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Cirque de Camouche

Beitritt
19.06.2001
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2.198

Cirque de Camouche

CIRQUE DE CAMOUCHE


Es stank nach Abfall, Tod und Fäkalien. Monsieur Simon Camouche stapfte sichtlich angewidert durch den knöcheltiefen Morast. Den Mann, dem er folgte, störte das offenbar nicht. Camouche, mit seinem Wanderzirkus in Chanchres, irgendwo zwischen Riom und Vichy, kaum angekommen, wollte sogleich auch schon wieder weg. Die dunklen Wolken über der kleinen Stadt deutete er als böses Omen, und so etwas konnte er in seiner momentanen Situation kaum gebrauchen. Die letzten Wochen hatten dazu beigetragen, ihm das zu bestätigen, was er zwar schon längst wusste, sich aber nicht eingestehen wollte: Er war bankrott. Die vielen Gastspiele im Süden Frankreichs in unbedeutenden Dörfern und Städten hatten kaum Profit abgeworfen. Das wenige Geld, was er verdiente, reichte nicht einmal aus, die grundsätzlichen Dinge zu beschaffen, die ein Zirkus, wie Camouche ihn betrieb, am Leben zu erhalten. Fast hätte er den Zirkus schon aufgegeben, als wie aus heiterem Himmel die rettende Nachricht durch einen Boten überbracht wurde. Der ‚Cirque de Camouche’ war eingeladen zu einem Gastspiel in Paris. Beflügelt durch die plötzliche Aussicht auf Ruhm und Reichtum trieb Camouche seinen Zirkus von einem Ort zum anderen, immer Richtung Paris. Er verlangte kein Geld als Eintritt, sondern Unterkunft und Verpflegung für seine Angestellten. Nun hatte der ‚Cirque de Camouche’ Chanchres erreicht, und eigentlich wollte Camouche hier keinen Halt einlegen. Aber die Truppe hatte sich, von Hunger geplagt, schlichtweg geweigert, auch nur einen einzigen weiteren Schritt zu tätigen. Verärgert seufzte Camouche auf, als er in einen Haufen Hundekot trat, der sich kaum vom aufgeweichten Schlamm unterschied. „Das soll eine Straße sein?“, fragte er sich. „Das ist keine Straße!“

Sie erreichten ein baufälliges Haus. Der Mann drehte sich zu Camouche um und sagte: „Wir sind da.“ Dann klopfte er gegen die völlig zerkratzte Holztür. Er wartete einige Sekunden, drückte die schwere Klinke nach unten und grinste Camouche an. „Folgen Sie mir!“
„Ja.“ Camouche überschritt die Türschwelle und befand sich unmittelbar in einer Umgebung, die dem bisherigen Eindruck Chanchres kaum gerecht wurde. „Wahnsinn!“
„Nicht Wahnsinn! Eher... Gerechtigkeit!“ Die Stimme, die das sagte, gehörte zu einem dicken, kleinen Mann, der vornehme Kleidung trug, fettige Haare hatte und ständig mit dem rechten Auge blinzelte. „Sie sind Simon Camouche?“
Der Angesprochene nickte und reichte dem dicken Mann die Hand. „Zu Ihren Diensten, Monsieur...?“
„Jalaver Riquoe. Ich bin der Stadtverwalter von Chanchres.“
Camouche betrachtete voller Neid den riesigen Raum, in dem er sich befand. Von außen hatte das Haus wie die anderen nur den Eindruck von Verfall und schleichender Vergänglichkeit hinterlassen, aber hier drin... „So etwas habe ich noch nie gesehen.“ Er deutete zu einem kunstvoll verzierten Kerzenhalter, der neben einem mit Bücher gefüllten Regal stand.
Riquoe zuckte mit den Schultern. „Das brauch Sie nicht zu kümmern, Monsieur Camouche. Sie haben um Aufenthalt gebeten, um Verpflegung...“
„Das ist richtig, Monsieur Riquoe.“ Lächelnd versuchte Camouche, die angespannte (Warum zum Teufel ahnst du, dass dies nicht gut ausgehen wird?) Atmosphäre etwas zu lockern. „Wir sind auf den Weg nach Paris...“
„Paris?“, fragte Riquoe erstaunt. Er runzelte die Stirn und sagte: „Bis dahin ist es noch ein weiter Weg.“
„Das ist richtig. Nun... Der Herr hier...“ Er zeigte auf den Mann, der ihn durch die engen Gassen und stinkenden Straßen geführt hatte. „Er meinte, Sie seien zuständig für Angelegenheiten wie die meine.“
„Das ist bei Gott, dem Allmächtigen, auch richtig.“ Riquoe sah verschmitzt zu Camouche. „Ich bin bereit, Ihnen und Ihren Leuten Aufenthalt zu gewähren. Allerdings...“
Camouche bekam eine Gänsehaut. „Monsieur?“
Riquoe nickte dem Mann kurz zu. Dieser verließ ohne ein Wort zu sagen den Raum. Nur noch der dicke Stadthalter und der ausgemergelte Zirkusdirektor standen sich gegenüber. „Ich werde veranlassen, dass Sie alles bekommen, was Sie benötigen, Monsieur Camouche“, sagte er gnädig. „Als Gegenleistung verlange ich nur, dass Sie Chanchres eine Vorführung Ihres Zirkus gewähren.“
Erleichtert atmete Camouche auf. Er hatte mit dem Schlimmsten gerechnet, aber... „Oh...“ Er tat so, als ob er überrascht war. „Eine Vorstellung wollen Sie?“ Er wunderte sich, warum Riquoe das überhaupt erwähnte. In anderen Städten und Dörfern ging es gar nicht anders.
„Ja.“ Riquoe ging zu einer kleiner Kommode, öffnete eine Tür und holte zwei Gläser heraus. „Chanchres erhält nicht oft Besuch von außerhalb, müssen Sie wissen.“ Er stellte die Gläser auf einen Tisch. „Sie sind doch angewiesen auf die Bereitschaft, jemandem etwas zu überlassen?“
„In der Tat, ja.“ Camouche nickte. Wohlwollend sah er dem Stadthalter zu, wie dieser edlen Wein in die Gläser füllte. „Nun, eine Vorstellung wird Chanchres bekommen!“ Dankbar nahm er das gefüllte Glas und trank es in einem Zug leer. „Also haben wir eine Vereinbarung?“
Riquoe nickte. „Ja, haben wir.“ Er stellte sein Glas ab. „Natürlich haben wir eine Vereinbarung, Monsieur Camouche!“ Er räusperte sich. „Eine Frage hätte ich noch, bevor wir den Vertrag ausformulieren.“
„Ja?“
„Warum nehmen Sie kein Geld?“
Camouche hatte mit der Frage gerechnet. „Es ist unkomplizierter, in diesen Zeiten Dinge direkt zu nehmen, die man braucht, als sie erst käuflich erwerben zu müssen.“
„Verstehe“, murmelte Riquoe und ging zu seinem Schreibtisch, wo er ein Blatt Papier aus einer Schublade hervorholte. „Kommen wir nun zum Vertrag.“
„Ich bitte darum.“

