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Coitus Mortale

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24.09.2000
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Coitus Mortale

Coitus Mortale

Es war das Gefühl, wiedergeboren zu sein, das Mikes Herz berauschte und ihm das Leben so rund und vollkommen vor Augen führte. Er war in die Stadt gekommen, um fruchtbaren Boden zu finden, fühlte er sich doch selbst wie ein Keim, der überreif darauf drängte, sich zu öffnen und Wurzeln zu schlagen. So viel Geist, so viel Mut und so viel Energie floss durch seine Venen, dass er in dem kleinen Dorf, das er freudig verlassen hatte, zu explodieren drohte. Doch nun war er in der Stadt und fühlte sich wie ein Löwenzahnsamen, den der Wind in einen unendlich großen Blumentopf getragen hatte. Kaum gelandet, hatte er auch schon begonnen, Wurzeln zu schlagen. Ein Ausläufer in der Phosphatstraße des riesigen Blumentopfes, seine eigene Anwaltskanzlei, und ein zweiter in der Kaliumoxidgasse, seine Wohnung, sein Apartment, sein Reich.
Alles war so schnell und so unproblematisch gegangen, dass er befürchtete, sich selbst in einen Traum wieder zu finden. Doch er träumte nicht, er wachte und verspürte nicht einen Anflug von Müdigkeit. Er wollte auch nicht schlafen, konnte nicht. Nie mehr. Er wollte leben.
Und so suchte er an diesem Tag, am Tag der Vertragszeichnungen und Möbelwagenlieferanten, den hiesigen Nachtklub auf, ein nobles und teures Lokal, dessen basslastige Musik und die synchronen Bewegungen der oberen tausend Mittzwanziger, den Boden und die Wände erzittern ließen. Eine weitaus hedonistischere Möglichkeit, als seine Zeit in der Benommenheit seines eigenen Verstandes zu fristen. Scheinwerfer reflektierten buntes, grelles Licht in jede Ecke des Tanzsaales. Es wurde von Mikes Augen aufgenommen, von seinen Synapsen weiter getragen und schließlich von seinem Verstand als ein weiteres Indiz für die paradiesischen Umstände in seinem Leben aufgefasst.

So lehnte er an der Bar, beobachtete die Menge anderer junger, erfolgreicher Löwenzähne und lächelte, als er eine warme, zarte Hand auf der seinen spürte. Er blickte sich um und sah blaue, meeresgleiche Augen, sonnenscheiniges Haar und den Körper einer Frau, der seine Vorstellung von Fruchtbarkeit personifizierte.
„Mein Name ist Michelle“, flüsterten Lippen an seinem Ohr und trotz der schallenden Musik verstand er die Worte genau. „Michelle“, welch wohlklingend Name, wie fremd, wie städtisch, wie schön.
„Mike“, schrie er zurück, auf sich deutend und sich selbst verdammend, da er ihr nicht mit der gleichen Eleganz und Eloquenz entgegenkam.
Doch sie, Michelle, distanzierte sich nicht. Im Gegenteil. Sie verringerte den geistigen und körperlichen Abstand, in dem sie ihren Körper an seinen drückte und sprach: „Ich wohne nicht sehr weit von hier. Komm mit und sein mein Erlöser!“
Er vermied es, wieder ungeschickt auszusehen, indem er nichts sagte, trank sein Glas aus und folgte der Versuchung.

Sie wohnte wahrlich nicht weit. Sie durchquerten einige Gassen, die, obwohl sie dunkel und vom Regen übergossen waren, Mike wundervoll und lebendig vorkamen. Alles war so vollkommen, sein Leben hatte er auf wunderbare Weise gestaltet und nun hatte er eine Frau getroffen, oder sie hatte ihn getroffen, deren Hüften nicht einladender, deren Brüste nicht wohlgeformter und deren Wesen nicht williger sein konnten. Das war das Leben. So ist es vorgesehen, so soll es sein.
Als sie in der Wohnung der Frau mit dem harmonischen Namen ankamen, vollzogen sie den Tanz der Liebenden. Sie küssten sich und Mike fühlte, dass es richtig war, dass mit jeder weiteren Handlung, die sie nun ausführen würden, er auf der Suche nach dem Leben dem Ziel näher kommen würde, dass Michelle ein weiterer Ausläufer seiner Wurzel war, der ihm Kraft gab, zu wachsen und das Paradies zu finden.
Er berührte ihren heißen, weiblichen Körper, spürte ihre Hände auf seinem, roch ihr Parfum und ihren eigenen Duft, hielt dem Druck ihrer Hüften entgegen und versank im Leben, das aus nacktem Fleisch, Keuchen, Drehen, Drücken, Halten und Loslassen bestand. Er kostete sie, verleibte sich ihr ein, suhlte sich in ihr. Feuchtigkeit, die immer mehr zu einem Strom wurde, tränkte die Erde der Extase und ließ seltsame Pflanzen gedeihen. Die Welt drehte sich und in diesem Moment - kurz vor dem kaum irdischen Ende, in dem er sich vorkam, wie ein in die Luft katapultierter Spielball, der kurz bevor er wieder hinunterfällt in der Luft stehen bleibt - genau in diesem Moment verspürte er das Glück als vollkommenes Gefühl, als einzig erstrebenswertes, göttliches Geschenk, dem gegenüber so viele Menschen einfach blind waren. Ja, das war das Leben, nur so konnte es sich Gott für seine Menschen gewünscht haben.
Eine heiße Flutwelle ergoss sich über das Land, vermischte sie und ihn und machte sie für kurze Zeit zu einer einzigen Einheit im großen Ganzen des Universums. Dann entschwand ihr beider Bewusstsein in einem gemeinsamen, bewusstlosen Schlaf.

