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Dagegen und Wofür

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15.03.2008
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Dagegen und Wofür

Ketten aus blankem Metall schließen die Griffe des Portals zusammen. Von innen ist der Haupteingang mit Sofas und Sesseln verbarrikadiert. Davor sitzen welche auf Couchen, die ihre besseren Zeiten schon länger hinter sich haben, trinken Lifestyle-Getränke und führen Gespräche, deren Timbre und oder-so-Stil Lässigkeit kommunizieren soll. Ein auf schmutzig-gelben Klinkersteinen angebrachtes Transparent wellt sich im Wind. Die Bewegung lässt Polgar an die Flagge in einem Lager Schiffbrüchiger denken.

Polgar entziffert die ungelenk wirkenden Lettern auf dem Spruchband, Uni-Besetzung 2011 – Gegen die Kürzungen im Wissenschaftsetat!, und geht zu den Bunthaarigen und Rastagelockten.
Er stellt sich darauf ein, herablassende Kommentare auf seine Frage zu bekommen, was hier los ist. Aber Fragen muss er. Polgar will wissen, warum sein Weg umsonst war.

Warum besetzt wird – um ein Zeichen gegen die Kürzungen zu setzen, es drohe die Schließung des gesamten Fachbereichs.
Was passieren soll – geplant wären Plenen, öffentliche Vorlesungen überall in der Stadt anstelle der ausfallenden Lehrveranstaltungen. Eine Demonstration. Plakat- und Stickeraktionen.
Wie lange es dauern werde – über die Dauer der Besetzung werde auf dem nächsten Plenum entschieden.

Polgar lehnt die Einladung, sich dazuzusetzen, um an der Gestaltung des Protests teilzuhaben, ab, und bekommt dafür kurz die Vorstellung, ein unhipper Typ zu sein. Folglich bedankt er sich etwas steif für die Auskünfte und geht zurück zu seinem Fahrrad. Als er es aufschließt überlegt er, dass ihm schnoddrige Punk-Attitüde besser gefallen hätte, als die Erklärbereitschaft, mit der man ihm begegnete.

Bei Tulli

"Was meinst du, wie lange dauert die Geschichte?", fragt Tulli.
"In zwei Tagen ist das nächste Plenum, auf dem über das weitere Vorgehen entschieden wird. Viel länger dürfte es nicht dauern, oder? Ich weiß nicht, wie lange so etwas dauert", sagt Polgar. Dass Vorgehen kursiv gemeint ist, ist nicht zu überhören. "Also mindestens eine Woche frei. Können wir tun, was wir schon immer mal tun wollten."
"Du schreibst ne Geschichte", bestimmt Mark. "Diesmal mit mir in der Hauptrolle!"
"Okay", sagt Polgar. "Ob ich nichts tue oder schreibe. Bestimmte Vorstellungen?"
"Ich, nur anders", sagt Mark.
"Haha!"
"Ich finde es großartig, dass Polgar schreibt, das tut ihm voll gut", sagt Tikki. "Ihr wisst ja, nach dieser hässlichen Geschichte ist er dadurch neu aufgeblüht. Das ist wie bei meiner Omi, die hat nach ihrem Schlaganfall mit World of Warcraft begonnen und ist jetzt streitbar und energiegeladen wie mit achtzehn."
"Vier Punkte auf der Polgar-Smash-Skala!", sagt Kess und streckt den Arm mit der geballten Faust nach Tikki aus. "Komm, gib mir Ghetto-Faust." Tikki dockt mit ihrer Rechten an. "Kess, du bist so gut."

"Ich schneide ein Endlosband zusammen", sagt Tulli. "Videos von Atomwaffentests, die Tiefseekamera von Deepwaterhorizon, Fukushima-Impressionen ..."
"Du bist so negativ!", sagt Tikki.
"Das ist die Realität", sagt Tulli.
"Mir kommt das ein bisschen albern vor", sagt Mark. "Ich hätte ja vorhin auch zu nem Kurs gemusst und bin auf die Besetzer gestoßen. Die wollten von mir, dass ich ein Transparent male. Nein, entschuldigt, sie haben Transpi gesagt."
Polgar verzieht das Gesicht. "Dagegensein braucht Feuer im Arsch."
"Das sind alles Tussen", sagt Kess. "studieren im 31. Semester, machen aber seit zehn Jahren ausschließlich Hochschulpolitik. Sponsored by Mami & Papi. Ich musste für das Studium einen Kredit aufnehmen, weil ich kein Bafög bekomme - und diese Kasper spielen da Revolution!"
"Was ist das überhaupt für eine Grundlage?", fragt Tulli. "Ich meine, wie werden die legitimiert? Es sollte in Deutschland gar nicht möglich sein, dass eine Fakultät mit 2500 Studierenden über Nacht von einem Häuflein Weltverbesserer besetzt wird, ohne dass am nächsten Tag Räumung angesagt ist ... Das passt echt nicht in mein Bild."
"Boah, Tulli hat ne Meinung!", sagt Tikki. "Ich kreuz den Tag gleich mal im Kalender an."
"Soll ich dir die richtige Seite raussuchen?", fragt Tulli.
"Gute Frage, Tulli", sagt Polgar. "Mich überzeugt die Geschichte auch nicht, aber sie findet statt."
"In dem alternativen Programm nächste Woche ist auch ein Besuch in der Roten Flora drin", sagt Mark, der einen Flyer studiert. "Verrät mir jemand, wie das gemeint ist? Soll man sich da revolutionäres Rüstzeug abkucken?"
"Yeah, think big!", ruft Tikki. "Das haben die drauf. Florian und Florentine haben ein neues Spruchband vor den Laden gehängt, hab ich letztens gesehen. Abschaffung der herrschenden Klasse weltweit."
"Olé!", ruft Polgar.
"Wieso lacht denn da niemand?", fragt Tulli. "Das ist ein Possenspiel."
"Ich muss mir jetzt den ganzen Mist im Selbststudium reinprügeln", sagt Kess. "Besonders witzig ist das nicht."
"Ein Grund mehr, sich heute abend zu amüsieren!", sagt Tikki. "Schlagermove! Da gehen wir alle hin."
"Nee", sagt Tulli.
"Auf keinsten", sagt Mark. Kess schüttelt kichernd den Kopf, bis ihr einfällt, was sie an diesem Abend stattdessen tun wird. Da schüttelt sie nur noch den Kopf.

Schlagermove

Auf dem Weg zum Schlagermove wird Polgar von einer Alten in einem Porsche Cayenne herangewunken, die ihr Auto in eine Parklücke zu lenken versucht. "Kommen sie mal her!", ruft sie. "Na aber", sagt Polgar. "Wer könnte so einer charmanten Lady widerstehen - wie seh ich aus?" Tikki streicht ihm eine Strähne der weizenblonden Perücke aus dem Gesicht, rückt Sonnenbrille und Strohhut grade. "Kannst gehn", sagt sie. "Dass du uns keine Schande machst!"
"Einparken, was?", fragt Polgar die Fahrerin.
"Winken sie mich bitte rein! Ich habe dieses Schlachtschiff noch nicht lange, das sind ja furchtbare Ausmaße!", sagt die Alte.
"Keine Sorge, wir kriegen das schon hin." Er stellt sich hinter den Wagen und winkt. "Kommen sie, keine Scheu. Da ist noch massig Platz!" Die Alte hält ihren solariumgebräunten Kopf aus dem Fenster und fährt ein paar schüchterne Zentimeter. "Nee, so geht das nicht", ruft Tikki, die zu Polgar aufschließt. "Diesen Mordsmaschinen muss man zeigen, wo es langgeht. Geben sie Gas, das ist doch keine Vespa!"
"Sieht so verdammt knapp aus!", ruft die Alte.
"Das täuscht", sagt Tikki. "Da ist noch verdammt viel Platz, ganz klar." Tikki winkt, die Alte fährt noch ein Stück.
"Haben sie keine Einparkhilfe?", fragt Polgar.
"Die Elektronik spinnt, glaub ich", sagt die Alte.
"Nun geben sie schon Gas!", ruft Tikki. "Wir haben nicht den ganzen Abend Zeit."
Wieder ein paar Zentimeter. Die Alte fährt ein Stück vor und rangiert sich in eine ungünstigere Position. "Blind oder was. Was macht die denn da?", raunt Polgar.
"Ist doch perfekt!", sagt Tikki. "Jetzt einfach zurücksetzen."
"Kann ich?" Die Alte kuckt nochmal aus dem Fenster.
"Machen sie schon!", ruft Tikki.
Der Cayenne wird ein bisschen beherzter Richtung Kotflügel eines Audi gefahren.
"Ja, sehr gut!", sagt Tikki. Sie winkt und winkt und winkt – bis der Porsche mit einem leichten Rumms auf das Hinterteil des anderen Autos trifft.
"Halt!", ruft Tikki. "Was machen sie denn? Haben sie nicht gehört, dass ich Halt gerufen habe?"
"So ein Ärger!", sagt Polgar, greift Tikkis Hand und läuft Richtung Bahn. Hinter ihnen die rufende Alte. "Diebe! Haltet sie!" Doch der Mann der Stunde scheint an anderer Stelle beschäftigt zu sein. Die Passanten machen hübsch den Weg frei, zumindest solange die Rufe zu hören sind.

"Fette Sache", keucht Tikki, als sie auf dem Bahnsteig stehenbleiben. "In diesen Kostümen erkennt einen keine Sau. Man kann ne ganze Menge machen, so verkleidet."
"Klar", sagt Polgar. Er betrachtet sich im Schaufenster eines Bahnhofskiosks und rückt den Strohhut ein bisschen schiefer. "Aber so langsam fühle ich mich zu alt für solchen Unsinn."
"Jetzt sei mal nicht so anti!", sagt Tikki und schlägt spielerisch auf seinen Hinterkopf.
"Lass das", sagt Polgar und rückt den Hut wieder so schief, wie er sein soll.
"Diese Grenze solltest du respektieren, wenn du nicht auf das Echo scharf bist."
"Grenze, Grenze!", sagt Tikki. "Ich sehe keine Grenze."
"Muss ich dich das spüren lassen? Kannst du nichts mit dir selbst abmachen?"
"Komm mal wieder runter", sagt sie und stößt ihn hart genug an die Schulter, dass Polgar das Gleichgewicht verliert und gegen die Scheibe stolpert.
"Ey, was macht ihr da!", ruft der Kioskmann. "Passt gefälligst auf!"
"Halt die Fresse!", sagt Polgar, dreht sich zu Tikki, greift nach ihren Armen und drückt sie an die Scheibe. "Das war das letzte Mal, hörst du? Nächstes Mal zieh ich dir eine rein."
"Oho!", flüstert sie, schwer atmend. "Herr Gefährlich vergreift sich an Frauen, was werden die Leute dazu sagen?"
"Ist mir scheißegal, was irgendwer dazu sagt. Das Maß ist voll."
Polgar lässt sie los und steigt in die Bahn, die während ihres Gesprächs einfuhr. Legt die Füße auf den gegenüberliegenden Sitz, stützt das Kinn auf die Faust und starrt aus dem Fenster. Tikki setzt sich neben seine Beine auf die andere Seite des Vierers. "Versteh ich gar nicht", sagt sie, "wie man in so einer lustigen Verkleidung so griesgrämig sein kann."

"Keine Ahnung, warum ich mitgekommen bin. So eine bescheuerte Idee", sagt Polgar.
"Hey, was ist los?", fragt Tikki und streicht über seine Wange. "Vielleicht wolltest du halt bei mir sein?"
Elvis- und Siebziger-Kostüme; Männer lustig als Frauen verkleidet, mit riesigen Spitzbrüsten und greller Schminke; Rudel dieser Mannfrauen bahnen sich mit alkoholgefüllten Bollerwagen Wege durch die Masse. Aus der stahlgrauen Wolkenwand fallender Nieselregen füllt Polgars Bierdose auf.
"Oder der Tristesse mal wieder Guten Tag sagen", sagt er und schüttelt den Kopf, als ihm ein Spitzbrustmann eine kleine Flasche mit gelber cremiger Pampe vors Gesicht hält.
"Mann oder Mädchen?", fragt Spitzbrust. Hinter ihm lachen ein paar seiner Kumpel. "Du meinst Mädchen, wie bei Likör trinken?", fragt Polgar.
"Genauhau!", johlt einer. "Wihier sind die luhustigen dicken Tanten!"
"Ihr scheint in Ordnung zu sein", sagt Polgar. "Aber ich red grad nicht so gern, tu uns beiden nen Gefallen und belaber wen anders."
"Du bist mir ne Pfeife!", sagt der Wagenzieher.
"Hast du was mit den Ohren?", fragt Tikki. "Seht zu, dass ihr Land gewinnt!" Dem Angesprochenen fällt das Lachen aus dem Gesicht. "War nich bös gemeint", murmelt er ein paar Sekunden später, zuckt die Achseln und setzt sich mit dem Wagen wieder in Bewegung.
"Nicht dein Tag heute, was?", fragt sie und legt einen Arm um seine Schultern. Polgar verzieht das Gesicht, solche Fragen kann er überhaupt nicht brauchen, wenn es tatsächlich nicht sein Tag ist. Die werden aber nur an solchen Tagen gestellt.

