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Claudia und Christopher

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08.01.2004
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Claudia und Christopher

Claudia stand im Bad, sie war nicht fähig sich zu bewegen, gelähmt von Traurigkeit starrte sie auf das kleine Röhrchen in ihrer Hand.
Nichts.
Kein blauer Streifen.
Kein Baby.
Sie wusste nicht, wie viel Zeit seit dem Test vergangen war, die Kälte der Fliesen kroch an ihren Beinen hoch, ihr wurde schlecht, welch eine Ironie, wieso diese Übelkeit?
Sie zog den Bademantelgürtel enger und ging langsam in die Küche. Mechanisch stellte sie die Kaffeemaschine an, deckte den Tisch, als wäre nichts geschehen. Chris, ihr Mann, brauchte von dieser neuerlichen Enttäuschung nichts zu erfahren. Sie ging ins Schlafzimmer und sah ihm beim Schlafen zu, wie sehr sie sein Gesicht am Morgen liebte, die verwühlten Haare, der sprießende Bartwuchs, der ihm immer etwas Verwegenes verlieh. Chris öffnete die Augen und lächelte. „Hallo, schon wach?“
Sie nickte.
„Steh auf alter Mann, die Sonne scheint.“
Sie gab sich alle Mühe fröhlich zu sein. Aber Chris kannte sie zu gut, er sah den unsichtbaren Schatten, der das Strahlen ihrer Augen verdeckte, zog sie in seine Arme.
„Wir haben noch soviel Zeit.“
„Ich weiß“, bestätigte sie, aber es war nur ein schwacher Trost, sie war sich so sicher gewesen.

