Creador
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Creador
Etwas bewegt sich. Morgen, die umliegenden lichten Wälder nebelverhangen. Eine schnelle Kopfdrehung, dann hat die Eule die Ursache der Störung erfasst. Ein junger Mann, die Haare haselnussbraun, struppig. Daneben die Reste eines Lagerfeuers. Und in seinen Augen eine seltsame Mischung aus Jugend und Weisheit. Auch Fremde.
Keine Beute. Die Eule erhebt sich. Lautlos. Keine Beute.
Die Stadt Creador liegt in einem langgestreckten Tal, wo sich die südliche und östliche Handelsstraße kreuzen. Eine Perle in einer Muschel. Und dann im Westen, das Meer. Das Meer, glitzernd in der Sonne, stürmisch im Herbst. Und Schiffe, die Gerüche und Waren ferner Länder bringen. Über das Meer.
Es gibt viele Wege nach Creador: Die Leute kamen mit Handelskarawanen, auf Karren, per Pferd; manche mit den Schiffen, von fern. Yathon kommt zu Fuß. Und noch ist er nicht am Ziel. Aber das Meer kann er bereits riechen. Irgendwo.
Das Nachtlager unverändert zurücklassen, nur den Mantel hängt er sich um. Gegen die Kühle. Gelb, das Fell der Steppenantilope; Heimat, doch fern. Fern, aus unzivilisierten Gefilden, würde man hier sagen. Yathon saugt die Luft noch einmal in die Lungen. Geruch von Wald, von Morgen und Meer - anders. Veränderung ist immer eine Erleichterung; nicht Fortschritt - aber Bewegung.
Creador, goldene Stadt, Stadt des Glücks. Seine Gedanken voll von all den Geschichten. Leute erzählen die Stadt. Die Stadt ist Geschichten. Yathon kennt sie bereits.
Er macht sich auf den Weg, ein letztes Mal.
Die Sonne steht schon tief. Goldene Strahlen über das Meer, goldene Stadt. Yathon genießt den Blick von der letzten Hügelkuppe. Dahinter das Tal, die Stadt, und das Meer. Creador, am Ziel. Und riesig, schimmernd voller Lichter. Er reißt sich los, weiter. Durch die weitgeöffneten Stadttore, hinein. Am Ziel.
Einfach lächerlich. Yathon. Sie folgen ihm schon eine Weile. Eine Gruppe Menschen, durch die Straßen Creadors. Eine schöne Stadt, mit vielen Bauten. Stechende Blicke im Rücken und von Zeit zu Zeit helles Lachen. In seinen Ohren.
Auf der Suche nach einer Bleibe hatte Yathon die Hauptstraße verlassen. Hier gibt es Schlamm. Er bedeckt seine Stiefel und den Mantelsaum. Der Mantel gelb, leuchtend in der untergehenden Sonne. Manchmal sieht er die andere schon. Männer und Frauen, schon fast ein Dutzend. Auch zwei Kinder. Unterhaltung und Kichern. Immer wieder deuten sie auf ihn. Leise nun auch schon Gesprächsfetzen.
"Diese Haare ... unmöglich ..."
"Was denkt der sich eigentlich ... Art Mantel ..."
"Gelb von allen Farben ..."
Gelächter. Yathon bleibt stehen und dreht sich um. Offene Gesichter, die Münder spöttisch verzogen. Und diese Augen, leer - nicht einmal wirklich Hass.
"Lasst mich in Ruhe!"
Wieder Gelächter. Weiter, sie folgen ihm.
Jemand wirft einen Stein.
[Beitrag editiert von: Serbitar am 04.04.2002 um 10:43]