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Chemieman und der Bioteufel
Chemieman und der Bioteufel
Das Fichtegymnasium. Nach außen hin eine ganz normale Schule: Gelangweilte Schüler, desinteressierte Lehrer, ein mürrischer Hausmeister, überteuertes Pausenessen, eine ganz normale Schule eben.
Ganz normal? Wohl kaum, wenn man bedenkt, dass eben dieses Fichtegymnasium das geheime Hauptquartier des größten aller Superhelden ist: Die Rede ist vom CHEMIEMAN!
(Musik vom A – Team, man sieht den Chemieman durchs Bild fliegen)
Meister der Moleküle, Beherrscher der Ionen, Bezwinger der Van – der – Waals – Kräfte, Zerstörer der Wasserstoffbrücken und ganz nebenbei auch Chemielehrer, was ihm eine nützliche Tarnung ist. Wer würde schon einen Chemielehrer hinter dem Chemieman vermuten? Die perfekte Tarnung eben.
Tagsüber ist Herr Jungk ein Chemielehrer wie du und ich. Aber nachts wird er zu Young Jay, dem Chemieman. Sein Umhang ist im Kasten für die Löschdecke im Chemiepraktikum versteckt, da diese sowieso nie gebraucht wird; sollte jedoch einmal der unwahrscheinliche Fall eines Gebrauchs eintreffen, ist das kein Problem: Sein Umhang ist die Löschdecke.
Als Hauptwaffe dient ihm sein treuer Feuerlöscher, den er fast nie einsetzt, da der Rückstoß ziemlich stark ist.
Nebenwaffen sind hauptsächlich in an seinem Gürtel befestigten Reagenzgläsern zu finden.
Abgerundet wird seine Erscheinung durch eine Schutzbrille aus dem Chemiepraktikum. Wie der Name schon sagt, wird sie als Schutz benötigt,
(kein Versuch ohne Schutzbrille)
aber eigentlich trägt er sie nur, weil sie so cool aussieht. Außerdem wäre ein Held ohne verhülltes Antlitz ja kein Held.
Anfang des neuen Schuljahres. Das Fichtegymnasium verabschiedet sich von einem Physiklehrer und begrüßt einen Biologielehrer: Herr Hurensohn geht und Herr Hofnarr kommt.
Young Jay wacht immer noch des Nachts über die Schule. Seit der Physikus sich nach Hawaii abgesetzt hat ist es hier ruhig. Aber nicht zu ruhig.
Seit neuestem soll hier ein neuer Superschurke seinen Schandtaten nachgehen. Der Chemieman wartet geduldig auf das erste Zusammentreffen. Das nicht das letzte sein wird.
Es ist nachts. Der Chemieman wacht auf der höchsten Stelle des Fichtegymnasiums über die Schule.
Plötzlich hört er verdächtige Geräusche. Wenn er sich nicht irrt, hört sich das ganz nach jemandem an, der die Pflanzen im Schulgarten mit biologischem Interesse bewundert.
Young Jay nähert sich dem Geräusch im Gleitflug.
Als er beim Schulgarten angekommen ist, bleibt er in der Luft schweben und besieht sich die Lage.
Er hört zwar das Geräusch, aber derjenige, der es erzeugt ist nirgends zu sehen.
‚Äußerst merkwürdig’, wundert sich Young Jay im Stillen.
Der Chemieman bedient sich seines Wundergürtels: Er holt eine Glühbirne hervor, die mit einer galvanischen Zelle betrieben wird und leuchtet die Gegend ab. Der Lichtkegel verweilt über dem Schulteich, dessen Oberfläche sich verdächtig kräuselt.
Plötzlich kommt ein riesenhafter Goldfisch herausgeschossen. Aus seinem Maul ragt ein Bananenstück, das so aussah, als ob es schon mal von ihm verdaut worden wäre.
Young Jay handelt schnell: Er fährt seinen Schutzschild aus, der aus semipermeablem Material besteht. So lässt der Schild Young Jays Attacken zu, verhindert aber, dass er selbst getroffen wird.
Der Fisch spuckt das Bananenstück aus, aber dank Young Jays Schutz prallt es wirkungslos ab. Der Fisch bleckt seine Zähne.
