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Dada Luda
Mitten in der Nacht wachte Leon auf. Ein Schrei hatte ihn geweckt. Das musste Hannah sein, seine kleine Schwester. Schnell kroch er unter seiner Decke hervor und lief rüber zu Hannahs Bettchen. Sofort sah Leon, dass er Recht hatte, denn Hannah weinte bitterlich und kleine Tränen kullerten über ihr Gesicht.
„Hannah, Hannchen, Hannilein, beruhig Dich doch. Was hast Du denn?,“ fragte er besorgt. Hannah sah ihren Bruder mit großen Augen an und hörte auf zu weinen.
„Dada, da dada“, antwortet sie und zeigte aufgeregt in Richtung Fenster. Ganz leise schluchzte sie dabei.
Leon musste nicht lange überlegen. Seine Schwester war zwar noch sehr klein, und so richtig reden konnte sie auch noch nicht. Aber er wusste immer was sie meinte. Und darum fiel ihm sofort auf, dass Mama heute vergessen hatte, die Gardine zuzuziehen.
Hannah konnte von ihrem Bettchen aus Luna sehen. Luna war der Mond. Und weil Hannah noch so klein war, überlegte Leon, kannte sie Luna vielleicht noch gar nicht.
„Hannilein, das ist doch nur Luna, der Mond. Da musst Du doch keine Angst haben. Luna kommt jede Nacht, um auf uns aufzupassen, weißt Du?“
Hannah schluchzte noch immer ein bisschen und sagte verzweifelt; „Da da, Luda.“
Leon befürchtete, dass sie gleich wieder anfangen würde richtig zu weinen. Er überlegte, wie er Hannah erklären sollte, dass sie überhaupt keine Angst vor Luna haben musste. Aber das war natürlich schwierig, denn Hannah kannte Luna ja noch nicht, glaubte Leon. Und das wusste Leon schon: wenn man etwas nicht kennt, dann kann das manchmal ganz schön Angst machen.
Aber da hatte Leon eine Idee. Er kniete sich neben Hannahs Bett und versuchte die beiden Stäbe des Gitters rauszunehmen, so wie Mama das auch immer machte, wenn sie Hannah morgens rausholte. Dummerweise ging das gar nicht so leicht und Leon musste sich ganz schön anstrengen. Als er die beiden Stäbe endlich in der Hand hielt, zeigte er sie stolz Hannah.
„Siehst Du Hannilein, jetzt wird alles gut.“
Er krabbelte zu ihr ins Bettchen und Hannah war ganz aufgeregt und lächelte sogar ein bisschen.
„Da, Ledo, Da Luda.“
“Ja, Hannah. Das ist Luna,” sagte Leon und nahm seine kleine Schwester in den Arm.
„Du musst wirklich gar keine Angst haben. Luna kommt jeden Abend. Du hast sie nur noch nie gesehen, weil Du schon schläfst, wenn Luna kommt. Mama hat heute vergessen, die Gardinen zuzumachen.“
„Mama!“ ruft Hannah aufgeregt.
„Ja, Mama hat das vergessen“, erzählte Leon weiter. „Aber das ist gar nicht schlimm, denn jetzt kannst Du endlich Luna kennenlernen.“
Und Leon krabbelte wieder aus dem Bettchen und versuchte Hannah hinter sich herzuziehen. Hm, so was Doofes, dachte sich Leon. Das passte ja gar nicht. Wie machte das Mama bloß immer? Hannah passte nicht durch die kleine Lücke. Komisch, dabei war sie doch viel kleiner als Leon. Aber Hannah wusste selber wie das ging und krabbelte einfach hinter Leon her.
„Guck mal Hannah, wir steigen beide da vorne auf die Spielkiste und dann zeige ich Dir Luna.“
Und schon lief Leon zu der großen Kiste und Hannah tapste langsam hinter ihm her. Glücklicherweise konnte Hannah schon richtig gut klettern und so standen sie beide am Fenster und konnten rausgucken.
Hannah war jetzt ganz aufgeregt und gar nicht mehr traurig. Sie zeigte abwechselnd zu Leon und zu Luna und lachte dabei.
„Da, Ledo, da Luda, dada, Mama, dada Luda.“
Jetzt musste Leon auch lachen, denn was Hannah da erzählte, hörte sich wirklich lustig an.
„Guck mal Hannah, wie schön Luna aussieht. Manchmal kann man Luna nicht sehen, weil sie sich hinter den Wolken versteckt. Oder weil sie gerade bei anderen Kindern ist, auf die sie aufpassen muss. Aber sie ist jeden Abend da.“
Hannah jauchzte laut vor Freude und Leon musste sie an der Hand festhalten, damit sie bei ihrem wilden Gehopse nicht von der Spielkiste runterfiel.
Vielleicht, dachte Leon, vielleicht hatte Hannah ja auch gar keine Angst vor Luna gehabt. Er guckte seine kleine Schwester an, die jetzt ganz glücklich zu Luna schaute. Nein, es sah wirklich nicht so aus, als ob sie Angst hatte. Vielleicht, überlegte er, vielleicht wollte Hannah ja nur am Fenster stehen und Luna besser sehen.