Was ist neu

Chraim

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11.04.2011
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Chraim

Ich war ein Mensch.
Gestern noch oder vorgestern oder vor ein paar Tagen; es fällt mir mit jeder Stunde schwerer, das zu bestimmen.
Ich war kein besonderer Mensch. Ein unsportlicher Mann von Mitte Dreißig mit in die Jahre gekommener Frisur und einem Bauchansatz unter dem immer gleichen Heavy Metal T-Shirt. Ich hatte keine Freunde - woher sollten die auch kommen, wo ich mich alle Zeit in meine Science-Fiction Bücher vergrub und in inflationärer Zahl Filme guckte.
Verwandte hatte ich mir vom Leib geschafft, Kollegen …
Ha, meine Kollegen hatten gar keine Wahl: Sie mussten mit mir klarkommen; sich dazu überwinden, mich anzusprechen und ihre „Problemchen“ vorzutragen. Es war mir ein Vergnügen, ihnen dabei zuzusehen wie sie sich meinem Schreibtisch gleich einer versifften Toilette näherten, wie ihre Ungeduld schon beinahe in Panik zu kippen drohte, weil ihr Rechner seinen Dienst verweigerte und ihnen nun mal kein anderer helfen konnte außer der Freak.
Ich brachte ihre Technik in Ordnung und zerknirscht dankten sie mir dafür, fühlten sich von mir abhängig und verdächtigten mich insgeheim, ihre erotischen Internet-Ausflüge (meist Ursache der Systemabstürze) nach oben zu melden.

Frühling, Sommer, Herbst und Winter kamen und gingen mit einer einzigen Zäsur: dem alljährlichen Urlaub. Ich stopfte zwei Unterhosen, Zahnbürste und Bücher in die Packtaschen meiner altersschwachen Harley, tankte auf und fuhr los. Kurvte über die Alpen und das Velebitgebirge hinweg in Richtung Fähre und setzte auf die immer gleiche Insel über; zog eine Plane zwischen zwei Olivenbäume und las.

Noch war ich ein Mensch.
Wäre es noch heute und die Katastrophe wäre nicht geschehen, hätte ich mich woanders aufgehalten; an einem öffentlichen, sicheren Ort.
Ich aber hasste die Campingplätze mit ihrer Presslufthammer-Musik und dem Gelaber der Menschen. Zog mich unter Sterne zurück, betrachtete ihr Flimmern und philosophierte Romantik, ohne zu erkennen, das da oben Kriege tobten, Schlachten jenseits menschlicher Vorstellungskraft.
Jetzt weiß ich es.

Jeden Abend verließ ich meine Oase, kaufte Wurst und Brot. Ich trank Bier, las und schlief. Begab mich jeden Morgen auf einen ausgiebigen Spaziergang. Lief die schmale Straße entlang bis zum nächsten Dorf, und dann zum nächsten und dann immer weiter, vom Meer weg tief in das Land hinein. Pilgerte und gelangte in eine Art Trance dabei, empfand die Hitze der aufsteigenden Sonne als angenehm, das Gewicht meines durchgeschwitzten T-Shirts als gottgegebene Last. Außerirdisch anmutende Libellen begleiteten mich wie Bodyguards. Hin und wieder tuckerten Traktoren, kutschiert von kopfschüttelnden Bauern an mir vorbei.
Wenn mich überhaupt etwas störte, waren es die Radtouristen. In schreiendbunten Darm gepresste Idioten: Kopf nach unten auf den Tacho, kein Blick für die Schönheit der Natur rasten sie an mir vorbei, grußlos und immer zu knapp, verzagt und schmallippig die Pedalen tretend.
Ich ignorierte sie. Setzte meine Schritte, schweißüberströmt - denn noch war ich ein Mensch.

Chraim zu ignorieren war mir nicht möglich.
Ihr Rad streifte meinen Arm, ich wollte aufbegehren, doch dann sah ich ihre Silhouette und hielt meine Klappe.
Chraims schlanker Körper steckte in einem enganliegenden Dress. Ihre Beine bewegten sich wie in keramischen, perfekt geschliffenen Lagern, wie die Teile einer komplexen, hochmodernen Maschine. Ich öffnete meinen Mund und blieb mit klopfendem Herzen stehen.

Ich und die Frauen, ha. Ich hatte das längst aufgegeben. Nur die Schönen hatten mich je interessiert – doch war ich stets Ungeziefer für sie oder bestenfalls Luft.
Ich beschloss, dieser Frau so lange wie möglich hinterher zu sehen, dem gleichmäßigen Auf und Ab ihrer Oberschenkel zu folgen, auf ihren Arsch zu starren und später zu träumen von ihr. Davon zu träumen, dass sie die Füße aus den Pedalen klicken und am Feldrand halten und warten würde, auf mich.

Genau das aber tat sie.
Warf das Bike ins Feld und drehte sich nach mir um. Ich sah sie an: Mit herabhängenden Armen ruhte Chraim in sich selbst. Verkörperte nicht diskutierbare Macht.
Zögernd setzte ich meine Schritte - noch zehn, acht, sechs … Ich schluckte. Niemals würde ich wagen, sie anzusprechen, sie mit meinem Vorhandensein zu beleidigen, sie zu beschmutzen wie eine Zecke den Wirt. Ich würde an ihr vorbeigehen, der Situation mit einem Räuspern entfliehen.
Dann aber sah ich auf, genau in ihre Augen.
Herrgott.
Ich hatte die Gemälde Gustav Klimts gesehen, das Gold, mit dem er seine Frauen umarmte. Von diesem Gold waren ihre Augen - leicht ovale Katzenaugen mit goldener Iris und tiefschwarzer Pupille; kunstfertig gemeißelt in ihr junges, schönes Gesicht.
„Ich …“
„Ich weiß, was du willst“, unterbrach mich Chraim, nahm meine Hand und zog mich fort. Ich folgte ihr, kopflos, ins Feld, stolperte über Gestein, schlug Haken durch das Gestrüpp. Auf einem flachen Stück Wiese hielt sie inne, streifte sich das Dress vom Leib und stand nackt vor mir.
Noch war ich ein Mensch, noch Mann.

Ich kapierte nicht, wer oder vielmehr was diese Frau war, dass ich sie nicht ohne Gegenleistung bekommen würde.
Mit einem Grunzen umfasste ich ihre Taille, griff ihren Arsch, ließ meine Hände wie ein hungriges Tier über ihre Brüste wandern und ihren Bauch. Tauchte meine Nase in ihre Achseln, roch ihre Verderbtheit und verlor die Kontrolle.
Hätte ich gewusst, was mir diese Frau antun würde, wäre ich dann davongelaufen? - Ich glaube es nicht. Stand ich doch längst unter ihrem Befehl, war ihr ausgeliefert wie ein Junkie dem Stoff.

Meine Erektion schmerzte. Chraim griff danach und erlöste mich mit den Händen einer Taschendiebin. Gewährte mir eine letzte menschliche Regung vor dem Nichts.
Ich ergoss mich, Gott anrufend mit fettgedruckten Fragezeichen in den Augen; Augen, die sie mir schon bald nehmen würde, ebenso rauben wie Stimme und Trieb.
„Wie … heißt du?“, wagte ich zu fragen und: „Chraim …“, antwortete sie, grollte es wie ein vor dem Ausbruch stehender Vulkan.
Mit offener Hose stand ich vor ihr.
Chraim sah mich mitleidig an. Dann legte sie mir die flache Hand auf die Brust und brachte mich um.

Wie lang ist das her?
War es gestern, vorgestern oder vor ein paar Tagen?
Der Schmerz war entsetzlich. Energie floss aus Chraim und ich glaubte im Netz einer Hochspannungsleitung zu hängen. Der Schmerz drang wie flüssiges Metall in meinen Körper; dann geißelte er mich, mit glühender Peitsche von innen heraus.
Ich sah meine Haut Blasen werfen und sich entzünden; begriff, dass ich wie eine Fackel brannte. Wollte mich hinwerfen und über den Boden wälzen - doch etwas lähmte mich und so sank ich auf die Knie …
Inhalierte den Rauch meiner verkohlenden Haare und schrie.

Ich bin.
Bin Gedanke.
Taumle durch den Raum und suche Halt, suche Halt und Struktur, bemühe mich, anzudocken an etwas, das zu meinem Universum gehört, dass ich kenne und benennen und beschreiben kann.
Ich falle.
Falle nach unten, falle nach oben, mit Übelkeit erregender Geschwindigkeit ins Nichts. Weil es ein fürchterliches Gefühl ist, versuche ich den Ritt zu stoppen, die lichtlose Unendlichkeit mit Gedanken zu füllen. Versuche, mir Wände, einen Boden und eine Decke, einen Raum vorzustellen - doch das macht es nur noch schlimmer, denn mein Raum ist ein Alptraum: Zehntausende Mausefallen und ebenso viele Tischtennisbälle und natürlich fällt einer der Bälle auf die Drahtkonstruktion der Falle – die wütend zuschnappt und ihn davonkatapultiert und dann trifft er die nächste und löst eine Kettenreaktion aus. Ich würge beim Anblick der tanzenden Bälle und der wie durchgedrehte Ratten schnappenden Fallen.

Beruhige mich, irgendwann. Vermisse etwas, glaube, dass es etwas Wichtiges ist und horche ins Nichts. Begreife das Fehlen von Atem und Herzschlag, finde keinen Hinweis auf die Existenz meines Körpers und wieder beginnt sich das Dunkel um mich herum zu drehen wie die Zimmerdecke eines Betrunkenen.
Stunden später nehme ich die Katastrophe an.
Ich habe keinen Körper mehr.
Bin nicht länger ein Mensch.

In meiner Vorstellung ist nicht viel von mir übrig. Die graue Masse meines Hirns schwimmt in einem transparenten Behälter, angezapft von bioelektrischen Würmern. Es sind hässliche, schwarzschimmernde Blutegel, die mein Bewusstsein abtasten und die Daten einspeisen in das System einer fremden, wissbegierigen Intelligenz. Ich spüre die Wand meines Behälters und das Vorhandensein weiterer. Sie sind neben mir, links und rechts, vorn und hinten und oben und unten. Beschriftet und übereinander gestapelt und durch immer dickere Kabel miteinander verbunden. Eine Datenleitung, die aus dem riesigen Raum in den nächsten führt und danach in den nächsten und nächsten …

Chraim?
Ich rufe sie, seit Stunden, vergeblich.
Bin ich Batterie, Chraim?
Bin ich Medium, Speicher oder Prozessor?
Denn sie scheinen mich zu benutzen. Speisen fremde Gedanken in mein Bewusstsein und das ist ein Gefühl wie warme Pisse im Mund.
Sie erzeugen Territorium. Beschaffen mir Holz, Steine und Stahl, versorgen mich mit immer komplizierteren Materialien und befehlen mir, damit Türme, Brücken und Bunker zu errichten. Erteilen mir die Befehlsgewalt über zehntausende Soldaten, statten mich mit Panzern und Granaten aus. Rufen gesichtslose Wilde als meine Gegner auf den Plan und zwingen mich zum Kampf.
Ich gehorche. Erschaffe Lebewesen: einen Fisch, dann eine Ratte und schließlich etwas, für das ich keinen Namen habe.
Sie lassen mich nicht ruhen, erlauben keine Rast, speisen mich mit immer neuen Informationen, lassen mich Daten saufen und Input, Input, Input fressen. Brennen mir dreidimensional Baupläne und Koordinaten wie mit einem Eisen ins Hirn. Es wird krank davon, entzündet sich, beginnt zu bluten und bildet schorfige Narben an Cortex und Hypothalamus.
Wie lange noch, Chraim?

Immer wieder rufe ich nach ihr. Erinnere mich an die Igelnasen ihrer Brüste, an das schulterlange, blauschwarze Haar und ihre Katzenaugen.
Es war nicht deine wahre Gestalt, oder, Chraim?
Wie siehst du wirklich aus - wer oder was seid ihr und wie viele habt ihr von uns? Wie lange noch, Chraim - diese Frage ist wichtiger als alle anderen, wie lange noch werde ich an euren Drähten hängen?
Ich verlange zu sterben, Chraim. Weil ich es nicht länger ertrage. Du musst mir diesen Wunsch erfüllen, Chraim, um der alten Zeiten willen!

Dass sie mich nicht sterben lassen – dieser Gedanke bricht wie der Schlag eines Hammers in mein Hirn. Ich gerate in Panik – begreife, das es möglich ist, dies hier noch Monate oder Jahre zu ertragen – und da brennen meine Sicherungen durch.

