D-Day
Wir schreiben den 5. Februar 2003, 8.00 MEZ. Die Hochleistungskamera des Spionagesatelliten zoomt, auf der Suche nach verdächtigen Subjekten, auf eine Stadt in Süddeutschland. Eine Stadtteil wird erkennbar, dann eine Straße, ein Haus, der Bereich der Eingangstür, aus der in diesem Moment Herr Michels tritt, um im Bäcker gegenüber noch schnell ein Brot zu kaufen. Unglücklicherweise hat soeben Deutschland im Sicherheitsrat sein Nein gegen ein militärisches Vorgehen im Irak bekannt gegeben und die Amis sind sowas von stinksauer, wie sie es seit Pearl Harbour nicht mehr waren.
Herr Michels hat gerade den ersten Schritt auf die Straße gewagt und hält, da es in Strömen regnet eine Ausgabe der Bildzeitung über sein Haupt, die er wie jeden Morgen in der Bude nebenan gekauft hat. Bin Laden hat mal wieder ein Band an Al Dschasira geschickt und sein Konterfei prangt auf der Titelseite.
Datenkontrollzentrum der NSA Atlanta. Bin Ladens Bild erscheint gerade auf einem der Bildschirme und das Erkennungsprogramm für biologische Merkmale löst Alarm aus.
Innerhalb von 15 Sekunden wird der Befehl zur sofortigen Liquidierung gegeben.
Die Bäckereifiliale ist voll besetzt. Die Kunden kämpfen um die letzten Weizenprodukte.
Aus den Lautsprechern tönt Dudelmusik und auf dem Bildschirm in der Ecke sieht man einen zufrieden lächelnden Joschka Fischer, der mit stolz geschwellter Brust vor die Kameras tritt um seinen Pyrrhussieg zu verkünden.
Doch die Stimmung ist dieses Jahr getrübt. Die Menschen kaufen nichts mehr, sie schleichen bedrückt durch die Innenstädte, in den Händen winzigste Einkaufstüten in die höchstens eine Tafel Schokolade passt. Angst macht sich breit. Gefühlt rangiert Deutschland in der Wohlstandsskala nur noch kurz vor Nordkorea. Terroristen drohen damit Kaufhäuser zu sprengen und der Einzelhandelsverband meldet zackig das schlechteste Ergebnis seit 45.
Die Regierung hat ihren Bürgern die Daumenschrauben angelegt um auch noch den letzten Euro aus ihrer blutverkrusteten Brieftaschen zu quetschen.
Doch die wahre Dimension des infernalischen Plans, den die rot-grüne Regierung ausgeheckt hat erahnt im Augenblick noch keiner.
Herr Michels stolpert mit zerzausten Haaren zurück auf die Straße. Unter seiner verschwitzten Achsel klemmt ein Baguette. Mit der rechten hält er wieder schützend die Bildzeitung über seinen Kopf. Er hat gerade den ersten Schritt getan, als ein schnell vorbeifahrender Wagen ihn zurückweichen läßt. In diesem Moment trifft ein gleisend heller Strahl den Gullideckel
vor seinen Füßen und verdampft diesen, als wäre er ein Stück Papier.
Instinktiv blickt Herr Michels nach oben in der Hoffnung, der Himmel wäre aufgerissen und die Sonne ließe sich blicken. Das Loch im Boden bemerkt er erst, als er samt Baguette in einen Hauptfluß der Kanalisation eintaucht.
Datenkontrollzentrum der NSA in Atlanta. „Damn, the son of a bitch is gone. He escaped in the underground.“ Große Hektik macht sich breit.
Kanalisation-Hauptkanal- Herr Michels sieht sich um. Selbst die Ratten sehen ausgezehrt aus. Die Leiter, die zurück zur Straße führt ist seltsamerweise geschmolzen. Wahrscheinlich mangelnde Wartung infolge des Arbeitskampfes im öffentlichen Dienst, denkt Herr Michels.
