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29.01.2012
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Competitive

Konkurrenzfähig, ehrgeizig und leistungsbereit ist die junge Generation. Unsereiner trielte in seiner Kindheit nur rum, pobelte in der Nase und schlug Insekten und die Zeit tot. Heute lernen die Kleinen schon im Kinderwagen die dritte Fremdsprache und wenn die Hochleistungshirne mal Pause brauchen, chillen sie megacool rum. Kindererziehung wird so für die ungebildeten und leistungsschwachen Eltern, so wie Du und ich, zur Herausforderung.

Mein zweitjüngster Sohn David hat mich mit seinen 2,5 Jahren schon längst überholt. Als ich in der Sandkiste mit Sand mühsam ein Rädchen in Bewegung setzte, hatte er nur ein müdes „andersrum“ für seinen senilen Vater übrig. Er hatte natürlich recht und das Rad drehte sich dann viel schneller. Auch die lasche Bezeichnung von Tieren, die in meiner Generation so gang und gäbe ist, mag er ja überhaupt nicht. Solche Nachlässigkeiten kann man auch in einer globalisierten und leistungsorientierten Welt nicht zulassen. Wenn man ihm stolz das bunte Schwein in die Badewanne reicht, kommt sofort ein belehrendes „Elefant!“. Er kennt den Unterschied zwischen Hahn und Henne, zwischen Schwalbe und Elster und erkennt seine Lieblingskräuter. Für mich reichte schon immer eine grobe Klassifizierung. Schöne Blume, gefährliches Insekt und großer Baum. Die exakte biologische Klassifizierung ist was für Experten und Klugscheißer. Das ist das Freiheitsgefühl der 70er und 80er Jahre. Aber wir waren noch Fußballweltmeister! Das zählte und nicht theoretisches Fachwissen!

Mit meinen rudimentären Kenntnissen überlebe ich wohl kaum die Hausaufgaben in der zweiten Klasse und ein strebsamer Inder in Mumbai hängt mein Söhnchen locker ab. Kann man halt nichts machen. Ich hatte andere Sorgen in der Jugend als zu lernen. Ich konnte tausende Stunden ruhig und mit coolem Gesichtsausdruck mit einem Bierchen in der Hand in einer Disco auf die Anmache eines Mädchen warten (die warteten übrigens auch, ein System, das zum Scheitern verurteilt war). Da war keine Zeit für japanische Vokabeln, ein „Tierarten-App“ oder Lehrbuch. Sorry.

Jetzt versuche ich nur meinem kleinen Christian, zwei Tage alt, die Flasche richtig zu geben und die Windeln ordnungsgemäß zu wechseln. Er schaut dann immer mit großen Augen auf seinen allwissenden, übermächtigen und tollen Vater.
Wenn er wüsste…

 

Die exakte biologische Klassifizierung ist was für Experten und Klugscheißer –
und -
so will ich ergänzen -
Liebhaber, die mit Tomaten kommunizieren und, weil sie mit Flora und Fauna einfühlsam sprechen, deren Systematik und Benamsung kennen vom individuellen über die Species zum Genus mittenhinein in die Familie und alles korrekt. Da heißt dann die Weihnachtstanne zu ihren Lebzeiten Abies, eine Pinaceae aus der Familie derer zu Coniferae und / oder Pinidae usw., was es immer schon gegeben hat,

lieber Wallauer,

und nicht erst seit der Erfindung des Buchdrucks und / oder der Reproduktion des Kunstwerks. Insofern ist die kleine Skizze –
mancher wird nach der Geschichte fragen, die ich durchaus in der scheinbaren Umkehrung der Erziehungsverhältnisse zu erkennen meine und sich also tausendfach oder doch eher unzählige Male wiederholt–
also diese kleine Skizze nichts neues, wenn im 16. Jh. der Bauernlümmel mit Hang zu einem Nönnchen (oder im inoffiziellen Falle: dem Hang zum Mönchlein) seinem Vater aus dem Buch der Bücher oder einem fliegenden Blatt vorliest, was nichts am Lob des kleinen Christian an seinem – wie ich denke – väterlichen Freund ändern darf.