Stunden oder Tage.
Außer Gefecht gesetzt erfahre ich Schonung. Kein Input mehr, ein paar ruderfreie Tage für den Galeerensklaven, der dennoch gekettet bleibt an seiner Bank. Sich dort manisch hin und her wiegt, mit geblendeten Augen und durchgestochenen Trommelfellen immer nur eines hört: seinen inneren, tosenden Sturm.
Die Ruhe beschert mir einen Traum: Ich finde mich auf einem Bahnhof wieder, menschenleer mit den Ausmaßen einer Zeppelinhalle. Der Boden beginnt zu vibrieren, ich stehe zwischen den Schienensträngen und gewahre die Lichter des einfahrenden Zuges. Ich sehe ihn auf mich zukommen und will beiseitetreten – doch etwas hält mich fest. Ich versuche, mich zu bewegen, doch schaffe es nicht; versuche, mich loszureißen, strecke die Arme aus, reiße sie nach vorn und spreize die Finger gegen das Magnesiumlicht der Scheinwerfer. Begreife, dass der Zug mich zerschmettern wird und erwarte den Schmerz.
Return! Er kommt immer wieder auf mich zu, immer wieder und wieder und ich schreie wie von Sinnen, denn meine Angst ist jedes Mal neu.

Ich spüre Taubheit. Bin ich krank? Versorgen sie mich mit Medikamenten, pumpen sie mich mit Drogen voll? Jedenfalls bekomme ich keine Aufgaben mehr. Ich beginne zu hoffen. Vielleicht bin ich wahnsinnig geworden und damit nutzlos für ihre Versuche. Vielleicht war es Chraim, die mir geholfen, ein gutes Wort für mich eingelegt hat bei ihrer Schar.

Alles leuchtet, alles um mich herum strahlt.
Kommt jetzt Gott? Trägt er einen Maßanzug zu seinem langen Bart? Kommt Chraim an mein Krankenbett, nimmt mich mit nach draußen und zaubert mich gesund?
Tatsächlich erwache ich auf einer wild nach Lavendel duftenden Wiese. Ich strecke meine Glieder, spüre Sehnen und Bänder, spüre Gras und Dreck unter meinen Zehen, unter meinen Pfoten, schüttele mich und begreife: ich habe meinen Körper zurück, er ist trainiert und schön. Fassungslos rolle ich mich über die Wiese, stehe auf und erblicke Chraim.
Sie liegt vor mir - schöner als je zuvor. Trägt ein helles, kurzes Fell. Verdreht die goldenen Augen und maunzt: „Du bist durchgedreht.“
„Durchgedreht?“, frage ich.
„Das ist nichts Besonderes“, antwortet Chraim. „Das erleben wir ständig bei Euch, Eure Performance ist schlecht.“
„Unsere … Performance?“ Ich verstehe nicht. Starre Chraim an und suche nach Worten.
„Ich fühle mich … kräftig“, bringe ich schließlich hervor.
„Du bist ein gesunder Kater in seinen besten Jahren.“
„Und jetzt?“
„Gehst Du den Fluss entlang. Hinter der Anhöhe liegt ein Bauernhof. Nette Leute leben da, vor allem aber eine rollige, graurote Katze.“
In mir erwacht Verlangen. Selbstverliebt strecke ich meine Pfote aus und werde geil beim Anblick der aus meinen Hauttaschen herausfahrenden, messerscharfen Krallen.
„Chraim?“ Ich will ihr erklären, dass ich keine Andere, sondern nur sie alleine haben will – aber da ist sie schon fort und ich schleiche zum Bauernhof.
Tage später kehrt das Dunkel zurück.
Und ich bekomme wieder Input. Führe Krieg und erleide fürchterliche Verluste. Die Bestien zerreißen meinen Vater,
vergewaltigen meine Mutter und meine Schwester, bevor sie sie entführen. Der Zorn treibt mich zu immer neuem Angriff, ich entwickle Mechanismen und töte Hunderte, bevor ich erneut zusammenbreche.

Vielleicht bin ich Muster. Vielleicht bemustern sie uns, reisen seit Jahrtausenden durchs All und rekrutieren Soldaten. Simulieren Auseinandersetzungen und bewerten unsere Reaktionen. Sind Späher oder eine Art Geheimdienst im Auftrag ihrer Regierung.
Sie sind nicht gerade zimperlich. Fressen oder gefressen werden, das ist wohl das All.

Sie haben mich wiederhergestellt.
Stellen mich immer wieder her und in mir wächst der Verdacht, dass sie mein Hirn längst herausgelöst haben aus seiner unnützen, sterblichen Hülle, es übertragen haben in ein System, das überdauern wird. Einst war ich in Panik geraten, aus Angst, es noch Jahre ertragen zu müssen. Jetzt weiß ich: Ich werde Jahrtausende leiden, bis zum Ende aller Zeit.

Gestern habe ich von einer Frau geträumt.
Kein guter Moment, mitten im Krieg.
Ich glaubte, diese Frau zu kennen, sie vor Äonen getroffen zu haben.
Ihre Silhouette war atemberaubend. Ihr schlanker Körper steckte in einem enganliegenden Dress. Ihre Beine bewegten sich wie die Teile einer komplexen, hochmodernen Maschine. Ich hatte die Gemälde Gustav Klimts gesehen, das Gold, mit dem er seine Frauen umarmte. Von diesem Gold waren ihre Augen, Katzenaugen, gemeißelt in ein junges, schönes Gesicht.
Wenn ich mich nur an ihren Namen erinnern könnte …

 

Diese Geschichte wurde von einem Autor geschrieben, der hier im Forum angemeldet ist, es für diese Geschichte aber bevorzugt hat, eine Maske zu tragen.
Der Text kann, wie jeder andere Text im Forum, kommentiert werden, nach zehn Tagen wird die Identität des Autors enthüllt.

Als Kritiker kann man bis dahin Vermutungen über die Identität des Autors anstellen. Damit man anderen mit einem schlüssigen Rateversuch nicht den Spaß raubt, sind Spekulationen und Vermutungen bitte in Spoiler-Tags zu setzen.
Beispiel:

[spoiler]Ich vermute, dass der Autor der Geschichte Rumpelstilzchen ist. Der schreibt doch auch immer von güldenem Haar und benutzt so viele Ausrufezeichen![/Spoiler]

Die eckigen Klammern setzt ihr mit der Tastenkombination Alt-gr+8 bzw. Alt-gr+9.
Da dies jedoch kein Ratespiel ist, sind Beiträge ohne Textarbeit, also reine „Vermutungen“, nicht erwünscht.

Viel Spaß beim Raten und Kommentieren!

 

Oh! Ein neuer Maskenballtext, wie schön!

ließ meine Hände wie Derwische wandern
Der Text ist mir im Großen sehr sympathisch, aber im kleinen vergeht kein Absatz ohne dass ich denke: Da hätte mehr Mühe gut getan. Hier als Beispiel: Ein Derwisch ist ein Mönch, der in einen ekstatischen Tanz fällt. Ist das jetzt wirklich das Bild, das du hier haben willst? Man sollte bei so sprichwörtlichen Wendungen auch noch das „Bild“ im Hinterkopf behalten. Sind da jetzt wirklich zwei ekstatisch tanzende Mönche mit dem Körper der Frau beschäftigt?
So im Detail ist der Text schluderig, find ich. Das fällt um so mehr auf, weil er sich immer wieder einem Punkt annähert, an dem er geschliffen und klar wäre, aber er strauchelt oft.

Stand mit locker herabhängenden Armen da; ruhte in sich selbst.
Was macht das „locker“ da? „herabhängend“ ist schon so lang. „Ruhte in sich selbst“ - da wird das Bild auch gedoppelt.

Ihre Beine bewegten sich wie in keramischen, perfekt geschliffenen Lagern, wie die Teile einer komplexen, hochmodernen Maschine.
Das hier ist ein toller Satz, wenn man so bisschen abklopft. Der ist ja schon gut, aber der könnte doch noch ein bisschen besser sein. Ich finde da bringt sich der Text um den eigenen Lohn, weil er diesen letzten Arbeitsschritt nicht macht. Das „Ausdünnen, Verdichten, nach dem Klang gehen“. Der Text bräuchte so einen versonnen Schritt, wenn der Autor unter einem Lindenbaum sitzt, sich mit einer Feder unter der Nase entlangstreicht, dem Klang nach lauscht und eigentlich nur schaut, was er jetzt noch wegstreichen kann.

Stand ich doch längst unter ihrem Befehl, war ihr hörig wie ein Junkie dem Stoff.
Ein Junkie ist nicht dem Stoff hörig, sondern dem Dealer.

Dann legte sie mir die flache Hand auf die Brust und brachte mich um.
Im ganzen Text sind diese sehr auf Effekt bedachten Einsprengsel: Noch war ich Mensch, noch war ich Mensch, brachte mich um. Da muss man vorsichtig mit sein. Vor allem weil der Text sonst ja so gegenwärtig und da ist. Und dann diese „dun-dun-dun“-Sätze – sollte man sehr spärlich einsetzen, wirkt sonst wie ein Trick.

Ja, das ist schwer, der Text erinnert mich an einen meiner eigenen, eine zweite Mona Lisa. Das ist eine lovecraftsche Vorstellung hier, dass der Mensch von einem „Grauen aus dem All“ entführt wird, und dann werden seine Bio-Teile in so einer Art kybernetischen Aktion verwendet – das sind so Vorstellungen aus dem Anfang der Industrialisierung, denke ich. Mensch-Maschine, nur den Geist braucht man, ganz diffuse Szenarien hier – das trifft irgendeinen Nerv, denke ich, aber das ist eine sehr diffuse Angst. Wenn man das abstrahiert: Der Verlust der Menschlichkeit ist das letztlich, dass man als Person nichts zählt, sondern nur auf seinen Nutzen abgeklopft wird, und es nicht gibt, was über diesen Nutzen hinausgeht.

Der Text hat 3 Teile, die haben jetzt in sich wenig miteinander zu tun, fürchte ich. Der erste Teil ist – von diesen „Das wird furchtbar enden“-Einsprengseln bedeckt – eine Vorstellung der Figur: Einzelgänger, Menschenfeind, hat sich in seine Sonderrolle geflüchtet. Da könnte man vielleicht stärker dieses „Meine Existenz wird auf meien Arbeitskraft reduziert“-Idee suchen. Es ist so grob drin bei „Die kommen zu mir, weil sie mich brauchen“, aber das ist nur ein Abschnitt. Diese Sache mit „Ich hab einen Blick für die Natur“ - findet sich im Text wenig. Vielleicht wäre es in diesem ersten Abschnitt gut, wenn es irgendeine andere Figur als ihn selbst gäbe.

Dann zweiter Teil ist nur diese Begegnung mit Chraim. Das ist ein sehr altes Motiv: Die Verlockung, die Bestrafung. Dass man für überirdisches Glück bezahlen muss. Hier seh ich das „überirdische Glück“ irgendwie nicht so richtig. Das ist ja alles dann sehr diffus: Offenbar kommt er nach 2 Sekunden in ihren Händen und dann sagt er: Jetzt bin ich auf ewig verdammt. Wenn man ihn zu einem willenlosen Sklaven macht, dann ist ja die Idee „Das geht aber nur, wenn er vorher auf dieses Chraim-Konstrukt hineinfällt“, doch ein bisschen schräg, oder? Also ich verstehe das Motiv hier abstrakt, dass es da ist. Aber normalerweise ist die Verführung mit anschließender Verdammnis in irgendeinen Kontext eingebettet. Wenn du mit der Tochter des Königs schläfst, dann … - Wenn du mit der Frau eines Gottes schläfst, dann … - Wenn du vom süßen Nektar kostest, dann … - Wenn du im Bettchen des Bären schläfst, dann … - hier ist ja nichts, was dann „bestrafend“ wirken würde, dass er sich an irgendetwas, das ein dritter als sein Eigentum betrachtet, vergeht, sondern das Motiv hier ist von der ursprünglichen Idee eher losgelöst. Das ist so ein schwarze Witwe-Motiv, das der Vampir sein Opfer verführt und vögelt, bevor er es aussaugt – aber diese „Chraim“ scheint ja von solchen Ideen entfernt zu sein. Komische Konstruktion. Das einzige, was passiert ist, dass die Figur dann in diesem Kyber-Albtraum das Gefühl hat, sie ist selbst an ihrem Schicksal Schuld – aber … das ist schon dünn.

Dann der albtraumhafte dritte Teil, der wirkt dann auch wie ein Albtraum auf mich. Da sind die einzelnen Ideen losgelöst, ich find das eigentlich sehr gut, so als undefinierbare, mehr empfunden als verstandene „Über-Note“ des Textes, durch den Anfang wird das aber geerdet und man möchte es eher verstehen. Wenn man es „nur“ als Albtraumvision erzählen würde, von hinten aufgelöst, und dann noch eine Idee hätte, wie das plausibel wird – also das man sagt: Ich bin dieser Kybernetische-Zombie im Dienst einer lovecraftschen Macht – ich bin hineingeraten, weil das und das passiert ist – ich weiß nicht, die Geschichte ist wahrscheinlich vom „Anterbewusstsein“ empfangen worden, wahrscheinlich durch einen Traum, und nicht konzipiert von A nach B, deshalb ist es schwer, das handwerklich zu betrachten. Also ich fühle mich der Geschichte verbunden, ich fühl mich den Versatzstücken hier verbunden, auf eine dumpfe Art, verstehe ich den Horror und den Gedankengang in der Geschichte, aber – ich finde hier fehlt ein Veredelungsprozess, um aus diesen „empfangenen“ Ideen, dann in einem weiteren Schritt mehr zu machen.