Doch dieser Schlaf hielt nicht lange. Bald erwacht Mike und richtet sich, von lauten Geräuschen geweckt, in dem fremden Bett verdattert auf.
„Was ist denn los?“, fragt er das verschwommene Bild, das ihm seine Augen zeigen.
„Ich habe etwas gesucht“, erklingt eine bekannte Stimme und Mike lächelt, sich erinnernd. Genau, das Leben.
Er reibt sich die Augen und kann schließlich Michelle erkennen, die ein Blatt Papier in der Hand haltend, nackt am Fensterbrett des geöffneten Fensters sitzt. Sie ist wunderschön, denkt er und mit neu erlangter Erregung schlendert er zu ihr.
„Ist dir nicht kalt“, fragt er sie.
„Ist das denn wichtig?“
„Wohl kaum“, grinst er. Sie empfindet wohl die gleiche, innere Wärme wie er.
„Ich möchte, dass du etwas liest.“
„Etwas lesen?“, sagt er etwas mürrisch. Wieso sollte er denn jetzt etwas lesen wollen? Am schönsten Tag seines Lebens? „Was ist es denn?“
„Das hier.“ Sie gibt ihm den Zettel. „Und lass dir Zeit.“
Er nimmt ihn und schlendert zu dem Tisch, der mitten im Zimmer steht. Er setzt sich und beginnt zu lesen. Entspannt und zufrieden fängt er an, doch mit jedem Satz verkrampft sich sein Herz mehr und sein Verstand rutscht aus und schlittert ins Unbekannte. Er liest, liest und liest, presst seine Augen zu schmalen Schlitzen zusammen, um nichts Falsches zu lesen. Und schließlich fällt er. Fällt vom Paradies vertrieben auf die Erde zurück.
Als er den letzten Satz erreicht hat, beginnt er von neuen, liest den ärztlichen Befund immer und immer wieder. Doch auch nach dem vierten Mal stehen die schwarzen Buchstaben hart und unverändert vor dem weißen Hintergrund.
„Positiv?“, winselt er.
„HIV-positiv. Ja.“
Tränen laufen über Mikes Gesicht. Es sind Tränen der Verzweiflung. Wie konnte ihm das jetzt passieren? An dem schönsten Tag seines Lebens? Es war erst eineinhalb Stunden her, als er zu leben begonnen hatte, beginnt er nun zu sterben? Das kann nicht sein! Das ist unmöglich! Unbesiegbar war er, unerreicht! Unmöglich kann das nun sein. Er träumt, es müsse doch ein Traum sein. Ein schrecklicher Traum, ein peinigender Traum. Er ist doch im Paradies gewesen! Wie konnte das so schnell aus sein. Er habe doch nichts Schreckliches gemacht.
Die Gedanken an seine Anwaltskanzlei und an seine Wohnung entflammen sich und verbrennen sein verwirrtes Herz, zerstören seinen Verstand.
„Wie konntest du das tun...“, sagt er leer zu der Frau am Fenster, deren wirklicher Name laut Protokoll gar nicht Michelle ist. „Wie konntest du so etwas nur tun?“ Diesmal brüllt er und hört wie seine Stimme vom Hof vor dem Fenster widerklingt. Ihm ist auf einmal so unglaublich kalt. Es ist der Tod, der ihn nun holt. Weg vom Leben, das gibt es nun nicht mehr. Der Keim ist verdorrt, hat durch seine Wurzel tödliches Gift aufgesogen und wird nun langsam vergehen. Der Boden, auf dem er gelandet ist, ist nicht fruchtbar, er ist verseucht. Verseucht durch Millionen von selbst gemachten Giften!
„Es ist ein Spiel, lieber Mike, ,Coitus Mortale’. Mach dir nichts daraus.“ Erzählt die Frau am Fenster gelassen, die mit keinem einzigen Haar mehr Michelle ist. „Vor drei Monaten hat es mich erwischt. Bin verführt worden, verzaubert und schließlich verteufelt. Es zerstört all unsere Träume, alle Pläne und das Leben, das wir lebten, ist vorüber. Es ist ein Spiel, Mike. Es zerfrisst den Verstand, zersetzt jedes Gefühl, so lange, bis du nur noch daran denkst, Rache zu üben. Rache an dem Menschen, der dir das angetan hat und schließlich an einem Menschen, der so ist, wie du selbst es warst, glücklich, unbekümmert und von seinem eigenen Paradies so gefangen genommen, dass er an nichts mehr denkt. Du warst so wie ich damals. Ich sah die Zufriedenheit in deinem Lächeln. Und ich sah die ignorante Dummheit, die dabei mitschwang. Du warst perfekt.“
Mike hört nicht viel von dem, was die Frau sagt. Sein Verstand hat sich verkrochen, er ist winzig klein geworden. Er hat Angst. Angst vor dem, das Mike nun führen wird.
Wieder rinnen Tränen seine Wangen hinunter, doch diesmal sind es Tränen des Zorns und unmenschlichen Hasses auf sich und die Frau vor dem Fenster.
„Du...“, beginnt er, doch mag ihm kein rechter Ausdruck für das einfallen, was sie ihm angetan hat.
Der Gesichtsausdruck der Frau bleibt gelassen, ja beinahe erwartungsvoll, so als würde ihre lang erhoffte Erlösung bald eintreffen.
Mike springt auf und der Tisch, hinter dem er gesessen ist, fällt laut zur Seite.
„Du Mörderin!“, keucht er und stapft auf sie zu. „Du Teufel!“ Er kommt ihr immer näher.
Die Frau am Fenster schließt die Augen. Sie lächelt.
„Du verdammtes Biest!“ Mike hat sie beinahe erreicht. Der Zorn und die Wut in seinem Verstand sind übermächtig. Der Keim, der einst auf anscheinend so fruchtbarem Boden gelandet ist, stirbt.
Mike erfasst die Hände der Frau. „Du elendiges Miststück!“ Doch statt der erhofften Angst in ihren Augen, sieht er nur ihr erwartungsvolles Lächeln. Voll Abscheu stößt sie Mike vom Fensterbrett. Er hört sie noch „Danke!“ flüstern und dann fällt sie. Er weiß nicht mehr, in welchem Stockwerk er sich befindet, aber sie fällt lange, stumm, ohne einen Laut von sich zu geben.
Schließlich hört er den Aufprall und das Brechen von Knochen.
Er beginnt zu schreien...

