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Chamäleon

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20.12.2002
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Chamäleon

„Wieso Szene?“, rufe ich in den Hörer. „Ich mach doch keine Szene. Ich frage sie nur, ob sie mich liebt!“
Meine Schwester findet mein Vorhaben vorschnell und unüberlegt. Das bringt mich auf die Palme, denn wenn es überhaupt eines gibt, was ich in den letzten Wochen getan habe, dann das hier: rumüberlegen.
Ich hab Annas SMS wie lateinische Texte analysiert. Ich bin Gesprächsfetzen nachgehangen wie Poker-Profis verlorenen Händen. Ich bin nachts mit nichts als Kopfhörern bewaffnet die Karl-Marx-Straße auf und ab spaziert und habe die Liebe hinterfragt.
„Bleib cool“, sagt meine Schwester. „Ist doch gar nichts passiert. Vielleicht machen wir einen Plan?“
In ihre Stimme hat sich etwas Mütterliches geschlichen, so als wäre ich 13 Jahre alt und auf dem Weg zum Zahnarzt, um mir die Weisheitszähne ziehen zu lassen.
Warum versteht mich keiner?
„Ich hab doch einen Plan“, sage ich wütend. „Ich sage ihr, was ich für sie empfinde, und frage sie, was sie für mich empfindet. Man könnte das auch Klärung nennen. Ich finde das total vernünftig.“
Meine Schwester seufzt leise in den Hörer, und es killt mich fast, dieses Seufzen.
„Mir zerreißt es gleich die Brust“, sage ich, „ich versteh's einfach nicht.“
„Was verstehst du nicht?“
„Alles. Ich fühle mich, als wäre ich die ganze Zeit im freien Fall, als wäre ich aus einem Flugzeug gesprungen.“
Für einen Moment ist es still im Hörer, und ich bin mir sicher, dass wir uns beide die Landung vorstellen.
„Ich bin gleich da“, sage ich, als die U8 am Kottbusser Tor stehen bleibt, „ich muss auflegen.“
Meine Schwester seufzt erneut. „Viel Glück.“


In der kalten Jahreszeit verleibt sich Berlin gewissermaßen selbst ein. Die Energie in der Hauptstadt geht nicht gegen Null, sie liegt im Minus-Bereich. Man kann dann förmlich spüren, wie sich Seelen in Dark-Rooms verlieren, wie Künstler aller Art sich den Kopf zermartern, wie bierbäuchige CSU-Abgeordnete Krisensitzungen in den Tiefen des Bundestags abhalten.
Und dann kommt der Frühling und alles ist anders. Die Energie explodiert in die andere Richtung, Kunst wird ausgestellt, Menschen strömen auf die Straßen, die CSU macht Urlaub in Bayern, und alles ist okay.
An einem solchen Frühlingstag habe ich Anna kennengelernt. In eben jenem Café, am Paul-Linke-Ufer, in dem wir uns gleich wieder treffen werden.
Ich ging damals zur Bar, um mir ein Bier zu bestellen. Sie trug schwarze Jeans, ein grünes Top und las Tschick.
Und weil ich das Buch so mag und sie so schön fand, sagte ich: „Schönes Buch!“
Sie drehte den Kopf und sah mich mit grünen Augen an. „Danke.“
Ich war überrumpelt von ihrem Anblick.
„Du hast das Buch auch gelesen?“, half sie mir auf die Sprünge.
„Ja“, sagte ich. „Gefällt mir voll. Bist du alleine hier?“
„Ich warte auf einen Freund.“
„Das sage ich auch immer, wenn ich irgendwo alleine bin.“
Sie lächelte und schüttelte den Kopf. „Ich warte wirklich auf einen Freund. “
„Ja, und genau das sage ich dann auch immer. Weißt du, was das Coole an Wolfgang Herrendorf ist? Er schreibt sehr exakt, aber er ist sich nicht zu schade, auch mal uncool zu schreiben. Damit nimmt er's wiederum nicht so genau. Er ist irgendwie, wie sagt man denn da … unprätentiös.“
„Hmm …“
„Findest du nicht?“
„Unprätentiös trifft's nicht ganz.“
„Doch, klar, unprätentiös trifft's voll.“
„Nein, nicht ganz.“