Er schaut dann immer mit großen Augen auf seinen allwissenden,]übermächtigen und tollen Vater.
Wie sagt doch schon Erasmus anno 1511 im Lob der Torheit: „Zunächst wisst ihr alle, dass uns die Kinder in Ihren ersten Lebensjahren bei weitem am meisten gefallen und am teuersten sind. Warum aber lieben, küssen und herzen wir die Kleinen so innig, warum schirmt sie sogar ein Feind in der Not? Weil die Natur, die alles weise lenkt, mit gutem Vorbedacht den Neugeborenen den verlockenden Reiz der Torheit aufgeprägt hat, durch
den sie das Vergnügen, das sie erwecken, noch steigern und so die Mühe ihrer Erzieher versüßen und die Gunst ihrer Beschützer gewinnen.“

Und also lernt ein törichter Mensch wie ich noch aus Deinem kleinen Text, und sei’s nur über die Bedeutung des Verbs trielen (süddeutscher Ausdruck für „sabbern“, wie der Rechtschreibduden verrät), was dem Popeln dann wieder abgeht

Unsereiner trielte in seiner Kindheit nur rum, pobelte in der Nase …
Pobeln kennt er aber nur in der Umlautung, doch wer pöbelte sich schon in der Nase? Wär hätte je Spaß empfunden, wenn ihm die Nase blutete?

Und eine Vermisstenanzeige gibt’s zu einem Komma und gibt,

lieber Bernd,

einen angenehmen, weil realistischen Abschluss der Geschichte:

Ich hatte andere Sorgen in der Jugend[,] als zu lernen.

Gern mal wieder was von Dir gelesen vom

Friedel

 

Vielen Dank Friedel für die Hinweise!

Da die Geschichte wahr ist, bin ich derzeit etwas beschäftigt und es wurde eher eine Glosse als eine Satire. Asche über mein Haupt (neben allem, was schon in den letzten Tagen darauf landete; also Nutella, Milch und ein Brotstück mit Schmierwurst).

 

Hallo Wallauer,

dein Text ist vom Thema her nicht schlecht.

Ich bezeichne ihn als Text, weil mir die Geschichte fehlt.

Es fehlt eine sich durch die Geschichte ziehende Handlung, ein Spannungsbogen, einfach auch das Erzählerische.

Vielleicht magst du dich des Themas doch noch einmal annehmen und aus dem Text eine Geschichte formulieren, z.B. wie so ein Tag aus der Sicht des Vaters abläuft oder aber, was dann satirische Elemente hätte, aus der Sicht des Sohnes, der berichtet, was für ein Looser der "Alte" ist und wie unterentwickelt er sich gegenüber ihm verhält. :D
Das könnte eine feine satirische Geschichte werden.

Deine Bemerkung, es sei mehr eine Glosse als eine Satire bedarf der Richtigstellung: eine Glosse ist es eher nicht, weil ihr die satirischen Elemente fehlen oder die polemischen. Es ist eher momentan ein kleiner humorige Text der Selbstreflexion, der Autor lacht quasi über sich selbst.


Würde mich freuen, wenn du das Thema nochmals angehst.


Lieben Gruß

lakita

 

Hallo Lakita, vielen Dank für den Kommentar.
Da hast Du vollkommen recht, ich gehe die Sache nochmal an. Da es sich aber um eine ziemlich wahre Geschichte handelt, brauche ich wohl noch einige Tage.

PS:
Looser finde ich dann aber doch übertrieben ;-)

Gruß
Bernd

 

Hallo Wallauer-Bernd,

das freut mich sehr, dass du das Thema nochmals angehen willst, es ist nämlich ein feines Satirethema.

"Looser" IST übertrieben, gar keine Frage, aber Satire darf, ja muss übertreiben.
Du hättest die Chance eine echte Satire zu schreiben, wenn du aus der Sicht des Sohnes erzählst, der hochgradig kritisch seinen Vater betrachtet und sich so seine Gedanken um dessen Zukunft macht. Und du könntest alle diese Erlebnisse in überzogener Weise darstellen.

Aber, das erkennst du sicherlich richtig, dazu bedarf es des genügenden emotionalen Abstands zu seinen eigene Erlebnissen. Erst, wenn es dir locker gelingt, dich selbst durch den Kakao zu ziehen, ohne dass er dir bitter schmeckt danach, solltest du dich an die Bearbeitung des schön zeitgeistigen Themas heranmachen.

Viel Glück und Erfolg wünscht

lakita

 

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