Brigitte wird glücklich sein, in den nächsten Wochen, zum ersten Mal seit langem. Seitdem sich ihre Eltern vor fünf Jahren haben scheiden lassen, ist sie nicht mehr richtig glücklich gewesen. Doch das Glück, das sie da verspüren wird, wird nicht lange bei ihr verweihlen.
„Komm schon, Brigitte!“, wird ihre Freundin rufen und nur knapp die laute, basslastige Musik des Nachtclubs übertreffen. Doch Brigitte wird abwinken. Ihr eigenes Paradies wird sie gefangenhalten und ihre Sinne trüben.
So wird sie dann an der Bar bleiben, wird die Menge junger, erfolgreicher Schulabsolventen beobachten und lächeln, bis sie eine warme, kräftige Hand auf der ihren spüren wird. Wenn sie dann zur Seite sieht, wird sie einen großen, gut aussehenden Mann erblicken können.
„Mein Name ist Michel“, werden Lippen an ihrem Ohr flüstern und trotz der schallenden Musik, wird sie die Worte genau verstehen. „Michel“, welch schöner Name.
Die Überraschung und die Freude über ein so nettes, attraktives Gesicht werden ihre Zunge lähmen, doch der Mann wird sich nicht distanzieren. Im Gegenteil.
„Ich wohne nicht weit von hier“, wird er sanft an ihr Ohr hauchen. „Willst du meine Erlöserin sein?"
Und ja, das wird sie wollen. Sie wird austrinken und ihm folgen.

 

hi!

also ich muss schon sagen, deine geschichte hat mich umgehauen. die bildreiche sprache in bezug auf biologie stimmt perfekt mit dem inhalt überein (HIV). doch nicht nur diese bilder, sondern auch all die anderen.