Die Idee dahinter ist eine Zivilisationsangst. Menschen verschmelzen mit ihren Maschinen, werden auf ihre Funktion beschränkt, sind in einem abstrakten System gefangen, das große Bedeutung hat, solange sie drin sind, und keine mehr, wenn sie raus sind (hier ist es der Krieg, den er führen muss; Im Alltag ist es dann irgendein Bericht, der 8 Stunden von allerhöchster Wichtigkeit ist, aber der komplett egal ist, sobald man vom Rechner aufsteht).
Sex und Körperlichkeit wird gezielt als Belohnungs-System eingesetzt (das ist vielleicht: Ich krieg Sex und schöne Frauen nur, wenn ich einen Job habe und Geld nach Hause bringe. Ohne Funktion, verdiene ich auch keine Zärtlichkeiten, keinen Luxus – das ist ja auch so eine Idee, dass man nur glücklich wird, wenn man ein brasilianisches Super-Modell im Bett hat mit perfektem Haar und die will halt nur wen mit 2 Millionen Jahreseinkommen).
Und dem Menschen selbst gegenüber wird keine Gnade entgegengebracht, und wenn dann nur aus berechnenden Motiven.

Im Prinzip ist der Text hier so, dass eine neue Chefin in die Abteilung kommt, einen Mann einmal von sich kosten lässt, ihn dann zu immerwährender Sklavenarbeit zwingt, und wenn er kurz vorm Zusammenbrechen ist, sagt sie ihm: Hier, da drüben die graue Maus (rote Katze) in Cubicile 8B – geh doch mal mit der ein Eis essen, ich geb euch einen halben Tag frei. Das ist so eine Hälfte von Being John Malkovich, glaub ich. :)

Es ist aber kein schlechter Text oder irgendwas, ich hab den gern gelesen.

Keine Ahnung. Horror-Autor, lovecraft gelesen, gab's früher viel mehr hier. Proof wird’s nicht sein, Schwups wird’s nicht sein, ich bin's nicht – schwer. Maeuser vielleicht? Hanniball wahrscheinlich auch nicht. Keine Ahnung.

Gruß
Quinn

 

Hallo Maske,

ich hab den Text direkt nach dem Einstellen schon gelesen, hatte aber keine Zeit zu kommentieren. Und dann hatte Quinn schon kommentiert und ich hab mich geärgert, weil ich dachte, jetzt hat er bestimmt alles schon bemäkelt, was ich bemäkelt hätte plus X zur Plotkonstruktion, was mir nicht eingefallen wäre.

Hat er aber überraschenderweise nicht und vor allem fällt sein Grundtenor anders aus als meiner. Mag dann auch daran liegen, was man in diese Richtung schon gelesen hat, so die Science Fiction-Klassiker - da kann man bei mir kein Wiedererkennungssympathiegefühl dran knüpfen. Also mir hat der Text nicht so arg gefallen. Ich seh den inneren Zusammenhang nicht, zwischen Figurenkonzeption und Ereignis zum Beispiel. Vor allem versteh ich nicht, was da abgeht in diesem "Zustand". Das ist mir son ziemlich undefiniertes science-fiction-Esoterik-Alptraum-Gewöll. Da hätte ich mir mehr Schärfe drin gewünscht, auch wenn das wirr-assoziative natürlich Programm ist. War mir alles zu larifari irgendwie, fand ich auch nicht nachvollziehbar fürchterlich.
Also mit dem Protagonisten bin ich auch nicht warm geworden, der war mir zu holzschnitthaft. Der wird auch nicht in einer Szene vorgestellt sondern in einer summary - so ein Mensch war ich. Find ich nicht besonders identifikationsfördernd oder lebendig. Ich seh da auch ein Problem drin, dass er im Grunde niemals zu Akteur wird, sondern ihm lediglich etwas widerfährt, aber gut, wenn er mir als Typ vielleicht näher gekommen wäre, hätte ich das vielleicht gar nicht mal als störend empfunden. Was bei mir allerdings am meisten Widerwillen erzeugt hat, war die Sprache. Einerseits mit so nem salbungsvollen Ton, der vor allem durch die Satzstruktur erzeugt wird, durch Inversionen, diesen nachhängenden Halbsätzen etc. und dann andererseits so schluderig im Detail - das hat Quinn ja schon angemerkt. Und das beides als Mischung ist mir dann immer brrrrrr.

Nur mal ein paar Beispiele zum Stil:

wo ich mich alle Zeit in meine Science-Fiction Bücher vergrub und in inflationärer Zahl Filme guckte
Das Wort "inflationär" wird auch echt inflationär verwendet, einfach im Sinne einer Steigerungsform von "viel". Das ist schade. Denn inwiefern gibt es eine Inflation, wenn man viele Filme guckt? Verliert der einzelne Film dadurch an Wert, oder geht es nicht eher um ein ganz anderes Problem, das der Abschottung?

Jeden Abend verließ ich meine Oase, kaufte Wurst und Brot.
Auch son unpräzises Bild. Oasen zeichnen sich ja grade dadurch aus, dass es da an nichts mangelt. Die muss mann nicht verlassen um Wurst zu kaufen.

Pilgerte und gelangte in eine Art Trance dabei
"gelangt" find ich hier auch widerständig, "geriet" oder so wäre passender

Hin und wieder tuckerten Traktoren, besetzt mit kopfschüttelnden Bauern an mir vorbei.
Das Bild ist schön, die Formulierung "besetzt mit" extrem unelegant

Chraims schlanker Körper steckte in einem enganliegenden Dress.
Ich bin gar nicht so ein deutscher Sprachpurist, aber dieses 2malige dress und später das "bike" fand ich hässlich.

Ich beschloss, dieser Frau so lange wie möglich hinterher zu sehen, dem gleichmäßigen Auf und Ab ihrer Oberschenkel zu folgen, auf ihren Arsch zu starren und später zu träumen von ihr.
da ham wir schon eine dieser salbungsvollen Inversionen am Ende. Und, was mir völlig schleierhaft ist, dieser Beschluss. Warum guckt er ihr nicht einfach hinterher, warum muss er umständlich beschließen, ihr hinterherzusehen?

ruhte in sich selbst.
das ist auch ne nichtssagende Phrase, genau wie der "stumme Schrei" später

Niemals würde ich wagen, sie anzusprechen, sie mit meinem Vorhandensein zu beleidigen, sie zu beschmutzen wie eine Zecke den Wirt.
Dieser Vergleich führt auch ins Nichts, wenn man ihn mal konsequent durchdenkt. Die Analogie bleibt dem allgemeinsten Nenner "Ungeziefer" verhaftet und führt nicht in die Tiefe ihres Verhältnisses zueinander.

Ich ergoss mich, Gott anrufend mit fettgedruckten Fragezeichen in den Augen
das ist mir viiiel zu pathetisch und dann auch noch mit Partizipialkonstruktion...

Der Schmerz drang wie flüssiges Metall in meinen Körper, geißelte mich, mit glühender Peitsche von innen heraus.
Das ist eine Stilblüte mit der man gut die Forderung "don't mix your metaphors!" illustrieren könnte. Und das ist ja auch so ohne jegliche Ironie eingesetzt hier, das gibt mir schon zu denken.

Ich begann, mich zu winden, spürte meine Haut Blasen werfen und sich entzünden, begriff, das ich wie eine Fackel zu brennen begann.
Wie spürt man, dass Haut Blasen wirft? Da muss man schon hingucken, um den Schmerz so präzise zuzuordnen. Und dann dieses doppelte "beginnen". "Beginnen" ist sowieso ein Wort auf meiner schwarzen Liste. Das schwächt alles nur unnötig ab, fokussiert das noch nicht voll ausgeprägte Phänomen statt seines spektakulären Höhepunkts. "Ich begann zu brennen" vs. "Ich brannte"
und "das" muss "dass" heißen

Erinnere mich an die Igelnasen ihrer Brüste, an das schulterlange, blauschwarze Haar und ihre Katzenaugen.
Also "Igelnasen", das ist ja niedlich, aber was zum Henker hat niedlich hier verloren. Es passt nicht zur Erotik der ersten Begegnung und schon gar nicht zum Horror aus dem er sich jetzt zurückerinnert.

Und Klimt leider, hach den find ich auch so kitschig, der hat ja schon fast Raffael-Engel-Status mittlerweile. Naja, der Text kann es mir einfach nicht recht machen, fürchte ich. Ich hör jetzt auch auf zu metzeln. Ich kann das jetzt auch nicht mehr schön reden. Dieser Text hat mir halt einfach gar nicht gefallen. Mag sein, dass ich das anders verpackt hätte, wenn ich wüsste, wer der Autor ist. Zumindest kann man sagen, dass ich diesen Text ganz unvoreingenommen nicht gemocht habe. Weiß nicht, ob das jetzt ein Trost ist. Das ist halt der Vorteil wie der Nachteil der Maskenballtexte, man kriegt die ehrlichsten Kritiken.

lg,
fiz

 
Zuletzt bearbeitet:

Ach, na ja. Ich würde das schon bestreiten, dass man die ehrlicheren Kritiken hier kriegt. Das ist doch schon ein bisschen vom Typ abhängig.

Hallo, maskierter Fremder!

Hab das Spiel hier erst vor Kurzem entdeckt, sonst hätte ich mich schon viel eher beteiligt; obwohl ich ja eine ganze Zeit raus war aus dem Geschäft (obwohl nie vollständig) und dadurch wahrscheinlich nur bedingt geeignet bin, den richtigen Namen rauszufinden.

Also, das Teil hat mir erstmal von der Konstruktion her gefallen, wiewohl ich eigentlich solche Stücke mag, die so ein bisschen wie im Drogenrausch daherkommen, beim Schreiben wie auch beim Lesen. Viele Gedanken, immer mehr verdichtend, so dass man nach und nach die Handlung erschließt.
Am besten natürlich mit der Pointe, die man sich als Leser selbst erarbeitet.

Aber, ich muss mich meinen Vorrednern anschließen, Quinn hat das ja im Prinzip auch gesagt: Der Text müsste tatsächlich noch mal überarbeitet werden (welcher müsste das nicht?) und man müsste neben Formulierungen auch noch mal über die Struktur drüber gehen.

Je nachdem, was du jetzt für 'ne Intention hast, müsste man den einen Teil verstärken, den anderen kürzen. Da müsste was deutlicher rauskommen.
Was, im Großen, soll das? Ich meine, ich mach mir schon meinen Reim drauf, aber mir ist das immer noch zu abhängig von anderen Werken. Da ist ein bisschen Matrix drin, etwas Star Treck (hier, das mit den Borgs, glaub ich, bin mir aber nicht ganz sicher, ob die so heißen) und 'ne ziemliche Masse Strieber.
Aber eine eigene Vision vermisse ich, außer vielleicht das mit der Katze, aber das habe ich auch schon in einer KG von Kröger (kennt keiner, was?) gelesen.
Ich weiß nicht, ob das so verständlich ist, vielleicht liege ich auch vollkommen falsch. Aber, mir scheint ein bisschen, als hättest du dir den Stoff während des Schreibens erarbeitet.

mit in die Jahre gekommener Frisur

Das ist eine von vielen Ungenauigkeiten, Unschärfen. Das ist nicht stimmig, wenn ich das lese, gerate ich ins Straucheln. Um mich elegant weiter zu leiten, müsste der Formulierung das Schwammige genommen werden.

Außerirdisch anmutende Libellen begleiteten mich wie Bodyguards.

Ebenso ein Ärgernis. Die außerirdisch anmutenden Libellen (man müsste überlegen, ob Libellen nicht ohnehin außerirdisch anmuten), werden als hübsches Bild total demoliert, wenn die Bodyguards ins Spiel kommen.

In schreiendbunten Darm gepresste Idioten: Kopf nach unten auf den Tacho, kein Blick für die Schönheit der Natur rasten sie an mir vorbei, grußlos und immer zu knapp, verzagt und schmallippig die Pedalen tretend.

Ja, jaaa, Jaaaah! Ich kann nur sagen: So isses!
Aber letzten Endes ist das Bild auch nicht auf den einen Punkt gebracht.

Die Derwische übrigens sind mir auch aufgefallen.

Beschriftet und übereinander gestapelt und durch immer dickere Kabel miteinander verbunden.