Das Wasser oder besser die Brühe, mit, in der Dunkelheit gnädigerweise nicht näher zu bestimmenden Objekten ist im Moment hüfttief und Herr Michels, der froh ist nichts gebrochen zu haben macht sich auf den Weg um den nächsten Ausstieg zu finden. Ab und zu wirft er ein Häppchen durchweichtes Baguette in Richtung der leuchtenden Knopfaugen. Herr Michels ist jetzt überzeugt, daß der Unterschied zwischen seiner Heimatstadt und Kalkutta nur noch darin besteht, daß Kalkutta über ein angenehmeres Klima verfügt.
Berlin, Reichstag. Die Regierung ist dabei alles zusammen zu packen was nicht Niet und nagelfest ist. Akten werden geschreddert, daß die Fetzen fliegen. Die Tagung des Bundestages wird dieses Mal im 25. Untergeschoß des Kanzleramtes stattfinden. Joschka und sein Kanzler stecken die Köpfe zusammen. „Ob ich ihn noch mal anrufen soll und ihm sagen er sei ein absoluter Warmduscher und daß er sich sowieso nicht traut“
Der Außenminister winkt ab. „Wir haben ihn jetzt zwei Monate lang zu jeder Tages – und Nachtzeit angerufen. Das letzte Mal habe ich ihn sogar mit Martin Luther King angesprochen.
Das Nein im Sicherheitsrat gestern noch als krönender Abschluß, das muß einfach reichen.“
Ach ja und dann habe ich neulich auf eine Frage von Powell in arabisch geantwortet, ich glaube, das hat sie endgültig überzeugt.
Finanzminister Eichel stößt dazu. Er ist sichtlich nervös und schwitzt. „Seid ihr sicher, daß sie uns dafür nicht vor das Tribunal in Den Haag stellen?“.
„Ach, jetzt hast du plötzlich die Hosen voll. Wir sind pleite, schon vergessen. Noch einen Monat länger und wir werden von unseren eigenen Bürgern an der nächsten Laterne aufgeknüpft.
Nein ich sage dir, die Amis sind so saublöd, die fallen darauf rein. Dieser Bush ist Gott Sei dank auch viel leichter zu provozieren als dieser Roosvelt damals. Wenn ich mir überlege, was die damals für Schweinereien angefangen haben, um die Yankees ins Land zu holen, also wirklich. Dagegen sind wir doch die reinsten Unschuldslämmer
Der Außenminister runzelt empört die Brauen. „Also ehrlich Gerhard, jedes Mal, wenn du anfängst über Geschichte zu reden, wird mir schlecht. Das solltest du wirklich sein lassen.
Hans, sieh es doch mal so. Die Amis werden ein paar Sachen kaputt machen wenn sie einmarschieren. Um die olle Ausrüstung der Bundeswehr ist es eh nicht schade. Und die Jungs selbst haben wir längst in Urlaub oder zu Auslandseinsätzen geschickt. Vielleicht gibt es noch den ein oder anderen Kollateralschaden. Aber sie haben ja keine Ahnung was sie der Spaß kosten wird. Wenn sie erst mal festgestellt haben was für ein marodes Land sie besetzt haben, dann wird ihnen der Irak wie der Koh-i Noor in der englischen Krone erscheinen.
Es wird Jahrzehnte dauern bis sie dieses Land wieder aufgebaut haben. Ein einfacher Marshall-Plan wird hier nicht mehr reichen. Schon in zwanzig Jahren wird ein Drittel des amerikanischen Bruttosozialproduktes für die Versorgung eines Volkes von geriatrischen Germanen verschlungen werden.
Hans lächelt schwach. „und wenn sie die Deutschen einfach fallen lassen? Es gibt ja keine Bedrohung aus dem Osten mehr.“
Joschka schüttelt bedächtig den Kopf. Die Amis wissen, wenn die Deutschen sich erst mal dazu entschließen Terroristen zu werden, dann Gute Nacht. Denn was die Deutschen machen, das machen sie gründlich. Schon meine Biografie zeigt ja ganz deutlich...“
Der Kanzler hebt beide Hände. Ja, ja, Joschka, du warst ein ganz Wilder, da werden sie ganz schön zittern bei der CIA.