Auf dem Weg zurück zu seiner Truppe fiel Camouche das erste Mal auf, das die wenigen Menschen auf der Straße ihm nicht nur aus den Weg gingen, sondern auch den Blick zu Boden richteten. Überhaupt unterschied sich Chanchres wesentlich von den anderen Städten, die sie durchquert hatten. In diesen standen die Häuser oft dicht an dicht und verwinkelt, hier jedoch war es fast so, als ob jemand es genauso geplant hatte. Die Straßen waren zwar auch schlammig und dreckig, jedoch kerzengerade, und die schmalen, spärlich beleuchteten Seitengassen lagen perfekt ausgerichtet. Camouche erreichte den großen, quadratischen Platz, wo seine Planwagen standen. Die Truppe saß angelehnt an einer Mauer. Als sie ihn erblickten, standen sie auf und winkten ihm zu. Er lächelte und hob den Arm zum Gruß. Dann war er bei ihnen, und sie umkreisten ihn wie wilde Tiere, die sich um den Dompteur schlichen. „Ich habe gute Nachrichten!“, sagte Camouche und holte den Vertrag aus einer Innentasche seines langen, dunkelgrauen Mantels. „Der Stadtverwalter von Chanchres gibt uns Nahrung, einen Platz zum Übernachten und Material, damit wir die gröbsten Sachen an den Wagen und der Ausstattung richten können. Als Gegenleistung verlangt er eine Vorführung für die Einwohner hier.“
Einer von der Truppe, ein kleiner Mann, dem ein drittes Auge über der Stirn gewachsen war, ballte die Fäuste zusammen und spuckte aus. „Warum können wir nicht einfach weiterziehen, Monsieur Camouche?“
„Bis Paris sind es noch etliche Tagesreisen, mein lieber Pierre“, antwortete Camouche.
„Die Stadt ist mir unheimlich, Monsieur Direktor. Sie wirkt... bedrohlich!“ Salma Lacourche, eine angebliche Seherin, schmiegte sich an Rafael, der sie umarmte.
Rafael war ein baumlanger Kerl, der schwere Eisenketten mit purer Körperkraft zerreißen konnte. „Ich stimme Salma zu.“
Camouche runzelte die Stirn. „In jeder Stadt, in der wir bis jetzt waren, war immer irgendwas bedrohlich.“ Er sah sich um. „Ihr wart es, die Rast machen wolltet.“
„Das ist wahr.“ Jean Lomare verschränkte die Arme vor die Brust. Mit dem dritten fuhr er sich durch sein schneeweißes Haar. „Während Ihr wegwart, haben wir uns unterhalten. Und wir sind der Meinung, dass...“
„Unsinn!“, unterbrach ihn Camouche verärgert. „Der Vertrag, den ich in meinen Händen halte, ist gültig. Und wenn man mir eine Sache nicht nachsagen kann, dann die, dass ich kein Mann von Ehre bin.“ Wind kam auf, und in weiter Ferne konnte man ein Donnern hören. „Glaubt mir, dass wird wie in den anderen Städten sein. Übermorgen sind wir hier weg.“ Er sah jeden einzelnen an. „Jetzt geht, und baut das Zelt auf!“
„Wo?“, fragte Doug Mason, der einzige Nichtfranzose der Truppe.
Camouche deutete mit dem Daumen hinter sich. „Na, hier natürlich!“