Auf der einen Seite will der Text ein wenig poetisch wirken, lyrisch fast, mit jenseitigen Bildern. Und auf der anderen Seite dann solch umgangssprachliche, alles zerstörende Formulierungen.
Wie gesagt, dran arbeiten!

und da brennen meine Sicherungen mit einem lautlosen Schrei durch.

Ich glaub, feirefiz hat das auch irgendwo moniert. Aber das ist ja nicht nur das abgedroschene des lautlosen Schreies. Das ganze Bild ist so windschief wie irgendwas. Zumal das ja schon mit einer Abstraktion beginnt, der man dann noch eine weitere draufsetzt.
Warum können die Sicherungen nicht für sich allein stehen?


Ich bin hier an frühere Texte eines Autors erinnert, den ich auch immer wieder aufgefordert habe, Arbeit reinzustecken. Vielleicht ist er es ja.

Ganz ohne Zweifel - auch das eine Wiederholung - hätte der Text es verdient.

Also, zu Anfang dachte ich, ich hätte es mit einem Text von Proof zu tun, aber das kann ich ausschließen.
Ich glaube Mothman ist es auch nicht, obwohl ich da hin und wieder dran dachte.
Letzten Endes fiele mir nur Cerberus ein, wenn ich nicht wüsste, dass der kaum noch was zu Papier bringt. (leider)
Aber, wie gesagt, ich kenn mich kaum noch aus unter der Autorenschaft hier.

Schöne Grüße von meiner Seite!

 

Hallo Maskierte/r

Zwei Sachen haben mir gut gefallen am Text:

Der Einstieg. Ich fand den Beginn vielversprechend, die Figur vielleicht einen Tick überzeichnet, so der Nerd, von dem jeder nur etwas will, wenn der PC spinnt (weil sie die ganze Zeit während der Arbeit auf Porno-Seiten unterwegs sind?). So eine Figur passt in eine Schulklasse, aber im Berufsalltag find ich das etwas weit hergeholt. Aber trotzdem, diese Flucht dann in die Einsamkeit, das auch verbunden mit dem ersten Satz, das hat mich schon neugierig gemacht.

Zweitens, was dir in meinen Augen gut gelungen ist: die Darstellung dieses, ich nenne es mal, mentalen Missbrauchs. Das ist nicht greifbar, das sind einzelne Bilder, vergleichbar vielleicht mit einer Situation, wenn man sich im Halbschlaf befindet und gleichzeitig starke Schmerzen hat - da schwimmen unzusammenhängende Bilder durch den Kopf, und das hat mir gefallen an dem Text, dass er diese Situation rüberbringt. Da sind ein paar gute Bilder dabei, die Fallen und die Tischtennisbälle, auch das mit den Blutegeln - zusammenhanglos, unklar, schleierhaft.

Das ist dann auch leider das Problem dieses Textes: er schildert zwar diese Situation, aber von dort - führt er nirgends hin. Schlussendlich bleibt er in diesem wenn auch interessanten Ansatz hängen. So fand ich zum Beispiel den Gedanken gut, dass der Erzähler hier nicht eine rein passive Rolle einnimmt, sondern zum aktiven Handeln gezwungen wird:

Sie erzeugen Territorium. Beschaffen mir Holz, Steine und Stahl, versorgen mich mit immer komplizierteren Materialien und befehlen mir, damit Türme, Brücken und Bunker zu errichten. Erteilen mir die Befehlsgewalt über zehntausende Soldaten, statten mich mit Panzern und Granaten aus. Rufen gesichtslose Wilde als meine Gegner auf den Plan und zwingen mich zum Kampf.
Ich gehorche. Erschaffe Lebewesen: einen Fisch, dann eine Ratte und schließlich etwas, für das ich keinen Namen habe.

Von hier ab hätte es verschiedene Möglichkeiten für die Entwicklung gegeben, aber das wird dann nicht weiter thematisiert. Beispielsweise hättest du über die Hintergründe, Chraims Motive, etwas schreiben können. Oder darüber, ob der Erzähler über eine Flucht, einen Ausweg aus dieser Situation nachdenkt. Er ergibt sich in sein Schicksal, scheint dabei aber nicht machtlos zu sein - das ist ungenutztes Potential. Natürlich kannst du jetzt argumentieren, der Erzähler befindet sich in einem geistigen Zustand, in dem er solche rationalen Überlegungen gar nicht anstellen kann - die Frage ist dann, warum du ihn so einschränkst.

„Euer geistiger Zustand. Ihr seid nicht in der Lage, aus Fehlern zu lernen, mit den Tieren und Pflanzen Eures Planeten eine Symbiose einzugehen oder wenigstens miteinander auszukommen, wie es die intelligenten Völker tun. Ihr schändet die Erde, es gibt kein Grund, Rücksicht auf Euch nehmen.“

Die Stelle fand ich schwach. Ein Wesen wie diese Chraim, die so banal spricht, inhaltlich und stilistisch? Lieber ein solches Wesen dann gar nicht sprechen lassen, so wirkt das irgendwie ... ich weiß auch nicht, nicht sehr ernst jedenfalls. Ich bin da nicht schlau draus geworden, was mit dieser Symbiose zwischen Mensch und Tier gemeint ist, wo ist der Punkt von Chraim hier?

Insgesamt verschenkt die Idee glaub einiges an Potential durch die gewählte Erzählperspektive. Vielleicht wäre es hier angebracht gewesen, dem Leser einige weitere Details aus einer anderen Perspektive näher zu bringen - weil, wie gesagt, die Erzählperspektive gar nicht schlecht ist, aber halt einfach zu wenig Konkretes rüberkommt. Ich frag mich bei dem Text, wo ist die Geschichte, was passiert hier eigentlich? Ist sicher auch subjektiv, ich bin kein Fan von Texten, die einen dermaßen weiten Interpretationsspielraum lassen.

Das Ende lässt mich auch zwiegespalten zurück - auf der einen Seite gut, weil der Erzähler doch einen Weg gefunden hat, dem Horror zu entgehen. Die Flucht aus der mentalen Gefangenschaft ist das Vergessen, und dieser Zustand wird am Ende erreicht ... aber, auf der anderen Seite, auch unlogisch. Denn davor hat er sich ja an alles erinnert. Vielleicht liegen da tausende Jahre dazwischen, der Text deutet es ja an, aber warum hört die Erzählung in der Zeit auf? Und setzt dann plötzlich wieder ein? Und warum erinnert sich der Erzähler noch an Worte?
Auch das ergibt sich eben aus der gewählten Perspektive: ich glaube, man kann eine solche Geschichte nicht allein aus der Ich-Perspektive erzählen. Mir fehlt da eine zweite Figur, die einige der Fragen beantwortet, die ich während des Lesens hatte.

Das ist ein interessantes Thema, hat mir über weite Strecken auch vom Stil gefallen - aber irgendwie hab ich das Gefühl, ich starre auf einen Gegenstand, der unter einem Tuch verborgen liegt, und viel mehr als die Umrisse sehe ich nicht. Ich hätte aber gerne mehr davon gesehen :)

Grüsse
Schwups

 

Bis morgen hat der Autor/die Autorin noch keinen Namen. Wer noch nicht hat und will ... heute wäre ein guter Tag dafür ;).

 
Zuletzt bearbeitet:

Hallo,

im Großen und Ganzen ist mir der Text auch sympathisch. Da hab ich das Gefühl, der Autor ist so ein bisschen inspiriert und setzt sich hin und lässt den Geist wandern und die großen Metapher sprudeln und weit weg und fern und Aliens und Blutegel. Ein bisschen wie heruntergschrieben, aber im bestmöglichen Sinn. Kann man gut lesen auch, ist halt so die Frage, inwiefern so was grundsätzlich auch Leser anspricht? Es ist nicht so, dass es dem Leser grundsätzlich aus dem Weg geht, aber der Erzähler ist irgendwie schon eher bei sich, ich hab nicht wirklich das Gefühl, dass man mich als Leser abholen und mitnehmen will oder so. Man merkt halt irgendwann: der Autor dreht grad ein bisschen durch, und das ist cool, aber auf dieses oder jenes Bild kommts jetzt auch nicht mehr so sehr drauf an. Dann ist dann so, als würde ich jemandem beim Erzählen zugucken, und nicht mehr so, als würde ich jemandem zuhören. Also im Kopf des Autors war das sicher voll cool und spannend und alles, cooler als vieles andere, was so in Köpfen rumschwingt, aber ob das so total auf dem Papier dann auch rüberkommt ... aber das ist ja grundsätzlich die Schwierigkeit beim Schreiben. Ist halt ein bisschen ungerichtet auch. Aber es ist sicherlich kein schlechter Tex, habs schon gern gelesen.

Muss ich vorsichtig sein .. aber ich würde hier mal wieder auf einen jungen Autor tippen, der bisschen abgeht und sich ausprobiert. Ist vielleicht so was wie Wunschdenken auch, denn das würde den Text für mich in helleres Licht tauchen.

 
Zuletzt bearbeitet:

Hallo Maskierte(r),

gut, dass Fliege noch einmal auf den Text aufmerksam gemacht hat. Ich nehme mir eigentlich immer vor, auf den Maskenball zu antworten, je nachdem wie Zeit/Muse vorhanden ist, mehr oder weniger intensiv, aber so, dass der Autor wenigstens noch eine Meinung mehr hat.

Meine erste Abneigung kam leider schon beim Titel. Chraim hört sich so nach Fantasiename an und da ich in der SF-Abteilung ein höchst seltener Gast bin, war die Neugierde nicht sonderlich groß, darauf einzusteigen. Das fand ich dann für mich persönlich schade, da ja gerade die Texte ohne Rubrikzuordnung gepostet werden und ich bei einem neutraleren Titel viel unbedarfter an die Geschichte gegangen wäre.

Ich stelle an mir beim Lesen von manchen Texten ein Phänomen fest, das ich spannend finde. Dann "höre" ich beim Lesen eine ganz bestimmte Erzählstimme, ich weiß nicht, an was das liegt, dass das manchmal so ist und oft nicht. Jedenfalls muss irgendwas in mir Klick gemacht haben, dass ich so eine Stimme hier im Ohr hatte, so in der Art wie einer der Synchronsprecher von Clint Eastwood.


Ich war ein Mensch.
Gestern noch oder vorgestern oder vor ein paar Tagen; es fällt mir mit jeder Stunde schwerer, das zu bestimmen.

Okay, der Anfang zeigt sofort: Irgendwann bin ich keiner mehr im herkömmlichen Sinne. Jedoch wird dieser Einschub für meinen Geschmack nicht besser, wenn man es inhaltlich noch einmal wiederholt und dann immer noch nicht zu Potte kommt.

Ein paar Abschnitte weiter:

Noch war ich ein Mensch.
Wäre es noch heute und die Katastrophe wäre nicht geschehen, hätte ich mich woanders aufgehalten; an einem öffentlichen, sicheren Ort.

Da fühle ich mich als Leser ein bisschen zu sehr auf die Folter gespannt. Dieses zweite Mal erwähnen der Tatsache, dass sich was ändert, hat den Effekt für mich wie:
"Mama, wann sind wir endlich da?" - "Bald, es geht nicht mehr lange."

Gut finde ich solche Einstiege wie bei dir, wenn man dann beim Lesen vergisst, dass sich was ändert, weil der anschließende Text so interessant ist, dass man hineinversinkt. Wenn dann diese Wendung eintritt, fällt einem wieder ein: Ach ja, war ja angekündigt ...

So wie bei dir jedoch, dann nochmal in die gleiche Kerbe zu hauen, kommt bei mir nicht gut an.


Verwandte hatte ich mir vom Leib geschafft, Kollegen …

Ha, meine Kollegen hatten gar keine Wahl: Sie mussten mit mir klarkommen; sich dazu überwinden, mich anzusprechen und ihre „Problemchen“ vorzutragen.

Wenn im zweiten Satz Bezug auf die Kollegen genommen wird, würde ich das als einen lassen, so weiß ich nicht, was das mit den Auslassungspünktchen bedeuten soll.

Also eher:
Verwandte hatte ich mir vom Leib geschafft, Kollegen … ha, meine Kollegen hatten gar keine Wahl: Sie mussten mit mir klarkommen; sich dazu überwinden, mich anzusprechen und ihre „Problemchen“ vorzutragen.


Es war mir ein Vergnügen, ihnen dabei zuzusehen wie sie sich meinem Schreibtisch gleich einer versifften Toilette näherten, wie ihre Ungeduld schon beinahe in Panik zu kippen drohte, weil ihr Rechner seinen Dienst verweigerte und ihnen nun mal kein anderer helfen konnte außer der Freak.

Das ist ein verquerter Satz für mich. Die Kollegen sind doch auf ihn angewiesen, wieso sollten sie dann einen Eindruck auf ihn machen, als würde sie der Schreibtisch anwidern? Sie müssten doch eher überfreundlich sein, damit sie schnell bedient werden.
Fetten Teil liest sich ungelenk, das ist so das, was die anderen auch monieren: Die Lieblosigkeit im Detail.
... und ihnen außer dem Freak kein anderer helfen konnte. wäre für mich viel eleganter.


verdächtigten mich insgeheim, ihre erotischen Internet-Ausflüge (meist Ursache der Systemabstürze) nach oben zu melden.