Er versucht dagegen anzugehen. Versucht Anschluss an Tikkis Kommentare und die Welt zu finden, die Wendung von Intro- zu Outrospektive zu nehmen und verpasst eine Ausfahrt nach der anderen. Nach einer halben Stunde immer schwerer werdenden Genervtseins, das Hand in Hand mit einer verdächtigen Häufung von Schlagern geht, die gar nicht gehen, nutzt Polgar die Gelegenheit, als Tikki kurz für kleine Mädchen unterwegs ist, und haut ab. Entweder sich aus Notwehr betrinken oder Flucht, so sieht er das.

Zwischenstück

Angenommen, in den nächsten zwei Wochen würde die Besetzung der Fakultät immer weitergehen, auf Plenen im Zweitagestakt für die jeweils nächsten zwei Tage beschlossen. Nehmen wir weiterhin an, Mark und Polgar und sogar Tulli und Kess und Tikki besuchen ein paar dieser Plenen, in denen Einige ungute Gefühle von Deplatziertheit erleben.

Polgar zieht daraus die verbissene Selbstbestätigung, dass er wusste, er würde dort fehl am Platz sein. Innerlich kochend, registriert er Redner, die ihre Antwort auf die Beiträge anderer Diskutanten mit "Bullshit!" beginnen oder sich auf Stotter-Parolen gegen Polizeigewalt beschränken, dass sich Polgars Fußnägel vor Scham haltsuchend in den Boden kringeln. Kess macht Strichlisten für welche, die sich regelmäßig zu Wort melden. Einer sagt im Laufe seiner Ausführungen fünfzehnmal "Widerstand", zwölfmal "Polizeigewalt" und achtmal "Bullenstaat."

Tikki faltet eine blondbezopfte Brillenträgerin zusammen, die sich für die "aufopferungsvolle Bereitschaft der Aktivisten" bedankt, an der Verbesserung der Gesellschaft mitzuwirken, während der Großteil der Studierenden "ja anscheinend Urlaub macht."
Sie solle sich, ruft Tikki über zehn Bankreihen hinweg, beim Schleimen bloß nicht zu weit aus dem Fenster lehnen, sonst könne es passieren, dass sogar ein Faulpelz wie Tikki vergäße, dass sie im Urlaub sei und schleimigen Aktivistinnen eins vors Fressbrett geben.
Die Angesprochene dreht sich zu Tikki und sagt in gepresstem Tonfall, "ich verbitte mir diese latente Aggression."
Nichts mit Latenz, brüllt eine mittlerweile aufgestandene Tikki, ihre Aggression wäre live und direkt, und wenn sich eine gewisse blondbezopfte Aktivistin von dem Wahrheitsgehalt dieser Aussage überzeugen wolle, könne sie das gleich tun. Tikki deutet mit dem Kopf Richtung Ausgang und lässt die Knöchel knacken.
Der Diskussionsleiter schlägt mit einem Holzhammer auf den Tisch und verlangt Ruhe, was dazu führt, dass an mehreren Stellen im Hörsaal tumultartige Sprechschwälle ausbrechen, aus denen Polgar heraushört, dass Tikkis Aussagen bei den meisten nicht auf Gegenliebe stoßen. Er steht ebenfalls auf und legt ihr begütigend eine Hand auf die Schulter.
Der Vorsitzende ruft, dass Tikki ihre Wortwahl überdenken möge, ihr Beitrag könne leicht als Drohung missverstanden werden. Wenn sie sich nicht mäßige, werde sie des Saals verwiesen. "Und ob das eine Drohung ist!", ruft Tikki und schlägt Polgars Hand von ihrer Schulter. "Den Verweis könnt ihr euch sonstwohin stecken!" Sie zeigt Vorsitzendem und Saalbesatzung den Fuck-Finger und verlässt den Hörsaal ohne sich umzudrehen.

Wörter wie "Redner", "rhetorisch", "Beiträge", "Diskutanten" und Ähnliches bitte an dieser Stelle mit noch mehr als der üblichen Skepsis betrachten. "Polizeigewalt" meinetwegen auch.

Die vier während der nächsten Plenen im Hörsaal verbleibenden Figuren dieser Geschichte schwanken, ob sie möglicherweise wohlgemeinte Absichten gut, oder die dilettantisch anmutende Ausführung zum Schreien finden sollen. Finden es schwer zu ertragen, in Plenen zu sitzen, in denen einer von verprügelten Demonstranten mit "blauen Flecken" redet und zwei Sätze später fordert, dass diese "brutale Zurschaustellung der Staatsgewalt" unbedingt der Öffentlichkeit bekannt gemacht werden muss.
"Welche Öffentlichkeit?", fragt Polgar. "So was wie überregionale Zeitungleser?"
"Weiß auch nich", sagt Mark. "Wohl eher welche, die Studentenblogs anklicken."
Mark und Polgar sind nach einer Sitzung, in der sie ihrem Unmut mit lauten Zwischenrufen Ausdruck verleihen, so wütend in ihrer Einflusslosigkeit, dass sie beschließen, nicht mehr zu weiteren Veranstaltungen dieser Art zu gehen.
Kess verabschiedet sich nach der im nächsten Absatz geschilderten Plakataktion für ein paar Tage an die Nordsee, weil ihr Vorrat an Kopfschütteln für einen langen Zeitraum aufgebraucht wäre.
Tulli erlebt die Atmosphäre gegenseitiger Anfeindungen und binärer Argumentation auf Debattierklub-Ebene als perfekt, um auf seinem Laptop Filmchen zusammenzuschnibbeln und mit den passenden Ambient-Sounds von AFX Twin zu unterlegen. Tikki taucht auf den nächsten Veranstaltungen nicht auf.

Ein Anti-Antitext, C:\Dokumente und Einstellungen\Polgar\Desktop\Dagegen.odt, der entsteht, nachdem Tulli sein Endzeitvideo der Öffentlichkeit seiner vier Freunde präsentiert, wird in vielfacher Ausführung, zu frühmorgendlicher Stunde, an und rund um das Uni-Gebäude plakatiert.

Ungefähr sieben Stunden später ist alles wieder abgerissen.

Allerdings nicht von sich angepisst fühlenden Besetzern, wie die Plakatierer zu wissen glauben, sondern von dem Platzpfleger, der dafür zuständig ist, das Unigelände jeden Morgen von acht bis neun von Plakaten zu befreien, die auf nicht freigegebenen Flächen kleben. "Kommt davon, wenn man so freundlich ist und keine Dosen nimmt", sagt Tikki. Niemand kommentiert ihren Kommentar. Recht hat sie, denken die anderen, was zu sagen aber auch nichts brächte.

In den nächsten Tagen kommt es zu mehreren leidenschaftlichen Streitgesprächen über "Spaß-Guerilleros" und "Lifestyle-Resistancé", in denen sich die fünf weitestgehend voneinander bestätigt fühlen, eine für sie neue Erfahrung, die allerdings, wie Polgar feststellt, in Anbetracht der Absurdität dieser Situation nur ein kleiner Trost ist.
Tulli beginnt einen Vergleich, dass es ähnlich wäre, als hätten sie sich darauf geeinigt, dass ein Atomschlag gegen Menschenfresserhaie ... Tulli überlegt, wie der Satz beendet werden könnte, sieht in die gespannten bis ungläubigen Gesichter seiner Freunde und sagt, nein, was immer er habe sagen wollen, würde wenig hilfreich sein, die Situation sei doch eine völlig andere. Bald nach dieser Korrektur am luftleeren Raum verabschieden sie sich voneinander und gehen etwas ratlos in ihre jeweiligen Leben, mehr oder weniger gespannt, womit und wie schnell sich die Vakua füllen werden.

Polgar

Polgar wird Gefäß für ein flüchtiges Element, mit dem er bis dahin nur oberflächlich bekannt war. Der erste Eindruck des nächsten Tages ist seine eigene Wut, die so stark ist, dass er von ihr erwacht und sich kerzengerade im Bett sitzend wiederfindet. Heiße Anti-Teilchen fließen durch seine Adern und bringen ihn zum Kochen, als wäre er ein aufgeheizter Tauchsieder ohne Inhalt.
Polgar braucht alle Konzentration, um sich im Zaum zu halten. Er atmet kontrolliert ein und aus, ballt die rechte Hand zur Faust und öffnet sie, ballt und öffnet sie. Atmet ein und aus. "Verschwinde", presst er leise hervor.
Und spürt, wie der Affekt nachlässt. Polgar brüht grünen Tee auf und schneidet zwei Scheiben Graubrot ab, die erste beschmiert er mit Honig, auf die zweite legt er mittelalten Gouda. Als er die letzten Bissen nimmt, schmeckt er Blut im Mund. Beim Zähneputzen findet er keine Wunde, von der dieser Geschmack kommen könnte, der nach dem Putzen unverändert vorhanden ist. Eine schwache Note metallischer Erinnerung daran, wie der Lebenssaft schmeckt.

Er packt zwei Einkaufstüten randvoll mit Pfandflaschen und geht zum Supermarkt, füttert den Automaten und kauft verschiedene Produkte, die seinen Bedarf an Eiweiß, Vitaminen, Kohlenhydraten und Ballaststoffen für drei Tage decken werden. An der Kasse fällt ihm der Morgen ein und er beschließt, dass das ein schlechter Morgen war und weil schlechte Morgende in seinem Leben die Gewohnheit haben, zu schlechten Tagen zu werden, beschließt er weiterhin, dass er an diesem Tag eventuell eine Stütze brauchen könnte, die er in Form eines Schokoriegels voller schneller Kohlenhydrate auf das Band legt.

Ihm fällt das sonore Summen des Förderbandes auf, zum ersten Mal in seinem Leben nimmt er es bewusst wahr, ein penetrantes Geräusch, findet er, das ihn unruhig macht. Er zahlt und packt den Einkauf schnell ein, um von diesem enervierenden Klang wegzukommen.
Polgar geht im Stechschritt aus dem Markt und die Straße hinunter und bemerkt an der roten Ampel, dass ihn das Summen begleitet. Auf dem Nachhauseweg steigert es sich zu einem dumpfen Brummen, das sich schon sehr in den Vordergrund drängt, aber überraschenderweise immer noch Raum zur Entwicklung hat, den es stetig nutzt. Als er die Wohnungstür aufschließt, dröhnt sein Kopf, als hätte er eine Schelle gekriegt.

Was mache ich mit diesem Geräusch?, fragt er sich und sieht hilfesuchend durch die Küche. Das Dröhnen erfüllt ihn. Er wird ein bisschen ängstlich, als ihn die Idee packt, dass das Geräusch immer lauter werden wird, bis es seinen Schädel sprengt.
Polgar setzt sich auf den Stuhl, birgt den Kopf zwischen den Händen und schaukelt vor und zurück. Es wird wenigstens nicht mehr stärker, denkt er nach ein paar ungewöhnlich elastischen Minuten durch den dröhnenden Raum, der zwischen seinen Ohren ist. Was ist das nur?, fragt er und will vor Hilflosigkeit weinen. Polgar wankt zum Bett und tut, was er bei Krisen immer tut. Wirft sich auf die Decke, vergräbt das Gesicht im Kissen und wartet, dass sie endet.

Nachdem das terrorisierende Dröhnen ungefähr eine halbe Stunde später mit einem Mal aufhört, dreht er sich auf den Rücken und sieht aus dem offenen Fenster. Polgar ist jetzt eine Eingabemaschine, die Informationen aufnimmt, ohne dass sich ein einziger Gedankengang entwickelt. Die Bewegung der Äste und Blätter im Wind; ein Mann, der am Fenster steht und eine Zigarette raucht; eine Ringeltaube, die auf einem Ast landet und gurrt. Die Kirchenglocke. Nachdem er sich mit diesen Eindrücken ein paar Momente beschäftigte, beginnt er eine steigende Anziehungskraft zu spüren, die vom Fenster ausgeht.
Das ist neu. Früher hatte er nur den Drang, sich irgendwo hinunterzustürzen, wenn er von einer gewissen Höhe herunterkuckte. Ein gar nicht so seltenes Phänomen bei Menschen mit Höhenangst. Seit ein paar Monaten reicht es schon, wenn er nur weiß, die Höhe könnte für einen letzten Fall ausreichend sein, dass er den Zug spürt, wie von einem leicht gespannten Gummiband, das ihn mit dem leeren Raum verbindet, der scheinbar Interesse an Polgars fallender Gegenwart hat. Ein dünner roter Faden, der seine Geschichte in eine mögliche Welt führen würde, in die hinein ein Schritt zu tun alles verändern würde.