Claudia und Christopher, ein Paar wie viele andere, seit zehn Jahren verheiratet, erfolgreich im Beruf, er als Manager einer Versicherungsfirma, sie als Chefsekretärin für einen erfolgreichen Anwalt. Als Chris, wie sie ihn nannte, sie fragte, ob sie ihn heiraten möchte, stellte sie eine Bedingung.
„Ich möchte Kinder, und ich möchte mich um die Kinder kümmern, also sei erfolgreich, damit ich zu Hause bleiben kann.“
Er lächelte. „Genau deswegen will ich dich heiraten.“
Er war erfolgreich, seit drei Jahren versuchten sie nun schon eine Familie zu werden. Zu Anfang war es aufregend gewesen, jedes Mal fragten sie sich, ob es wohl diesmal geklappt hatte, sie stellten sich vor, wie sie nach vielen Jahren an dieses Zusammensein zurück denken würden, wenn der Nachwuchs denn mal fragen sollte, wie er oder sie entstanden war.
Gemeinsam studierten sie Babyzeitschriften, machten sich Gedanken über den Namen, den ihr Kind tragen sollte.
“Was hältst du von Alexander?“, wollte Chris wissen. Claudia rollte mit den Augen, doch noch ehe sie etwas sagen konnte, sprach Chris weiter.
„Bedeutende Persönlichkeiten trugen diesen Namen.“
“Ich möchte nicht, dass unser Sohn Lex gerufen wird, und das wird unwillkürlich daraus“, unterbrach sie ihn.
„Was ist mit Rouven?“
Sie sah ihn erwartungsvoll an.
„Rouven Grandt, meinst du wirklich, das klingt gut?“
“Nein“, gab sie zu, „eigentlich finde ich Christopher schön ...“
“Kommt gar nicht in Frage, unser Sohn soll seinen eigenen Namen haben und nicht ein junior dranhängen müssen, weil seine Eltern zu einfallslos waren“, protestierte er.
“Okay, und wenn wir ein Mädchen bekommen?“
Geheimnisvoll grinste sie in sich hinein. Er zog sie sanft in seinen Arm.
„Dann ist der Name egal, denn ich weiß, dass es das bezauberndste Geschöpf sein wird, dass die Welt je gesehen hat.“
Sie lächelte:
„Trotzdem würde ich sie nicht so gerne Emma nennen oder so.“
„Nicht unbedingt“, stimmte er zu, „aber was hältst du von Cassandra?“
“Cassandra“, wiederholte sie langsam und hatte sich sogleich in den Namen verliebt, „ja Cassandra Grandt, klingt gut.“
„Dann fang schon mal an, rosa Jäckchen zu häkeln“, forderte er sie auf. Claudia schloss die Augen und war glücklich. Sie träumte sich in eine nahe Zukunft, ach wenn es doch nur endlich so weit wäre. Chris Streicheln holte sie zurück, bereitwillig erwiderte sie seine Küsse, freute sich auf das Zusammensein und hoffte inständig, dass es diesmal Erfolg bringen würde.
Liebevoll richteten sie ein Zimmer in ihrer Wohnung als Babyzimmer her. Immer wieder durchstöberten sie die Tapetenabteilungen der Baumärkte.
“Schau“, forderte Claudia Chris auf, „das ist sie.“
Sie deutete auf eine gelbe Tapete. Chris sah in die gezeigte Richtung, neigte den Kopf zur Seite, knabberte überlegend an seiner Unterlippe, als ein Leuchten über sein Gesicht huschte.
„Warte“, rief er noch und ließ sie stehen. Als er zurück kam, hatte er eine Bordüre in der Hand, die er nun gegen das Tapetenmuster hielt und ausrollte. Kleine braune Teddybären kamen zum Vorschein. „Ja, da drüben haben sie die passenden Gardinen dazu, habe ich schon gesehen“, jubelte Claudia, „die können wir tagsüber zur Seite ziehen, denn es muss viel Licht in so ein Zimmer.“ Helle Kiefermöbel, die sie in einem extra Kindermöbelgeschäft erstanden hatten, rundeten das Gesamtbild harmonisch ab. Nach und nach kamen kleine Details dazu, so brachte Chris ein Spielzeugauto mit nach Hause, das ihm unterwegs aufgefallen war, oder Claudia ein kleines Nachlicht, falls der Nachwuchs mal Angst haben sollte. Alles war perfekt, es fehlte nur der Bewohner
Die monatlichen Enttäuschungen warfen ihre Schatten auf das Eheglück, jeder Blick in einen Kinderwagen wurde zu einem schmerzhaften Ereignis und beide ertappten sich dabei, dass sie den Sex als solchen nicht mehr genossen, sondern lediglich den Akt der Empfängnis darin sahen.
Nach einem weiteren erfolglosen halben Jahr beschlossen sie einen Arzt zu konsultieren, die Diagnose war niederschmetternd. Sie saßen in dem hellen Sprechzimmer und beiden schlug das Herz bis zum Hals, der Doktor saß ihnen mit einem verschlossenen Gesicht gegenüber. Chris hielt Claudias Hand.
„Nun an wem liegt es?“, fragte er mit brüchiger Stimme.
Der Arzt räusperte sich.
„So genau kann ich es nicht sagen...“
“Was heißt das?“, unterbrach Claudia ihn.
„Also, Mrs. Grandt, wie wir festgestellt haben, haben Sie nur einen durchgängigen Eileiter, Sie Mr. Grandt haben etwas zu langsame Spermien, was eine Empfängnis schwierig, aber nicht unmöglich macht.“
Claudia und Chris schwiegen, sie hatten ihre Hände losgelassen, irgendwie hatte jeder gehofft, dass das Problem nur bei dem anderen lag, sich darauf eingestellt den anderen zu trösten, doch nun?
Der Arzt erklärte ihnen, was sich medizinisch machen ließ, ein kleiner Eingriff bei Claudia, mit dem sie sich einverstanden erklärten, Medikamente sowie eine gesunde und ausgewogene Ernährung für Chris, des weiteren bat er sie um Geduld, sie sollten dies Baby nicht zu ihrem absoluten Thema Nr. 1 machen. Das haben wir schon, dachte Chris und lächelte gequält.

