ich auch "kein Mensch (den ich kenne)" betont. Kennst du jemanden und vor allem - wäre er dir sympathisch?

Gruß
Dea

 

Hallo Dea


Kennst du jemanden und vor allem - wäre er dir sympathisch?

Ich hatte mein ganzes Berufsleben lang mit Menschen zu tun, die sich durch verschiedenste Eigenarten auszeichneten. Von dem her begegne ich Formen von Andersartigkeiten, ob das nun in der Sprache oder im Denken und Verhalten zum Ausdruck kommt, differenziert, aber keineswegs vorurteilsfrei. Sympathie oder Antipathie kann aber muss sich nicht an einem solchen Merkmal aufhängen. Von dem her, kann ich deine Frage, ob so jemand mir sympathisch wäre, verbindlich weder Bejahen noch Verneinen. Es käme da auf weitere Aspekte an.

Aber da fällt mir noch eine kleine Anekdote aus meinem Leben ein. Vor 44 Jahren nahm ich an einem Seminar in Norddeutschland teil. Eine alleinstehende Teilnehmerin aus Celle war mit ihrem fünfjährigen Sohn angereist. Als ich mich mit der Frau einmal in der Freizeit unterhielt, sagte der Kleine zu mir: „Sprichst du komisch!“ Selbstverständlich war ihm der Klang meiner hochdeutschen Aussprache fremd, da ich aus einem andern Sprachraum kam. Er hatte völlig normal reagiert, doch das Vorurteil, dass Laute die von seinem Sprachverständnis abweichen merkwürdig sind, hatte sich da bereits etabliert.

Aber im vorliegenden Text geht es vordringlich um die geschriebenen Wörter, welche sich zu einer Sprachmelodie gliedern. Nimm es von dem her als eine Unvollkommenheit meinerseits wahr.

Schöne Grüsse

Anakreon

 

Hallo Anakreon,

Deine Geschichte war für mich insofern sehr spannend zu lesen, weil sie mir wie eine komplette Negation der Geschichte erschien, die ich vor kurzem für das Copywrite schrieb. Jedenfalls was die Vater-Tochter-Geschichte betrifft.
Ich weiß nicht, ob ich Dein Ende wirklich mag. Das wirkt auf mich so draufgepappt. Schwerpunkt der Geschichte ist ja dieses Begegnung und Vereinigung der beiden, das Besondere, prickelnde, das erste Mal - und das Ende dann so konstruiert. Die Dialoge wirkten auch so auf mich. Das klang nicht natürlich in meinen Ohren. Das er sich dem Gedanken so verweigert, dass sie seine Tochter ist, warum? Ich glaube, ich hätte es lieber gemocht, wenn beide mit dem Gedanken spielen, aber es keiner anspricht. Aber das ist jetzt natürlich Vorliebensache. Und noch lieber, wenn es diesen Brief nicht gäbe. Er von weitem das Begräbnis beobachtet, dann doch die junge Frau trifft. Sie kurz erwähnt, dass sie die Tochter ist und wieder entschwindet. Das würde sich mehr zu dem mysteriösen fügen, das vorher im Text mitschwingt. So wäre meine Geschichte, aber es ist ja Deine :).

Die Kombination von reifer Frau und verwirrten Teenager hat schon seinen Reiz. Auch für den Leser, kauft man gern. Ich habe es jedenfalls gern gekauft. Und bis zum Begräbnis hat sie mir gut gefallen, Deine Geschichte.

Ein wenig Textkram:

Noch zwei Stationen, dann muss ich aussteigen. Er blätterte weiter im neuen Buch «Je reviens de chercher» von Musso, das er gekauft hatte.

Also, ich brauch die angestellte Partizip II Konstruktion nicht wirklich inhaltlich und würde deshalb drauf verzichten.

Ihr Erscheinungsbild von damals wurde ihm bewusst.

Das ist kein schöner Satz. Da gibt es sicher schönere Bilder für.

Rührung überkam ihn, ohne dass diese sich schmerzlich äusserte.

Den Satz würde ich ganz kicken. Die Melodie im Satz ist kaputt. Und inhaltlich, naja.