Riquoe hatte nicht nur vertragsgemäß Wort gehalten, sondern auch bei Weitem die anderen Städte übertroffen. Ganze Säcke voll mit Getreide hatte der Stadthalter ankarren lassen. Unmengen an Wurst, Käse, sauberen Wasser und guten Wein standen, auf viele Körbe verteilt, vor den Mitgliedern des ‚Cirque de Camouche’. Die Fülle an Nahrung würde mindestens eine Woche reichen, vielleicht sogar bis nach Paris. Zufrieden wandte sich Camouche an seine Angestellten: „ Seht ihr? Nicht schlecht, was?“ Er sah zu den Stoffballen. „Wir können sogar das Zeltdach flicken und die Bespannung der Wagen ausbessern. Chanchres ist trotz der dunklen Wolken ein wahrlich guter Ort, wie es mir scheint.“ Kurz sah er zu Salma, die aber nichts sagte. Er grinste. (Hat sie sich tatsächlich einmal geirrt!) Das Zelt war fast fertig. Es fehlten nur noch die Stuhlreihen. Pierre, Doug und Francois, ein kleiner Zwerg, holten bereits schwitzend und keuchend die leichten, allerdings unbequemen Stühle aus einem der Wagen. „Sehr schön!“, rief Camouche. „Bis zum Morgengrauen haben wir alles vollendet. Dann könnt ihr noch ein paar Stunden schlafen und Kraft schöpfen.“ Salma kam auf ihn zu. „Salma?“
Die dünne Frau mit einem Kopf, der in keinem Verhältnis zu ihrem restlichen, schmächtigen Körperbau stand, schluckte und flüsterte leise: „Monsieur Camouche, ich flehe Euch an! Wir sollten schnell weiterziehen. Ich spüre Angst und Schrecken, die sich aus den Ritzen der Häuser hervorzwängen. Bitte, Monsieur Direktor! Bitte!“ Sie seine Hände auf die ihren. „Spürt Ihr es denn nicht auch? Ist Euch denn nichts aufgefallen?“
„Auf dem Weg hierher, da waren... Ach!“ Verärgert spuckte Camouche aus. „Du und deine Flausen! Geh und hilf den anderen, Salma! Die Bühne muss noch gekehrt werden.“ Er wandte sich zu den anderen. „Beeilt euch! Je schneller es geht, um so mehr Schlaf könnt ihr noch bekommen.“ Zu Salma gewandt sagte er: „Der Vertrag muss erfüllt werden!“
„Wie Ihr meint, Monsieur Camouche“, antwortete Salma und entfernte sich.
„Dummes Weib!“, murmelte Camouche. Er fragte sich, ob es nicht Zeit wäre, sich von der Hellseherin zu trennen. Kopfschüttelnd ging er zu seinem Wagen. Er brauchte dringend ein gutes Glas Wein.

Der Aufbau des Zeltes hatte bis tief in die Nacht gedauert. Zu allem Überfluss hatte es auch noch angefangen zu regnen. Nach und nach verzogen sich alle in ihre Wagen, dösten und schliefen, um am frühen Nachmittag Chanchres eine würdige Zirkusvorstellung zu liefern. Der Regen prasselte auf die Plane des Wagens. Tock... Tock... Tock... Simon Camouche wälzte sich unruhig auf seiner schmutzigen Matratze hin und her. Er träumte schlecht, hatte immer und immer wieder Salma Lacourche vor Augen, die wie von Geisterhand in unzählige Stücke zersprang und ihn dabei mit weit aufgerissenen, gequälten Augen ansah. Etwas zerrte an seinem Bein. Mit einem lauten Schrei erwachte Camouche. Sein Herz raste vor Angst. „Was? Was ist?“ Dann entdeckte er Trivian Noel, den Liliputaner der Truppe. „Was gibt es?“
„Monsieur Camouche? Das... Das müssen Sie sich ansehen! Kommen Sie! Kommen Sie, Monsieur Direktor!“
„Draußen regnet es. Hat das nicht Zeit bis morgen?“ (Gott, dieser Alptraum...)
Trivian schüttelte den Kopf. „Kommen Sie! Es ist... Es ist unglaublich!“
Einen Moment zögerte Camouche, zog dann jedoch seine Stiefel an und folgte Noel nach draußen. Kaum, dass er den Wagen verlassen hatte, war bis auf die Knochen durchnässt. „Also?“, wollte er wissen. (Es ist... hell?) Stumm zeigte Trivian hinter den Direktor. Der drehte sich stirnrunzelnd um und erstarrte. „Großer Gott!“ Er sah einen gigantischen hellen Schein, der über Chanchres lag. Obwohl mitten in der Nacht, war es so hell wie am Tag. Der Regen peitschte von allen Richtungen, Wind pfiff durch Kleidung und Material, und aus weiter Ferne konnte man eine Art Trommeln hören. „Was, in Gottes Namen, ist das?“ Camouche betrachtete verblüfft und ängstlich zugleich den schimmernden, hellen Schein über sich. „Ich hatte Recht gehabt!“, hörte er Salma sagen. Alle Mitglieder des Zirkus hatten sich zusammengefunden. Er atmete tief durch und sagte mit fester Stimme: „Vielleicht ist es ein Wetterphänomen. In Zeiten wie diesen ist bekanntlich alles möglich!“
Doug Mason hielt sich die Hand schützend über die Augen. „Da kommt jemand...“
Camouche sah sich suchend um. „Wo?“ Dann hatte auch er es entdeckt. Eine schemenhafte Gestalt kristallisierte sich im dichten Regen heraus. Sie wirkte zusammenhangslos, als ob sie sich von einem Moment zum nächsten auflöste, und sich einen Lidschlag später wieder zusammensetzte. „Was zum...“ Wie alle anderen ging Camouche unbewusst einen Schritt zurück. Und dann... „Monsieur Riquoe?“
„Einen guten Morgen wünsche ich, die Damen und Herren.“ Riquoe sah zu Camouche und lächelte. „Ist alles zu Ihrer Zufriedenheit, Monsieur?“ Er sah zu den anderen. „Wahrlich beeindruckend. Das nenne ich einen Zirkus!“
Camouche räusperte sich. „Monsieur Riquoe? Was hat das zu bedeuten?“
„Oh... Sie meinen den Schein da über uns?“ Der Stadtverwalter rieb sich die Hände. „Chanchres begeht den Tag der Erneuerung. Einmal im Jahr versammeln sich die Einwohner vor den Toren der Stadt und verbrennen den Unrat, der sich im Verlauf von zwölf Monaten angesammelt hat.“
Salma packte die Hand von Rafael. „Kein Feuer der Welt verursacht so eine Erscheinung, Monsieur!“ Sie sah zu Camouche, der leicht den Kopf schüttelte.
„Nun...“ Langsam nahm Riquoe seinen Hut ab und blickte nach oben. Der Regen schien ihm nichts auszumachen. „Sie können sich gern überzeugen, gute Frau. Folgen Sie der Straße da, sehen Sie sich alles an und dann, und erst dann, sagen Sie mir und den anderen hier, was es geben kann und was es nicht geben kann!“ Er spuckte die Worte geradezu angewidert aus.
„Salma!“, rief Camouche. „Ihr anderen, los! Geht wieder in eure Wagen!“
„Das wird nicht nötig sein, Monsieur Camouche“, sagte Riquoe fast beiläufig.
„Ich verstehe nicht...“ Plötzlich erschienen ein Dutzend bewaffneter Männer. „Was geht hier vor?“ Die Männer trieben Camouche und seine Angestellten zusammen. „Monsieur Riquoe! Ich verlange Aufklärung!“
„Nun...“ Riquoe blinzelte mit dem rechten Auge, und ein spöttisches Lächeln zierte sein Gesicht. „Ich denke, es wird Zeit, den Vertrag zu erfüllen...“