Es folgte ein Jahr voller Qualen, Enttäuschungen und heimlichen Schuldzuweisungen, sie gaben sich beide Mühe nicht vom Kurs abzukommen und dennoch verloren sie sich immer mehr. Irgendwann schwiegen sie sich nur noch an, was ihnen beiden mal wichtig war, wurde in den Hintergrund gedrängt, alles was sie verband, war der Wunsch nach einem Kind. Sie hatten die Fähigkeit verloren miteinander zu reden. Häufiger als nötig machten beide Überstunden, grauten sich vor dem Wochenende. Bis zu jenem Tag, an dem Claudia beim Einkaufen eine Begegnung hatte, die sie sehr nachdenklich stimmte. Sie stand an der Kasse in der Schlange, vor ihr war eine Mutter mit drei Kindern. Die Kinder waren sehr lebhaft und tollten herum, sie turnten über die Absperrgitter und kreischten, mehrmals hatten sich einige Passanten negativ über das Spiel der Kinder geäußert und forderten die Mutter auf für Ruhe zu sorgen, diese gab dies gestresst an ihre Kinder weiter, die sich darum jedoch wenig scherten. Plötzlich fiel eines der Kinder von den Absperrgittern und schlug auf dem Boden auf. Die umstehenden Erwachsenen grinsten schadenfroh und meinten fast einstimmig, dass es dem Kind gar nichts schaden würde, hätte es doch auf die Mutter hören sollen. Der kleine Junge lag auf dem Boden und weinte herzzerreißend, die Mutter brauchte einwenig, bis sie sich durch die Menge zu ihm gekämpft hatte. Claudia hob ihn auf und versuchte ihn zu beruhigen, drang jedoch nicht zu ihm durch. Als seine Mama endlich da war, presste er sich an sie, doch anstatt ihn zu trösten, gab sie ihm eine schallende Ohrfeige.
„Tun Sie das nicht“, bat Claudia. „Sie wissen gar nicht, welch großes Glück Sie haben.“
„Ach ja“, entgegnete die Frau „ich könnte mir was besseres vorstellen, als mich um die Blagen zu kümmern“, drehte sich um und ließ Claudia entsetzt zurück. Das war nicht fair, schrie es in ihrem Inneren, aber sie konnte nichts tun.
Die Welt ist ungerecht, dachte sie, warum bekommen Frauen Kinder, die sich gar keine wünschen, für die Kindererziehung eine Plage ist, und ich ...

Ein paar Tage später fragte sie Chris beim Abendessen:
„Was hältst du davon, wenn wir ein Kind adoptieren würden?“
Mit großen Augen sah Chris zu ihr hinüber. Schon lange hatten sie nicht mehr so direkt von Kindern gesprochen, jeder von ihnen vermied dies Thema so gut er konnte.
„Ich meine, so viele Frauen bekommen Kinder und wissen nicht ein noch aus, geben ihre Kinder weg, ....warum sollten wir uns nicht um diese Kinder kümmern?“
„Ein Baby zu bekommen ist nicht immer leicht“, gab Chris zu bedenken.
„Ich weiß“, warf sie ein, „aber muss es unbedingt ein Baby sein?"
Sie erzählte von ihrer Begebenheit.
„Könntest du dir nicht auch vorstellen, dass wir uns um ein älteres Kind zum Beispiel einen Dreijährigen kümmern?“
Er sah sie lange an, bevor er antwortet: „Ja, wenn du bereit bist.“
Seit langem lächelte sie mal wieder. In den folgenden Tagen beschäftigten sie sich intensiv mit Adoptionen, meldeten sich beim Jugendamt für ein Gespräch an. Als der Termin näher rückte waren sie so nervös wie damals beim Abi, sie klammerten sich an einander wie ein Ertrinkender an einen rettenden Strohhalm. Unzählige Formulare, deren Fragen ihnen oft unsinnig erschienen, mussten sie, unabhängig von einander, ausfüllen, um dann nach einem Gespräch, das sehr freundlich ablief mit den Worten „Wir werden uns melden“ vertröstet zu werden.
Drei Wochen später erhielten sie einen Brief mit der nüchternen Mitteilung, dass man sie leider nicht in die Liste der für eine Adoption infrage kommenden Personen aufnehmen könnte, keine weitere Erklärung. Ihre Welt brach zusammen. Claudia drängte Chris um eine Erklärung zu bitten, was er auch tat und tatsächlich gewährte man ihnen einen neuen Termin.
Sie saßen der Dame vom Jugendamt gegenüber und konnten nicht verstehen, was diese ihnen erklärte, sie könnten die ihnen anvertrauten Kinder nicht in die Obhut von Personen geben, die in der Vergangenheit ein Problem mit Drogen hätten.
„Wir haben kein Problem mit Drogen“, stellte Claudia etwas lauter als beabsichtigt dar. Die Dame sagte nichts, sondern sah nur Chris an.
„Das kann nicht Ihr Ernst sein“, stellte dieser fest.
„ Chris“, flüsterte Claudia.
Unbehaglich rutschte er auf dem Stuhl hin und her, vermied es Claudia an zusehen.
„Das liegt 20 Jahre zurück."
„Tut mir leid, wir haben unsere Vorschriften, Sie sind damals verhaftet worden ... das dürfen wir nicht übersehen.“
Mit diesen Worten schlug sie die Akte zu. Claudia stand auf und verließ wortlos den Raum.