Naja, in real existierenden Unternehmen haben die Leute wohl nicht soviel Zeit, sich damit zu beschäftigen. Hätte der Protagonist gute Arbeit geleistet, gäbe es auch eine Sperre dagegen ;)

Frühling, Sommer, Herbst und Winter kamen und gingen mit einer einzigen Zäsur: dem alljährlichen Urlaub. Ich stopfte zwei Unterhosen, Zahnbürste und Bücher in die Packtaschen meiner altersschwachen Harley, tankte auf und fuhr los. Kurvte über die Alpen und das Velebitgebirge hinweg in Richtung Fähre und setzte auf die immer gleiche Insel über; zog eine Plane zwischen zwei Olivenbäume und las.
Dieser Abschnitt gefällt mir gut. Aber auch leider wieder diese Ungenauigkeit: Nahm er die Plane als Schattenspender oder als Hängematte? Also wenn es schon erwähnt wird, dann bitte in einem konkreteren Kontext, oder man lässt es ganz, denn man weiß ja auch nicht, ob er auf der Wiese im Gras liegt (falls die Plane das Dach ist).

Jeden Abend verließ ich meine Oase, kaufte Wurst und Brot. Ich trank Bier, las und schlief.
Weiter zum Thema Ungenauigkeit. Vielleicht bin ich übertrieben, aber wenn man nur pauschal sagt: "Zu ungenau" kannst du ja nicht viel damit anfangen. Also er kauft Wurst und Brot und das Bier hat er schon dabei? Weil die kroatischen Biere zu schlecht sind? Gerade beim rudimentären Campen ist doch das erste am Abend frisch gekaufte Dosenbier das Beste, weil es noch kühlschrankkühl ist. Die anderen sind im Wasser runtergekühlt nur noch ein Abklatsch davon.


Begab mich jeden Morgen auf einen ausgiebigen Spaziergang. Lief die schmale Straße entlang bis zum nächsten Dorf, und dann zum nächsten und dann immer weiter, vom Meer weg tief in das Land hinein.
Wenn, dann tief in die Insel hinein, und so groß sind die ja auch nicht.


Außerirdisch anmutende Libellen begleiteten mich wie Bodyguards.
die Bodyguards stören mich auch - hat schon mal jemand angemerkt

Hin und wieder tuckerten Traktoren, besetzt mit kopfschüttelnden Bauern an mir vorbei.
Ich kann nicht nachvollziehen, wieso die Bauern den Kopf schütteln sollten.

Ich bin.
Bin Gedanke.
Taumle durch den Raum und suche Halt, suche Halt und Struktur, bemühe mich, anzudocken an etwas, das zu meinem Universum gehört, dass ich kenne und benennen und beschreiben kann.

Meine grundsätzliche Frage ist nun, wieso er sich denn noch realisieren und mitdenken und trotzdem nichts gegen seinen Zustand machen kann.
Gibt es noch andere, mit denen er in Kontakt ist?

.

Ich würge beim Anblick der tanzenden Bälle und der wie durchgedrehte Ratten schnappenden Fallen.

So ein Vergleich macht mich kirre. Wie stelle ich mir durchgedrehte Ratten vor? Durch den Fleischwolf zu Hackfleisch verarbeitet? Das ist auch so unpassend, weil Sätze davor von Mäusen gesprochen wird, das irritiert doppelt.
Das sind so Absätze, wo ich denke: Wieviel (wenig) Zeit hat der Autor denn in die Geschichte investiert, um den Feinschliff zu bekommen?

Braucht es zu den schnappenden Fallen überhaupt noch einen Vergleich? Und wenn, dann müsste das auch bildlich passend sein. Mir fällt ganz spontan ein Schwarm Fische ein, die an die Wasseroberfläche kommen und nach Futter schnappen. Nur so als Beispiel. Da hat man dann durch den Schwarm sofort die Masse als Bild und durch das Futteraufnehmen auch das Schnappbild. So würden für mich Vergleiche eher funktionieren.

In meiner Vorstellung ist nicht viel von mir übrig. Die graue Masse meines Hirns schwimmt in einem transparenten Behälter, angezapft von bioelektrischen Würmern.
Aber der Protagonist kann noch denken und nacherzählen. Da drückt bei mir wieder die Logiksucht durch (deswegen lese ich nie SF, da braucht ja nix zwingend logisch sein).


Sie erzeugen Territorium. Beschaffen mir Holz, Steine und Stahl, versorgen mich mit immer komplizierteren Materialien und befehlen mir, damit Türme, Brücken und Bunker zu errichten. Erteilen mir die Befehlsgewalt über zehntausende Soldaten, statten mich mit Panzern und Granaten aus. Rufen gesichtslose Wilde als meine Gegner auf den Plan und zwingen mich zum Kampf.
Ich gehorche. Erschaffe Lebewesen: einen Fisch, dann eine Ratte und schließlich etwas, für das ich keinen Namen habe.
Sie lassen mich nicht ruhen, erlauben keine Rast, speisen mich mit immer neuen Informationen, lassen mich Daten saufen und Input, Input, Input fressen. Brennen mir dreidimensional Baupläne und Koordinaten wie mit einem Eisen ins Hirn. Es wird krank davon, entzündet sich, beginnt zu bluten und bildet schorfige Narben an Cortex und Hypothalamus.
Das ist mir zu wenig. Errichtet er die Brücken und Türme selber? Bekommt er dann erst die Befehlsgewalt? Gibt es da noch andere Ex-Menschenwesen, die da sind, mit denen er Kontakt hat?


Wie lange noch, Chraim?
Immer wieder rufe ich nach ihr. Erinnere mich an die Igelnasen ihrer Brüste, an das schulterlange, blauschwarze Haar und ihre Katzenaugen.
Es war nicht deine wahre Gestalt, oder, Chraim?
Sehnsucht hat er auch noch.

„Das ist nichts Besonderes“, antwortet Chraim. „Das erleben wir ständig bei Euch, Eure Performance ist eben Scheiße.“
Ich habe nichts gegen Fäkalsprache, wo sie hingehört. Hier ist das Scheiße für mich unpassend.


„Gehst Du den Fluss entlang. Hinter der Anhöhe liegt ein Bauernhof. Nette Leute leben da, vor allem aber eine rollige, graurote Katze.“
In mir erwacht Verlangen. Selbstverliebt strecke ich meine Pfote aus und werde geil beim Anblick der aus meinen Hauttaschen herausfahrenden, messerscharfen Krallen.
„Chraim?“ Ich will ihr erklären, dass ich keine Andere, sondern nur sie alleine haben will – aber da ist sie schon fort und ich schleiche zum Bauernhof.
Tage später kehrt das Dunkel zurück.
Sehr abrupter Wechsel.

Und ich bekomme wieder Input. Führe Krieg und erleide fürchterliche Verluste. Die Bestien zerreißen meinen Vater,
vergewaltigen meine Mutter und meine Schwester, bevor sie sie entführen. Der Zorn treibt mich zu immer neuem Angriff, ich entwickle Mechanismen und töte Hunderte, bevor ich erneut zusammenbreche.
Allgemeinschauplätze. Eine ausgearbeitete Szene wäre mir lieber.


Hm. Also mich hat die Geschichte nicht vom Hocker gehauen.
Da ich auch das Gefühl habe, der Autor hätte sich mehr Zeit nehmen müssen, um Details zu verbessern. Das gilt jetzt hier nur, wenn es ein erfahrener Schreiber ist, der das auch könnte, wenn er wollte.
In meiner Erwartungshaltung gehe ich davon aus, dass sich ein Autor beim Maskenball besonders anstrengt, vielleicht ist das falsch von mir.

Ist der Autor jedoch noch unerfahren, dann hat er wenigstens einige Punkte aufgezählt bekommen, an was es noch hapert.

Ich kann keine konkreten Namen nennen, gehe aber wegen der Allgemeinplätze, wenn es um Beschreibungen geht, die mit SF im weitesten Sinne zu unt haben, davon aus, dass es kein erfahrender SF-Autor ist. Vielleicht jemand, der sich mal ausnahmsweise in dem Genre versucht hat.

 

Da der Autor gerade nicht online ist, poste ich seine Antort in Vertretung:

Ich war’s, nastroazzurro!

Meinen Kritikern ganz herzlichen Dank fürs Betrachten und Bewerten. Es war mir ein großer Spaß, in dieser Form aufzutreten. Als Urheber der Geschichte nicht erkannt worden zu sein bedeutet entweder:

1. Mich kennt hier kein Schwein.

oder

2. Ich schreibe jede Geschichte nicht sooo offensichtlich gleich.

Hoffe mal auf Punkt zwei.

Quinn hat mir eine Schrecksekunde verpasst! Ausgerechnet er als erster Kritiker – da rutschte mir das Herz in die Hose und der Magen krampfte. Aber siehe da, statt einem Totalverriss erntete ich aus Quinns Feder überaus ermutigende Sätze, wie:

Der Text ist mir im Großen sehr sympathisch.
sowie
Also ich fühle mich der Geschichte verbunden.
Was soll ich sagen? Ich lief tagelang lächelnd durch die Stadt und danke Dir, Quinn, für das Kompliment an meinem Baby.

Zur Geschichte:
Geht es Euch genauso? Auch beim eigenen Lesestoff gefallen einem die einen Geschichten ganz gut, die anderen weniger.
Chraim zählte für mich lange Zeit zu den weniger guten. Irgendetwas glaubte ich an der Geschichte grundsätzlich falsch gemacht zu haben, war mir wie ein Teeny vor seinem ersten Date unsicher, ob ich die Story veröffentlichen oder als „völligen Müll“ einfach löschen sollte. Schon die Zuordnung zu einer Rubrik machte mich schwach: Horror; SF natürlich, aber da ist auch Erotik drin – und SF-Erotik ist ja nun meist schäbig und typischer Jungens-Kram.

Chraim ist nicht wirklich brandneu, immer hoffte ich darauf, für die zweite Hälfte der Geschichte eine noch originellere Lösung zu finden. Irgendwann wollte ich die Story dann aber in die Welt entlassen, man hat ja noch andere Projekte. Also feilte ich an Stil und Schrift - und raus damit.

Die drei Alpträume: Alien verbrennt Mann, Kettenreaktion der Mausefallen und Angenagelt im Bahnhof hätte ich so durchaus erleiden können, habe es aber nicht.

Ganz klar hat die Story Anleihen bei Matrix und Welt am Draht (ein leider völliger unbekannter - aber geiler Film!) sowie bei Büchern über Simulationen, die ich lange vor der Matrix gelesen habe, wie Phillip K. Dicks Zeit aus den Fugen. Inspiriert hat mich auch Brave New World: Die Datenleitung meines Protagonisten aus dem Behälter heraus mit immer dickeren Kabeln durch die Räume hat hier Anleihen (böse Zungen würden wohl sagen: geklaut!).

Quinn ist mit seiner Ansicht:

Im Prinzip ist der Text hier so, dass eine neue Chefin in die Abteilung kommt, einen Mann einmal von sich kosten lässt, ihn dann zu immerwährender Sklavenarbeit zwingt, und wenn er kurz vorm Zusammenbrechen ist, sagt sie ihm: Hier, da drüben die graue Maus (rote Katze) in Cubicile 8B – geh doch mal mit der ein Eis essen, ich geb euch einen halben Tag frei. Das ist so eine Hälfte von Being John Malkovich, glaub ich.

… der Sache sehr nah gekommen, ich glaube das ist es, was ich sagen wollte.
Ich komme noch aus einer Generation dieser arschkriechenden Emporkömmlinge auf der Arbeit – und habe den Eindruck, dass die heute Zwanzigjährigen da besser mit umgehen – die nehmen sich halt schon mal einen Tag frei und sind ganz allgemein gelassener.

Zu Euch im Einzelnen:

Hallo Quinn,
und ganz herzlichen Dank für Deine Kritik.

Ein Derwisch ist ein Mönch, der in einen ekstatischen Tanz fällt. Ist das jetzt wirklich das Bild, das du hier haben willst? Man sollte bei so sprichwörtlichen Wendungen auch noch das „Bild“ im Hinterkopf behalten. Sind da jetzt wirklich zwei ekstatisch tanzende Mönche mit dem Körper der Frau beschäftigt?

Mmh, Bildungslücke. Ich habe mein Bild eines Derwischs benutzt und das war das Bild eines glutäugigen Arabers, tatsächlich ekstatisch tanzend auf dem Markt von Marrakesch. Jetzt habe ich den Typen gegoogelt und finde Deine Beschreibung richtig. Wusste gar nicht, dass auch der geschätzte Nasreddin einer war.
Ich habe die Derwische gegen ein „hungriges Tier“ ausgetauscht.