„Es liegt an diesem seltsamen Licht“, erklärte Riquoe, während er mit Camouche in der ersten Reihe saß und bei einem gelungenen Kunststück durch die Zähne pfiff und Beifall klatschte. Das Zelt war bis auf die letzten Reihen gefüllt, knapp achthundert Menschen saßen dicht an dicht auf den unbequemen Stühlen und sahen begierig den dargebotenen Vorführungen zu.
Camouche sah unglücklich zu Doug Mason, der zusammen mit Rafael auf einem dünnen Seil, vier Meter über dem Boden, die waghalsigsten Saltos und Kehrtwenden absolvierte. Das Gefühl, zwischen Menschen zu sitzen, die bevorzugt Menschenfleisch zu sich nahmen, behagte ihm ganz und gar nicht. „Gibt es keinen Ausweg?“, fragte er verbittert. Doug und Rafael hatten ihre Vorführung beendet. Sofort standen mehrere Menschen in den Reihen auf und schlichen sich hinter die Kulissen. Camouche blutete das Herz bei der Vorstellung, was wohl mit seinen Angestellten passierte.
„Selbstverständlich“, sagte der Stadtverwalter süffisant. „Vielleicht eine ganze Garnison bewaffneter Männer und das nötige Glück... Das wäre ein Ausweg, mein lieber Camouche.“ Salma Lacourche, der dreiarmige Jean und Trivian Noel betraten die Bühne. „Oh... Ein Mann mit drei Armen?“ Fast bewundernd spendete er Szenenapplaus. „Sagen Sie, wo haben Sie solche Kreaturen gefunden?“
Camouche winkte ab. „Es sind keine Kreaturen, sondern Menschen wie...“ Er hielt inne und biss sich auf die Zunge.
„Wie Sie und ich, wollten Sie sagen, nicht wahr?“ Riquoe zeigte auf Salma. „Ist sie die Seherin? Kann sie es wirklich?“ Er bekam keine Antwort. Missmutig stieß er dem Zirkusdirektor seinen Ellbogen in die Seite. „Antworten Sie mir!“
„Sie... Ich weiß nicht“, murmelte Camouche. „Vielleicht. Sie hat geahnt, dass in Chanchres eine Bedrohung lauert.“
„Nun, dann sollte ich sie verschonen, nicht wahr?“
„Wozu? Damit sie Ihnen sagt, was passieren wird? Das kann ich auch.“ Camouche wirkte plötzlich wie verwandelt. „Wollen Sie es wissen, Riquoe?“ Trivian sprang in die Luft und landete in den Armen von Jean, Salma machte wichtige Bewegungen mit den Händen und murmelte unverständliches Zeug. Die Menge lachte und klatschte.
Unsicher sah Riquoe zu Camouche. „Wollen Sie mir etwa drohen, Camouche?“
„Nein! Wie denn auch? Das Zelt ist voll mit Kannibalen, die nur darauf aus sind, mich und meine Angestellten zu verspeisen. Aber wissen Sie was?“ Kurz sah er zu den dreien auf der Bühne, die sich artig verbeugten und schnell nach hinten verschwanden. Wieder standen mehrere Leute auf. (Oh nein! Nicht Salma!) „Das Land wird sich verändern! Dinge werden sich verändern!“
„Was meinen Sie?“
Camouche nickte. „Unsere Art ist zum Aussterben verdammt, müssen Sie wissen. Ein Sturm wird über das Land fegen, und alles Alte ausrotten. Es wird kein Platz mehr für Menschen mit drei Armen, deformierten Köpfen, oder vielen Augen geben!“
„Hören Sie auf!“ Wütend packte Riquoe den Direktor am Kragen. „Nichts wird sich ändern, verstehen Sie? Gar nichts wird sich ändern!“ Mit einem lauten Schrei rammte er seine Faust in Camouches Brust.
Ungläubig sah Camouche nach unten. Er keuchte und spuckte Blut. Die fremde Hand in seinem Inneren fühlte sich merkwürdig an. Kalt irgendwie... und... fremdartig... „Sie werden schon sehen!“, stieß er mühsam hervor. Dann schloss er die Augen und sackte zusammen.
„Mist!“, fluchte Riquoe. Alle im Zelt hatten die Szene mitbekommen. Er spürte den Drang der anderen, über die missgebildeten Kreaturen des Zirkus herzufallen. Riquoe knurrte leise, zog seine Hand aus dem toten Körper Camouches und nickte. Sofort sprangen alle Menschen auf und stürmten zu den Unterkünften des ‚Cirque de Camouche’, in denen sich die verbliebene Mitglieder der Truppe ängstlich umklammerten und die Augen schlossen, als blutunterlaufene Augen und weit aufgerissene Münder sie allesamt in einen kurzen Schmerz verhüllten, der nach qualvollen Minuten vorbei war.