Für sie war ich noch ein Kind gewesen, vor dem sie sich unbefangen zeigen konnte.

mmh - noch gewesen, klingt komisch
Für sie war ich noch ein Kind ... oder Für sie war ich ein Kind gewesen ... - würde mir besser gefallen

... der Anblick rührte mir Gefühle an,

Ich weiß, ist Dein Stil, aber wundern darfste Dich nicht, wenn Leser das befremdlich finden :).

Ich streifte mein Hemd ab und sah nun mit entblösstem Oberkörper, da ich nichts darunter trug, zu ihr hinüber.

Solche Erklär-Nachtretesätze sind wirklich nur Platzhalter. Und nicht mal elegante ;).

Aus der Nähe traute ich mich nicht sie mir so vorzustellen, wie sie sich mir gezeigt hatte.

Strick den Satz mal neu :). Allein den Inhalt zu erfassen - entweder lese ich den Satz sehr langsam und aufmerksam, um ihm folgen zu können oder zweimal. Da ist ordentlich Info für die wenigen Wörter.

«Cléophé ist ein wunderschöner Name», getraute ich mich nun zu sagen, was sie zu einem Lächeln animierte.

Jetzt muss ich es Dir doch sagen - zähle mal die "nun" in Deinem Text. Und "doch" und so Füllselwörter.

Soll reichen.

Beste Grüße Fliege

 

Hallo Fliege

Deine Geschichte war für mich insofern sehr spannend zu lesen, weil sie mir wie eine komplette Negation der Geschichte erschien, die ich vor kurzem für das Copywrite schrieb.

Ich muss gestehen, dass ich schon sehr lange keine Copywrite-Geschichte mehr las, da ich dazumal den Eindruck hatte, der inspirative Drang reiche nicht an die Originale heran. Aber vielleicht hatte ich da eben nur die Ungünstigsten angeklickt. :shy: Ich werde dann mal deine erwähnte lesen.

Schwerpunkt der Geschichte ist ja dieses Begegnung und Vereinigung der beiden, das Besondere, prickelnde, das erste Mal - und das Ende dann so konstruiert.

Natürlich soll eine Kurzgeschichte auf das Wesentliche fokussiert sein. Als ich vor einem Dutzend Jahren die Geschichte bereits einmal abfasste, vernichtete ich sie aber genau deshalb, da mir das Thema zu isoliert und dadurch als schal vorkam. Mit dem Rückblick aus langer Distanz und dem Verunmöglichen einer Wiederbegegnung erlaubt es dem Prot., sich mit nötigem Abstand zu erinnern. Wäre er ihr etwa wiederbegegnet und hätte sie als inzwischen alte Frau erkannt, wäre es mir brutal erschienen.:baddevil: Der gesetzte Rahmen, der sicher auch andere Variablen zuliess, gibt so einen nicht voraussehbaren Schlusspunkt. Die Realitätsdichte ist zudem gewährleistet, da der Tod eines Menschen andere zu einer Rückbesinnung animiert.

Das er sich dem Gedanken so verweigert, dass sie seine Tochter ist, warum? Ich glaube, ich hätte es lieber gemocht, wenn beide mit dem Gedanken spielen, aber es keiner anspricht.

Ein solcher Gedanke, den beide hegen, wäre natürlich hübsch. Wäre das Zeitgeschehen auf ein früheres Jahrhundert fixiert, hätte es sich mir sogar aufgezwungen. So aber ist es offen, gibt dem Leser Raum mit diesem Gedanken zu spielen.

Und noch lieber, wenn es diesen Brief nicht gäbe.

Ohne den Brief wäre die Kluft der Zeit sehr stark und müsste ihn, um es psychologisch folgerichtig darzustellen, das Damalige als eine reine Affäre abtun lassen. Ein ernüchternder Schluss, den ich den Lesern dieser Rubrik nicht zumuten wollte. – Hm, jetzt habe ich dem Ende spontan noch ein kleines Anhängsel angefügt, da seine Abwehr so aneckt. :sad:

Ich habe es jedenfalls gern gekauft. Und bis zum Begräbnis hat sie mir gut gefallen, Deine Geschichte.

Das freut mich sehr, dass ich dich mit dem Kern der Geschichte erreichte.