"dass Michelle ein weiterer Ausläufer seiner Wurzel war, der ihm Kraft gab, zu wachsen und das Paradies zu finden"

"hat durch seine Wurzel tödliches Gift aufgesogen und wird nun langsam vergehen"

"Bin verführt worden, verzaubert und schließlich verteufelt"

"Eine heiße Flutwelle ergoss sich über das Land, vermischte sie und ihn und machte sie für kurze Zeit zu einer einzigen Einheit im großen Ganzen des Universums. Dann entschwand ihr beider Bewusstsein in einem gemeinsamen, bewusstlosen Schlaf."

besonders angesprochen hat mich die art, wie du die erotikszene dargestellt. ohne konkret zu sagen, was die beiden miteinander machen, schaffst du zauber
und erotik herbei. sprachlich sehr stark.

das thema ist ernst. und es ist ein spiel. ganz großartig.
und dadurch, dass der prot. michelle aus dem fenster stößt, kann seine reaktion auf die nachricht gar nicht mit zu wenig emotionen dargestellt werden. klug gemacht.

das ende kam für mich überraschend. zuerst wusste ich nicht, was diese birgit hier sollte, habe es dann aber ganz schnell kapiert. dennoch bleibt die spannung bis zum schluss. mir war ganz unheimlich dabei zumute.

einige fehler stören etwas beim lesen:

"trotz der schallenden Musik, verstand er die Worte genau"
-> kein komma

"welch wohlklingend fremder Name, wie städtisch, wie schön"
-> vielleicht besser: "welch wohlklingender name, wie fremd, wie städtisch, wie schön."

"in dem er nichts sagte"
-> hier: indem er nichts sagte
in dem betrifft nur Räumlichkeiten

"Sue durchquerten einige Gassen"
-> Sie

"deren Brüste nicht wohlgeformte"
-> wohlgeformter

"und Mike fühlte, das es richtig war"
-> dass

"hielt den Druck ihrer Hüften entgegen"
-> dem;

"genau in diesem Moment, verspürte er das Glück als vollkommenes Gefühl, als einzig erstrebenswertes, göttliches Geschenkt"
-> erstes Komma weg
-> Geschenk

"gegenüber dem so viele Menschen einfach blind waren"
-> dem gegenüber

"und Mike lächelt sich erinnernd"
-> als er sich erinnert

"und mit neu erlangter Erregung, schlendert er zu ihr"
-> kein Komma

"der Mitten im Zimmer steht"
-> mitten

"nichts falsches"
"nichts schreckliches"
-> nichts Falsches, nichts Schreckliches: Wörter nach "nichts" werden immer groß geschrieben

"Der Kein ist verdorrt"
-> Keim

"Mike hört nicht viel von dem, was die Frau gesagt hat"
-> sagt: weil Gleichzeitigkeit: er kann ja nur dann nicht hören, was sie sagt, während sie es sagt

"„Du Teufel“ er kommt ihr immer näher"
-> "Du Teufel!" Er kommt...

"in welchen Stockwerk"
-> in welchem

"seit langen"
-> seit langem

"„Ich wohne nicht weit von hier“, hauchte er sanft an ihr Ohr, „Willst du meine Erlöserin sein?“"
-> an ihr Ohr. "Willst..."
oder
-> an ihr Ohr, "willst..."

liebe grüße,
kardia

 
Zuletzt bearbeitet:

Lieber Peter!

Wahnsinn, wenn jemand so denkt und so verantwortunglos handelt.
Mir gefällt Deine Geschichte sehr gut, auch wenn ich nicht denke, daß derartiges Handeln etwas Alltägliches darstellt. Die Gefahr, sich anzustecken, ist hingegen sehr alltäglich, und wenn ich richtig schlußfolgere, dann war Deine Intention wohl eine Art Warnung zur Vorsicht. Man kann nie wissen, was jemand im Schilde führt, selbst, wenn er/sie noch so lieb und nett und schön ist.

Den zweimaligen Zeitenwechsel finde ich nicht so glücklich, wobei mich der erste nicht gestört hat, vielmehr der zweite – fände es besser, wenn Du am Schluß weiter in Gegenwart schreiben würdest. ;)

Ein paar Kleinigkeiten hab ich noch:

»als er eine warme, zarte Hand auf der seinigen spürte.«
– „seinigen“ ist recht umgangsprachlich, und da Du eigentlich ein eher wohlgeformtes Deutsch verwendest, würd ich „auf der seinen“ schreiben

»Sue durchquerten einige Gassen, die, obwohl sie dunkel und vom Regen genässt waren,«
– Sie
– genässt find ich irgendwie komisch, „nass“ würd ich schreiben

»deren Brüste nicht wohlgeformte und deren Wesen nicht williger sein konnten.«
– wohlgeformter

»Mike fühlte, das es richtig war, dass mit jeder weiteren Handlung, die sie nun ausführen würden, er seiner Suche nach dem Leben näher kommen würde,«
– dass es richtig war
– Meinst Du wirklich, daß er der Suche näher kommt, oder müßte es nicht eher heißen: „er auf seiner Suche dem Leben näher kommen würde“?