Der Regen hatte aufgehört, und auch der seltsame Schein über Chanchres war verschwunden. Vom ‚Cirque de Camouche’ war nichts mehr übrig geblieben. Riquoe hatte alles verbrennen lassen. Er saß grübelnd an seinem Schreibtisch und betrachtete ein Blatt Papier. Es war leer. Das kleine Glas mit der Tinte stand zu seiner linken, die kunstvoll angefertigte Feder lag zu seiner rechten Seite. (Was wolltest du eigentlich?) Er wollte einen Brief schreiben. Einen Brief? Aber wozu? An wen? (Nein! Nein!) Der alte Mann, Camouche, hatte behauptet, dass alles Alte zum Aussterben verdammt wäre... „Und wenn es wahr ist? Wenn es wirklich einen Sturm geben wird?“ Seufzend stand er auf und ging zum Fenster. Es waren mehr Menschen auf der Straße als sonst. Und sie alle sahen... glücklich aus. „Und wenn es wirklich wahr ist?“, murmelte er gedankenverloren. Er sah zu dem Kalender, der neben dem alten Schrank aus Eichenholz hing. 20. Mai 1789... Und plötzlich war er sich sicher, dass Camouche die Wahrheit gesagt hatte. Eine Träne lief über Riquoes Gesicht. Er schluchzte leise und wischte sie weg. Dann setzte er sich wieder an den Schreibtisch und füllte das leere Blatt Papier mit der Geschichte über Chanchres...


ENDE


copyright by Poncher (SV)

05.05.2003

 

Also, der Anfang hat mir ganz gut gefallen. Stilistisch auch recht wenig dran auszusetzen, aber das Ende ist... äh...

Ich weiß nicht, ob die Zeit reicht, den ganzen Text durchzuarbeiten, aber ich bin in Stimmung für eine gründliche Analyse:

Es stank nach Abfall, Tod und Fäkalien.

So eine Trias ist in der Regel steigernd angeordnet, insofern wäre "Abfall, Fäkalien und Tod" schöner - außer du willst hier subliminal zum Ausdruck bringen, daß Fäkalien schlimmer sind als der Tod, hehe.

Morast

Daß das eine Straße ist, sollte sofort geklärt werden, nicht erst nach der Rückblende.

Camouche, mit seinem Wanderzirkus in Chanchres, irgendwo zwischen Riom und Vichy, kaum angekommen, wollte sogleich auch schon wieder weg.

Ist kein Grammatikfehler, klingt aber wie einer.
Ist das wichtig, daß es zwischen R und V liegt?

"Camouche, war mit seinem Wanderzirkus kaum in Chanchres angekommen, wollte aber schon wieder weg."

Die letzten Wochen hatten dazu beigetragen, ihm das zu bestätigen, was er zwar schon längst wusste

Die letzten Wochen hatten ihm bestätigt, was er schon längst wußte

Gastspiele im Süden Frankreichs in unbedeutenden Dörfern und Städten

Gastspiele in unbedeutenden südfranzösischen Ortschaften.

Geld, was er verdiente

DAS er verdiente!

die ein Zirkus, wie Camouche ihn betrieb, am Leben zu erhalten

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Fast hätte er den Zirkus schon aufgegeben, als wie aus heiterem Himmel die rettende Nachricht durch einen Boten überbracht wurde. Der ‚Cirque de Camouche’ war eingeladen zu einem Gastspiel in Paris.

Klingt irgendwie lieblos. Wie wollte er den Zirkus aufgeben, was für ein Bote, wer ist der Absender?

Beflügelt durch die plötzliche Aussicht auf Ruhm und Reichtum trieb Camouche seinen Zirkus von einem Ort zum anderen, immer Richtung Paris.

Was tut er da? Ist wohl ohne konkreten Termin gewesen, die Einladung?

Er verlangte kein Geld als Eintritt, sondern Unterkunft und Verpflegung für seine Angestellten.

Warum das?

Aber die Truppe hatte sich, von Hunger geplagt,

Hat also mit der Bezahlung in Naturalien nicht geklappt?

Verärgert seufzte Camouche auf, als er in einen Haufen Hundekot trat, der sich kaum vom aufgeweichten Schlamm unterschied. „Das soll eine Straße sein?“, fragte er sich. „Das ist keine Straße!“

Gut! Damit sollte der Text beginnen, was meinst du?

Sie erreichten ein baufälliges Haus

Besteht die Stadt nur aus einem Haus?

befand sich unmittelbar in einer Umgebung, die dem bisherigen Eindruck Chanchres kaum gerecht wurde

Und danach folgt ein Dialog mit Beschreibung eines Herren, während ich danach lechze zu erfahren, wie es denn nun in diesem Raum aussieht. Meine Neugier wird zwar einige Zeilen weiter befriedigt, aber man sollte das vorziehen.

Ach ja: "unmittelbar in einer Umgebung" hört sich komisch an. Nenn doch, um Gottes Willen, das Kind beim Namen: Ein Vorraum, eine Halle, ein Salon, ein Treppenhaus, irgendwas Konkretes!

Von außen hatte das Haus wie die anderen

Aha, es gab also doch noch weitere Häuser...

(Warum zum Teufel ahnst du, dass dies nicht gut ausgehen wird?)

Soll wohl die Spannung erhöhen, wirkt aber nur unpassend.

Er hatte mit dem Schlimmsten gerechnet, aber...

Der scheint wohl zu wissen, daß er in einer Horrorgeschichte ist?

Auf dem Weg zurück zu seiner Truppe fiel Camouche das erste Mal auf, das die wenigen Menschen auf der Straße ihm nicht nur aus den Weg gingen, sondern auch den Blick zu Boden richteten

Äh - wieso fiel ihm das auf dem Hinweg nicht auf?

Überhaupt unterschied sich Chanchres wesentlich von...

Ah, eine Beschreibung der Stadt! Besser zu spät als gar nicht, aber wie gesagt: das solltest du deutlich vorverlegen.

„Ich habe gute Nachrichten!“, sagte Camouche...

Und dann der Dialog können ersetzt werden durch: Er erzählte seinen Leuten vom Vertrag, und zeigte ihn auch jedem, der ihn sehen wollte.
Der Leser weiß es ja schließlich schon, wozu also nochmal damit kommen?

Wir sollten schnell weiterziehen. Ich spüre Angst und Schrecken

Muß das sein? Der Leser ist doch eh auf etwas Furchtbares eingestellt.