Polgar analysiert das mit dem nüchternen Blick des Kaufmanns bei der Inventur. Er fühlt sich angenehm leer, als wäre das bedrohliche Hintergrundrauschen des Tages im Dröhnen gegipfelt und mit diesem verschwunden. Es fühlt sich an, als könnte er für den Rest seines Lebens so liegenbleiben und leer in die Leere sehen. Aber etwas in ihm will Handeln, um aus der Lethargie herauszukommen.

Polgar zwingt sich aus dem Bett und dazu, Ziele zu finden, kleine Wegpunkte für den Tag. Hauptsächlich sucht er sie in den Alltagsdingen, die bei Licht betrachtet genauso gut am nächsten Tag erledigt werden könnten. Aber Polgar hat die Vorstellung, dass es darum nicht geht, sondern dass es darum geht, die Dinge jetzt zu tun.
Am Nachmittag kippt er den Korb mit der gewaschenen und getrockneten Wäsche auf dem Boden aus, legt Shirts und Hosen zusammen und stapelt sie unter dem Schreibtisch. Die Unterwäsche kommt ungeordnet in eine alte Plastiktüte von Nahkauf, die an ihrem heilen Henkel über dem Bücherregal hängt. Nachdem Polgar die letzte Shorts in die Tüte gestopft hat, streicht er gedankenlos über die Rücken der schweren gebundenen Bücher, die hinten im Regal stehen, damit es nicht wieder umkippt.
Hemden hängt er auf den Wäscheständer, der von einer an die Heizung gebundenen Angelsehne gehalten wird. Polgar sieht sich in seinem Zimmer um, über das Tikki letztens sagte, es wäre ein verkommenes Loch. Der Satz, der normalerweise einfach durchgerauscht wäre, macht ihm gerade etwas aus. Er geht gegen den Impuls an, eine Generalüberholung des Zimmers vorzunehmen, seine vier Wände besuchsfreundlicher zu gestalten, wofür sich als erster Schritt die Zerstörung der filigran in die Ecken der Zimmerdecke hineinkonstruierten Spinnennetze anböte. Polgar wundert sich, wieviel Kraft das Nichtstun in diesem Fall kostet.

Obwohl er weiß, dass Grübeln im Moment nicht die beste Lebenstechnik wäre, überlegt er immer wieder, was es war, das ihn so mitgenommen hat. Überlegt während des Abendbrots und während eines Spaziergangs. Und, nachdem er um sieben aufstand und durch die frühmorgendliche Stadt fuhr, um im Amt zu sein, bevor der Ansturm beginnt, während des Gesprächs mit der Frau vom Bafög-Amt.

Mögliche Ergebnisse:

1.) Dass er in seinem Studienplan zurückgeworfen wurde, weil welche die Fakultät besetzen.
2.) Dass er nicht lebt, sondern über das Leben schreibt, wenn er denn mal was schreiben kann.
2a) Dass er sich damit selbst verarscht, weil diese Spiegelungen ein ungutes Verhältnis zum Jetzt schaffen, was ja keine neue Erkenntnis ist. 2b) Dass er also wider besseres Wissen handelt.
3.) Dass Tikki unabwendbar Tikki ist und Polgar kein Stück vom Polgarsein abweicht. 3a) Dass sie nicht in einer Paralleldimension leben, in der etwas einen Tick anders wäre. In der es passen würde.
4.) Dass er will, dass es passt und dass er gleichzeitig will, dass es nicht passt.
5.) Dass es all das nicht sein kann.
6.) Dass er tiefer in das Geheimnis des Polgarseins hinabtauchen will, was ein fataler Wunsch sein könnte, angetrieben von der Sehnsucht nach der Tiefe, die vielleicht nur die andere Seite seiner Höhenangst ist. Und Kandidat Nummer eins für den eigentlichen Grund.

Eigentlich hatte er vorgehabt, Gesprächsnotizen anzufertigen, um die wichtigen Daten nicht zu vergessen, die ihm die Amtfrau vorbetet. Während des Schreibens war es irgendwie anders gekommen und er hatte es nicht einen Moment in Erwägung gezogen, diese Möglichkeit zur Introspektion wegen so etwas Banalem wie der Finanzierung seines Lebens ungenutzt verstreichen zu lassen.

Als er aus dem Amt kommt, ist es später Vormittag. Der Tag hat Hitze bekommen und eine schwüle schwere Luft, die das Atmen erschwert. Polgar zieht die Strickjacke aus und will sie in seine Umhängetasche stecken; bekommt sie aber auch mit Quetschen und Umschichtung von Collegeblöcken, Büchern und Netbook nicht hinein. Er legt die Jacke über den Lenker, denkt flüchtig, dass man das nicht machen sollte, schwingt sich auf das Rennrad und fährt langsam über Straßen und Fahrradwege Richtung Innenstadt. Die Bewegung sorgt für ein gewisses Freiheitsgefühl, das immer auch Gedankenbiotop ist.
Vielleicht ist es einfach die lächerliche Beschissenheit der Welt, die mir zu schaffen macht, denkt er.
Polgar hält an einer roten Ampel, lässt das Lächeln einer jungen Frau von seinem unbewegten Gesicht abprallen und streicht über die raspelkurzen Haare. Nein, entscheidet er. Ich kann mir nicht vorstellen, dass mir so was Abstraktes etwas ausmacht.
Wer weiß, meldet sich der nächste Gedanke auf der anderen Straßenseite, wer kennt sich schon.
Ach je, wie lange brauche ich denn, um auf so einen Allgemeinplatz zu kommen! Außerdem bin ich ja wohl egoistisch genug, um vor Weltschmerzattitüde gefeit zu sein!
Und warum warst du morgens so wütend und den ganzen Tag am Grübeln?
Wenn ich das mal wüsste.

In einer etwas schneller genommenen Kurve sieht Polgar, wie das Vorderrad die Strickjacke frisst - Millisekunden später wird er vom bockenden Sattel über den Lenker katapultiert. Polgar fliegt mit ausgebreiteten Armen und Beinen, wie ein von einem Urwaldriesen segelnder Laubfrosch, Richtung Bürgersteig. Aufprall. Froschperspektive.

Diese lahmen Leute, denkt er, wie lange brauchen die denn, um mir zu helfen.
Der Brustkorb vibriert. Nicht bewegen, denkt er. Wenn ich verletzt bin, ist es am besten, ich bewege mich nicht. Warte, bis der Schmerz kommt. Der sagt dir, was los ist.
Wie langsam alle sind. Er sieht einer Frau in die Augen, die etwa zehn Meter entfernt steht und ihn äonenlange Sekunden anglotzt, als wäre sie gelähmt.
Sein Kopf dröhnt, er schmeckt Blut im Mund.
Ist das meine letzte Perspektive?, fragt er sich. Der Blick auf eine Bildschirmgläubige, die nicht begreift, dass mal etwas in der Realität passiert; die nicht weiß, wie Handeln geht.
Sein Kopf ist nach oben gereckt wie bei einer Schildkröte, als müsste er ihn immer noch schützen. Endlich hat das Dröhnen einen Grund, denkt er. Der Blutgeschmack? Meine Zähne! Hoffentlich fehlt mir kein Zahn! Polgar tastet mit der Zunge die Zahnreihen ab, alle da. Dafür beginnen Knie und Ellbogen zu schmerzen.
Eine andere Frau läuft auf ihn zu, "geht es ihnen gut? Sind sie verletzt?", ruft sie von weitem.
Keine Ahnung, denkt er, findet aber auf einmal albern, wie er daliegt – mit dieser Schildkrötenkopfhaltung! Diese Gedanken ans Ende! Reglos, damit er nicht auseinanderfällt!
Polgar stemmt sich hoch und ist auf den Beinen, bevor die Frau bei ihm ist.

Schlussakt

Zwei Wochen später trifft er die anderen wieder. Sie haben sich über soziale Netzwerke mit anderen Kommilitonen verabredet, um endlich genug Stimmen gegen die Dagegen-Leute zusammenzukriegen. Es dauerte drei Wochen, bis die Ergebnisse des Nichthandelns die Nichthandelnden zum Handeln bewegten. Bis den Leuten bewusst wurde, dass es so weitergehen würde, wenn sie sich nicht dafür einsetzen, dass es aufhört. Jetzt also eine Anti-Anti-Aktion. Im immer noch besetzten Hörsaal wird über die weitere Besetzung und im Anschluss über die Inhalte einer Resolution abgestimmt.

Die Aktion wird mit 187 gegen 130 Stimmen aufgehoben, der ganze Saal scheint zu jubeln. "Ich verstehe immer noch nicht", sagt Tulli über den Lärm hinweg zu Polgar, "dass nicht mal 200 Hanseln den Betrieb einer Fakultät drei Wochen lahmlegen konnten, an der 2500 Studierende lernen."
Der hebt die Hand, "warte, das will ich hören." Ein dickes, freundlich aussehendes Mädchen schlägt vor, in die Abschlussresolution, die offiziell dem Senat übergeben werden soll, unbedingt einzubringen, dass man vom Militäretat nehmen solle, was der Bildung fehlt. Das führt zu erregten Zwischenrufen und begeistertem Geklatsche, bis jemand feststellt, dass Länder keinen Militäretat hätten. Ein klassisch ungepflegter Langhaariger bringt vor, dass man wenigstens fordern müsse, Forschung solle friedens- und nicht profitorientiert sein. Polgar notiert die Vorschläge.
"Am besten war der von letzter Woche", sagt Kess. "Der meinte, wir müssten vorzeigbare Ergebnisse haben. Einen Forderungskatalog!"
"Ist doch richtig", sagt Tulli. "Haben wir gleich fertig."
"Wie konnten die dabei ernst bleiben", sagt Kess. "Ich meine, die hocken hier zwei Wochen zusammen und machen was genau?"
Tulli antwortet, ohne vom Netbook aufzusehen. "Alternative Workshops und öffentliche Vorlesungen, Sternmarsch, Protestcamp vor dem Rathaus ... es waren übrigens drei Wochen ... du bist bestimmt durcheinandergeraten wegen deines Urlaubs."
"Mag ja sein", sagt Polgar, "die haben schon was gemacht. Aber Forderungen! Das wäre doch das Erste: Ich überlege mir, was ich mit meiner Aktion überhaupt erreichen will."
"Wow, Polgar!", sagt Tikki. "Willkommen zurück bei den Lebenden."
Polgar denkt, dass er sich auf keine ihrer Scheindiskussionen mehr einlassen wird. Die Sache ist ihnen irgendwie aus den Händen geraten. Da werden Themen, die eigentlich niemandes Herzensthema sind, verhandelt, als hinge etwas sehr bedeutsames daran.
Natürlich ist nichts deutlicher, als worum es eigentlich geht, doch diesem diffusen Thema mit Worten zur Verdichtung zu verhelfen ist das Letzte, was er will. Polgar macht eine Geste, als drücke er etwas von oben nach unten, um diese relativ komplexe Angelegenheit auszudrücken.
"Pfff!", macht Tikki.

 

Hallo Kubus.

Vorneweg: Ich mag die Namen nicht. Da muss ich irgendwie an Plastikpuppen denken.
Polgar geht noch und meinetwegen auch Kess. Aber Tulli und Tikki?

Was dagegen gut rübergebracht wird, ist die Null-Perspektive der Personen. Die, weil sie sehen, dass der Protest Inhaltslos ist, diesen sabotieren, anstatt sich darum zu bemühen, ihm einen Sinn zu geben. Lieber beim alten bleiben, auch wenn es schlecht ist, denn wer schafft schon Veränderung - so empfinde ich die Haltung deiner Figuren. Nur frage ich mich, ob es nicht auch kürzer gegangen wäre. Hier und da hätten dem Text Kürzungen sicher gutgetan. (Wobei ich den Text am Computer gelesen habe - da kommt er wohl länger vor als auf dem Papier.)

Wegen weniger ist mehr: Ich würde die Figurenzahl zusammenstreichen bzw. den einzelnen Personen mehr Charakter geben. Ich habe von denen Einzelnen nicht wirklich ein Bild - sie bleiben Namen für mich. Außerdem würden drei Figuren denke ich reichen. Wofür brauchst du vier?
Dann hättest du Polgar, Tikki und die unterschwellige Beziehung. Dazu dann noch einen "Außenstehenden". Ich denke, das würde reichen.
So aber berühren mich die Figuren nicht wirklich. Nur Polgar bekommt etwas Leben.

Sprachlich sind mir einige "Überformulierungen" aufgefallen.

Ketten aus blanken Metallgliedern mit schweren Vorhängeschlössern schließen die Griffe des Portals zusammen.
Wieso nicht Ketten aus blankem Metall schließen die Griffe des Portals zusammen? Für mich klingt das angenehmer, und einen echten Informationsverlust gibt es nicht.