Was macht das „locker“ da? „herabhängend“ ist schon so lang. „Ruhte in sich selbst“ - da wird das Bild auch gedoppelt.

Ich hab mal Heike Makatsch gesehen. Wie sie so dastand in einer nicht diskutierbaren Präsenz, das hat mir mächtig imponiert. Womöglich habe ich die locker herabhängenden Arme von ihr – und ändere den Satz.
Das Doppeln, ja, damit habe ich seit jeher ein Problem. Ich doppele sehr gerne, manchmal passt es ja auch – ich suche noch nach dem nötigen Fingerspitzengefühl – wann doppeln, wann nicht?

Das „Ausdünnen, Verdichten, nach dem Klang gehen“. Der Text bräuchte so einen versonnen Schritt, wenn der Autor unter einem Lindenbaum sitzt, sich mit einer Feder unter der Nase entlangstreicht, dem Klang nach lauscht und eigentlich nur schaut, was er jetzt noch wegstreichen kann.

Wow. Das hast Du schön gesagt … ;) Nee, ehrlich, gut in Worte gefasst, die Sache.

Ein Junkie ist nicht dem Stoff hörig, sondern dem Dealer.

Siehe oben. Hab gegoogelt und: ja, Hörigkeit findet zwischen Personen statt, wenn auch Synonymwörterbücher die Sache lockerer sehen. Ich mache „ausgeliefert“ draus.

Ja, das ist schwer, der Text erinnert mich an einen meiner eigenen, eine zweite Mona Lisa.

Hab ich gelesen …ist gut, das Ding.

Vielleicht wäre es in diesem ersten Abschnitt gut, wenn es irgendeine andere Figur als ihn selbst gäbe.

Wäre einen Versuch wert …

Aber normalerweise ist die Verführung mit anschließender Verdammnis in irgendeinen Kontext eingebettet. Wenn du mit der Tochter des Königs schläfst, dann … - Wenn du mit der Frau eines Gottes schläfst, dann … - Wenn du vom süßen Nektar kostest, dann … - Wenn du im Bettchen des Bären schläfst, dann … - hier ist ja nichts, was dann „bestrafend“ wirken würde, dass er sich an irgendetwas, das ein dritter als sein Eigentum betrachtet, vergeht, sondern das Motiv hier ist von der ursprünglichen Idee eher losgelöst.

Stimmt, der „Dritte“ fehlt. Vielleicht fangen die Aliens ja jeden so, wie er es verdient: Der Fresssack war gerade bei McDrive und futtert, mutterseelenallein auf dem riesigen Parkplatz, einen McRib – da kommen sie, bringen ihm ein Doppel-Maxi-Menü und füttern es ihm als letzte Mahlzeit. Der Söldner zieht, müde vom Kampf, seine stinkenden Socken vom Fuß – da kommen sie zum Zelt herein und schenken ihm die geilste Panzerfaust auf Erden und er tritt vor das Zelt und ballert noch mal um sich … Der Typ in Chraim bekommt eben Sex.

Hallo Feirefiz,

herzlichen Dank für Deinen Kommentar - an dem mir sehr gelegen ist, denn Dein Rübezahlfüllhorn hat mir schwer imponiert ;).

Deine Einschätzung überrascht mich nicht, einiges in dieser Form habe ich erwartet, denn – wie bereits vermeldet – habe ich mit Chraim noch längst keinen Frieden geschlossen.

Das ist mir son ziemlich undefiniertes science-fiction-Esoterik-Alptraum-Gewöll.

Im Großen und Ganzen wollte ich einen Alptraum wahr werden lassen oder doch zumindest einen erzählen.

Der wird auch nicht in einer Szene vorgestellt

Mmh, er ist ja ganz Menschenfeind, schwer, ihn interagieren zu lassen. Hätte ihn beim Wurstkauf vorstellen können (womöglich gestehen mir die Vegetarier zu, ihn bereits mit dem Wurstkauf als solches vorgestellt zu haben, dies war durchaus mein Anliegen), aber das hätte die Einleitung weiter geerdet und das wollte ich mit Blick auf Teil 2 (das alptraumhafte Ende) nicht.

Verliert der einzelne Film dadurch an Wert, …
Gehört jetzt nicht zum Text, aber: ein ganz klares Ja, man kann sich, auch mit gutem Material, „übergucken“.

… oder geht es nicht eher um ein ganz anderes Problem, das der Abschottung?
Klar geht’s um die Abschottung – das bestreitet ja keiner.

Auch son unpräzises Bild. Oasen zeichnen sich ja grade dadurch aus, dass es da an nichts mangelt. Die muss mann nicht verlassen um Wurst zu kaufen.

Für mich ist es eine Oase - weil er sich eine Hängematte zwischen zwei Bäume gezogen hat und es ihm tatsächlich an nichts mangelt, nicht an Musik und Tanz und Chic-Essen, was die meisten anderen halt so treiben …

"gelangt" find ich hier auch widerständig, "geriet" oder so wäre passender

Ich finde hier das flachere, weichere „gelangt“ der Situation angemessener.

Das Bild ist schön, die Formulierung "besetzt mit" extrem unelegant

Stimmt, ich ändere in: kutschiert von kopfschüttelnden Bauern

da ham wir schon eine dieser salbungsvollen Inversionen am Ende. Und, was mir völlig schleierhaft ist, dieser Beschluss. Warum guckt er ihr nicht einfach hinterher, warum muss er umständlich beschließen, ihr hinterherzusehen?

Das mit dem salbungsvoll werde ich mir merken ;) Mmh, mir ist bekannt, dass Autoren starke Verben benutzen sollten. Aber nur nach Schreibratgeber schreiben ist doch auch Scheiße … In dieser Story bin ich einige Mal den anderen Weg gegangen, weil es, meiner Meinung nach, meinem Protagonisten eher zu Gesicht steht: das Gehemmte und Schwache.

Der Schmerz drang wie flüssiges Metall in meinen Körper, geißelte mich, mit glühender Peitsche von innen heraus.
Das ist eine Stilblüte mit der man gut die Forderung "don't mix your metaphors!" illustrieren könnte. Und das ist ja auch so ohne jegliche Ironie eingesetzt hier, das gibt mir schon zu denken.

Erklär mal, ich kapiere den Fehler nicht.

Wie spürt man, dass Haut Blasen wirft? Da muss man schon hingucken, um den Schmerz so präzise zuzuordnen. Und dann dieses doppelte "beginnen". "Beginnen" ist sowieso ein Wort auf meiner schwarzen Liste. Das schwächt alles nur unnötig ab, fokussiert das noch nicht voll ausgeprägte Phänomen statt seines spektakulären Höhepunkts. "Ich begann zu brennen" vs. "Ich brannte"
und "das" muss "dass" heißen

Hast Du Recht, der Satz ist unsauber und wurde geändert.

Das ist halt der Vorteil wie der Nachteil der Maskenballtexte, man kriegt die ehrlichsten Kritiken.

War ja mein Anliegen. Danke!

Hallo Hannibal,
ganz herzlichen Dank für Deine Kritik.

Also, das Teil hat mir erstmal von der Konstruktion her gefallen, wiewohl ich eigentlich solche Stücke mag, die so ein bisschen wie im Drogenrausch daherkommen, beim Schreiben wie auch beim Lesen. Viele Gedanken, immer mehr verdichtend, so dass man nach und nach die Handlung erschließt.
Am besten natürlich mit der Pointe, die man sich als Leser selbst erarbeitet.

Kennst Du J.G. Ballard? Ich finde ihn großartig. Ballards Geschichten kommen Deinen Vorlieben sehr nah.

Da ist ein bisschen Matrix drin, etwas Star Treck (hier, das mit den Borgs, glaub ich, bin mir aber nicht ganz sicher, ob die so heißen) und 'ne ziemliche Masse Strieber.

Matrix und Borg richtig erkannt.

Hallo Schwups,
für Deine fundierte Kritik ganz herzlichen Dank.
Kann jetzt gar nicht so sehr auf einzelne Aussagen von Dir eingehen, aber was Du geschrieben hast ist anregend und wird zu Verbesserungen der Geschichte führen.

Eins doch:

Beispielsweise hättest du über die Hintergründe, Chraims Motive, etwas schreiben können. Oder darüber, ob der Erzähler über eine Flucht, einen Ausweg aus dieser Situation nachdenkt. Er ergibt sich in sein Schicksal, scheint dabei aber nicht machtlos zu sein - das ist ungenutztes Potential …

Alles mögliche Ansätze. Über Chraims Motive könnte mein Prot ja nur mutmaßen … Eine Flucht scheint nur im Tod möglich, aber wie will er den herbeiführen, so ohne Körper?
Ist schon wieder eine Geschichte wert und für mich seit jeher ein grausiges Thema: Da will sich einer umbringen und darf es nicht. Trifft ja beispielsweise Häftlinge, welche bei karger Einrichtung in Einzelhaft sitzen, vielleicht noch videoüberwacht. Hab mal gehört, das einige versuchen, sich so vom Tisch auf das Kinn fallen zu lassen, das das Genick bricht – klappt aber fast nie, weil sie im letzten Moment – automatisch - den Kopf drehen, um sich zu retten.

Die Stelle fand ich schwach. Ein Wesen wie diese Chraim, die so banal spricht, inhaltlich und stilistisch? Lieber ein solches Wesen dann gar nicht sprechen lassen, so wirkt das irgendwie ... ich weiß auch nicht, nicht sehr ernst jedenfalls. Ich bin da nicht schlau draus geworden, was mit dieser Symbiose zwischen Mensch und Tier gemeint ist, wo ist der Punkt von Chraim hier?

Ja, über diese Stelle habe ich lange nachgedacht und war dann der Meinung: Guck mal, was die Kritiker sagen, dann kannst Du immer noch streichen. War vielleicht bissel zornig geschrieben, dass das zur Kontroverse wird, war mir klar, so ein erhobener Zeigefinger, moralisierend, das sollte man dem Text vielleicht nicht antun … hiermit gestrichen.
Was ich mit der Symbiose meine? Naja, wir sollten halt schnellstmöglich damit aufhören, Tiere zu essen, sie zu Lederjacken und Pullovern zu verarbeiten, sie als putzige Haustiere zu halten, im Zoo und Zirkus zu begaffen. Aufhören, die Pflanzen zu überdüngen sondern mit ihnen zusammenzuleben und unsere Vormachtstellung nicht auszunutzen wie bisher.

Ich frag mich bei dem Text, wo ist die Geschichte, was passiert hier eigentlich? Ist sicher auch subjektiv, ich bin kein Fan von Texten, die einen dermaßen weiten Interpretationsspielraum lassen.

Das wird hier im Forum oft bemängelt, das die Geschichten keinen Plot haben. Mich persönlich stört das nicht so, ich lese halt viel Ballard und Phil Dick, da wirst du auch ohne wirklichen Plot mitgenommen. Die können dann aber eben auch verdammt gut schreiben …

Das ist ein interessantes Thema, hat mir über weite Strecken auch vom Stil gefallen - aber irgendwie hab ich das Gefühl, ich starre auf einen Gegenstand, der unter einem Tuch verborgen liegt, und viel mehr als die Umrisse sehe ich nicht. Ich hätte aber gerne mehr davon gesehen


Hallo JuJu und ganz herzlichen Dank für Deine Kritik.

Kann man gut lesen auch, ist halt so die Frage, inwiefern so was grundsätzlich auch Leser anspricht?

Mmh, wäre möglich, dass das nicht so völlig die Story für den Leser ist. Wäre schlecht - denn für mich selbst schreib ich eigentlich nicht …

Man merkt halt irgendwann: der Autor dreht grad ein bisschen durch, und das ist cool, aber auf dieses oder jenes Bild oder so kommts jetzt auch nicht mehr so sehr drauf an.

;) Richtig erkannt …

Dann ist dann so, als würde ich jemandem beim Erzählen zugucken, und nicht mehr so, als würde ich jemandem zuhören.

Wie bei einigen Filmen: Das Drehbuch ist zu kompliziert oder die Handlung hanebüchen und Du verlierst den Faden und genießt von hieran nur noch die Bilder. Muss nicht immer schlimm sein …

… aber ob das so total auf dem Papier dann auch rüberkommt ... aber das ist ja grundsätzlich die Schwierigkeit beim Schreiben

Jep, das ist sicher das Hauptproblem lernender Autoren und Musiker: das Zeug in ihren Köpfen auf das Papier oder in den Verstärker zu bringen. Und je surrealistischer das Ganze ausfällt, desto komplizierter wird’s. Meine nächste Geschichte ist ganz erdnah und sie schreibt sich leichter.

Aber es ist sicherlich kein schlechter Tex, habs schon gern gelesen.
Siehst Du mich lächeln?