»Er berührte ihren heißen, weiblichen Körper, spürte ihre Hände auf seinen, roch«
– wenn Du meinst, er spürte ihre Hände auf seinen Händen, ist der Satz richtig, wenn es eher so sein soll, daß er ihre Hände auf seinem Körper spürt: „ihre Hände auf seinem

»als einzig erstrebenswertes, göttliches Geschenkt«
– Geschenk

»Doch dieser Schlaf hält nicht lange. Bald erwacht Mike«
– wenn Du diesen Zeitenwechsel läßt, würd ich ihn erst ab dem Erwachen machen („Doch dieser Schlaf hielt nicht lange. Nun erwacht Mike …“)

»Mike lächelt sich erinnernd.«
– lächelt, sich erinnernd

»Er nimmt ihn und schlendert zu dem Tisch, der Mitten im Zimmer steht. Er setzt sich und beginnt zu lesen. Entspannt und zufrieden beginnt er, doch mit jedem Satz verkrampft er sich und rutscht im Geiste aus. Er liest, liest und liest, presst seine Augen zu schmalen Schlitzen zusammen, um nichts falsches zu lesen. Und schließlich fällt er. Fällt vom Paradies vertrieben auf die Erde zurück.
Als er den letzten Satz erreicht hat, beginnt er von neuen,«
– der mitten im Zimmer
– nichts Falsches
– von Neuem
– ein bisserl zu viele „er“ und gleich dreimal „beginnt“ – vielleicht bringst Du das ja anders hin ;)

»„HIV Positiv. Ja.“«
– HIV-positiv

»Er habe doch nichts schreckliches gemacht.«
– nichts Schreckliches

»„Wie konntest du das tun?“, sagt er leer«
– entweder würd ich „fragt“ schreiben oder das Fragezeichen weglassen

»Der Kein ist verdorrt, … Verseucht von Millionen von selbst gemachten Giften!«
– Keim
– würde „von Millionen verseuchter Gifte“ schreiben

»Erzählt die Frau am Fenster, die mit keinem einzigen Haar mehr Michelle ist, gelassen.«
– würde das „gelassen“ schon im ersten Teil dazuschreiben, hinten wirkt es so drangehängt

»Es zerstört all unsere Träume, alle Pläne und das Leben, das wir lebten ist vorüber.«
– lebten, ist vorüber

»„Du Teufel“ er kommt ihr immer näher.«
– Teufel.Er

»Der Keim, der einst auf anscheinend so fruchtbaren Boden gelandet ist«
– so fruchtbarem Boden

»Brigitte war glücklich, zum ersten mal seit langen.«
– zum ersten Mal seit langem

»Aber das Glück, das sie nun nach ihrem Schulabschluss und vor der Zeit an der Universität verspürte, war ihr seitdem sie sechzehn war, verwehrt gewesen.«
– der Satz erscheint mir fast ein bisschen zu kompliziert, mach vielleicht zwei draus, die besser verständlich sind

»als sie eine warme, kräftige Hand auf der ihrigen Spürte.«
spürte
– wie oben würd ich hier “auf der ihren” schreiben

»hauchte er sanft an ihr Ohr, „Willst du meine Erlöserin sein?“«
– Punkt nach Ohr


Die Geschichte hat mir wirklich gut gefallen!

Liebe Grüße,
Susi :)

 

Hallo Peter,

da zieht einer ins Leben hinaus, mit magischer Leichtigkeit organisiert er sein Leben, alles entwickelt sich perfekt, als ob es dem Prot. so zustehen würde. (Aus irgendeinem Grund mußte ich an den `Taugenichts´ denken).
Wenn Gott eine Vorlage brauchen würde, um zu sehen, wie man Menschen glücklich macht, müßte er den Protagonisten als Vorbild nehmen. Die Erwähnung von Gott fand ich gelungen, weil sie die `Überirdigkeit´ seines Glücksgefühls gut beschreibt und das Gesagte auf die Menschen an sich übertragen wird.
Die Geschichte bekommt eine über die Einzelschicksale hinausgehende Bedeutung durch das Motiv des `Andere mit in den Abgrund reißens´, den Kontrast von `Self Made Man´ und Schicksalsschlag.