Von innen ist der Haupteingang mit Sofas und Sesseln verbarrikadiert. Davor sitzen welche auf Couchen, die ihre besseren Zeiten schon länger hinter sich haben, trinken Lifestyle-Getränke und führen Gespräche, deren Timbre und oder-so-Stil Lässigkeit kommunizieren soll.
"Couchen" will mir gar nicht gefallen. Ist sicher nur Geschmackssache. Aber du könntest das durch Sofas ersetzten und um die Dopplung zuvermeiden Schränke fürs Verbarrikadieren nehmen.

Die Bewegung lässt Polgar an die gerettete Flagge in einem Lager Schiffbrüchiger denken.
Hier würde ich "gerettete" streichen.

Polgar will wissen, warum sein Weg umsonst war.
Es dauert ziemlich lange, bis mir klar wird, dass er Studienbeginner ist - könntest du vielleicht früher einbauen. Und vielleicht auch deutlicher machen, dass dieser "Neubeginn" eine Hoffnung für ihn darstellt aus seinem Leben auszubrechen.

das tut ihm voll gut
"Komm, gib mir Ghetto-Faust."
Ich weiß, es gibt Leute die reden so, aber ich finde du bringst den Sprachcharakter der Figuren auch ohne Vorschlaghammer gut rüber. Und so etwas wirkt auf mich immer wie eine Parodie.

"Das sind alles Tussen", sagt Kess. "studieren im 31. Semester, machen aber seit zehn Jahren ausschließlich Hochschulpolitik. Sponsored by Mami & Papi. Ich musste für das Studium einen Kredit aufnehmen, weil ich kein Bafög bekomme - und diese Kasper spielen da Revolution!"
"Was ist das überhaupt für eine Grundlage?", fragt Tulli. "Ich meine, wie werden die legitimiert? Es sollte in Deutschland gar nicht möglich sein, dass eine Fakultät mit 2500 Studierenden über Nacht von einem Häuflein Weltverbesserer besetzt wird, ohne dass am nächsten Tag Räumung angesagt ist ... Das passt echt nicht in mein Bild."
Hm, schwierig, wenn man die Diskussion selbst am Rande mitbekommen hat, wirkt das sehr ermüdent, da alles schon mal gehört. Vielleicht könntest du hier kürzen.

"Boah, Tulli hat ne Meinung!", sagt Tikki. "Ich kreuz den Tag gleich mal im Kalender an."
Das hier dagegen passt gut zum Thema.

Aus der stahlgrauen Wolkenwand fallender Nieselregen füllt Polgars Bierdose auf.
Da fehlt ein Komma nach "Nieselregen".

In den nächsten Tagen kommt es zu mehreren leidenschaftlichen Streitgesprächen über "Spaß-Guerilleros" und "Lifestyle-Resistancé", in denen sich die fünf weitestgehend voneinander bestätigt fühlen, eine für sie neue Erfahrung, die allerdings, wie Polgar feststellt, in Anbetracht der Absurdität dieser Situation nur ein kleiner Trost ist.
Das ließt sich für mich mehr, als würde da etwas zitiert, statt selbst gestalltet zur werden. "Ihr wisst schon eine dieser Sinnlos-Diskusssionen eben." Dabei hast du davon schon eine drin. Vielleicht wieder ein Fall für den Rotstift.

"In zwei Tagen ist das nächste Plenum, auf dem über das weitere Vorgehen entschieden wird. Viel länger dürfte es nicht dauern, oder? Ich weiß nicht, wie lange so etwas dauert", sagt Polgar. Dass Vorgehen kursiv gemeint ist, ist nicht zu überhören.
Das Problem ist hier. Das Vorgehen schon kursiv gesetzt ist. Das ist für den Leser eine reine Doppelung. Nur beim Vorlesen bräuchte man das - wobei hier eigentlich der Vorleser das stimmlich bewältigen sollte.


Ein allgemeines Problem für mich noch.

Die Figuren wirken teilweise auf ich wie Sprachrohre. Sie kauen irgendeine Meinung durch, ohne das mir klar wird, was sie persönlich damit zutun haben. Hier zum Beispiel:

"Welche Öffentlichkeit?", fragt Polgar. "So was wie überregionale Zeitungleser?"
"Weiß auch nich", sagt Mark. "Wohl eher welche, die Studentenblogs anklicken."
"Was ist das überhaupt für eine Grundlage?", fragt Tulli. "Ich meine, wie werden die legitimiert? Es sollte in Deutschland gar nicht möglich sein, dass eine Fakultät mit 2500 Studierenden über Nacht von einem Häuflein Weltverbesserer besetzt wird, ohne dass am nächsten Tag Räumung angesagt ist ... Das passt echt nicht in mein Bild."
Letzteres passt irgendwie auch nicht zum Zynismus von Tulli.

Dagegen fand ich die Streitszene im Hörsaal und das Katastrophen-Video gut.

Fazit:
Daraus kann was werden. Wenn du dich stärker fokussieren würdest (auf weniger Figuren, die dafür mit mehr Hintergrund und Tiefe) und die Aussage des Textes anhand von weniger Szenen klar machen würdest. Diese aber vielleicht etwas Bildhafter gestalltest - mit mehr Sensorik etc.

Ich hoffe, du kannst etwas damit anfangen - falls nicht, frag einfach nach.

Gruß,
Kew

 
Zuletzt bearbeitet:

Hallo Kubus,


Ketten aus blanken Metallgliedern mit schweren Vorhängeschlössern schließen die Griffe des Portals zusammen

Ich finde den Eingangssatz voll sperrig, und zwar echt in mehrfacher Hinsicht ... Und wenn du ihn komplett streichst, und mit dem Zweiten beginnst?

Von innen ist der Haupteingang mit Sofas und Sesseln verbarrikadiert.

Geht dann was verloren?


"Du schreibst ne Geschichte", bestimmt Mark. "Diesmal mit mir in der Hauptrolle!"
"Okay", sagt Polgar. "Ob ich nichts tue oder schreibe. Bestimmte Vorstellungen?"

Mir leuchtet nicht ein, warum er "Ob ich nichts tue oder schreibe" sagt.

Du gehst einkaufen!

Okay. Ob ich nichts tue oder einkaufen gehe ... bestimmte Vorstellungen?

Wer redet so?

Schwierig auch, dass du im "Bei Tulli" Abschnitt gleich fünf Leute einführst, und sie alle mehr oder weniger schlaue/originelle Dinge sagen möchten. Das kann man sie kaum auseinanderhalten.
Und warum die doppelte Verwendung von "Geschichte", einmal in wörtlichen und einmal im übertragenen Sinne ... als würdest du damit etwas sagen wollen.. wolltest du damit etwas sagen?


"Jetzt sei mal nicht so anti!", sagt Tikki und schlägt spielerisch auf seinen Hinterkopf.

Tikki ist für mich die beste Figur. Sie ist ja anti-alles, möchte jedem und allem Kontra geben, eigentlich eine lebendes Minuszeichen, hält sich für positiv, während sie Leute zusammenscheißt, weil sie "anti" sind.

Das ist auch die Hauptaussage des Textes, glaube ich, wie man alles relativieren kann, "dagegen sein" ist relativ.

Jetzt also eine Anti-Anti-Aktion.

Ja, genau.


"Du bist so negativ!", sagt Tikki.
"Boah, Tulli hat ne Meinung!", sagt Tikki. "Ich kreuz den Tag gleich mal im Kalender an."

"Nee, so geht das nicht", ruft Tikki, die zu Polgar aufschließt. "Diesen Mordsmaschinen muss man zeigen, wo es langgeht. Geben sie Gas, das ist doch keine Vespa!"

"Hast du was mit den Ohren?", fragt Tikki. "Seht zu, dass ihr Land gewinnt!"

Sie solle sich, ruft Tikki über zehn Bankreihen hinweg, beim Schleimen bloß nicht zu weit aus dem Fenster lehnen, sonst könne es passieren, dass sogar ein Faulpelz wie Tikki vergäße, dass sie im Urlaub sei und schleimigen Aktivistinnen eins vors Fressbrett geben.

"Pfff!", macht Tikki.

Tikki voll negativ.


Versucht Anschluss an Tikkis Kommentare und die Welt zu finden, die Wendung von Intro- zu Outrospektive zu nehmen und verpasst eine Ausfahrt nach der anderen.

Das ist so ein Highlight-Satz, gefällt mir echt gut, verstehe das genau.


Polgar denkt zu viel, er ist zu introvertiert für Tikki, deswegen passen die auch nicht zusammen, er ist zu selbst-reflektiert. Tikki ist alles andere als das.

Obwohl er weiß, dass Grübeln im Moment nicht die beste Lebenstechnik wäre, überlegt er immer wieder, was es war, das ihn so mitgenommen hat

Der ganze Polgar-Abschnitt ist eine große Selbtreflexion. Da könnte man auch ein wenig streichen, weil es okay ist, aber auch nicht so spannend.

Ist das meine letzte Perspektive?, fragt er sich

Tikki stellt sich nicht diese Frage.


Niemand kommentiert ihren Kommentar, weil sie Recht hat, wie sie denken, was zu sagen aber auch nichts brächte.

Da ist doch eine komische Konstruktion.. weil, .., wie..., was...

"wie sie denken" kann man streichen, oder muss man, es soll Einschub sein, kommt aber daher wie eine Aufzählung

Niemand kommentiert ihren Kommentar, weil sie Recht hat, was zu sagen aber auch nichts brächte.

Macht vielleicht einen kleinen Unterschied von der Bedeutung her, Erzählerstimme und so.. aber ist doch aussagekräftiger.


Also insgesamt hat es mir gefallen, aber manchmal ist es mir noch zu überladen.

Polgar fliegt mit ausgebreiteten Armen und Beinen, wie ein von einem Urwaldriesen segelnder Laubfrosch, Richtung Bürgersteig.

Wie ein von einem Urwaldriesen segelnder Laubfrosch... Was ist überhaupt ein Urwaldriese? Da kommt doch kein Bild auf.

Er fliegt mit ausgebreiteten Armen und Beinen wie ein Laubfrosch Richtung Bürgersteig.

Oder: Polgar fliegt wie ein Laubfrosch Richtung Bürgersteig, Arme und Beine ausgebreitet.


Man findet sich nicht wirklich leicht in den Text, die vielen Leute, das Plenum, die Bürokratie, die Sätze, die häufig überladen sind.. man könnte straffen. Auch die Dialoge manchmal. Das machen nicht alle so, vielleicht ist das auch unliterarisch.., aber ich mache gern ein neuer Absatz, wenn jemand neues spricht. Das finde ich einfach klarer als das hier:

Auf dem Weg zum Schlagermove wird Polgar von einer Alten in einem Porsche Cayenne herangewunken, die ihr Auto in eine Parklücke zu lenken versucht. "Kommen sie mal her!", ruft sie. "Na aber", sagt Polgar. "Wer könnte so einer charmanten Lady widerstehen - wie seh ich aus?" Tikki streicht ihm eine Strähne der weizenblonden Perücke aus dem Gesicht, rückt Sonnenbrille und Strohhut grade. "Kannst gehn", sagt sie. "Dass du uns keine Schande machst!"

Also insgesamt für mich zu überladen einfach, aber ansonsten gefällt es mir gut. Besonders das Tikki/Polgar Verhältnis.

MfG,

JuJu

 

Hallo,

Aber Fragen muss er.
Fragen klein; vorher. Couchen wirklich? Und „Schloss schließen“

Was passieren soll – geplant wären Plenums
Heißt das echt „plenums“? Ist das recherchiert? Plenum, Pleni? Plenae?
Plenarsitzungen. Ich überleg grade, ich fürchte, ich habe so was auch mal alles gemacht.
Plural von Plenum: Plena. Plenen.
So was weiß man doch!

Als er es aufschließt überlegt er, dass ihm schnoddrige Punk-Attitüde besser gefallen hätte, als die Erklärbereitschaft, mit der man ihm begegnete.
Ja, das Leben ist schon hart. Man muss nur mal versuchen, irgendetwas zu leiten, was einem dann auch was bedeutet, und dabei cool und relaxt zu sein und gut auszusehen.
Komma nach“ aufschließt“.

“Ich finde es großartig, dass Polgar schreibt, das tut ihm voll gut", sagt Tikki.
Ich musste lachen. Allein schon, dass von ihm in der dritten Person gesprochen wird wie von einem unmündigem Kind.