… ich würde hier mal wieder auf einen jungen Autor tippen …
45 ist der nastro ;) – und seit vier Jahren im Geschäft.


Hallo Bernadette, auch Dir ganz herzlichen Dank für das ausführliche Kommentieren.

Hallo Maskierte(r),
gut, dass Fliege noch einmal auf den Text aufmerksam gemacht hat.

Werde ich noch mal in den Diskussionsthread einbringen: Hab das Gefühl, dass die Maskenballgeschichten unter der Rubrik Kreativwerkstatt mit 11 (!) voranstehenden Themen völlig untergeht.

Meine erste Abneigung kam leider schon beim Titel.

Ha, der Titel. Der war sofort da, sofort beim ersten Gedanken an das herzlose weibliche Alien. Hab im Nachgang über Alternativen nachgedacht, aber seltsamerweise war der Titel fest – hab selten Probleme, Namen zu finden, die mir gefallen und passen.

Dann "höre" ich beim Lesen eine ganz bestimmte Erzählstimme, ich weiß nicht, an was das liegt, dass das manchmal so ist und oft nicht. Jedenfalls muss irgendwas in mir Klick gemacht haben, dass ich so eine Stimme hier im Ohr hatte, so in der Art wie einer der Synchronsprecher von Clint Eastwood.

Das neh’m ich jetzt mal als positiv, bedeutet ja möglicherweise, das Du Bilder empfängst (Ziel jeder Geschichte). Ich höre bei Chraim Ewan McGregor.

Da fühle ich mich als Leser ein bisschen zu sehr auf die Folter gespannt.

Da gestehe ich: ich reibe mir die Hände. „Zu sehr“ geht nämlich nicht, sagt der King Fan in mir (was hat mich Stephen schon gequält …) Nee, ich finde den hingeworfenen Knochen an dieser Stelle passend.

Wenn im zweiten Satz Bezug auf die Kollegen genommen wird, würde ich das als einen lassen

Ist ’ne ziemlich gute Idee, werde ich ändern …

Das ist ein verquerter Satz für mich ... und ihnen außer dem Freak kein anderer helfen konnte. wäre für mich viel eleganter.

Hab ein paar Mal hin her probiert den Satz: heißt es „der“ Freak oder „dem“ Freak, stell ich ihn um … Deine Lösung erschein mir ebenfalls elegant, werde ich vermutlich ändern …

Die Kollegen sind doch auf ihn angewiesen, wieso sollten sie dann einen Eindruck auf ihn machen, als würde sie der Schreibtisch anwidern? Sie müssten doch eher überfreundlich sein, damit sie schnell bedient werden.

Das sehe ich, aus meinem Berufsalltag heraus, anders. Stell Dir einen schmierigen Sexist als Deinen Systemadministrator, Vertriebsleiter oder Vorarbeiter vor. Falls Du nicht gerade die Konfrontation suchst (vielleicht bist Du erst vier Wochen in der Firma und 20 Jahre alt) musst Du das Schwein darum bitten, sich um Deine Belange zu kümmern und dann wird Dich sein Schreibtisch sehr wohl anwidern.

Naja, in real existierenden Unternehmen haben die Leute wohl nicht soviel Zeit, sich damit zu beschäftigen. Hätte der Protagonist gute Arbeit geleistet, gäbe es auch eine Sperre dagegen

Sehe ich ebenfalls anders, in jeder Bude gibt es Faulenzer. Und Internetsperre gegen Erotikseiten bedeutet in aller Regel, dass man nicht mehr vernünftig arbeiten kann: Du möchtest Dir beispielsweise die Route nach Gera, Liebestraße, ausdrucken – vergiss es ;)

Nahm er die Plane als Schattenspender oder als Hängematte? Also wenn es schon erwähnt wird, dann bitte in einem konkreteren Kontext, oder man lässt es ganz, denn man weiß ja auch nicht, ob er auf der Wiese im Gras liegt (falls die Plane das Dach ist).

Stimmt schon, möchte ich aber auch anmerken, dass man solche Dinge zu Tode erklären kann. Ich denke, wenn die Story gut ist, liest Du da gerne drüber.

Weiter zum Thema Ungenauigkeit … er kauft Wurst und Brot und das Bier hat er schon dabei? …

Ursprünglich hatte ich geschrieben: „…kaufte Wurst und Brot und Bier. Ich trank, las und schlief." Da störte mich dann die doppelte Dreieraufzählung. Sicher finde ich noch eine elegantere Lösung.

Weil die kroatischen Biere zu schlecht sind?

Kroatische Biere sind das Geilste!

Gerade beim rudimentären Campen ist doch das erste am Abend frisch gekaufte Dosenbier das Beste, weil es noch kühlschrankkühl ist. Die anderen sind im Wasser runtergekühlt nur noch ein Abklatsch davon.

Du kennst Dich aus ;)

Wenn, dann tief in die Insel hinein, und so groß sind die ja auch nicht.

Naja, Istrien beispielsweise ist 3500qm groß, die Insel, welche ich meine, immer noch … nö, Moment, die verrat ich nicht, die Insel ,) .

Ich kann nicht nachvollziehen, wieso die Bauern den Kopf schütteln sollten.

Weil der Typ bei der Hitze spazieren geht.

Meine grundsätzliche Frage ist nun, wieso er sich denn noch realisieren und mitdenken und trotzdem nichts gegen seinen Zustand machen kann.

Weil es eben ein Alptraum ist.

Wie stelle ich mir durchgedrehte Ratten vor?

Siehe Orwells „1984“

Mir fällt ganz spontan ein Schwarm Fische ein …

Mmh, Fische wären mir zu nett. Aber ich kapiere, worauf Du hinaus willst.

Aber der Protagonist kann noch denken und nacherzählen. Da drückt bei mir wieder die Logiksucht durch (deswegen lese ich nie SF, da braucht ja nix zwingend logisch sein).

EINSPRUCH! Ein guter SF basiert unbedingt auf Logik. Die Rahmenbedingungen müssen logisch sein, die Katastrophe muss technisch möglich sein. Danach kannst Du spinnen ….

Das ist mir zu wenig. Errichtet er die Brücken und Türme selber? Bekommt er dann erst die Befehlsgewalt? Gibt es da noch andere Ex-Menschenwesen, die da sind, mit denen er Kontakt hat?

Mmh, das war mir für die Geschichte nicht wichtig, das will ich nicht genauer erklären, da soll der Leser seinen eigenen Film abspielen.

Ist erst mal bisschen knapp, meine Antwort, ich muss jetzt los und komm auf Dich zurück.

Danke, nastro.

 

Hey,

ich spring mal fix für feirefiz ein:

Der Schmerz drang wie flüssiges Metall in meinen Körper, geißelte mich, mit glühender Peitsche von innen heraus.
Das ist eine Stilblüte mit der man gut die Forderung "don't mix your metaphors!" illustrieren könnte. Und das ist ja auch so ohne jegliche Ironie eingesetzt hier, das gibt mir schon zu denken.
Da hast du flüssiges Metall, das einen halben Satz später schon zur Peitsche wird. Das meint feirefiz. Wenn man mit einer Metapher anfängt, dann kann man die zur Analogie ausbauen, wenn man sie durchhält (das passiert in der Kirche ständig - die Religon wimmelt von Analogien - der Herr ist mein Hirte, mir wird nichts mangeln, er weidet mich auf einer grünen Aue; die gemischte Metapher wäre: der Herr ist mein Hirte, mir wird nichts mangeln, er säugt mich an seiner Brust). Später kommt dann in dem Psalm tatsächlich "Du bereitetst vor mir einen Tisch im Angesicht meiner Feinde" - das ist jetzt kein Verhalten eines "Hirten", aber da ist auch schon wieder ein neuer Absatz da, und es ist klar - jetzt geht's nicht mehr um einen Hirten, sondern das ist dann ein Hausherr. (und ich werde bleiben im Hause des Herren immerdar) - da ist eine Zäsur in dem Psalm, die die zwei Metapher-Welten (Hirte und Gastgeber) voneinander trennt.
Es gilt als Ratschlag pro Absatz - pro mittelgroßer Sinneinheit sozusagen - nur eine Metapher zu benutzen bzw. nur eine Metapher-Welt. Feirefiz sagt das auch mit der Komik und Ironie, weil das natürlich auch ein Stilmittel der Komik ist, Metapherwelten zu mixen: An einer meiner Deutscharbeiten stand mal ein Zitat von Robert Musil. Intuition ist die Kunst ins Schwarze zu treffen, wenn man ins Blaue hineinschießt -das ist der Hammer. Oder so wenn man viele Phrasen mischt, dann hat man das schnell: Jetzt gilt es das Heft des Handelns entschlossen in die Hand zu nehmen, und die Chance zu ergreifen, das Ruder umzureißen und den Zug in den Bahnhof zurückzulenken, denn das Wichtigste ist es jetzt, die Schäfchen ins Trockene zu kriegen.

Es gibt eine großartige Stelle in der Sitcom Community "Paradigms of Human Memory", wenn der Held, der mit glühenden Reden immer die Situationen zu retten versucht, dann in einem Mischmasch aller dieser Rede die ganzen Phrasen abspult: . It's a locomotive that runs on US, and the only sharks in that water are the emotional ghosts that I like to call fear, anchovies, fear, and the dangers of ingesting mercury. Because the real bugs aren't the ones in those beds. And there's no such thing as a free Caesar salad and even if there were, The Cape might still find a second life on cable, and I'll tell you why: el corazon del agua es verdad. That water is a lie! Harrison Ford is irradiating our testicles with microwave satelite transmissions.

Einer der Sternstunden des Fernsehens der vergangenen Jahre. Großartig.
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Werde ich noch mal in den Diskussionsthread einbringen: Hab das Gefühl, dass die Maskenballgeschichten unter der Rubrik Kreativwerkstatt mit 11 (!) voranstehenden Themen völlig untergeht.
Da hast du Recht, wir kümmern uns drum.

 

Hallo Quinn,

Der Vergleich mit den Bibelversen ist sehr verständlich. Im Großen und Ganzen glaube ich mit der Problematik Menge und Einsatz von Metaphern zurechtzukommen. Ab und Zu jedoch stellt sich das gleiche Problem wie mit den Wortdopplungen, da wäge ich ab und überlasse es am Ende meinem Gefühl, ob ich das jetzt (gegen die Regel) noch mache oder nicht. Bei dem Schmerz-Satz wechselten die Bilder in meinem Kopf wahrscheinlich auch schneller, als es dieser Satz ausdrücken kann: er fühlt erst das flüssige Metall und danach die Peitsche …

Aber grundsätzlich verstanden, Danke für den Ratschlag.

Ironie rein zubringen ist ja fast immer gut für eine Geschichte und auch fast immer mein Anliegen. Leider ist es, wie das ganze verflixte Schreibhandwerk, schwer …

 

Hallo nastro,

ich habe die Geschichte schon kurz nach dem Posten gelesen, aber das Maskenball-Zeitfenster verpasst. Ich hätte allerdings sowieso nicht raten können, wer es war :).

Ich hab so lange gewartet mit dem Kommentieren, weil mir die Idee zu der Geschichte eigentlich gut gefällt, die Geschichte an sich aber nicht so. Und ich fand es schwer, herauszufinden, woran das liegt. Ich glaube, die anderen Kommentare haben mir da ein bisschen geholfen.

Also kurzgefasst: Ich finde diese Vorstellung, ein Geist ohne Körper zu sein, Einflüssen von außen komplett ausgeliefert, ohne Möglichkeit sich zu wehren oder das ganze wenigstens zu beenden, indem man stirbt, wirklich ziemlich alptraumhaft. Also deine Intention finde ich richtig super.
Die Idee ist aber offensichtlich ziemlich schwer umzusetzen, denn in der Form, wie sie hier präsentiert ist, kann ich sie einfach nicht ernst nehmen. Ich musste ein paar mal grinsen beim Lesen. Und ich glaube das ist bei der Geschichte kein erwünschter Effekt.

Ich versuche mal, anhand von Textstellen zu zeigen, woran es bei mir gelegen hat. Ein paar Sachen hast du mit der Überarbeitung schon beseitigt, aber ein paar sind auch noch da.

Ich hatte keine Freunde - woher sollten die auch kommen, wo ich mich alle Zeit in meine Science-Fiction Bücher vergrub und in inflationärer Zahl Filme guckte.
Das ist irgendwie komisch formuliert, ich kann mich mit dem Satz nicht so recht anfreunden. Besonders das "alle Zeit" und das "in inflationärer Zahl" stören mich.
Und die Aussage find ich auch unpräzise - wenn Science Fiction lesen und Filme gucken und Freunde haben sich gegenseitig ausschlösse, dann hätte ich auch keine. Solche Hobbies korrelieren vielleicht mit Eigenbrötlertum, sind aber nicht die Ursache davon.