Tock... Tock... Tock...

So hört sich kein Regen an, und es ist auch überflüssig, das zu lautmalen, wenn es schon gesagt wurde.

Das Gefühl, zwischen Menschen zu sitzen, die bevorzugt Menschenfleisch zu sich nahmen, behagte ihm ganz und gar nicht

Hab ich was überlesen? Da fehlt doch was!

Was danach folgt, ist etwas surreal. (WAS liegt am Licht? Was IST das Licht?)

Die Akrobaten müssen eine Vorstellung abliefern, nach der sie dann verspeist werden (sollen). Wieso strengen sie sich dann noch an? Hat man ihnen Verschonung versprochen?

Ab hier schleppt sich die Story dann ihrem allzu offensichtlichen Ende entgegen.

Der Direktor bedroht das Obermonster mit einer allgemeinen Veränderung (von der sich später herausstellt, daß es die französische Revolution sein soll): das ist... - äh, schwach. 0% Spannungsgehalt. Nur der Epilog im Arbeitszimmer ist noch überflüssiger.

Irgendwie hab ich bis zuletzt dann geglaubt (gehofft), der Direktor würde sich als das eigentliche Monster herausstellen und ein wenig aufräumen, stattdessen werden alle Zirkusleute gekillt. Das ist sehr unspannend.

Der Kannibalismus könnte die Schlußpointe bilden, oder es könnte wie gesagt noch einmal eine Wendung geben, aber so solltest du die Story nicht lassen.

So, die Zeit hat doch gereicht.

r

 

Hi Ponch!

Natürlich habe ich Deine Geschichte nicht gelesen, aber wenn ich es doch getan hätte, würde ich Dir dazu das Folgende sagen:

Monsieur Simon Camouche
Arghl! Hier hab ich schon befürchtet, dass Deine "Herr Sowieso und Frau Bla"-Phase weitergeht, nur eben diesmal mit französischen Anreden. Zum Glück hat sich diese Vorahnung nicht bestätigt. ;)
Es stank nach Abfall, Tod und Fäkalien
"Abfall, Fäkalien und Tod" fände ich als Anordnung besser, da so eine deutliche Steigerung bemerkbar ist.
trieb Camouche seinen Zirkus von einem Ort zum anderen, immer Richtung Paris.
"immer weiter Richtung Paris" fände ich besser. Gerade weil Du als Verb "treiben" einsetzt, das hat etwas eiliges, sehr aktives, könnte diese Hetze auch noch in dem angehängten Satz fortgesetz werden.
„Sie sind doch angewiesen auf die Bereitschaft, jemandem etwas zu überlassen?“
Hm? Ein wenig seltsam formuliert, oder? Was hat der der Deal damit zu tun, jemanden etwas zu überlassen? Das klingt so einseitig.
Einer von der Truppe, ein kleiner Mann, dem ein drittes Auge über der Stirn gewachsen war, ballte die Fäuste zusammen und spuckte aus. „Warum können wir nicht einfach weiterziehen, Monsieur Camouche?“
Wegen diesem Satz:
Aber die Truppe hatte sich, von Hunger geplagt, schlichtweg geweigert, auch nur einen einzigen weiteren Schritt zu tätigen.
klingt das sehr widersprüchlich. Später schreibst Du ja, dass die Truppe ihre Meinung geändert hat, das würde ich aber schon hier deutlich machen.
Dann entdeckte er Trivian Noel, den Liliputaner der Truppe [...] Pierre, Doug und Francois, ein kleiner Zwerg
"Den Liliputaner" klingt danach, als ob es nur einen Kleinwüchsigen gibt. Aber ein paar Sätze vorher hast Du schon einen Zwerg eingebracht. Abgesehen davon musst Du bei "Zwerg" nicht "klein" beifügen, das ergibt sich ja zwangsläufig.
Gefühl, zwischen Menschen zu sitzen, die bevorzugt Menschenfleisch zu sich nahmen, behagte ihm ganz und gar nicht.
Das kommt ein wenig plötzlich. Als Riquoe beginnt, das merkwürdige Licht etwas mehr zu erläutern, dachte ich, dass Du auch den Leser einweihst. Aber stattdessen kommt plötzlich der Kannibalismus.

Insgesamt würde ich es schön finden, wenn Du die Zirkusgruppe näher beschreibst. Dadurch könntest Du auch die Atmsophäre noch verstärken. Bisher kommen ja nur die Seherin, die zwei Kleinwüchsigen, der Starke und dann noch der Dreiarmige und der Dreiäugige vor. Die letzten beiden finde ich übrigens nicht besonders geglückt, besonders der Dreiäugige erscheint mir sehr übertrieben. Kennst Du vielleicht den Film "Freaks"?
Da sieht man ganz gut, welche Leute früher im Zirkus gearbeitet haben. Ich wünsche mir weitere, nicht ganz so übertriebene, Charaktere, auf die mehr eingegangen wird.

Auch die Auflösung gefällt mir noch nicht so richtig gut. Gerade der letzte Absatz ist eigentlich überflüssig; es scheint mir, dass Du durch diesen "Sturm" noch etwas fast Melancholisches einfügen wolltest. Aber für die Geschichte selbst ist das uninteressant.
Und der letzte Satz, ja, die Geschichte über diesen Ort würde mich wirklich wahnsinnig interessieren. Schade, dass der Leser davon nichts erfährt. Du erwähnst kurz dieses seltsame Leuchten, dann präsentierst Du dem Leser fast schon platt den Kannibalismus. Ja, wo ist da der Horror?
Im jetzigen Zustand erinnert mich die Geschichte an die erste Version von "Ballast": Grundsätzlich gut geschrieben, aber von Dir kann man einfach mehr erwarten.

Magst Du Dich noch einmal an die Geschichte setzen?