"Das sind alles Tussen", sagt Kess. "studieren im 31. Semester, machen aber seit zehn Jahren ausschließlich Hochschulpolitik. Sponsored by Mami & Papi. Ich musste für das Studium einen Kredit aufnehmen, weil ich kein Bafög bekomme - und diese Kasper spielen da Revolution!"
Das ist aber die FSK12 Version. Reden Leute so? Also … das klingt schon sehr stubenrein. Da muss die Theorie rein, dass Frauen nur studieren, weil sie auf einen Mann warten. Dann haben die keinen abgekriegt und jetzt studieren sie einfach weiter und machen Hochschulpolitik.
Das ist auch sehr uncool: ich musste für das Studium einen Kredit aufnehmen … also sehr, sehr stubenrein.

Kess schüttelt kichernd den Kopf, bis ihr einfällt, was sie an diesem Abend stattdessen tun wird..
Das ist eine Frau? Na ja, das erklärt einiges.
Tulli ist ein Typ? Wie kann denn Kess eine Frau sein und Tulli ein Typ? Völlig unlogisch.

[qutoe]"Diebe! Haltet sie!" Doch der Mann der Stunde scheint an anderer Stelle beschäftigt zu sein. Die Passanten machen hübsch den Weg frei, zumindest solange die Rufe zu hören sind.[/quote]
Das war so bieder und harmlos. Und dass die Frau von ihrem Wagen als „Schlachtschiff“ bricht, das ist alles so gestellt. Ich weiß nicht. Das ist so Anarchie mit der Handbremse. So ein Chaos, bei dem die Haare aber noch gut sitzen.

"Muss ich dich das spüren lassen? Kannst du nichts mit dir selbst abmachen?"
"Komm mal wieder runter", sagt sie und stößt ihn hart genug an die Schulter, dass Polgar das Gleichgewicht verliert und gegen die Scheibe stolpert.
Das ist wieder gut. So ein Weichei. Da will er sie physisch einschüchtern: Das Echo vertragen! Und sie stößt ihn rum, und weil er nur 55 Kilo wiegt, fällt er da bei jedem Stups rum, wie ein Sack Federn. Das war eine sehr lustige Szene.

Er versucht dagegen anzugehen. Versucht Anschluss an Tikkis Kommentare und die Welt zu finden, die Wendung von Intro- zu Outrospektive zu nehmen und verpasst eine Ausfahrt nach der anderen.
Was sind das denn für Figuren immer? Das sie ihn da eben so umarmt, das wäre mir schon völlig zu viel. Und dann lässt er sich auf sie ein, nachdem sie ihn ständig so seltsam behandelt? Wie ein Kind, wie ein Punchingbag, wie ein Kind, wie ein Weichei, das man maßregelt, wie ein primitives Weichei, das eine Drohgebärde einnimmt, wie ein trotziges Kind, wie jemanden, den man voll labern kann, wenn einem langweilig ist.
So hat sie ihn jetzt den Text über behandelt – und er geht ihr ja nicht mal irgendwie ran oder so, da ist ja keine Sexualität, keine Obsession, die das erklären würde. Also – es macht schon Spaß, dieser Frau zuzusehen, in ihrer Brutalität.

Einer sagt im Laufe seiner Ausführungen fünfzehnmal "Widerstand", zwölfmal "Polizeigewalt" und achtmal "Bullenstaat."
Ja. Sagen wir mal, das Milieu ist mir nicht unbekannt, allerdings aus einer anderen Perspektive. Strichlisten wie oft einer „ich“ sagt, sowas ist spannend. Das ist ein Widerspruch, dass man keine Position haben kann, weil wenn man eine Position hat, ist man schon uncool. Es ist am besten, wenn einem alles egal ist und man sich das von außen anschaut und „haha bullshit“. Das ist auch ein Problem, dass ich mit vielen Texten haben, die in diesem Milieu spielen oder in dieser Altersklasse. Von proof gab’s vor ein paar Monaten einen Text, da hat ein LKW-Fahrer die aktuelle Weltlage im Radio ständig mit „Pff“ kommentiert und in einem Kommentar hat dann einer geschrieben ganz euphorisch: Ja! Genau so ist es!
Wie traurig das eigentlich ist.
Und es ist ja hier auch, das ist etwas, aus dem direkten Lebensumfeld, dass einen betreffen müsste, und dann: Haha, wie oft der Spacko da Bullshit sagt. Und wie hässlich das Hemd von dem Fuzzy ist.
Hab ich neulich zu Frau Black gesagt. Früher haben die Studenten protestiert, weil es irgendwas Ideologisches gab in Vietnam oder was weiß ich. Und heute gibt es nur einen Grund, warum sie auf die Straße gehen würden: Studiengebühren.
Und hier ist ja die Situation in der Geschichte. Da geht es jetzt nur um wirtschaftliche Gründe und die ganzen Altmarxisten und Leute, die Ansichten vertreten, die uncool sind, nutzen dann die Gunst der Stunde und packen die Agenda aus.
Das ist ja heute das Thema, das immer mitschwingt, wenn man irgendwas schreibt, wo der Zeitgeist reinguckt: Cocooning. Das Auseinanderfallen der Gesellschaft in Einzelgruppen und dann wandert man, wie man lustig ist, von Gruppe zu Gruppe, und so oberflächliche Bezugspunkte. Das wäre eigentlich ein Thema für anspruchsvollere deutsche Musikgruppen, nur haben die irgendwie alle Babypause. :)

Die Angesprochene dreht sich zu Tikki und sagt in gepresstem Tonfall, "ich verbitte mir diese latente Aggression."
Alder, es ist unfassbar. Es gibt zu wenig Alphatiere in diesem Milieu, dass man Leuten wie dieser Tikki alles durchgehen lässt.

Kess verabschiedet sich nach der im nächsten Absatz geschilderten Plakataktion für ein paar Tage an die Nordsee, weil ihr Vorrat an Kopfschütteln für einen langen Zeitraum aufgebraucht wäre.
Das ist eigentlich die schönste Figur. So eine kleine materialistische Karrieristin, seh ich da vor mir. Eben noch: Woah! Kredit aufnehmen müssen! (Weil Mama und Papa natürlich Kohle haben, aber sie an der kurzen Leine halten). Und jetzt: Nordsee Urlaub.
Klasse. Die wird auf jeden Fall schon einen im Auge haben, der sechszigtausend aufwärts nach Hause bringt.

Tulli erlebt die Atmosphäre gegenseitiger Anfeindungen und binärer Argumentation auf Debattierklub-Ebene als perfekt, um auf seinem Laptop Filmchen zusammenzuschnibbeln und mit den passenden Ambient-Sounds von AFX Twin zu unterlegen.
Was ist das denn für eine Figur überhaupt? So die 21. Jahrhundert-Version eines Dilletanten? Der macht ja nichts, der sieht alles und filtert das für sich auf eine Art, mit der sonst wohl keiner was anfangen kann. Vor 20 Jahren hätte der ständig irgendwas in ein Notizbuch gemalt und jetzt macht er irgendwas am Laptop, das ich nicht verstehe.
Kriegt der überhaupt Text? Was macht der?
Wer ist überhaupt Mark? Ist das der Gutaussehende in der Geschichte, der im Leben steht?

„Kommt davon, wenn man so freundlich ist und keine Dosen nimmt", sagt Tikki
Ja! Ich muss schon lachen über die Geschichte. Diese Selbstgerechtigkeit in Tikki ist großartig. Wie sehen die Figuren denn aus? Also Tikki ist doch bestimmt so ein Zwerg, so unhandlich und borstig und so eine richtige Plage.

Polgar wankt zum Bett und tut, was er bei Krisen immer tut. Wirft sich auf die Decke, vergräbt das Gesicht im Kissen und wartet, dass sie endet.
Ja. Alles, was man über die Figur wissen muss, kriegt man da serviert.
Darf ich erwähnen, dass es ihm nur Recht geschieht? Hat schon einer gesagt, dass er unbedingt mit dieser Tikki schlafen muss? Hat Juju das schon gesehen? Ist ihm das selbst klar? Das killt ihn ja sonst.

Aber etwas in ihm will Handeln, um aus der Lethargie herauszukommen.
Er sieht es nicht.

Polgar sieht sich in seinem Zimmer um, über das Tikki letztens sagte, es wäre ein verkommenes Loch. Der Satz, der normalerweise einfach durchgerauscht wäre, macht ihm gerade etwas aus.
Da ist sie wieder.
Also natürlich ist da Sex. Das wird in der Geschichte ja konsequent ausgeblendet. Die wären alle gerne Post-Sex, aber Tikki und Polgar – natürlich. In der ersten Szene schon. Nur dass Tikki das wahrscheinlich gar nicht sieht. Die kastriert ihn ja im Vorbeigehen, ohne ihn überhaupt wahrzunehmen, weil die so mit sich selbst beschäftigt ist, dass sie Polgar gar nicht sieht.
Und Polgar sieht nur Tikki, der sieht sich selbst ja gar nicht.

3.) Dass Tikki unabwendbar Tikki ist und Polgar kein Stück vom Polgarsein abweicht. 3a) Dass sie nicht in einer Paralleldimension leben, in der etwas einen Tick anders wäre. In der es passen würde.[/qutoe]
Das Gerede über das Polgarsein – was ist das? Was hat er in der Geschichte bisher getan? Er hat eine Sache gemacht, als ihm Tikki da 2mal rumgeschubst hat, hat er sie gepackt und ihr gedroht. Dazu musste er sich zwingen. Und dafür wurde er ausgelacht. Sonst „Polgarsein“ – was macht er? Eben hat er 3 Absätze lang eingekauft. Jetzt überlegt er, sein Zimmer nicht aufzuräumen. Aus Prinzip.
Also … was ist das „Polgarsein“. Was ist hier? Was lief da ab? Er hat sich ja überwinden müssen, auf Tikki loszugehen. Es ist aber nicht er.
Etwas Sexismus täte der Geschichte sehr gut. Vor allem dieser Figur. Was ist mit „Tikki“? Wie kommt er an sie ran? Und die Gedanken, die er da hat, nämlich diesem Wirbelwind da mal harsch entgegenzutreten, die gefallen ihm nicht, weil sie nicht zum Polgarsein passen.
Das ist doch die Figur hier, das ist doch das, um was es geht, oder?
Also was ist Polgarsein? Es ist Inaktivität. Wird er so Tikki kriegen? Nö. Will er die überhaupt? Man weiß es nicht. Er ist ja wie ein Hund, der ein Auto jagt .Sogar wenn er es einholt, kann er es nicht fahren. Was will er denn mit dieser Tikki? Da kann er es haken, dass er bei einer Krise sich schön ins Bett legt und dass sie ihm die Spinnweben wegmacht.
Das ist doch dieses ganze Szenario, die ganze Welt, die da im Hintergrund läuft, mit den Figuren, für Polgar geht es nur um dieses winzige Problem, das banale Liebesding, das er auch in der 8.Klasse schon hätte haben können.
Aber weil man halt schon zehn Jahre älter ist, wird das verklärt und rationalisiert und referiert und dann ist es eben nicht ein Pennäler-Scham, sondern es ist das Polgarsein, was hier im Weg steht.

Der Blick auf eine Bildschirmgläubige, die nicht begreift, dass mal etwas in der Realität passiert; die nicht weiß, wie Handeln geht.
Das ist natürlich zutiefst ironisch, weil Polgar stolz darauf ist, nicht zu wissen, wie Handeln geht. Er ist ja nur verunglückt, weil ihm das handeln abhanden gekommen ist im Denken.