„Wie konntest du nur?“Sie schleuderte ihm diese Worte wie Pfeile entgegen und jedes traf. “Bitte“, versuchte er sie zu beschwichtigen, „das war damals während des Studiums, ich hatte es schon fast vergessen.“
„Na toll“, schrie sie ihn an, „aber die haben es nicht vergessen, warum hast du nichts gesagt?“
„Claudia, ich war neunzehn, wir kannten uns noch nicht einmal, woher sollte ich wissen, dass das mal wichtig wird?“, setzte er hinzu .
„Ja, wie konntest du es wissen, wie solltest du nur“, giftete sie ihn an und ließ ihn stehen.
„Es war nur ein Joint“, rief er ihr hinterher, doch sobald dies ausgesprochen war wünschte er sich, dass sie es nicht gehört hätte, denn es war eine Lüge. Sicher, er hatte nur diesen einen Joint geraucht, aber dummerweise den gesamten Stoff in das Handschuhfach seines Autos gesteckt. Die Erinnerung stieg wieder in ihm auf, er sah sich und seine damaligen Kumpels in seinem Wagen sitzen, sie lachten und tranken ein bisschen Bier bis Jeff meinte er hätte etwas Besseres. Es war prickelnd und aufregend zugleich etwas Verbotenes zu tun. Der Rauch benebelte ihn, doch als er das kurze Aufflackern des Polizeilichtes im Rückspiegel wahrnahm überkam ihn Panik. Gib´s her, hatte er Jeff angebrüllt, so laut, dass es dem Officer nicht entging, ebenso wenig sein stümperhafter Versuch den kleinen Beutel im Handschuhfach verschwinden zu lassen. Auch jetzt spürte er noch dies dumpfe Gefühl in seiner Magengegend, wenn er an die Verhaftung dachte. Jahrelang hatte er dies erfolgreich verdrängt, aber eben nur verdrängt.
Es folgten Wochen des Schweigens, mehr und mehr entfernten sie sich von einander. Claudia fühlte sich betrogen und Chris fühlte sich schuldig. Unbewusst arbeitete er noch länger als sonst, teilweise auch am Wochenende, doch eines Tages, als Claudia nach Hause kam, war Chris bereits da.
„Hallo“, begrüßte sie ihn, „wie kommt es, dass du schon zu Hause bist?“
Er stand im Wohnzimmer und hantierte mit der Kamera rum.
„Ach, ich hab mir den Nachmittag frei genommen“, druckste er herum. „Ich möchte dir etwas zeigen“, erklärte er auf ihren fragenden Blick. Er schloss die Kamera an den Fernsehapparat an und stellte das Gerät an, der Bildschirm flackerte noch, aber sie konnte bereits leises Jaulen von Hundewelpen hören, bis ihr dann süße kleine Hundebabys neugierig entgegen sahen.
Sie starrte auf den Fernseher, eiskalte Wut machte sich in ihrem Bauch breit.
„Schau mal, wie süß die sind“, ereiferte er sich, „ich hatte dir doch erzählt, dass Bernds Hündin Junge bekommen hat, ich hab sie mir heute angesehen und dachte wir könnten vielleicht ...“
„Du Miststück“, fiel sie ihm ins Wort.
Erstaunt sah er zu ihr herüber, sie stand mitten im Zimmer, blass, die Hände zu Fäusten geballt, Zorn sprühte aus ihren Augen, die Unterlippe zuckte. Er machte einen Schritt auf sie zu,
hilflos brachte er hervor: „Ich wollte doch nur...“
Sie stieß ihn mit beiden Händen von sich
„Fass mich nicht an!“
Beinah hysterisch schleuderte sie ihm die Worte entgegen. „Ich wollte kein Frauchen werden, sondern Mam...“ Bei dem letzten Wort versagte ihr die Stimme, sie drehte sich um und stürmte tränenblind aus der Wohnung. Auch in Chris Augen standen Tränen, das war gründlich daneben gegangen.