Deine werten Anregungen zu Textänderungen habe ich nach sorgfältiger Abwägung vorgenommen. Auch bei den Füllseln habe ich etwas aufgeräumt. Es waren/sind noch andere drin, ganz vermeiden lassen sie sich nicht, aber die krassen sind wohl jetzt eliminiert. Ich werde es dann nach einem grösseren Zeitraum noch einmal durchgehen, wahrscheinlich finde ich dann bei einigen Stellen die eine oder andere moderatere Formulierung.

Ich danke dir herzlich für deinen kritischen Kommentar und die Hinweise, auch freue ich mich, dass die Geschichte dich trotz Mankos dennoch anzusprechen vermochte. :)

Schöne Grüsse

Anakreon

 

hallo anakreon,

hab deine geschichte bis auf das ende gern gelesen. die begegnung der beiden unterschiedlichen liebenden war spannend inszeniert. der alles offenbarende erste moment, dann die enttäuschung über das im weiteren verlauf zubleibende fenster. alles gut erzählt. aber das ende. ich würde mich flieges einschätzung anschließen. es wäre sehr viel schöner, wenn er nicht so begriffstutzig wäre, zumindest mit dem gedanken spielen könnte, dass sie seine tochter sein könnte, auch wenn er es ihr gegenüber nicht zugeben wird, zunächst nicht zugeben möchte. dann hättest du einen dialog mit subtext, der deinen prot dreidimensionaler und auch intelligenter wirken lässt.

Mit der anderen Hand knöpfte ich ihre Bluse auf, und streifte sie samt den Trägern ab.
.... wenn wir gemeinsam Höhenpunkte (e weg) erreichten.

als ich ähnlich alt war wie dein prot hat mich eine geschichte von ray bradbury lange zeit sehnsüchtig fasziniert.

inhalt: ein schüler verliebt sich in seine lehrerin, sie sich auch, aber dann trennt sie sich von ihm aus den gleichen gründen wie deine protagonistin, er erfährt jahre später, dass sie mittlerweile gestorben ist und dass sie ihn auch sehr gemocht hat.

deine geschichte hat eine ähnlich sehnsüchtige stimmung. es gibt auch einen skandinavischen film mit ähnlichem thema, der ganz toll ist, der titel fällt mir leider jetzt nicht ein.

schöne grüße petdays

 
Zuletzt bearbeitet:

Hallo petdays

Das Ende scheint ja der Stein des Anstosses zu sein. Ob ein Mann diesen einen Gedanken ohne Weiteres zulässt, hängt wahrscheinlich von verschiedenen Faktoren ab, bestimmt aber auch von seinem Charakter. Da der feminine Protest gegen solch maskuline Verleugnung anhält, werde ich den Schlussteil wohl doch nochmals überarbeiten müssen. :D
Auf zeitliche Distanz gelingt es mir vielleicht besser, den Spielraum auszuloten und zu einer passablen Vollendung zu führen. Aber hierzu muss ich diesen Gedanken erst noch etwas hegen und pflegen, ihn reifen und entwickeln lassen.

als ich ähnlich alt war wie dein prot hat mich eine geschichte von ray bradbury lange zeit sehnsüchtig fasziniert.

Die Geschichte von Bradbury kenn ich nicht, soweit ich mich erinnere, aber das Thema an sich hat Literaten wohl immer wieder mal angesprochen.

Also, die Überarbeitung wird in den nächsten Monaten erfolgen. Da Bernhard beinah zeitgleich die Stimmungen des lächelnden Papstes angesprochen hat, dass dieser innere Dialog noch Nuancierungen vertragen würde, schwillt meine diesbezügliche Arbeitsliste – Pilzgerichte liegen bekanntlich auch schwer auf - zunehmend an. Vorab folgt dann aber erst die Neue, Die dargebotene Hand, um eine „betagtere Zusage“ zu erfüllen. An sich ist diese fertig, doch ringe ich da noch mit dem Gedanken, ob sie den Kritikeransprüchen gerecht werden mag – ein an sich kaum erfüllbares Vorhaben – aber der Sprung ins kalte Wasser folgt.

Danke dir fürs hervorkramen, loben und bemängeln der Fenstergeschichte. Es freut mich, dass diese dir weitgehend gefallen hat und Assoziationen zu wecken vermochte.

Schöne Grüsse

Anakreon


Nachtrag:
Dem Ende habe ich nun eine leicht veränderte Note gegeben, den Erwartungen von Leserinnen entsprechend.

 

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