Ja, ich hab viel gelacht bei dem Text. Ich weiß aber nicht, was Mark macht z.B. Oder Kess, Tulli – das sind schon hübsche Figuren, aber um die geht es ja gar nicht. Ist unheimlich viel Blendwerk in der Geschichte, diese ganze Lebenswelt und, ist wie so irgendwas, das man schälen muss, und dann noch mehr schläen muss und immer gucken, um was es da geht.
Hier um Politik geht es nicht. Weil keiner in der Geschichte auch nur annährend kompetent ist, irgendwas zu leiten oder zu durchdenken. Es sind ja im Prinzip Clowns in der Geschichte. Laberbacken, die sobald sie irgendetwas machen wollen, scheitern, weil sie Idioten sind.
Machen Aktionen, die sie nicht durchdenken, und die dann wirkungslos verpuffen. Wird plakatiert und bevor es einer sieht, hängt’s der Hausmeister ab.
Dann applaudieren sie minutenlang einem idiotischen Vorshclag.
Kess, die wohl klug ist, macht sich vom Acker.
Tikki, die wohl klug sein könnte, nutzt das , um sich zu profilieren, um ihr Selbstbild zu schärfen.
Mark macht gar nichts (ich weiß gar nicht, was der überhaupt macht).
Tulli verarbeitet das alles „irgendwie künstlerisch“ und so für sich.
Und Polgar, der arme Polgar, ist viel zu sehr damit beschäftigt, sich zu fragen, was eigentlich mit ihm los ist. Er kriegt’s ja bis zum Ende des Textes nicht so richtig raus. Ja, er leidet dann, und er blutet im Mund – herrlich. Wahrscheinlich liegt er nachts im Bett und sein Unterbewusstsein lässt die ganze Zeit die Zähne aneinander schaben und er malmt da vor sich hin, vor dieser unterdrückten Lust. Also, es heißt dann immer, ich sexualisiere alles … aber bitte, das muss man doch sehen. :)

Es ist – das gibt vielleicht Ärger, wenn ich das sage – ein Text, in dem der männliche Macho-Idiot Tikki ist, eine Frau. Und politisch scheitert diese ganze Idee, weil es keine kompetente Rampensau gibt, sondern das alles so basisdemokratisch geht, ohne Podium ,so aus der sitzenden Menge die Vorschläge und dann setzen sich die Leute durch, die gut reden können und das sind nicht die, die auch gut denken können – und ach, so ist es ja auch in der Geschichte. Wer ist präsent? Tikki? Weil sie was zu sagen hat? Nein. Weil sei laut ist! Sie ist die lauteste Person in jedem Raum. Und was fängt sie mit dem Lautsein an? Sie setzt sich in Szene. Sie hat ja nichts zu sagen, sonder nur Attitüde: Leck mich doch! Leckt mich doch alle!
Das ist die klassische James Dean-Rolle. Der Rebell. Und normal wäre das ein Typ, auf den Frauen verrückt wären (warum wird dann nicht thematisiert). Und hier ist Tikki in dieser Rolle und es treibt Polgar ja fast in den Wahnsinn, und es wird dann thematisiert, aber er kommt nicht dahinter, weil die Lösung wäre: Tikki ist ein Alpha-Weibchen und ich bin ein Beta-Männchen. Das ist die Situation :Und dann, hm, dann müsste ich entweder sie ändern oder mich, und das wäre ja total uncool.
Und dann wird halt darauf beharrt, dass man nun mal ist, wer man ist, und es wird so stilisiert. Das Polgarsein! Ja, es macht schon Spaß Figuren in literarischen Texte zu beobachten, die so wenig über sich selbst wissen und das leidenschaftlich.

Gruß
Quinn

 

Und dann lässt er sich auf sie ein, nachdem sie ihn ständig so seltsam behandelt? Wie ein Kind, wie ein Punchingbag, wie ein Kind, wie ein Weichei, das man maßregelt, wie ein primitives Weichei, das eine Drohgebärde einnimmt, wie ein trotziges Kind, wie jemanden, den man voll labern kann, wenn einem langweilig ist.

Er ist ja wie ein Hund, der ein Auto jagt. Sogar wenn er es einholt, kann er es nicht fahren.

Etwas Sexismus täte der Geschichte sehr gut.

O Mann, Quinn ... Jetzt machst du mich fertig.. :D
Und ich dachte lange Zeit, hier ist niemand mehr hip-hop als ich!

Respekt.

 

He Kew,

Vorneweg: Ich mag die Namen nicht. Da muss ich irgendwie an Plastikpuppen denken.
Polgar geht noch und meinetwegen auch Kess. Aber Tulli und Tikki?

Ja, ist klar, dass das nicht jedermanns Sache ist.

Was dagegen gut rübergebracht wird, ist die Null-Perspektive der Personen. Die, weil sie sehen, dass der Protest Inhaltslos ist, diesen sabotieren, anstatt sich darum zu bemühen, ihm einen Sinn zu geben. Lieber beim alten bleiben, auch wenn es schlecht ist, denn wer schafft schon Veränderung - so empfinde ich die Haltung deiner Figuren. Nur frage ich mich, ob es nicht auch kürzer gegangen wäre. Hier und da hätten dem Text Kürzungen sicher gutgetan.

Hab schon viel rausgeschmissen, da geht sicher noch was, mal kucken. Nullperspektive? Weiß nicht, in dem Text stellt sich mir die Frage, ob man unbedingt bei etwas mitmachen muss, was einem vorgesetzt wird. Ob das Ziel ein Engagement lohnt, Quinn schreibt, dass die Studenten heutzutage auf die Straße gehen gegen Studiengebühren. Finanzielles scheint auch in meinen Augen das zu sein, womit sich Massen am ehesten mobilisieren lassen. Also ich finde das kein Thema, für das ich viel Lebenszeit draufgehen lassen würde.

Wegen weniger ist mehr: Ich würde die Figurenzahl zusammenstreichen bzw. den einzelnen Personen mehr Charakter geben. Ich habe von denen Einzelnen nicht wirklich ein Bild - sie bleiben Namen für mich. Außerdem würden drei Figuren denke ich reichen. Wofür brauchst du vier?

Haha, es sind doch fünf! Scheint echt kein Bild angekommen zu sein. Für mich sind das alles verschiedene Typen mit wichtigen Funktionen hier.

Wieso nicht Ketten aus blankem Metall schließen die Griffe des Portals zusammen?

Ich geh da nochmal rüber

Hier würde ich "gerettete" streichen.

ja okay, das steckt da schon drin

Es dauert ziemlich lange, bis mir klar wird, dass er Studienbeginner ist - könntest du vielleicht früher einbauen. Und vielleicht auch deutlicher machen, dass dieser "Neubeginn" eine Hoffnung für ihn darstellt aus seinem Leben auszubrechen.

Nee, das ist ja nicht meine Absicht. Polgar macht sich keine Gedanken um konkrete Möglichkeiten, sein Leben zu ändern.

Ich weiß, es gibt Leute die reden so, aber ich finde du bringst den Sprachcharakter der Figuren auch ohne Vorschlaghammer gut rüber. Und so etwas wirkt auf mich immer wie eine Parodie.

ist so gemeint, dass die Figur die "Ghetto-Faust" parodiert.

Hm, schwierig, wenn man die Diskussion selbst am Rande mitbekommen hat, wirkt das sehr ermüdent, da alles schon mal gehört. Vielleicht könntest du hier kürzen.

ist registriert.

Das Problem ist hier. Das Vorgehen schon kursiv gesetzt ist. Das ist für den Leser eine reine Doppelung. Nur beim Vorlesen bräuchte man das - wobei hier eigentlich der Vorleser das stimmlich bewältigen sollte.

Ist halt so Text-Meta, die gegen die literarische Wirklichkeit anarbeitet. Ist auch später nochmal, als sich der Erzähler im Zwischenstück zurücklehnt und "Angenommen ..." sagt.

Letzteres passt irgendwie auch nicht zum Zynismus von Tulli.

Stimmt schon, dass die meisten Figuren mal auftauchen und was sagen, ohne dass ihr Innenleben beleuchtet wird.
Tulli find ich überhaupt nicht zynisch, der hockt da rum und bastelt sein Filmchen zusammen, aber was er dazu sagt "das ist alles Realität", stimmt ja. Das ist ja auch so ein kleiner Ausblick auf Problemstellungen, vor denen die Menschheit steht.

Daraus kann was werden. Wenn du dich stärker fokussieren würdest (auf weniger Figuren, die dafür mit mehr Hintergrund und Tiefe) und die Aussage des Textes anhand von weniger Szenen klar machen würdest. Diese aber vielleicht etwas Bildhafter gestalltest - mit mehr Sensorik etc.

Danke fürs kritische Feedback!

Juju,

Ich finde den Eingangssatz voll sperrig, und zwar echt in mehrfacher Hinsicht ... Und wenn du ihn komplett streichst, und mit dem Zweiten beginnst?

Einfach mit dem zweiten Satz beginnen haut nicht hin, aber der erste muss schlanker werden

Mir leuchtet nicht ein, warum er "Ob ich nichts tue oder schreibe" sagt.

Das ist zu plakativ, ich lass mir was einfallen

Schwierig auch, dass du im "Bei Tulli" Abschnitt gleich fünf Leute einführst, und sie alle mehr oder weniger schlaue/originelle Dinge sagen möchten. Das kann man sie kaum auseinanderhalten.

Merk ich mir fürs nächste Mal, die nach Möglichkeit gestaffelt einführen. Das bleibt eine Schwierigkeit, Figuren in wenigen Sätzen unterscheidbare Profile zu geben.

Und warum die doppelte Verwendung von "Geschichte", einmal in wörtlichen und einmal im übertragenen Sinne ... als würdest du damit etwas sagen wollen..

Ich weiß jetzt nicht genau, welche Stelle du meinst, davon gibts mehrere, die über die Geschichte an sich hinausweisen, das ist beabsichtigt.

Das ist auch die Hauptaussage des Textes, glaube ich, wie man alles relativieren kann, "dagegen sein" ist relativ.

Auf jeden Fall ein wichtiger Punkt. Die aktuellen Formen von Dagegen-sein. Die softe Besetzung vom Gängeviertel hier in Hamburg würde ich als gelungenes Beispiel bezeichnen.
Bei den meisten Sachen bin ich skeptisch. ZB Demonstrationen, die immer auch Happening-Charakter haben, um die Leute auf die Straße zu kriegen. Wir hatten hier letztens eine Demo für das Recht der Sexarbeiterinnen auf Straße und da sind die alle mit großen roten Papphänden durch die Gegend gelaufen, um anschaulich zu machen, dass die Polizei einfach Frauen verhaften kann, wenn diese nur den Anschein erwecken, einem Freier zu winken. Im Hintergrund wurde Dancehall gespielt. Ich hab mir das angekuckt und son Typ neben mir meinte, dass das ja mal ne coole Demo sei, nicht nur rumlaufen und so.... Ich finde Protestkultur verdächtig, die sich nebenbei auch immer amüsieren will.

Tikki ist für mich die beste Figur.

Jo, fällt leicht die spannend zu finden oder? Sie ist der krasse Gegensatz zu Polgar geworden. Die beiden hatten in Runaway ja noch ein ausgeglicheneres Verhältnis von Austeilen und Einstecken.

Der ganze Polgar-Abschnitt ist eine große Selbtreflexion. Da könnte man auch ein wenig streichen, weil es okay ist, aber auch nicht so spannend.

Das hat ja hier auch eine Funktion, man sieht diesen verplanten Protest von außen, das ist das Dagegen der Masse. Polgar ist der Einzelne, in den ich reinzoome, der fragt sich Warum bin ich so komisch drauf, eigentlich könnte er aber auch Wofür lebe ich eigentlich oder Was bewegt mich fragen. Und so wie dem Protest irgendwann einfach die Luft ausgeht, nachdem die ganzen Nichthandelnden sich mal zur Abstimmung bequemt haben, so geht Polgars Fragerei die Luft aus, nachdem ihn die Gedankenlosigkeit, seine Jacke über den Lenker zu legen, auf den Bürgersteig katapultierte.

"wie sie denken" kann man streichen, oder muss man, es soll Einschub sein, kommt aber daher wie eine Aufzählung

okay, jetzt versteh ich. kommt auf die Liste

Wie ein von einem Urwaldriesen segelnder Laubfrosch... Was ist überhaupt ein Urwaldriese? Da kommt doch kein Bild auf.

Googel das mal, dann kommen Bilder auf

Man findet sich nicht wirklich leicht in den Text, die vielen Leute, das Plenum, die Bürokratie, die Sätze, die häufig überladen sind.. man könnte straffen. Auch die Dialoge manchmal. Das machen nicht alle so, vielleicht ist das auch unliterarisch

unliterarisch und literarisch sagen überhaupt nichts aus, ich hab das letztens aus Spaß mal mitgesagt, aber das sind völlig beliebige Begriffe. Das andere ist zur Kenntnis genommen. Danke für die Kritik!

Hey Quinn,

So was weiß man doch!

:hmm:

Das ist aber die FSK12 Version. Reden Leute so?

habe kein einzelnes Leut so reden hören, das ist so aus drei Statements zusammengebastelt. Das mit den Frauen wär ja wenigstens seltsam, da es ja ne Frau sagt. Aber ich finde das Gesagte gar nicht so schlecht, nicht sehr groovy, aber diese Punkte halte ich für echte Argumente.

Das war so bieder und harmlos. Und dass die Frau von ihrem Wagen als „Schlachtschiff“ bricht, das ist alles so gestellt. Ich weiß nicht. Das ist so Anarchie mit der Handbremse. So ein Chaos, bei dem die Haare aber noch gut sitzen.

Hab tatsächlich noch nie jemanden von seinem Auto als Schlachtschiff sprechen hören, alte Frauen? Vielleicht besser gleich Pazerkreuzer? Als ich über die Szene nachdachte, drängte sich mir der Eulenspiegel auf, der Streiche spielt. Aber schon brav, Zustimmung, bei dem die Haare noch sitzen, ja, das ist gut.

Was sind das denn für Figuren immer?