Ihr Rad streifte meinen Arm, ich wollte aufbegehren doch dann sah ich ihre Silhouette und hielt meine Klappe.
nach aufbegehren fehlt noch ein Komma

Ich weiß, was du willst“, unterbrach mich Chraim, nahm meine Hand und zog mich fort. Ich folgte ihr, kopflos, ins Feld, stolperte über Gestein, schlug Haken durch das Gestrüpp. Auf einem flachen Stück Wiese hielt sie inne, streifte sich das Dress vom Leib und stand nackt vor mir.
Noch war ich ein Mensch, noch Mann.

Ich kapierte nicht, wer oder vielmehr was diese Frau war, dass ich sie nicht ohne Gegenleistung bekommen würde.

Jaaa ... also hier geht es los mit meinem Problem. Vorher finde ich nur, dass der Erzähler etwas eigenartig formuliert, das stört mich nicht allzu sehr, das könnte man vielleicht auf seinen Zustand schieben.
Aber ich finde diese ganze Idee "die kriegen den mit Sex" irgendwie nicht so toll. Ja, das ist ein klassisches Motiv. Aber reicht das schon als Grund, es hier zu verwenden? Das sieht man echt oft in Literatur oder Filmen, dass die Aussicht auf Sex einen Mann in einen kompletten Volltrottel verwandelt. Vielleicht gibt's das ja auch, aber ich kann mir das bei den Männern, die ich so kenne, nicht wirklich vorstellen. Ich habe immer den Eindruck, das ist ein sexistisches Klischee, was sich ausnahmsweise mal gegen Männer richtet. Wenn ich mir vorstelle, man würde das umkehren - da steht ein leicht bekleideter attraktiver Mann und sagt zu einer Frau: Ey, komm mal mit, ich zeig dir meinen Hochleistungslaser - der hätte im echten Leben ganz schnell eine Ladung Pfefferspray im Gesicht, und in einer Geschichte würde das keiner ernst nehmen, oder?
Und wenn ich das mal aus der Perspektive dieser fremden außerirdischen Intelligenz betrachte: Was soll das? Die hat das doch gar nicht nötig, den erst zu verführen. Die könnte ihn auch einfach so rösten und sein Gehirn einsammeln.
Also jetzt nicht denken, das wär Prüderie - ich hab kein Problem damit, das Chraim dem Prot einen Gnadenhandjob gibt. Ich kann das bloß nicht ernst nehmen.

Wie lang ist das her?
War es gestern, vorgestern oder vor ein paar Tagen?
Das hat er am Anfang schon mal gefragt, die Wiederholung fand ich unnötig.

Sie erzeugen Territorium. Beschaffen mir Holz, Steine und Stahl, versorgen mich mit immer komplizierteren Materialien und befehlen mir, damit Türme, Brücken und Bunker zu errichten.
Alles zwischen dem Punkt, wo er stirbt und hier fand ich ziemlich gut. Aber hier bin ich dann wieder gestolpert. Meine erste Assoziation war: Die zwingen den, Minecraft zu spielen! Und dadurch ist mir der nötige Ernst wieder verloren gegangen. :D
Ich glaube, mir fehlt hier ein Stück - ich frage mich halt, was das diesen außerirdischen Hirndieben bringen soll, was die da mit ihm treiben. Das Problem ist natürlich schwierig zu lösen, weil der Protagonist das ja selbst nicht wissen kann. Aber das klingt hier für mich wirklich alles sehr danach, als ob die ihn als Spielekonsole benutzen, und das kann's doch nicht sein, oder?

Immer wieder rufe ich nach ihr. Erinnere mich an die Igelnasen ihrer Brüste
Einer der Vorkritiker hat das sehr treffend gesagt - feirefiz glaube ich - das ist niedlich. Niedlich gehört aber nicht in diesen Kontext. Chraim sollte für den Leser überlegen und furchteinflößend wirken, denke ich mal. Das geht aber einfach nicht, wenn sie Igelnasennippel hat. Heb dir den Vergleich auf, wenn du mal was für die Romantikecke schreibst :)

Die Bestien zerreißen meinen Vater,
vergewaltigen meine Mutter und meine Schwester, bevor sie sie entführen.
Da ist noch ein Absatz, der nicht reingehört.

Stellen mich immer wieder her und in mir wächst der Verdacht, dass sie mein Hirn längst herausgelöst haben aus seiner unnützen, sterblichen Hülle
Wär da nicht "Bewusstsein" passender? Sein Körper ist ja schon lange futsch, und das Hirn ist ja die sterbliche Hülle des Bewusstseins.

Ja, also die Idee ist gut, und der Text hat einige sehr schöne Stellen, aber dazwischen sind dann immer wieder Stellen, die mich aus der Bahn werfen, weil ich die unpassend lustig finde. :)

Grüße von Perdita

 

Moin Perdita und ganz herzlichen Dank für Deine Kritik.

Ich finde diese Vorstellung, ein Geist ohne Körper zu sein, Einflüssen von außen komplett ausgeliefert, ohne Möglichkeit sich zu wehren oder das ganze wenigstens zu beenden, indem man stirbt, wirklich ziemlich alptraumhaft. Also deine Intention finde ich richtig super.

Freut mich, dass Dich die Idee nicht kalt lässt. Ob sie neu ist oder nicht, keine Ahnung, was ist schon wirklich neu? Ich hab’s halt so, wie es mir einfiel, aufgeschrieben.


nach aufbegehren fehlt noch ein Komma

Werde ich prüfen.

Das sieht man echt oft in Literatur oder Filmen, dass die Aussicht auf Sex einen Mann in einen kompletten Volltrottel verwandelt.

Und ganz sicher ist da was dran. Warum ich es verwendet habe? Um den Prot Leben einzuhauchen. Und wie ich bereits obenstehend antwortete: „ … Vielleicht fangen die Aliens ja jeden so, wie er es verdient: Der Fresssack war gerade bei McDrive und futtert, mutterseelenallein auf dem riesigen Parkplatz, einen McRib – da kommen sie, bringen ihm ein Doppel-Maxi-Menü und füttern es ihm als letzte Mahlzeit. Der Söldner zieht, müde vom Kampf, seine stinkenden Socken vom Fuß – da kommen sie zum Zelt herein und schenken ihm die geilste Panzerfaust auf Erden und er tritt vor das Zelt und ballert noch mal um sich … Der Typ in Chraim bekommt eben Sex.“

Die zwingen den, Minecraft zu spielen!
Kenn ich zwar, hab aber keinen Gedanken daran verschwendet. Brettspielfreunde dürften vielleicht an Siedler denken. Ich wurde wohl eher inspiriert von „Enders Spiel“ von Orson Scott Card, in welchem Kindersoldaten zum Krieg spielen verheizt werden. Ein gruseliges Buch.

ich frage mich halt, was das diesen außerirdischen Hirndieben bringen soll, was die da mit ihm treiben.

In meiner Story herrscht im All Krieg. Wir Menschen bemerken das nicht, mit unseren begrenzten Sinnen und unserer begrenzten Technik. Für die Aliens sind wir wie Ameisen, zu denen Du Dich auch nicht runterbeugst und ihnen umständlich den Syrien-Konflikt erklärst. Meine Aliens reisen mit unvorstellbarer Geschwindigkeit, kommen rum im All, haben hunderte Kolonien gegründet, die sie beschützen müssen gegen jede noch so seltsame Art. Sie kundschaften jeden, den sie erwischen aus: Menschen, Romulaner, Ferengi , ganz egal. Töten sie ohne Mitleid, vernichten die wertlosen Körper und bedienen sich der Denkapparate, um diese Wesen zu studieren. Sammeln ihre Kenntnisse in Botanik und Schach, vor allem aber geht es um taktische Kriegsführung.

Ist ähnlich der BORG aus dem Star-Trek-Universum. Eine kollektive Intelligenz, in der der Einzelne nichts zählt, in der man seine Existenz im „Kollektiv“ verbringt. Widerstand zwecklos, die Borg kommen und assimilieren dich, fügen dein Denken ihrem kollektiven Bewusstsein zu. Ähnlich auch die YRR aus Schätzings „Schwarm“, eine Lebensform, die beim Sich-fortpflanzen sämtliche Erinnerungen weitergibt und somit über alle Zeitalter der Erde Bescheid weiß, eine geile Idee, wie ich meine.

Ciao, nastro

 

Überarbeitung durch. Quinn, feirefiz, Hannibal, Schwups, JuJu, Bernadette und Perdita: Ihr habt mir sehr geholfen,

Ciao, nastro.

 

Hallo nastroazzurro,

Mitte der zweiten Zeile hörte ich beim ersten Mal auf zu lesen. Warum? Der Einstieg packte mich überhaupt nicht. Der Titel ist nichtssagend. Was ist Chraim, ein Name, ein Gegenstand, ein Ritual, eine Ortschaft etc?

Gestern noch oder vorgestern oder vor ein paar Tagen;

Der Lesefluss ist für mein Befinden zu stark gestört. Weder inhaltlich noch sprachlich eine Motivation weiterzulesen. Ich gestehe allerdings, dass ich nur am schnellen Überfliegen war.

Aufgrund der vermehrten Kommentare wurde ich dann wieder neugierig. Quälen musste ich mich nicht, aber ansprechend war es auch nicht. Dies lag einerseits an der mangelnden Umsetzung des Thema, und andererseits an der passiven Schreibweise. Das Thema ist gut gewählt, aber es wird nach dem Motto „ich bin hier, weil ich hier bin“ erzählt. Ähnlich dem Dahinplätschern diverser Parteiprogramme. Ist ja gerade wieder soweit.

Wie stehen eigentlich die verschiedenen Abschnitte und Aspekte zueinander? Vieles war für mich austauschbar. Die Rolle des Nerd, Heavy Metal, Freak oder was auch immer kann durch wer auch immer ersetzt werden. Es hätte keinen inhaltlichen Einfluss auf die Geschichte. Ich vermisse die Substanz.

Manchmal kam es mir vor, dass du zu sehr um Formulierung gerungen hast, anstatt eine Geschichte zu schreiben.

Viele Grüße
Kroko

 

Hallo Nastro,

vieles ist schon ausführlich behandelt worden. Ich habe die Geschichte gern gelesen, fand viele schöne, kleine Ideen darin und auch eine Menge ansprechender Formulierungen. Schreiben kannst Du, finde ich, aber da gibt es noch einiges zu tun. Ich möchte mich in meiner Kritik auf einen einzigen Punkt beschränken.

Ein Hauptproblem des Textes ist aus meiner Sicht der uneinheitliche Tonfall: "Ich war ein Mensch." Das ist würdevoll und feierlich. "Es war mir ein Vergnügen, ihnen dabei zuzusehen wie sie sich meinem Schreibtisch gleich einer versifften Toilette näherten… " Hier hast Du zwei verschiedene Tonebenen in einem Satz. Die Verwendung von "gleich" kennt man (im Brandenburger Sprachraum zumindest) eher aus lyrischen, sprachlich gehobenen Texten, aber die "versiffte Toilette" ist untere Umgangssprachenebene.

Das Problem hier ist, dass nicht beide Tonebenen dem Thema gleichzeitig angemessen sein können. Wenn die schnodderige Art angemessen ist, dann klingt der feierliche Ton hochtrabend und aufgeblasen. Wenn der lyrische Ton angemessen ist, klingt das Umgangssprachliche roh und dümmlich.

Dieser Wechsel zwischen den Tonebenen zieht sich durch den gesamten Text. Das ist ein Punkt, über den man nachdenken kann. In der Musik wäre das so, wie der Mix von Death Metal und Polka. In der Mode wäre es ein Smoking und ein Baseballcap. Das kann gut gehen, aber die Chancen dafür stehen eher schlecht.

Das Hin- und Herspringen zwischen den Tonebenen lässt auf einen Protagonisten schließen, der ebenfalls zwischen verschiedenen Polen (des Bewusstseins) pendelt. Dein Held steht natürlich ziemlich neben sich, und deshalb könnte man seine lyrischen Ausbrüche rechtfertigen. Aus ästhetischer Sicht ist es meinem Empfinden nach aber eine Schocktherapie. Einem realen Menschen, der so spricht, würde man wegen der aufgeblasenen Formulierungen und dem Rückfall in Jargon ungern zuhören – und ich finde, das ist immer ein Warnzeichen.

Vielleicht hilft dieser Hinweis.

Gruß Achillus

 

Hallo Achillus und ganz herzlichen Dank für Deine Kritik.

Ich möchte mich in meiner Kritik auf einen einzigen Punkt beschränken.

Ist eine sehr gute Idee. Ich verstehe, worauf Du hinauswillst, das ist schon mal gut. Ob ich jetzt wirklich etwas damit anfangen kann, ist schwer zu sagen, schließlich lebt meine Geschichte auch von dem Widerspruch der verschiedenen Erzähltöne. Alles umzukrempeln würde die Geschichte möglicherweise töten. Da werde ich noch mal in mich gehen ...

 

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