Gut gelungen ist der Aspekt der morbiden Logik: Was man selbst als bösartig empfunden hat, tut man anderen an, verklärt es noch als die Chance, `Erlöser´ sein zu können. (Es gab auch schon einen Diktator, der sein Volk von der Unwürdigkeit seiner `Größe´ nicht entsprechen zu können, erlösen wollte).
Ein guter Text, mit treffenden Bildern und einer weitgehenden Aussage.

(Dass der Prot. nach dem Mord an der Frau noch die Möglichkeit zu morden hat, ist etwas unwahrscheinlich).

Dies verstehe ich nicht ganz:

„Angst vor dem, das Mikes Gehirn nun leiten wird.

„hinter dem er gesessen ist, fällt laut zur Seite“ - wer? Der Tisch, also `dieser´?

LG,

tschüß... Woltochinon

 

Lieber Peter,

endlich komme ich mal dazu wieder eine deine Geschichten zu lesen und darüber eine Kritik zu schreiben.
Dein Schreibstil ist nach wie vor beeindruckend und der von dir gewählte Plot, der für sich genommen ja nicht sehr ungewöhnlich ist, gut verarbeitet.

Ich bewundere immer wieder wie es dir gelingt Geschichten zu erzählen. Als deine Leserin finde ich, es steckt in deinen typischen Peter-Hrubi-Geschichten immer gute Unterhaltung, Tiefgang und dazwischen finden sich Formulierungsperlen. Deine Geschichte hat mir also gefallen!

Was mich allerdings etwas gestört hat, war die Unvermitteltheit mit der du quasi die zweite Geschichte drangehängt hast, also der Teil, der von Brigitte und dem Protagonisten handelt. Hier hab ich als störend empfunden, dass ein so harter kompromissloser Absatz dazwischen war, keine Überleitung, kein Hinüberfließen. Für meine Begriffe nicht gut gelungen.
Ich habe mir Gedanken gemacht, wie man es ändern könnte und stelle dir zur Diskussion, ob es nicht eventuell Sinn machen könnte, wenn du mit Brigitte anfängst und dann die Geschichte deines Protagonisten als große Einblendung (und ja eigentliche Geschichte) dahinter setzt. Ich könnte mir vorstellen, dass dann der Teil mit Brigitte nicht so fremd am Rande stehen bliebe.
Aber wie alles, ist auch dies hier reine Geschmackssache.

Lieben Gruß
elvira

 

Hi Kardia!

Freut mich, dass dir meine Geschichte gefallen hat. Ich habe schon einige Mal eine erotische Handlung beschrieben, aber das erste Mal so. Auch ich fand die Idee des Bio-Bild passend.
Vor allem: Vielen Dank für die Korrektur!!! Wahnsinn, wieviel Arbeit du dir angetan hast. Ich werde sie in nächster Zeit durchgehen. Dazu brauch ich aber Zeit, darum kann ichs nict klein machen.
Vielen lieben Dank für deine Kritik!


Liebe Susi!
Die Geschichte behandelt wirklic nichts alltägliches, aber ich hab sie trotzdem hier gepostet, da nämlich - wie du richtig sagtst - die Gefahr sich anzustecken groß ist und auch das brutale Herausreißen aus seinem eigenen Glücksgefühl.
Du hast mich schon fast richtig gedeutet: Man weiß nie, was sein Gegenüber im Schilde führt. Meine Betrachtungsweise war aber die umgekehrte: Man slbst sollte sich nie zu sicher fühlen. Auch wenn das Leben perfekt zu sein scheint, ist das Glück zerbrechlich und man sollte nicht leichtfertig damit umgehen.
Den ersten zeitenwechsel wollt ich unbedingt, daer passt. Der zweite war nur noch eine Notlösung. Ich wusste nicht, wie ich wieder zurückführen sollte. Vielleicht schreibe ich wirklich in der Gegenwart weiter. Mal sehen.
Auch bei dir sage ich es: Leider kann ich mich noch nicht um deine Verbesserungen kümmern. Ich war die letzten Tage krank im Bett und muss jetzt schön langsam die Sachen aufholen, die ich da versäumt habe. Ich werde sie aber auf jeden Fall berücksichtigen. So etwas wertvolles darf man nicht ignorieren.
Vielen Dank dafür!


Hi Woltochinon!
Vielen Dank für deine interpretative Kritik. Ich habe versucht, das Glück ds Protagonisten so "göttlich" wie möglich darzustellen um den Kontrast in der Mitte der Geschichte möglichst deutlich zu machen. Freut mich dass es dir aufgefallen ist.
Und was die morbide Logik angeht, ich war schon immwer ihr größter Fan! :xxlmad:
Vielen dank für dein Statement!