In dieser Nacht kehrte sie nicht heim, erst am frühen Morgen betrat sie wieder die Wohnung. Chris saß in dem Babyzimmer und starrte vor sich hin, er sah nicht auf, als sie in den Raum kam, sie ging auf ihn zu, zaghaft strich sie durch seine Haare.
„Tut mir leid“, hauchte sie.
„Nein, mir tut es leid“, er ergriff ihre Hände und zog sie zu sich herunter, „ich habe nachgedacht, ich weiß wie wichtig dieses Baby für dich ist....aber ich kann es dir nicht geben, ich kann dir gar nichts geben...“ Seine Stimme zitterte.
„Chris“, unterbrach sie ihn sanft, schob ihre Hand unter sein Kinn.
„Lass nur“, wehrte er ab, „es ist schwer genug und ich krieg das nur einmal hin“, sprach er weiter, stand auf. „Ich denke, wir sollten uns trennen.....“
Sie spürte die Worte wie ein Schlag in ihr Gesicht.
„Vielleicht kannst du ja einen anderen heiraten, der Kinder hat oder dessen Spermien keine Langweiler sind oder mit dem du zumindest welche adoptieren kannst.“ Er ging mittlerweile im Zimmer auf und ab.
„Nein“, stieß sie hervor und befreite sich damit von der Starre, die von ihr Besitz ergriff, als er an ihr vorbei ging, hielt sie seine Hand fest.
„Nein Chris, alles was ich will, bist du.“
Er war stehen geblieben und sah zu ihr hinab. Tränen liefen über seine Wangen, die nun auf ihre Hände tropften. „Auch wenn wir zur Zeit nicht auf der gleichen Welle schwimmen, so sind wir doch im gleichen Ozean, oder?“, fragte sie. Er wusste keine Antwort, seine Knie zitterten und er setzte sich.
„Auch ich hab nachgedacht“, erklärte sie. „Ich liebe dich. Und weil ich dich so liebe war der Kinderwunsch so groß ... aber ich will ein Kind mit dir nicht ohne dich, verstehst du das?“
Er schüttelte leicht den Kopf, aber ihre Worte taten gut.
„Als ich draußen rum gelaufen bin und die Sonne aufgehen sah und du warst nicht da, wurde mir klar, dass ich auf alles verzichten kann...nur nicht auf dich...“ Er sah in ihr Gesicht, wie kam es nur, dass sie selbst nach einer solchen Nacht noch so schön aussah.
„Bitte...“, presste sie hervor.
„Vor langer Zeit, hab ich einmal ja zu dir gesagt“, stellte er fest, „ja in guten und in schlechten Zeiten, für mich gilt das immer noch.“ Sie nickte bestätigend, sie hatten sich fast wieder.

Als Chris ein paar Tage später nach Hause kam, stand sie mit einer alten Jeans und Bluse bekleidet im leeren Babyzimmer und strich die Wände in einen warmen Beigeton. „Ich dachte, wir könnten den Raum als Arbeitszimmer oder Bibliothek nutzen“, erklärte sie. „Ja“, stimmte er zu, wollte insgeheim wissen, wo sie die Möbel gelassen hatte, unterließ es aber sie danach zu fragen.
In den nächsten Wochen wurde der Umbau des Zimmers zu ihrem Lebensinhalt, beinah jeden Abend arbeiteten sie daran, strichen die Wände, suchten Möbel aus, diskutierten über die Farbe des Teppichs und kamen sich wieder näher. Zunächst waren es nur zufällige Berührungen, zärtliche, sehnsuchtsvolle Blicke gingen zwischen ihnen hin und her, wenn sie auf dem Fußboden saßen und sich eine Tiefkühlpizza teilten, ganz langsam kamen sie zur Ruhe.