Young Jay stutzt: Ein Fisch mit Zähnen? Da kann etwas nicht stimmen! Dem Chemieman kam der Fisch gleich verdächtig vor, als er das Bananenstück in dessen Maul sah. Nun wurde dieser Verdacht bestätigt: Es handelte sich um einen Bioteufel, die wahrscheinlich ... nun ja, teuflischste Gestalt unter Wasser.
Bioteufel kommen in der Regel in tropischen Gewässern vor. Nun kann man den Fichteanischen Schulteich nicht gerade als tropisch geschweige denn als Gewässer bezeichnen. Was hatte dieses Ding hier verloren?
Aber noch bevor Young Jay sich daran machen kann, über die Antwort nachzudenken, greift der Bioteufel ein weiteres Mal an: Mithilfe der Fotosynthese der Teichpflanzen entzieht er Young Jay den Sauerstoff.
Der Kopf des Chemiemans läuft schon fast blau an, als ihm der rettende Gedanke kommt:
Er lässt einfach zwei Ozonteilchen reagieren: O3 + O3 -> 3O2
Damit hat er schon 3 Sauerstoffmoleküle, die er veratmen kann. Nur ergibt dies aber ein neues Problem: Da Ozonteilchen höchst stabil sind, muss er irgendwoher neue Energie hernehmen, um sie der Reaktion hinzufügen zu können.
Aber der Chemieman wäre nicht Young Jay, wenn er sich nicht auch aus dieser brenzligen Situation herausreagieren könnte: Schnell holt er aus seinem Gürtel ein zu drei Viertel mit Wasser gefülltes Becherglas und ein Natriumstückchen. Er wirft es ins Glas und nutzt die entstehende Energie für seine Sauerstofferzeugung.
Der Bioteufel sieht, dass es nichts bringt, dem Chemieman den Sauerstoff zu entziehen, er setzt jetzt auf eine andere Taktik: Mit seinen überaus mystischen Kräften spritzt er den Chemieman mit Wasser aus dem Teich voll, indem er mit seiner Schwanzflosse darauf schlägt.
Aber darüber kann Young Jay nur lachen: Sein Schild wahrt ihn vor dem verhängnisvollen Wasser.
Dieses Manöver hat der Bioteufel jedoch nur als Ablenkung eingesetzt: Er taucht auf den 30 cm tiefen Grund des Teiches und stößt sich dann mit aller Kraft davon ab. Hoch, hoch fliegt er, so hoch, dass er über Young Jay ist, und sich von dort auf ihn fallen lässt.
Der Schild des Chemiemans hat einen Nachteil: Er umschließt nicht den ganzen Körper von ihm.
Und so attackiert
(attackieren, attackieren, attackieren)
der Bioteufel den Chemieman von hinten.
Young Jay hat nur noch eine einzige Möglichkeit:
Im Bruchteil einer Sekunde fährt er seinen Schild ein, dreht sich um und zückt seinen Feuerlöscher.
„Feuer ist schwarz!“, brüllt er und drückt ab.
Was nun passiert, hat die Welt noch nicht gesehen:
Der Bioteufel wird von der weißen Substanz paralysiert; Young Jay aber wird durch den Rückstoß durch das Hintergebäude der Schule geschleudert.
Besinnungslos bleibt er zweihundert Meter von der Schule entfernt liegen.
Erst nach einigen Augenblicken kann er sich wieder aufrichten.
Er benutzt Schwefelsäure als Katalysator, um schneller wieder beim Bioteufel zu sein. Zum Glück wird die Schwefelsäure ja nicht verbraucht dabei. Genaugenommen verwendete Young Jay eben diese Schwefelsäure schon seit 30 Jahren.
Als er ankommt, bietet sich ihm ein Bild des Schreckens: Der Bioteufel, obwohl paralysiert, hat einen Zettel ausgespuckt. Auf diesem steht:
„Ich habe Hunderte dieser Lakaien. Der Sieg mag dir heute gegönnt sein, Young Jay, aber schon mein nächster Diener kann dich in deine Moleküle zerlegen. Oder der übernächste. Oder der überübernächste. Oder ...
Der Physikus“
Young Jays Kopf explodierte fast. Zum Glück hatte er seinen Liebigkühler um den Kopf, der dies verhinderte.
Der Chemieman wartete auf den nächsten Zug des Physikus’.