Kanalisation-Hauptkanal. Herr Michels hat inzwischen jedes Zeitgefühl verloren. Es ist so dunkel, daß er nicht mal die Hand vor Augen sehen kann. Er kämpft sich langsam vorwärts. Der Gestank ist so bestialisch, daß er sogar den Weg durch Herrn Michels verstopfte Nebenhöhlen gefunden hat.
Von der Straße über ihm ist lautes Dröhnen zu hören. Schließlich stößt er mit dem Fuß gegen ein Rohr und stellt erleichtert fest, daß es zu einer Leiter gehört. Angestrengt keuchend, kämpft er sich die glitschigen Sprossen nach oben. Der Gullideckel erweist sich als enormes Hindernis für Herrn Michelss bandscheibenvorfallgeschwächten Körper. Unter Aufbietung aller Kräfte und der endgültigen Trennung von den nassen Baguetteresten gelingt es ihm schließlich den Deckel beiseite zu schieben. Aus den Augenwinkeln bemerkt er mehrere Fahrzeuge die große Ähnlichkeit mit Panzern haben und als vor ihm eindeutig ein Kettenfahrzeug über den Asphalt donnert und er sich an der schwankenden Leiter festklammern muß, kommt ihm einen Moment lang der absurde Gedanke an eine russische Invasion. Endlich auf der Straße bietet sich seinen Augen ein gespenstisches Bild. Vor ihm auf dem Platz landen gerade ein Dutzend amerikanische Fallschirmjäger.
Links von ihm donnert ein amerikanischer M1 Panzer über eine Reihe geparkter Autos am Straßenrand und hinterläßt eine Reihe von Blechskulpturen, die wie bunte Pfannkuchen auf der Straße liegen.
An einem anderen Gullideckel verschwindet gerade eine schwer bewaffnete Einheit GI´s in die Kanalisation.
Herr Michels duckt sich und läuft auf die andere Straßenseite. Nach bangen Minuten hat er endlich seine Wohnung erreicht. Überall ist amerikanisches Militär zu sehen. Wahrscheinlich ein Terroranschlag, denkt Herr Michels als er endlich in seinen Sessel sinkt.
Instinktiv drückt er den Knopf der Fernbedienung.
Rau auf allen Bildschirmen.
„Liebe Bundesbürger, ich bitte sie alle Ruhe zu bewahren und an das Gute im Ami äh in den den Menschen zu glauben. Unsere Freunde sind hierher gekommen um uns aus den Klauen einer Verschwörung zu erretten. Eine Viererbande um einen Mann der aussieht wie unser Kanzler, in Wirklichkeit aber ein Mitglied der El Quaida ist, hat es geschafft unser Land unter seine Kontrolle zu bringen. Alle Steuererhöhungen dienten einzig und allein dazu den weltweiten Terror zu finanzieren. Die Bilder der Flutkatastrophe waren gefälscht, es gab nämlich gar keine. Und alle ihre Spendengelder wurden auf das Konto der Terrororganisation überwiesen. Das Zuwanderungsgesetz diente nur der Einschleusung von weiteren El Quaida-Mitgliedern. Alles aber auch alles war eine geniale Lüge liebe Bundesbürger und ich gebe zu, daß selbst ich, der ich eine große Menschenkenntnis besitze mich habe täuschen lassen.
In diesem Moment sieht man wie Einheiten eines Antiterrorkommandos das Fernsehstudio stürmen. Rau bekommt einen noch röteren Kopf, reckt die geballte Faust nach oben und schreit Allah u Akbar, bevor er von den Soldaten überwältigt wird.
Ich wußte es, murmelt Michels, geht erst mal in die Küche und gießt sich einen Schnaps ein.
Dann erinnert er sich wie es vor 58 Jahren war. Er zieht einen alten verstaubten Koffer aus dem Schrank, und zieht nach einigem Wühlen eine verblichene Amerikaflagge heraus. Na mal sehen, was wir noch so zum Tauschen finden, das wird wie in den guten alten Zeiten als ich der König des Schwarzmarktes war. Vergnügt zieht er sich einen weiten abgetragenen Mantel über und eilt
Das Fähnchen schwingend hinaus auf die Straße.
roidubois