 

Hm, ich lass mir das mal durch den Kopf gehen, wie ich das ganze noch verstärken kann. Bei der hier vorliegenden Geschichte war und ist es mir wichtig, möglichst ohne Blut und Gemetzel auszukommen. Ein wenig Spielraum für eigene Gedanken des Lesers sollte schon da sein, ich mag nicht jede Begebenheit bis ins kleinste Detail erklären.

Danke fürs Lesen.

Gruß,
Poncher

 

hallo Poncher,

die ein Zirkus, wie Camouche ihn betrieb, am Leben zu erhalten.
selbst umzingelt... :) ohne ´zu´
„Wir sind auf den Weg nach Paris...“
auf dem Weg
fiel Camouche das erste Mal auf, das die wenigen Menschen
dass...
Die Truppe saß angelehnt an einer Mauer. Als sie ihn erblickten, standen sie auf und winkten ihm zu
Die Leute seiner Truppe... sonst passt der Plural nicht

Da gäbe es noch ein paar Kleinigkeiten.
Zur Geschichte selbst: Es sollte wirklich nicht der Eindruck entstehen, die Geschichte sei von Durchführung, Stil her schlecht. Mir fehlt nur der Horror (sozusagen Blut und Gemetzel im Kopf), es wird keine Spannung aufgebaut, die sich bis zum Ende hin zieht. Die Kannibalen kommen zu sehr aus dem Nichts, das Ende wird nicht vorbereitet, soll heißen, es erscheint mir zu losgelöst vom Inhalt der Geschichte. Der Leser hat hier zuviel Spielraum und weiß nicht wohin mit seinen Gedanken. Kurz: Im Team-Work habe ich erheblich bessere Beiträge von dir gelesen und werde es noch tun :D

Gruß vom querkopp

 

Warum ist es eigentlich manchen Leuten so wichtig, ohne Blut und Gemetzel auszukommen? Nicht, daß ich den Splatter predigen wollte, aber man muß es doch auch nicht krampfhaft vermeiden, oder?

r

 

Die Frage ist überflüssig, Relysium. Ich könnte dich im Gegenzug fragen, warum manchen Autoren es so wichtig ist, unbedingt "Blut und Gemetzel" in eine Geschichte mit einbringen zu wollen. Besonders in dieser Rubrik, wo die besten Geschichten auch ohne "krampfhafte Beschreibungen" auskommen.

Ich möchte nicht den Verzicht auf Splatter predigen, aber man muß diesen auch nicht krampfhaft ausüben, nur weil manche Leute darauf abfahren, oder?

Mit der hier vorliegenden Geschichte bin ich offensichtlich mit Pauken und Trompeten gescheitert. Eine Überarbeitung, wie Bib schon anregte, wäre angebracht. Mal sehen...

Deine Verbesserungsvorschläge, was Formulierungen einzelner (wohlgemerkt: einzelner) Sätze betrifft, weise ich zurück, sie erscheinen mir einfach zu... billig. Nichts für ungut.

Abschließend: Dem Leser jedes Detail, jeden Hintergrund zu erklären, widerstrebt mir. Daran werde ich auch weiterhin festhalten. Zumindest, was diese Rubrik betrifft. Ein, zwei Fragen noch: Besteht eine Stadt nur aus einem Haus? Dürfen Protagonisten einer Horrorgeschichte sich nicht mehr darauf einstellen, dass eventuell was Schlimmes passieren kann? :dozey:

Gruß,
Poncher

 

Geschrieben von Poncher
Die Frage ist überflüssig, Relysium.

Fragen sind nie überflüssig, außer es steht was Persönliches dahinter.

Ich könnte dich im Gegenzug fragen, warum manchen Autoren es so wichtig ist, unbedingt "Blut und Gemetzel" in eine Geschichte mit einbringen zu wollen.

Dann frag doch!
Allerdings wird die Frage ins Leere gehen, da ich mich nicht erinnere, irgendeine Äußerung gemacht zu haben, daß jemand zu wenig Splatter in seiner Geschichte drin hätte, oder daß es mir wichtig wäre, unbedingt ewas Blutiges in die Geschichte zu bringen.

Besonders in dieser Rubrik, wo die besten Geschichten auch ohne "krampfhafte Beschreibungen" auskommen.

Ist ja okay, wenn sie ohne auskommen. Meine Frage war ohne wertenden Hintergedanken gemeint, es interessiert mich wirklich, warum du der Meinung bist, wenig Blut besser ist als viel. Wenn du sagst, daß es dir halt so besser gefällt, wäre das auch schon eine Antwort. Aber vielleicht hast du ja irgendwelche literaturphilosophisch-ethischen Hintergrundgedanken.

Ich möchte nicht den Verzicht auf Splatter predigen, aber man muß diesen auch nicht krampfhaft ausüben, nur weil manche Leute darauf abfahren, oder?

siehe oben

Deine Verbesserungsvorschläge, was Formulierungen einzelner (wohlgemerkt: einzelner) Sätze betrifft, weise ich zurück, sie erscheinen mir einfach zu... billig. Nichts für ungut.

Das steht dir selbstverständlich frei, du bist der Autor.

Abschließend: Dem Leser jedes Detail, jeden Hintergrund zu erklären, widerstrebt mir.

Da bin ich ganz deiner Meinung.

Daran werde ich auch weiterhin festhalten. Zumindest, was diese Rubrik betrifft. Ein, zwei Fragen noch: Besteht eine Stadt nur aus einem Haus?

Bei dir zunächst schon, wenn man nach einem schlammigen Weg, der als Straße nicht durchgeht, an EIN baufälliges Haus kommt...

Dürfen Protagonisten einer Horrorgeschichte sich nicht mehr darauf einstellen, dass eventuell was Schlimmes passieren kann?