Was soll denn immer dieses immer? Ist ja leicht so eine Frage zu stellen, ich kann dir das nicht ordentlich beantworten. Das ist nicht, weil ich Schiss davor hätte oder mich interessant machen will, ich krieg da einfach keine nachvollziehbare Begründung auf die Reihe. In punkto Ähnlichkeitsbeziehung sind viele meiner liebsten Romanhelden Loser, vielleicht orientiere ich mich an denen, so schwache Figuren erlauben auch eher die interessanten Schattenseiten auszuloten. Kann auch daran liegen, dass mir von Anfang an klar war, dass die Aktivisten meiner Geschichte scheitern, das sollte meine Hauptfigur, also ein Vertreter der schweigenden Gegner, auch, nur anders. Wie war die Frage?

Das ist ein Widerspruch, dass man keine Position haben kann, weil wenn man eine Position hat, ist man schon uncool.

Das sagt man so, ja, ist mir auch schon öfter begegnet der Satz. Glaub ich nicht unbedingt, es geht viel um das Wie und um Echtheit, also wenn ich jemanden sehe, der sich wirklich für ein verfolgenswertes Ziel einsetzt und dafür auch bereit ist, Widerstände zu überwinden oder gar zu leiden, das finde ich großartig. Aber hier geht es eben, das ist schon so, ums Geld. Und wenn sich die Leute dann als notleidende Studenten inszenieren, das ist dann wirklich unkool.

Das ist ja heute das Thema, das immer mitschwingt, wenn man irgendwas schreibt, wo der Zeitgeist reinguckt: Cocooning.

Das ist doch Rückzug ins Private, würde gern mal Untersuchungen über den Zusammenhang von digitaler Revolution und Cocooning sehen. Wird immer mal wieder genannt, ist teils dem Biedermeier ganz ähnlich.

Was ist das denn für eine Figur überhaupt? So die 21. Jahrhundert-Version eines Dilletanten?

Wieso Dilettant? Wir wissen doch gar nicht, ob er gut macht, was er tut.

Darf ich erwähnen, dass es ihm nur Recht geschieht? Hat schon einer gesagt, dass er unbedingt mit dieser Tikki schlafen muss? Hat Juju das schon gesehen? Ist ihm das selbst klar? Das killt ihn ja sonst.

Dass du das gleich wieder sexualisieren musst. Ich glaube das seht nicht nur ihr beide so, mir hat sich auch so eine Szene aufgedrängt. Ist gut, wenn der Subtext das so deutlich macht.
Die Aktivisten scheitern an ihrem Dilettantismus und an den Fallstricken der Basisdemokratie, Polgar an seiner Innerlichkeit, was immer da auch geschieht, wegen der er auf die Fresse fliegt.

Das Gerede über das Polgarsein – was ist das? Was hat er in der Geschichte bisher getan? Er hat eine Sache gemacht, als ihm Tikki da 2mal rumgeschubst hat, hat er sie gepackt und ihr gedroht. Dazu musste er sich zwingen. Und dafür wurde er ausgelacht. Sonst „Polgarsein“ – was macht er? Eben hat er 3 Absätze lang eingekauft. Jetzt überlegt er, sein Zimmer nicht aufzuräumen. Aus Prinzip.
Also … was ist das „Polgarsein“. Was ist hier? Was lief da ab? Er hat sich ja überwinden müssen, auf Tikki loszugehen. Es ist aber nicht er.
Etwas Sexismus täte der Geschichte sehr gut. Vor allem dieser Figur. Was ist mit „Tikki“? Wie kommt er an sie ran? Und die Gedanken, die er da hat, nämlich diesem Wirbelwind da mal harsch entgegenzutreten, die gefallen ihm nicht, weil sie nicht zum Polgarsein passen.
Das ist doch die Figur hier, das ist doch das, um was es geht, oder?

Ja natürlich, allein schon wegen der Anzahl Zeilen, die er allein hat. Also hauptsächlich um Polgar als einzelnen Typ und um die Aktivisten als Gruppe.

Machen Aktionen, die sie nicht durchdenken, und die dann wirkungslos verpuffen.

auf beiden Seiten.

Der Rebell. Und normal wäre das ein Typ, auf den Frauen verrückt wären (warum wird dann nicht thematisiert). Und hier ist Tikki in dieser Rolle und es treibt Polgar ja fast in den Wahnsinn, und es wird dann thematisiert, aber er kommt nicht dahinter, weil die Lösung wäre: Tikki ist ein Alpha-Weibchen und ich bin ein Beta-Männchen.

Ist das eigentlich aus der Hunde-Psychologie, das mit Alpha-Männchen und so? Verhaltensforschung der Tiere, les ich gerade, also das finde ich wirklich zu sehr zurechtgeschnitten. Tikki ist sicher ein Teil seiner Irritationen, ein großer sogar, aber er hat da auch noch andere Sachen, vor allem, das sage ich jetzt mal so, keinen Plan von sich und seinem Leben.

Aber klasse Kritik mit interessanten Punkten.

Kubus

O Mann, Quinn ... Jetzt machst du mich fertig..
Und ich dachte lange Zeit, hier ist niemand mehr hip-hop als ich!

Yeah, Digga! Ganster for leif!

 

Hey Kubus,

tut mir leid, aber mich ärgert die Geschichte einfach nur. Ich hab nicht mal zwischendurch Lachen können wie Quinn.
Das ist ja durchaus ein gesellschaftsrelevantes Thema, dass Du da anpackst. Dieses brave Dagegensein. Diese Demokratie im Aufstand, die dann dazu führt, dass die Leute vor lauter Debatten und persönlicher Befindlichkeiten gar nicht dazu kommen, sich auf irgendwas zu einigen. Erst mal dagegen und dann überlegen, wo genau gegen eigentlich und wie. Und die Überlegung darüber, die sind schon der gesamte Protest. Und genau so ist die Geschichte. Sie packt das Thema überhaupt nicht an, sondern spricht genauso brav und bieder, setzt den Schwerpunkt auf die einzelnen Befindlichkeiten, zieht und dehnt und endet mit heißer Luft. Das ist eine eins zu eins Darstellung, aber ohne Schärfe, ohne Wertung. Das ist ne Dokusoap zum heutigen Protetstverhalten. Und sorry, das langweilt mich. Ich vermisse da eine gewisse Wut, irgendwas, was sich mir als Leser schwer auf den Magen legt. Sarkasmus oder Satire. Das bisschen in die Schubladen gestecke der Protestler ist echt lauwarm. Die einzige Person, die mich als Leser angesprochen hat, war Kess - in der zeigst Du das Null-Interesse-Verhalten am schönsten. Und lieferst auch den Grund dafür. Es geht ihnen halt immer noch zu gut. Sie hat keine Kohle, aber Protest ist ihr wurscht, sie hat scheinbar doch genügend Geld, um sich ein paar schöne Tage an der Nordsee zu machen. Sie hätte einen sehr feinen Protagonisten abgegeben. Sie hat als Figur das Potential, den Widerspruch des Ganzen mal zu zeigen. Aber ne, Du setzt da wen in den Mittelpunkt, der sich in die Kissen drückt und weint und hofft, dass es recht schnell vorbei ist, damit er seine Gewohnheiten wieder aufnehmen kann. Ist ja durchaus auch eine sehr gängige Haltung, aber bei Dir ist das so brav angelegt. Ich spüre da keine Ironie über ein solches Verhalten, keine Haltung des Autors.
Und die Revolutionäre da, anstatt zu zeigen, dass sie Revolution spielen, sich selbst als gesellschaftlich wertvolles Individuum zu fühlen, um sich selbst schön reden zu hören, gibst Du ihnen Rastalocken. Ach Kubus. Oder es war Dir tatsächlich ernst um sie? Leute, die sich engagieren, tatsächlich für die Interessen der Allgemeinheit eintreten wollen und die Allgemeinheit will das gar nicht. Auch so ein Punkt, der hätte aufgearbeitet werden können. Aber ich erkenne nicht, was genau nun ihre Motive für ihr Engagement sind. Eine Gruppe halt. Auf Sofas mit Rastalocken. Und bitte nicht aggressiv. So Kaffekranzverhalten.
So ein schönes Thema und so banal bieder rübergebracht. Aber ich reg mich über die ganze Sippschaft da auf. Dann hat sie wohl doch was in mir ausgelöst. Nur Freude hatte ich eben nicht beim Lesen.

Soweit meine Leseempfindungen.
Lieben Gruß Fliege

 
Zuletzt bearbeitet:

Fliege, liebe Fliege,

ich finde es nicht besonders schwer, ironische oder kritische Haltungen einzunehmen, die gehen mir normalerweise leicht von der Hand; also Zeilen zu produzieren, die dem Leser im Magen liegen könnten, wenn er das Zeug schluckt. Hier ist es meist lau und furchtbar aufgeblasen in seiner Lauheit ist es auch - da hat Quinn den Polgar schon richtig analysiert - in meinen Augen ein kleiner, aber nichtsdestoweniger trauriger Triumph der Lächerlichkeit. Bei den Aktivisten ebenso wie bei Polgar.

Wut oder Ärger sind auf jeden Fall angemessenere Haltungen zu dieser Situation, Glückwunsch. Ich bin vielleicht bei dem Thema zu abgestumpft, oder mein Empfinden kapituliert vor dieser Fülle an Bescheuertheit.

Jemand aus dem weiteren Bekanntenkreis verdient sich seine Brötchen jetzt damit, dass er sich zum Beispiel bei den Gorleben-Transporten an die Gleise kettet. Also nee, ganz entschiedenes nein.

In dem konkreten Fall der Geschichte ist mir die Kluft zwischen revolutionärem Tätärätä und kleinbürgerlichem Egoismus einfach zu groß; die hauptsächlich finanziellen Ziele zu lapidar; die Inszenierung als notleidende Studentenschaft zu grotesk.
An sich alles Punkte, die echtes Dagegensein vertragen könnten, die Ziele böten, aber alles zusammen scheint mir so zu sein, auch wegen der offensichtlichen Einflusslosigkeit, dass ich über schmales Lächeln oder ärgerliches Stirnrunzeln nicht hinauskomme, mir ist diese Protestkultur zu absurd.

Na ja, das ist meine Sicht auf die Aktivistenseite, sag ich mal so, aber weil ich mich auch nie mit Ruhm bekleckert habe, wenn es darum ging, irgendetwas zu ändern, habe ich Polgar drin. Ich fände es zu billig, einfach nur großmäulig die zu kritisieren, die nichts auf die Reihe kriegen. Deswegen musste vielleicht noch ein Hauptdarsteller her, der gleichfalls saublöd ist.

Diese ph-neutrale Doku mit idiotischen Darstellern kommt anscheinend nicht sehr gut an, die Geschichte fällt ja insgesamt mal wieder eher durch, sie ist aber in meinen Augen weitgehend authentisch dargestellt. Ich befinde mich ja in meiner Experimentierphase, noch ein, zwei Jahre, in denen ich mir schwache Geschichten nicht so krumm nehme, weil ich daraus halt Lehren ziehe. Da freue ich mich sehr, wenn ich so wohldurchdachte Kommentare wie unter dieser Geschichte hier lesen kann, die mir sagen, warum der letzte Text nicht funktionierte; oder ab und an mal, dass etwas funktioniert. So, ich hoffe, dass ich einigermaßen beim Thema geblieben bin. Vielen Dank! und bis die Tage. Hat mich sehr gefreut.

Kubus

 

Alles schon gesagt? Keine Bange,

lieber Kubus,

und wo Du Dich überall rumtreibst! Schöner Titel, mit dem man spielen kann: Dagegen & wofür? Wofür dagegen? Dafür wogegen? Dazu genau drei Namen
Florian und Florentine - nebst Polgar (= Alfred?, eher nich’, nich?) klingen nach einem Einbruch von Operette in ein Musical studentische Couuchboys & Girls…

Ich fang ma’ an:

…, deren Timbre und oder-so-Stil Lässigkeit kommunizieren soll.
Wie "soll" das gehn? Wie kann eine Klangfarbe (= Timbre) und / bzw. ein bestimmter Stil „kommunizieren“ (= in Kommunikation treten)? Selbst unter der Prämisse, dass das Medium die Botschaft wäre. Könnte ein Klang (oder ein Stil) Nachrichten austauschen, & wenn ja, mit wem (und wie viele, um ein modisch gewordener ehem. literarischen Griff zu zizitieren)?
Da hilft nix: sie können es nicht, sollten sie’s auch noch so oft versuchen. Allein die sprechenden / hörenden / beobachtenden Couchos kommunizieren miteinander und wollen Lässigkeit demonstrieren. M. E. wäre ein
„…, deren Timbre und oder-so-Stil Lässigkeit demonstrieren soll“
angemessener.

Er stellt sich darauf ein, herablassende Kommentare auf seine Frage zu bekommen, was hier los ist.
Besser Konjunktiv I „was hier los sei“. Und beim Folgesatz sag ich nix – hat das daoch schon wer erwähnt:

Aber Fragen muss er.

"Ein Grund mehr, sich heute abend zu amüsieren!", sagt Tikki.
' wird ein großer Abend.

