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Changs Irrtum

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04.12.2002
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Changs Irrtum

20170309
Während Professor Emilio Chang, Wunderkind der Quantenphysik, mit einer Studentin auf der Toilette des Clubs Marrakesch Kokain im Wert mehrerer Longdrinks inhalierte, brütete Francisco San Giacomo im benachbarten Institut über den Berechnungen für dessen neues Bahn brechendes Experiment auf dem Gebiet der Tachyonenforschung.
Francisco hatte drei Tage nicht geschlafen und nichts gegessen. Trotz einer Kaffee-Einnahme in Höhe seines Körpergewichts gelang es ihm nur knapp, die Daten seinem Doktorvater rechtzeitig vorzulegen.
Chang, der am nächsten Morgen fünf Minuten vor Beginn des Beschleunigerlaufs munter wie ein Koala in seinem Büro erschien, fand weder das Komma noch die Null an der falschen Stelle und so hörte die Stadt sieben Minuten später auf zu existieren.
An ihrer Stelle schwebte für knapp zwölf Sekunden ein kreisrundes Loch.
Changs abwesende Freunde, Kollegen und Widersacher machten dazu ratlose Gesichter und unzählige Bauklötze wurden gestaunt, während die mörderische Atmosphäre eines Planeten des Sterns 16 Cyg B der Erde die Luft absaugte.

20790707
Nach Dutzenden von Sandwüsten, Eiswelten, Steinöden und Wasserkörpern starrten Dr. Elfmann und sein Team endlich auf das pralle Leben. Jenseits des schimmernden Übergangs spielte die untergehende Sonne mit den kleinen Blättern mehrerer Bäume. Die Bäume überzogen eine bunt geblümte Wiese mit Schatten und immer wieder flogen faustgroße Insekten durch das Tor auf ihre Seite und wurden von den automatischen Hygiene-Lasern verdampft.
Die Wissenschaftler riefen aufgeregt durcheinander und hüpften im Kontrollraum umher wie die Erstklässler. Bald entkorkte ein umsichtiger Mensch eine Sektflasche und kurz darauf die nächste. Freudig und gut gelaunt planten sie ihre Häuser auf der neuen Erde.

20790712
Ein Schatten schob sich vor den Durchgang, als Dr. Elfmann und Dr. Kubosuka gerade mit einer Schubkarre voller Messgeräte hindurch wollten. Ein blauer Würfel von der Größe eines Einfamilienhauses senkte sich auf die Lichtung herab und warf einen hellen Lichtschein aus einer viereckigen Öffnung. Die Doktoren beobachteten zugleich fasziniert und entmutigt, wie sechs blaue, fusselige Dinger mit sehr vielen Beinen aus der Öffnung purzelten und im Zickzack auf sie zu kamen.
Dr. Elfmann ließ das Tor sofort schließen.

20821131
Nach langen und zähen Verhandlungen gelang es der diplomatischen Mission endlich ein bilaterales Abkommen über Handel und Kultur mit den Blau zu schließen.
Der Einrichtung einer ständigen menschlichen Vertretung auf ihren planetaren Kolonien stand nun nichts mehr im Weg.

20840106
Der zweite direkte Tunnel zur Heimatwelt der Blau wurde eröffnet. Das Tor hatte eine Kapazität von 4800 t/min und konnte dank seiner großzügigen Dimensionierung von 15 Metern Durchmesser auch schwerste Güter transferieren.

20840112
Captain James Parker der 5. Marine Expeditionary Force stand auf Hügel Nr. 2137 und beobachtete den Strom ruhiggestellter Blau auf dem Weg ins Internierungslager IC12. Er hatte den kleinen Ort zwischen H2137, H2138 und R1330b vor zwei Tagen mit seiner Kompanie gesichert. Die Identifizierung potenzieller Risikoelemente ging gut voran.