"Dürfen" klingt so restriktiv. Du bist der Autor. Aber es wirkt klischeehaft. Es ist einfach nicht mehr zeitgemäß. Früher war das ein Stilmittel, um den horrorunkundigen Leser nicht zu sehr zu überraschen, aber mich nervt sowas nur. Es gibt gar keinen Grund für die Protagonisten "das Schlimmste" zu befürchten - zumindest beschreibst du keinen.

r

 
Zuletzt bearbeitet:

Hallo Poncher,

die Idee einen alten, "Kuriositäten-Kabinett-Zirkus" als Handlungsort zu wählen, finde ich sehr überzeugend und gibt auch atmosphärisch viel her. Leider wird deine Geschichte ab dem Mittelteil immer zusammenhangsloser, als würden Szenen fehlen. Das Licht über Chantres hat etwas Mystisches, eine gute Passage, die du aber nicht zu Ende führst. Der Kannibalismus wird weder vorbereitet noch plausibel erklärt. Warum essen die Bewohner Menschenfleisch, wo sie doch bestens mit anderem Essen versorgt sind? Was ist ihr Grund? Woran erkennt der Zirkusdirektor, dass sie Kannibalen sind? Irgendein Detail, das auch den Leser miträtseln läßt, würde ich vorher servieren. Vielleicht kommt es bei der Essensübergabe zu einem kleinen Gespräch zwischen Stadtbewohnern und Artisten, in dem sich herausstellt, dass erstere viele Speisen gar nicht kennen, weil sie sie nie gekostet haben.

Details

Es stank nach Abfall, Tod und Fäkalien.
> Relysiums Vorschlag, den Tod im Sinne einer Klimax an den Schluss zu stellen finde ich gut.
Gerade die Endposition in einem Satz ist die Eindrücklichste und "Tod" wäre spannender als "Fäkalien".
immer Richtung Paris
> "immer weiter Richtung Paris" hört sich in meinen Ohren melodischer an.
Das wenige Geld, was er verdiente, reichte nicht einmal aus, die grundsätzlichen Dinge zu beschaffen, die ein Zirkus, wie Camouche ihn betrieb, am Leben zu erhalten.
> , das er
> Syntaxfehler:
entweder fehlende Wörter einfügen:
Das wenige Geld, das er verdiente, reichte nicht einmal aus, die grundsätzlichen Dinge zu beschaffen, die ein Zirkus, wie Camouche ihn betrieb, brauchte, um ihn am Leben zu erhalten.

oder die angedeutete Infinitiv-Konstruktion mit "um" erweitern:
Das wenige Geld, das er verdiente, reichte nicht einmal aus, die grundsätzlichen Dinge zu beschaffen, um einen Zirkus, wie Camouche ihn betrieb, am Leben zu erhalten.

Es gibt noch mehrere Sätze, wo Wörter fehlen oder grammatikalisch falsche Endungen haben.

An dieser Stelle höre ich auf, weil ich mir nicht sicher bin, ob du meine Änderungsvorschläge ebenfalls wie Resyliums (die ich z.Teil recht gut finde) ignorieren möchtest und ich meine Zeit ungern umsonst investiere.

LG Pe

 

Hi Poncher!

Ich fand deine Geschichte spannend und vor allem atmosphärisch bis zu diesel mysteriösen Leuchten am Himmel. Ab da läßt du den Leser hängen, fängst mit Kanniablissmus an, der nicht mal ansatzweise erklärt wird. Das Leuchten selbst, aus dem man mM nach noch einiges machen hätte können, läßt du völlig fallen. Die Charaktere sind dir ganz gut gelungen, wobei einige doch etwas übertrieben dargestellt sind. (Drei Arme etc.)

Diese Mischung aus Horror und der "Endzeit-Stimmung" der franz. Revolution kommt mir bekannt vor...erinnert mich an "Pakt der Wölfe"...ist das Zufall? Würd mich interessieren...

LG Elroy

 

Hi ihr!

Selten so einen einhelligen Verriß bekommen. Auch nicht schlecht. :hmm: Aber ihr habt Recht, Überarbeitung tut Not.

Gruß,
Poncher

PS: Nö, mit "Pakt der Wölfe" hatte das nichts zu tun, trotzdem ein cooler Film, wie ich finde. :D

 

Selber hi,

Selten so einen einhelligen Verriß bekommen. Auch nicht schlecht.

Von Verriß würde ich nicht sprechen, eher von Lückentext :D.

In den zweiten Teil noch ein paar vermittelnde Szenen, damit die Kannibalismus-Szenen nicht zu sehr aus heiterem Himmel kommen und eine gründliche Überarbeitung all der vorhandenen Fehler (relysium und ich haben das meiste schon gefunden) und du hast eine gute Geschichte.

Wäre schade, diese atmosphärisch reizvolle story als Rudiment stehen zu lassen.

Ich denke, so viel Arbeitsaufwand ist es gar nicht mal. :)

LG Pe

 

Hi, Ponch!

Jetzt ich, ja?
Ich muss dich leider enttäuschen, denn mir hat die Geschichte im Nachhinein sehr gut gefallen. Ich kann mir gut vorstellen, wie du zu der Idee der Story gekommen bist - Am Anfang war das Bild, hab ich Recht?:cool:

Ich muss den Anderen allerdings insofern Recht geben, als dass ab dem Mittelteil etwa die Spannung etwas abflacht und du sie so richtig nicht wieder hochkriegst (ist aber nicht so schlimm, alter Junge, kommt in den besten Familien vor :D )

Die Schlusspointe aber, die hats meiner Meinung nach wieder rausgehauen, fand ich Klasse. Gab aber auch kaum einen Ausweg.

Im Übrigen wieder ein guter alter Poncher - etwas mysteriös, ein wenig schmutzig und die Protagonisten kommen ums Leben. Das mit der weggelassenen Gewalt übrigens tat der Story sehr gut. Hättest du Gemetzel gezeigt, hätte sie sich nicht sehr unterschieden, von simplen Splatter-Stories.

Ich hab mich wie immer gut unterhalten.

Viele Grüße von hier!
:D

 

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