Liebe Elvira!
Vielen Dank für deine Kritik. Die ersten Zeilen schmeicheln mir ja ungemein. Würden meien Bücher von Verlagen heruasgegeben werden, so würde ich dir von jeden einzelnen ein persönliches, handsigniertes Exemplar zukommen lassen.
Bis dahin musst du dich mit meinem Dank zufrieden geben! :)
Zu deiner Kritk: Die ursprüngliche Fassung dieser Geschichte war eigentlich so aufgebaut, wie du es vorgeschlagen hast. Es war ein wenig wie der Film "Mementon" aufgebaut. Es gab die Rahmenhandlung mit Brigitte und während diesem Absatz erfährt man die eigentlich Motivation hinter Mike.
Ich fand es aber sehr verwirrend und sehr undurchsichtig, was mir schon bei so vielen meiner Geschichten passiert ist "siehe: "Der Gefangene"!), dass ich diesen Plot nicht für ein weiteres Experiment "opfern" wollte!
So entschied ich mich für die jetzige Form, die ich nicht mehr ändern möchte.
An der Unvermittelheit könnte ich aber noch arbeiten. Da hast du wahrscheinlich recht.
Vielen Dank für dein Posting!


Liebe Leute, Danke für's Lesen und fleißige Kritisieren. Gut gemacht! :thumbsup:

Schöne Grüße aus Wien, euer Peter

 

Liebe Leserinnen und Leser!

Habe mich nun eurer Kritik angenommen und alle Fehler verbessert. Nun kann man sie wieder gut lesen.

Der letzte Abschnitt ist nun in der Gegenwart. Nach der Zeitenfolge müsste er eigentlich im Futur geschrieben sein, aber ich kenne keinen Text in der Zukunftsform. Das trau ich mich nicht.

Lg, Peter Hrubi

 

Nach der Zeitenfolge müsste er eigentlich im Futur geschrieben sein, aber ich kenne keinen Text in der Zukunftsform. Das trau ich mich nicht.
Hm, warum eigentlich nicht? Ich fände die Idee gut! Hast Du schon probiert, es in Zukunft zu schreiben? Also z.B. "Morgen wird Brigitte glücklich sein, zum erstem Mal seit langem. Seit sich ihre Eltern vor fünf Jahren scheiden ließen, war sie nicht mehr richtig glücklich ..." - geht doch, oder? (abgesehen von der Wortwiederholung "glücklich"...) ;)

Liebe Grüße,
Susi :)

 

Hm...Weißt was? Ich werds probieren und dann sagst mir, wie's dir gefällt!

 

Servas Peta,

Wahnsinnsgeschichte, bin noch ein wenig benommen. Hat für mich eher metaphorische Bedeutung, eine Parabel, ja eine Parabel.

Hör gerade Fendrich, jede Rosn locht di aun befoas di sticht, weu ma Dornen übersicht... paßt haargenau zu der Geschichte, könnt gar nicht besser passen, was für ein Zufall!

Gut geschrieben, auch vom Stil her. Jetzt kommt Echna der Erbsenzähler:

coito mortale (Italienisch, wie der "salto mortale", auf den sich der Titel bezieht)

coitus mortifer (Latein)

kommt von: coeo, coire, coii, coitum = zusammenkommen, sich vereinigen, sich verbinden, zusammenstoßen (Feinde), sich sammeln (milit.),


das lateinische "mortalis" heißt sterblich, aber nicht todbringend, tödlich wie es im Titel gemeint ist. Das italienische "mortale" allerdings schon, vertrixt ich weiß...

So genug der Haarspalterei.

Kleinigkeiten:

hieltlt

gelassen haben

"sich haben scheiden lassen" gefiele mir persönlich besser


nett


Eine faszinierende Geschichte, die surreal angesetzt, meiner Empfindung nach, eine Parabel. Auch von der Namensgebeung her, Namen, die sich auch als unecht, vorgespielt herausstellen, hervorragend.

Ein literarischer Genuß!

liebe Grüße Echna

 

Hi Echna!