Das Zimmer war fertig, sie wollten feiern. Chris war noch nicht zu Hause, Claudia stand mitten in der Bibliothek, wie sie das Zimmer nennen wollten und sah sich um. Schön war es geworden, die kleine graue Ledergarnitur, die Chris so gerne haben wollte, passte hervorragend zu dem altrosa Teppich und den gleichfarbigen Übergardinen, die sie ausgesucht hatte, die Regale aus Mahagoniholz auf denen alle ihre Bücher, und es waren viele, ihren Platz fanden, sowie der kleine antike Sekretär rundeten das Bild ab, hier war ein Raum entstanden, in dem sie sich wohlfühlen konnten. Sie hatte die Gardinen geschlossen und Kerzen auf den kleinen Tisch gestellt, die nun ein anheimelndes Licht verbreiteten, ihr warmer Lichtschein fiel auf den liebevoll gedeckten Tisch. Auf dem Weg nach Hause hatte sie in einem Schaufenster ein Bild entdeckt. Ein Bild von einem unbekannten Maler, das eine stürmische See zeigte, kurzentschlossen hatte sie es gekauft, sie war der Meinung, dass es hierher passte, auch als Symbol für einen überstandenen Sturm. Sie suchte noch nach dem geeigneten Platz, als sie hörte wie Chris heim kam. „Ich bin hier“, rief sie ihm entgegen, wenige Augenblicke später trat er durch die Tür.
„Was hast du da?“, wollte er wissen. Stolz zeigte sie ihm das Bild.
„Ich denke, es passt hier hin.“
„Es ist wunderschön“, bestätigte er. „Genau wie du“, setzte er mit einem verschmitzten Lächeln hinzu. Während sie es noch betrachtete, öffnete er die Champagnerflasche mit einem lauten Knall, sie zuckte leicht zusammen, lachte jedoch, als sie sah, wie er vergeblich versuchte den herausströmenden Champagner mit den Gläsern aufzufangen. Er reichte ihr das Glas und sie prosteten einander vergnügt zu. Nachdem sie gegessen hatten sagte er unvermittelt:
„Ich hab auch eine Überraschung für dich.“
Leicht beschwipst meinte sie:
„Soll das etwa heißen, dass du deine Socken demnächst freiwillig in den Wäschekorb tust?“ Etwas beschämt senkte er den Kopf und lächelte. "Äh, nicht ganz...“, dann zog er ein Kuvert aus seiner Jackettasche, sah diesen eine Weile geheimnisvoll an bevor er ihn vor ihr auf den Tisch legte.
„Was ist das?“, fast ängstlich kam diese Frage
„Was hältst du von Rom?“
„ Das ist nicht dein Ernst, du schenkst mir Rom?“ Ungläubig sah sie ihn an, er zuckte leicht mit den Schultern.
„War das nicht dein Traum?“ Ein zaghaftes Lächeln zog über ihr Gesicht. Es erschien ihr so ewig lange her, dass sie über ihre Träume gesprochen hatten.
Rom – sie waren noch nicht verheiratet gewesen, als sie beschlossen einmal nach Rom zu fahren, doch immer wieder war etwas dazwischen gekommen und die Reise wurde ein ums andere mal verschoben, bis sie ganz in der Versenkung verschwand.
„Fast hätte ich das vergessen.“ Dies sagte sie mehr zu sich. Er nahm ihr Gesicht in beide Hände streichelte mit den Daumen ihre Wangen.
„Ich aber nicht“, sagte er leise und küsste sie. Von einer Woge der Liebe getragen ließ sie sich fallen in seine Zärtlichkeiten, die in eine fast vergessene Leidenschaft fluteten.
Sie hatten sich wieder.

Zwei Jahre später wurde Chris eines Nachts wach, Claudia lag nicht neben ihm, etwas verwirrt stand er auf um sie zu suchen. Ein leichter Lichtschein aus der Bibliothek wies ihm den Weg, sie saß mit gesenktem Kopf auf der Couch. Noch müde lehnte er sich gegen den Türrahmen, fuhr sich mit der Hand durch die Haare,
„Kannst du nicht schlafen?“
Sie zuckte zusammen, als hätte sie ihn nicht gehört, sah sie zu ihm auf. Wie sexy er aus sah in seinen Shorts, den verwühlten Haaren und müden kleinen Augen. Nun erkannte er, dass sie weinte. Mit zwei Schritten war er bei ihr, kniete nieder.
„He Prinzessin, was ist passiert?“, wollte er wissen. Sie sah ihn an, Tränen glänzten sternengleich auf ihren Wangen, sie umarmte ihn, presste ihn beinah an sich. „Ach Chris“, hauchte sie.
„Was ist los?“, etwas energischer stellte er diese Frage, denn ihn packte die Angst. Doch nun lächelte sie, eine neue Flut von Tränen floss aus ihren Augen, sie sah dabei so wunderschön aus, ihm schien als ob die Sonne weinte.
„Ich hab den Test dreimal gemacht...“
“Welchen Test“, fiel er ihr ins Wort. Sie weinte noch immer, wischte sich die Tränen mit ihrem Ärmel fort.
„Mir ging es nicht gut, schon seit Tagen und die neue Kollegin meinte ich sollte einfach mal ....“
So allmählich schlich sich ein Gedanke in seinen Kopf, den er da nicht ganz fassen konnte, vor deren Existenz er sich wehrte, er drückte ihre Hände so sehr, dass es sie beinah schmerzte,
schluckte. „Du meinst nicht etwa ...?“
Sie nickte. „Doch .... ich bin schwanger, wir bekommen ein Baby.“
„Oh mein Gott“, stieß er hervor. Nun lachten und weinten beide gleichzeitig.
„Ein Baby.“ Ganz zart sagte er dies und strich sanft über ihren noch flachen Bauch ...

