Competitive
Konkurrenzfähig, ehrgeizig und leistungsbereit ist die junge Generation. Unsereiner trielte in seiner Kindheit nur rum, pobelte in der Nase und schlug Insekten und die Zeit tot. Heute lernen die Kleinen schon im Kinderwagen die dritte Fremdsprache und wenn die Hochleistungshirne mal Pause brauchen, chillen sie megacool rum. Kindererziehung wird so für die ungebildeten und leistungsschwachen Eltern, so wie Du und ich, zur Herausforderung.
Mein zweitjüngster Sohn David hat mich mit seinen 2,5 Jahren schon längst überholt. Als ich in der Sandkiste mit Sand mühsam ein Rädchen in Bewegung setzte, hatte er nur ein müdes „andersrum“ für seinen senilen Vater übrig. Er hatte natürlich recht und das Rad drehte sich dann viel schneller. Auch die lasche Bezeichnung von Tieren, die in meiner Generation so gang und gäbe ist, mag er ja überhaupt nicht. Solche Nachlässigkeiten kann man auch in einer globalisierten und leistungsorientierten Welt nicht zulassen. Wenn man ihm stolz das bunte Schwein in die Badewanne reicht, kommt sofort ein belehrendes „Elefant!“. Er kennt den Unterschied zwischen Hahn und Henne, zwischen Schwalbe und Elster und erkennt seine Lieblingskräuter. Für mich reichte schon immer eine grobe Klassifizierung. Schöne Blume, gefährliches Insekt und großer Baum. Die exakte biologische Klassifizierung ist was für Experten und Klugscheißer. Das ist das Freiheitsgefühl der 70er und 80er Jahre. Aber wir waren noch Fußballweltmeister! Das zählte und nicht theoretisches Fachwissen!
Mit meinen rudimentären Kenntnissen überlebe ich wohl kaum die Hausaufgaben in der zweiten Klasse und ein strebsamer Inder in Mumbai hängt mein Söhnchen locker ab. Kann man halt nichts machen. Ich hatte andere Sorgen in der Jugend als zu lernen. Ich konnte tausende Stunden ruhig und mit coolem Gesichtsausdruck mit einem Bierchen in der Hand in einer Disco auf die Anmache eines Mädchen warten (die warteten übrigens auch, ein System, das zum Scheitern verurteilt war). Da war keine Zeit für japanische Vokabeln, ein „Tierarten-App“ oder Lehrbuch. Sorry.
Jetzt versuche ich nur meinem kleinen Christian, zwei Tage alt, die Flasche richtig zu geben und die Windeln ordnungsgemäß zu wechseln. Er schaut dann immer mit großen Augen auf seinen allwissenden, übermächtigen und tollen Vater.
Wenn er wüsste…