20860208
Immer noch schälten sich blaue Schiffe in die Wirklichkeit zurück. Seit Stunden erreichte eins nach dem anderen den Sammelpunkt. Trägerschiffe, groß wie Monde schälten sich aus dem Schnellraum, ihre Kanten in fließender Verformung von der verdrehten Schraube zum Würfel. Dazwischen erschienen immer wieder elegante Zerstörer, nur wenige hundert Meter lang aber tödlich wie eine randomianische Nadelviper.
Alles war bereit für den Angriff. Nur ein Sprung trennte die Flotte noch vom Feind, von seiner Heimat, einer Welt, die wie zum Hohn, in der heiligsten der Farben leuchtete.

27710610
Ein Mann im schwarzen Anzug trat durch das schimmernde Rund in die Hitze der Wüste. Zwei Monde jagten sich über den Himmel, ohne sich von dem blauen Würfel stören zu lassen, der zwischen ihnen hindurch fiel.
Der Mann lächelte, als das Landungsboot in einiger Entfernung nieder ging und knapp über dem steinigen Boden verharrte.
Ein blauer Pelz schwebte aus einer leuchtenden Öffnung und kam auf ihn zu.
Sie unterhielten sich eine Weile.
Der Blaue versprach, in seine Heimat gehen und nie wieder die Himmel zu stürmen.
Der lächelnde Mann erklärte, er würde zu neuen Galaxien aufbrechen und nie wieder zurückkehren.
Sie verabschiedeten sich wie es in ihren Welten Brauch war, der Blau bestieg sein Schiff und es stieg in den roten Himmel auf.
Der Mann lächelte, als sich hoch oben in der Luft ein Durchgang bildete und einen Strom gleißender Protuberanzen das Schiff verschlang.

 

Hallo asta,

du hast da ein paar nette Ideen, wenn auch das meiste davon nicht wirklich neu ist.
Aber du verschenkst das Potenzial, indem du hier einen Bericht, und keine Geschichte ablieferst.

Du solltest vielleicht eine der angedeuteten Episoden nehmen, und zu einer "richtigen" Geschichte ausbauen. :)

Gruß
Shinji

 

Hallo,

also ich finde (im Gegensatz zum Post über mir) den Berichtsstil gut. Die schlagartigen Entwicklungen machen Spaß und sind gut geschrieben. Zumindest bei den ersten drei bis vier "Sprüngen". Danach habe ich das Gefühl, dass es deinen Sätzen an Schliff fehlt; als hättest du versucht deine Idee schnell zu Ende zu bringen. Vorallem das Ende fand ich etwas fad.

Dennoch hab ich es gern gelesen.

Mit freundlichem Gruß

 

Hi asta!

Na ja, es ist eine nicht uninteressante Idee, die eigentlich spektakulären Ereignisse wegzulassen und nur kurz die darauf folgenden politischen Wendepunkte zu "dokumentieren".
Die Entwicklung, die du beschreibst, läuft aber nicht auf eine Pointe hinaus. So, wie der Text endet, hättest du noch beliebig viele "Berichte" dranhängen können. So wirkt alles belanglos. Es fällt mir kein Grund ein, warum du diese Episoden erzählen wolltest. Der Konflikt mit der außerirdischen Rasse ist so allgemein gehalten wie nur irgend möglich.
Auch ist mir aufgefallen, dass die ersten drei Abschnitte noch voller Ironie stecken: Koksender Professor, Laserkanonen auf Insekten, die putzigen pelzigen Blauen etc. Dann aber verschwindet der Pfiff aus deinen Sätzen.
Wenn es dir gelingt, eine echte, zündende Pointe unterzubringen, vielleicht als Gipfelpunkt einer Steigerung ins Absurde, dann ist dein Berichtstil perfekt.
Knüpfe, was die Komik betrifft, einfach an den ersten Abschnitt an, denn der ist am besten gelungen.
Ab dem vierten kannst du spätestens alles neu schreiben.

Tschüss, Megabjörnie

 

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