 
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Hi Angela!

Wegen Zeitmangels leider nur eine ganz kurze Kritik von mir ... vielleicht hab ich später noch Zeit für Details.
Deine Geschichte war spannend zu lesen und ich wollte unbedingt wissen wie es mit dem Paar letztlich ausgeht.
Das Ende kommt mir aber zu kitschig. Nachdem sie ihre Krisen überwunden und sich damit abgefunden haben, kein Kind zu bekommen, ist Claudia plötzlich doch schwanger. Weiß nicht, ist mir zu rosarot. Ich hätte es interessanter gefunden, wenn es dabei geblieben wäre, dass sie kein Kind bekommen, weder auf die eine noch die andere Art. Das wäre zwar kein ganz so glückliches Ende, aber realistischer. Dieses Ende kommt mir etwas ... konstruiert vor. Ende gut, alles gut. Naja.

Ginny

 

Hallo Ginny - Rose,
zunächst danke für deinen Kommentar.
Leider gibt es hier keine Rubrik oder zumindest habe ich keine gefunden für autentische Geschichten, denn diese Geschichte ist mit Ausnahme einiger Details passiert und deswegen wollte ich das süße Baby nicht verschweigen.Nachdem das Paar sich mit Kinderlosigkeit abfand schenkte das Leben ihnen ein "Wunder"

Freue mich aber, dass es mir gelungen ist die Geschichte so rüber zu bringen, dass du auch den Schluss lesen wolltest, auch wenn er dann nicht deinen Erwartungen entsprach aber so ist das Leben halt!

Liebe Grüße
Angela

 

Arrgh ... das musste ja so kommen, dass ich eine Geschichte "unrealistisch" finde und sie dann wirklich so passiert ist. :D

 

Hallo Angela,

wenn ich deine Geschichte jetzt ein bisschen auseinanderpflücke, dann weiß ich, dass der Eindruck entsteht, sie sei sehr viel schlechter, als sie tatsächlich ist. Ich betone also nachdrücklich, dass das was du uns hier abgeliefert hast schon sehr ansprechend ist.
Das Thema allerdings hätte es verdient, noch sehr viel gefühlvoller erzählt zu werden. Oft belässt du es dabei, zu berichten, damit verschenkst du für meinen Eindruck eine Menge des Potentials, welches dieser Plot hätte und dadurch verschenkst du vor allem die Glaubwürdigkeit deines Endes.
Dabei ist es tatsächlich so, dass gerade Paaren, die sich so sehnlichst Kinder wünschen, der Segen erst eintritt, wenn es ihnen gelingt, diesen Wunsch nicht mehr ihr Leben bestimmen zu lassen.
Die Statistik gibt also dem Ende, welches Ginny unrealitsich findet recht.
Du beginnst in einer Weise, das man das Gefühl Claudias erleben kann.Der erste Absatz ist genau in dem Stil, in dem ich mir die ganze Geschichte gewünscht hätte.

Dann hast du es eilig. Der zweite Absatz erklärt, anstatt zu erzählen. Da dürfte deine Geschichte um einiges länger sein, wenn du auch die Rückblicke erzählen würdest.