Danke für deine wertvolle Kritik! Es hat mich eigentlich gewundert, dass noch niemand den Titel kritisiert hat. Ich hab ihn aufgrund fehlender latein und italienisch Kenntnissen, ehrlich gesagt auf gut Glück gewählt. Dachte "mortale" ist latei, aber dann ist es wohl "salto" auch nicht.
Aber was soll ich nun tun. Zum einen könnte es ruhig ein etwas trivialer Name sein, da "mortifer" nur schwer zu verstehen ist und der Titel schon etwas aussagen soll. Allerdings ist das Spiel, das so heißt, so höllisch und so brutal und so unglaublich unmenschlich, dass ihm nur ein richtiger, intelligenter Titel gerecht wird.
"Coitus" möchte ich aber schon gar nicht ändern, denn zum einem weiß soziemlich jeder was das ist, zum anderen sind die anderen bedeutungen sehr treffend ("zusammenstoßen (Feinde), sich sammeln (milit.)).

Tja, ich überlege also zwischen "coitus mortifer" und dem alten Titel. Da du ja Latein beherrscht, stört es dich denn sehr? Für mich hört es sich gut an, aber mit Deutsch, englisch, Französisch fang ich da nix an.
Wär dir für ein paar kleine Tipps diesbezüglich sehr dankbar.

Sons hab ich die Fehler, die du gefunden hast ausgebessert und freue mich sehr, dass dir die Geschichte gefallen hat. Auf "Parabel" und "literarischer Genuss" bin ich stolz und ich finde auch, dass der letzte Absatz im Futur ganz passend ist. Hat irgendwie etwas hellseherisch unheimliches an sich.

Nochmals vielen Dank,
genieß das scheeige Wetter, Peter

 
Zuletzt bearbeitet:

Lieber Peter!

Ich finde es auch besser so. Nur der Anfang des Absatzes gefällt mir noch nicht so richtig:

Brigitte wird glücklich sein, in den nächsten Wochen, zum ersten Mal seit langem. Seitdem sich ihre Eltern vor fünf Jahren haben scheiden lassen, ist sie nicht mehr richtig glücklich gewesen. Doch das Glück, das sie da verspüren wird, wird nicht lange bei ihr verweihlen.
– „in den nächsten Wochen“ hieße eigentlich, während der ganzen nächsten Wochen. Du wolltest aber, wenn ich mich nicht irre, sagen, daß sie irgendwann in den nächsten Wochen glücklich sein wird. Du könntest natürlich ein „irgendwann“ einfügen… Aber: Da sich „zum ersten Mal seit langem“ meiner Meinung nach mehr auf einen genauen Zeitpunkt bezieht als auf einen Zeitraum von Wochen, und der Erzähler jede Einzelheit so genau weiß, würde ich vorschlagen, daß er auch weiß, wann in den nächsten Wochen das sein wird. Drum hab ich oben in meinem Beispiel „Morgen“ an den Satzanfang gestellt, das kann symbolisch sein oder eben morgen. Du könntest auch schreiben „am Samstag“ oder sonst was..
– „Seitdem sich ihre Eltern vor fünf Jahren haben scheiden lassen“ klingt nicht so toll in meinen Ohren. Mein Alternativvorschlag: Seit ihre Eltern vor fünf Jahren geschieden wurden, …
– verweilen (ohne h)
– vielleicht kriegst Du die beiden „wird“ noch weg (bzw. eines davon)?

Liebe Grüße,
Susi :)

 

Servus Peter,

ich denke, Du könntest den Titel sogar lassen weil's eh kaum jemandem auffällt.

Wennst Latein verwenden möchtest (ich "beherrsche" es leider nicht so, wie ichs gern hätte, seufz) kauf Dir das Standardwörterbuch Latein aus dem Pons-Verlag (ist ausreichend und nicht so teuer). Die Grammatik gibts kostenlos von einer Netzseite der Uni-Wien, sehr gut gemacht, wirklich! www.univie.ac.at/latein

Ad ludos damanati nannte man im Alten Rom jene, die zum Tod durch Spiele verurteilt wurden.

Damnati ad bestias = zum Tod duch Kämpfe mit Tieren

Ludus mortis = Spiel des Todes

coiti causa (wegen des Koitus)

ob coitum (wegen des Koitus)

in ludendo mori = beim Spielen sterben

hab ich jetzt nur so dahingeschrieben...

nochmals, gute Geschichte

 

Seas Susi!

Danke für deinen Vorschlag. Werde es noch ändern. Hab schon eine idee, jetzt brauch ich nur noch Zeit.


Seas Echnaton!

So wie du es vorgeschlagen hast, werde ich den Titel wohl lassen. Ausreden könnte ich mich damit, dass das Spiel von jemanden benannt wurde, der nur einen trivialen Namen dafü gesucht hat. Ich hab schließlich den Namen als Überschrift verwendet.
Ich rede mich sehr gern auf Figuren aus meinen Geschichten aus! :cool:


Euch beiden, vielen Dank für euer Engargement!

Liebe Grüße, Peter

 

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