"Auf keinsten", sagt Mark.
Neuauflage / Variante de einzigsten und in keinster Weise?

"Kommen sie mal her!", ruft sie.
Wenn man schon die Kursivschreibung hören kann, dann erst recht unter reiferen Semestern die Großschreibung der Anrede … Man ist ja schon Lichtjahre von Luise Millerins Ihro Gnaden Dero Sohn … entfernt.

Die Alte hält ihren solariumgebräunten Kopf …
Klingt diskriminierend. Nicht die Alte. Woran erkennt man’s Attribut? Oder kennte einer die Frau?
Oder eine bloße Vermutung?

…, dass das ein schlechter Morgen war und weil schlechte Morgende in seinem Leben die Gewohnheit haben, …
Morgende? Gibt’s das noch, wo doch Hüter der Moderne hier wachen? Ja gut, im morgendlich ists noch vorhanden. Der Tag morgend …der morgende Tag …

Eine andere Frau läuft auf ihn zu, "geht es ihnen gut? Sind sie verletzt?", ruft sie von weitem.
Siehe beim mutmaßlichen Sonnenbankopfer. Anrede!

"Pfff!", macht Tikki.
Ein Überbleibsel aus der Pixe.-Welt …

Gruß & schönes Wochenende vom

Friedel

 

Hallo Kubus

Ich hatte lange gezögert, meine Lesermeinung zu dieser Geschichte einzubringen, da die bei Pixelwelten dich anscheinend irritierte. Ich habe meinen Komm. dort nochmals gelesen und finde ihn nach wie vor wohlwollend. Na ja, die Vorauszahlung des :zensiert:gelds ist eine irrelevante Forderung. :D

Ketten aus blankem Metall schließen die Griffe des Portals zusammen.

Mit diesem Satz hatte ich unmittelbar ein Bild. Dann stutzte ich jedoch und fragte mich, wie die Ketten ansonsten sein könnten, wenn nicht aus Metall. Das blank wie ein Hinweis auf nicht rostig.

Polgar entziffert die ungelenk wirkenden Lettern auf dem Spruchband,

Ein Name, der für mich vorbelastet ist, der Gedankensprung führte mich zu Alfred Polgar. Harry Rowohlt schrieb ein Buch über ihn, das im Verlag Kein & Aber erschien. Dies wiederum löste einen Quergedanken zu deinem Titel aus, den ich durchaus gelungen finde. (Eine Assoziationskette, die mir Polgar auslöste.)

Doch zum Kern des Geschehens. Die Beleuchtung der Motive einer Uni-Besetzung finde ich ein interessantes Thema. Solche sind in den vergangenen Jahrzehnten immer wieder mal irgendwo aufgetreten, wohl nicht selten zu Happenings ausartend. Doch in den Ursachen und Forderungen meist nicht von ungefährem Hintergrund.

Polgar will wissen, warum sein Weg umsonst war.

An diesem Punkt dachte ich, Polgar sei Dozent. Doch die nachfolgenden Sätze verwiesen ihn dann in eine Rolle eines braven Studenten, der nicht dem Typus der Protestierenden entsprach.
Das Bild verrutschte mir dann jedoch in der Interaktion von Polgar mit Tulli, Mark, Tikki und Kess, ganz so bieder konnte er auch nicht sein.

"Das sind alles Tussen", sagt Kess. "studieren im 31. Semester, machen aber seit zehn Jahren ausschließlich Hochschulpolitik. Sponsored by Mami & Papi. Ich musste für das Studium einen Kredit aufnehmen, weil ich kein Bafög bekomme - und diese Kasper spielen da Revolution!"

Das rundete mir das Bild zu einer nachvollziehbaren Ebene, eine Studentengruppe, die gradlinig ihr Studium durchbringen will. Doch die angesprochene Dauer an eingeschriebenen Semestern der Langzeitstudenten scheint mir nicht plausibel. Nach einer gewissen Zahl an Semestern, die über der normalen Dauer liegt, fliegen sie in Deutschland doch gewiss auch raus? Und wer gibt einem Studenten Kredit, doch höchstens auf privater Basis?

"Ich muss mir jetzt den ganzen Mist im Selbststudium reinprügeln", sagt Kess. "Besonders witzig ist das nicht."

Das ist und war doch seit jeher die beste Methode. Vorzugsweise natürlich in einer Gruppe, statt sich einzig auf überfüllte Hörsäle zu konzentrieren und allein zu büffeln.

Auf dem Weg zum Schlagermove wird Polgar von einer Alten in einem Porsche Cayenne herangewunken, die ihr Auto in eine Parklücke zu lenken versucht. …
"Ja, sehr gut!", sagt Tikki. Sie winkt und winkt und winkt – bis der Porsche mit einem leichten Rumms auf das Hinterteil des anderen Autos trifft.

Na ganz flegellos sind die ja auch nicht, auch wenn Polgar die Erkenntnis gewinnt:

"Aber so langsam fühle ich mich zu alt für solchen Unsinn."

Der Tag hat Hitze bekommen und eine schwüle schwere Luft, die das Atmen erschwert.

Um mir das zu veranschaulichen, habe ich Hitze gedanklich durch Wehen ersetzt, und siehe da, die Kopfgeburt trat ein.

Natürlich ist nichts deutlicher, als worum es eigentlich geht, doch diesem diffusen Thema mit Worten zur Verdichtung zu verhelfen ist das Letzte, was er will.

Schöner Satz zum Ende. ;)

Die Geschichte hat Aspekte, die mir durchaus plausibel wirken, wenn auch arg überzeichnet, bis hin zu einer bösen Parodie. Was mir auffiel, ist die Konsequenz in deinen Wortspielereien, die sich nicht nur hier zeigen. Dies hat System, wenn mir auch nicht ganz klar ist, wohin dies noch führen wird.

Mit Schmunzeln, abwechselnd mit konzentrierter Aufmerksamkeit um den Faden nicht zu verlieren, nicht ungern gelesen. Meine erwähnte thematische Erwartung erfüllte sich nicht so ganz. Doch dies ist das Schöne, dass der Leser dem Autor folgen muss.

Schöne Grüsse

Anakreon

 
Zuletzt bearbeitet:

Guten Abend,

und wo Du Dich überall rumtreibst! Schöner Titel, mit dem man spielen kann: Dagegen & wofür? Wofür dagegen? Dafür wogegen? Dazu genau drei Namen
Florian und Florentine - nebst Polgar (= Alfred?, eher nich’, nich?) klingen nach einem Einbruch von Operette in ein Musical studentische Couuchboys & Girls…

Weltenwechsel sind unterhaltsam.

du spielst mit dem Titel, das ist gut, ich hoffte, dass der dazu einlädt. Mir ist der eigentlich zu behäbig, ich hatte mit dem Gedanken gespielt, Für und Wider draus zu machen, aber das leistet nicht das gleiche. Dieses und ist auch nicht die richtige Verbindung, besser wäre sowas wie Dagegen <-> Wofür, um die Wechselwirkung anzuzeigen. Da hätt ich mal eher drauf kommen sollen. Flora und Florentine nennen sich die Sprachrohre der http://de.wikipedia.org/wiki/Rote_Flora manchmal, wenn sie interviewt werden. In die Richtung ging auch der kurzzeilige Text, den meine Prots nachts an die Wände klebten. http://imageshack.us/photo/my-images/716/wantedsf.jpg/

Selbst unter der Prämisse, dass das Medium die Botschaft wäre.

Aber genau das ist es doch! Nein, nicht ganz. Eher: Die Verpackung ist der Inhalt. Demonstriert wird es ja, aber diese Demonstration ist eine Form der Kommunikation.

Besser Konjunktiv I „was hier los sei“.

Habe an dieser Stelle aus ästhetischen Gründen drauf verzichtet

Neuauflage / Variante de einzigsten und in keinster Weise?

Auf jedsten! Diese sinnlosen Steigerungen geistern ab und an mal durch die Kanäle.

Wenn man schon die Kursivschreibung hören kann, dann erst recht unter reiferen Semestern die Großschreibung der Anrede

Für mich wird das erst interessant, wenn es um die Unterscheidung von sie - mehrere und Sie - eine Person geht.

Die Alte hält ihren solariumgebräunten Kopf …
Klingt diskriminierend. Nicht die Alte. Woran erkennt man’s Attribut? Oder kennte einer die Frau?

Ich bilde mir ein, das erkennen zu können. Bei intensiver Solarium-Nutzung trocknet die Haut aus, bekommt ein künstliches, tiefes Braun.

Ein Überbleibsel aus der Pixe.-Welt …

Ich schreie Yeah! wenn ich einen finde, der die zuende liest, ohne mich zu verklagen. Man kann sich seine Leser leider nicht aussuchen.

Moin Anakreon,

Ich hatte lange gezögert, meine Lesermeinung zu dieser Geschichte einzubringen, da die bei Pixelwelten dich anscheinend irritierte. Ich habe meinen Komm. dort nochmals gelesen und finde ihn nach wie vor wohlwollend. Na ja, die Vorauszahlung des [...]gelds ist eine irrelevante Forderung.

Keine Sorge, ich bin weder nachtragend noch erwarte ich eventuell sympathiegestütztes Wohlwollen. Mich irritierte ohnehin eher, dass niemand in Begeisterung ausgebrochen ist. Mittlerweile akzeptiere ich das aber als massenhaften Irrtum. :D

Dann stutzte ich jedoch und fragte mich, wie die Ketten ansonsten sein könnten, wenn nicht aus Metall.

Sollte das Bild konkretisieren, die meisten Ketten haben irgendwelches Material außenrum. Ich wollte blanken Stahl.

Ein Name, der für mich vorbelastet ist, der Gedankensprung führte mich zu Alfred Polgar. Harry Rowohlt schrieb ein Buch über ihn, das im Verlag Kein & Aber erschien. Dies wiederum löste einen Quergedanken zu deinem Titel aus, den ich durchaus gelungen finde. (Eine Assoziationskette, die mir Polgar auslöste.)

scharf! war bei der literatur-altonale vor zwei Jahren mit Harry Rowohlt auf einem Flyer, erinnere ich dazu, ein ganz großer Moment.

Doch die angesprochene Dauer an eingeschriebenen Semestern der Langzeitstudenten scheint mir nicht plausibel. Nach einer gewissen Zahl an Semestern, die über der normalen Dauer liegt, fliegen sie in Deutschland doch gewiss auch raus? Und wer gibt einem Studenten Kredit, doch höchstens auf privater Basis?

Wer sich jetzt einschreibt, fliegt schnell, wenn er keine Leistungsnachweise bringt. Es gibt aber auch welche, die sich nach alten Studienordnungen eingeschrieben haben, der Rekord liegt bei irgendwas in den 40ern. Hab ich gehört, ne. Klassischerweise von Ma & Pa bezahlt.

Na ganz flegellos sind die ja auch nicht, auch wenn Polgar die Erkenntnis gewinnt:

Aber eher zu Streichen aufgelegt in dieser Szene, ist schon verhältnismäßig brav.

Die Geschichte hat Aspekte, die mir durchaus plausibel wirken, wenn auch arg überzeichnet, bis hin zu einer bösen Parodie. Was mir auffiel, ist die Konsequenz in deinen Wortspielereien, die sich nicht nur hier zeigen. Dies hat System, wenn mir auch nicht ganz klar ist, wohin dies noch führen wird.

das ist ein Problem: es muss überzeichnet werden, um wirken zu können, aber unter dieser Überzeichnung darf die eigentliche Szene nicht unsichtbar werden. Du bist wohl der einzige, der die Geschichte böse findet. Ich habe bisher eher gehört, die wäre zu brav. Wortspiele sind ja eine Möglichkeit, sich die Welt vom Hals zu halten. Keine Ahnung, wohin das führen wird, ist mir auch egal, wird man ja sehen.

Mit Schmunzeln, abwechselnd mit konzentrierter Aufmerksamkeit um den Faden nicht zu verlieren, nicht ungern gelesen. Meine erwähnte thematische Erwartung erfüllte sich nicht so ganz. Doch dies ist das Schöne, dass der Leser dem Autor folgen muss.

Habe nix ganz verstanden, was du erwartet hast und wo die enttäuscht wurde. Aber nicht ungern gelesen, lese ich nicht ungern.

Danke Euch ;) für die Rückmeldungen!

Kubus

 

Ich bilde mir ein, das erkennen zu können. Bei intensiver Solarium-Nutzung trocknet die Haut aus, bekommt ein künstliches, tiefes Braun -
da sollteste ma' mein' Schiegervadder sehn, übriggeblieben aus der Echnaton-Ära, Sonnenanbeter: naja, ob man sich Hautkrebs verdienen kann - nee, eher nich',

lieber Kubus.

Wat'n annern Text betrifft, is' abgehakt, dat es alle mitbekommen ...

Gruß

Friedel

 

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