Gemeinsam studierten sie Babyzeitschriften, machten sich Gedanken über den Namen, den ihr Kind tragen sollte und richteten liebevoll ein Zimmer in ihrer Wohnung als Babyzimmer her.
Selbst solche Passagen hättest du gern in wörtlicher Rede ausmalen dürfen, sie mit liebevollen Kleinigkeiten ausstaffieren, das Muster der ersten Tapete im Kinderzimmer beschreiben, Claudia warme Kleidung häkeln lassen. Diese beiden haben eben nciht einfach nur die Kataloge gewälzt. Dabei ist etwas passiert und genau das ist es, was mir als Leser deren wachsenede Verzweiflung nahe bringt.
Begebenheiten, wie die an der Kasse beim Einkaufen finde ich groartig. Da wird die Ungerechtigkeit, die Claudia empfindet, deutlich. Die musst du sie noch nciht einmal aussprechen lassen. Dann wirkt es noch mehr.

Bei diesen beiden Beispielen belasse ich es erst mal. Ich denke, du wirst daraus verstehen, worauf ich hinaus möchte. Wenn nicht, frage gern zurück.
Du kannst doch erzählen, also nutze es für die ganze Geschichte, selbt um den Preis, dass es keine Kurzgeschichte mehr bleibt.

Liebe Grüße, sim

 

Das Wesentliche, Angela, hat sim schon gesagt. Ich möchte hier deshalb nur noch anmerken: was immer man von unserem Staat denken mag, aber dass eine Kleinigkeit wie einen Joint rauchen, irgendwo 20 Jahre gespeichert wird, das übersteigt mein Vorstellungsvermögen – und ich möchte wetten, auch das unseres bayerischen Innenministers Beckstein, der ja bekanntlich der schärfste Hund weit und breit ist.

Dion

 

hallo angela,

ich muss sim (leider) recht geben, teilweise wirkt die geschichte durch diese berichtende sprechweise viel zu flach. teilweise scheint sie aber auch absolut konstruiert zu sein...
du hast auch einen haufen von kommasetzungs- und stilfehlern drin. "das war vor xx jahren, und ausserdem war es nur ein joint!" <--- der satz gefaellt mir gar nicht. das ist der grund, aus dem sie kein kind adoptieren duerfen, und das ist alles, was ihm dazu einfaellt?

solche sachen meine ich. wenn du die alle raushast, ist der text wirklich gut!

lg, vita

 

Hi Angela!

Ich habe Deine Geschichte ins Korrektur-Center verschoben, da ich vorhin im Zug über hundert Korrekturen vorgenommen habe...

Bitte sieh Dir die Geshcichte noch einmal nach folgenden Gesichtspunbkten akribisch durch:

1. ß nach langem Vokal und Diphthong, ss nach kurzem Vokal
2. Sätze immer mit einem Satzzeichen beenden, entweder Punkt, Fragezeichen oder Ausrufezeichen.
3. Eingeschobene Nebensätze mit Kommata abtrennen
4. Wenn wörtliche Rede in einen Satz eingeflochten ist, steht hinter dem abschließenden Anführungszeichen ein Komma, bevor der Satz weiter geht.
5. Ist ein Satz mit wörtlicher Rede abgeschlossen, steht das Satzzeichen innerhalb der Anführungszeichen, danach wird ohne Komma der nächste Satz groß geschrieben.
6. Wörtliche Rede beginnt man immer in einer neuen Zeile, es sei denn, es ist die weiterführung eines vorherigen Satzes.
7. Nach einem Komma kommt nie ein Zeilenumbruch!

Generell fehlen vor allem Kommata. Wenn Du den Text überarbeitet hast, sag mir noch mal bescheid, ich gleiche dann mit meiner Liste ab und schick Dir eventuell übrig gebliebene Fehler noch mal.

Was ich noch schnell zur Geschichte sagen will: Der Aufhänger der Geschichte ist der eine Joint, der vor 20 Jahren geraucht wurde. Nun mag man Drogen böse finden (und das ja auch zu Recht), aber niemand wird wegen eines einzigen Joints ins Strafregister eingetragen, und schon gar nicht für 20 Jahre. Dort stehen meines Erachtens nur Vergehen, die auch vor Gericht gelandet und mit einer Strafe versehen wurden - ein Joint ist aber ein minderschweres Vergehen (auch schon vor 20 Jahren!), und würde somit nicht einmal vor Gericht landen. Der Besitz von einer größeren Menge Haschisch oder das Dealen mit Drogen wäre dagegen schon ein Grund.

Liebe Grüße

chaosqueen

aus R/E ins Korrektur-Center verschoben.

 

Aus dem Korrektur-Center nach Romantik/Erotik zurückverschoben.

 

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