Als Anna reinkommt spüre ich ein Ziehen in der Brust, einen Anflug von Euphorie, die hochsteigen will. Heute trägt sie Weiß. Weiße Hose, weißes Top. Ich finde, das passt. Anna hat etwas von einem Schwan - mit einem gebrochenen Flügel.
„Hi!“, sagt sie. Ich stehe auf, und sie umarmt mich flüchtig. Kein Kuss.
Dann bestellt sie einen Minztee und beginnt zu erzählen. Von einer Party am See. Coole Leute werden da sein, coole Musik wird aufgelegt.
Vor zwei Wochen haben wir uns am gleichen See geküsst.
„Wie lange kennen wir uns jetzt?“, frage ich.
„Drei? Vier? Fünf Monate?“ Sie grinst und zuckt die Achseln – und es tut so weh.
Wie kann sie diese Frage so schlecht behandeln? Und mich gleichzeitig so süß ansehen?
Schon ist sie beim nächsten Thema, mit heiterer Stimme. „Die Doku war wirklich interessant, vor allem die Szenen in Nord-Korea. Wusstest du, dass Werner Herzog …“
Ich kann gar nicht sagen, wie scheißegal mir Werner Herzog in diesem Moment ist.
Warum merkt sie das nicht? Meine Gedanken waren doch immer ein offenes Buch für sie.
„Anna, können wir reden?“
„Reden wir nicht?“
„Was ist das hier zwischen uns?“
„Was meinst du?“
Scheiße, ist das schwer. Mich verlässt jetzt schon der Mut.
Im Übrigen: Sie hat mich zu diesem Treffen eingeladen.
„Vor zwei Wochen waren wir uns noch so nahe. Und jetzt ist irgendwas anders. Ich versteh's nicht.“
„Alex, ich hab dir doch gesagt, dass meine letzte Beziehung sehr schwierig war. Ich brauche Zeit.“
Der Ex-Freund, der sie misshandelt hat. Der Studienabbruch. Die schwierigen Eltern. Wir haben uns alles erzählt und verstanden uns so gut.
Verzweifelt fasse ich mir an die Stirn.
„Du brauchst nicht wütend werden“, sagt sie und verzieht das Gesicht, als hätte ich ihr wehgetan. Der gebrochene Flügel kommt nun zum Vorschein. Normalerweise tröste ich sie, wenn das passiert, doch nun schüttele ich den Kopf. „Und ich dachte, ich bin derjenige, der ungern über Gefühle redet. Das meintest du doch, oder? Und dennoch: mit dir konnte ich reden.“
„Du hast mir sehr viel erzählt, das stimmt.“ Etwas Giftiges blitzt plötzlich in ihren Augen auf, und für einen Moment bin ich sprachlos.
„Was hab ich denn falsch gemacht?“, frage ich.
„Was habe ich denn falsch gemacht?“
„Gar nichts, Anna, ich möchte nur wissen, was zwischen uns läuft. Ich mag dich offenbar - muss ich das jetzt ausbuchstabieren?“
„Alex, wenn du willst, dass ich gehe …“ Sie greift nach ihrer Handtasche, und ich kann immer noch nicht verstehen, was hier passiert.
Bin ich verrückt geworden?
„Seh ich so aus, als würde ich wollen, dass du gehst? Ich will doch nur …“ Warum fällt es mir so schwer? „Wir schreiben uns jeden Tag, Anna, wir treffen uns mehrmals die Woche, wir umarmen uns und küssen uns und sind füreinander da.“
Doch je mehr ich sage, desto schlimmer wird’s. Vor meinen Augen verwandelt sich mein verletzter Schwan in etwas Giftiges. „Willst du, dass ich gehe?“, fragt sie.
„Nein, Anna, das will ich nicht! Ich will, dass du bleibst!“
Ihre Augen werden rot, die Muskeln spannen sich an.
„Dann sag's mir halt, Anna! Ich will es hören! Dass wir nur Freunde sind. Dass wir niemals ein Paar werden. Kein Küssen, keine Liebe, kein gar nichts! Ich muss es hören!“
„Wir werden nie ein Paar, Alex! Nie!“
Ihre Worte reißen ein Loch in meinen Bauch. Bis zu diesem Augenblick dachte ich wirklich, sie sei mein Mädchen.
Draußen geht Berlin weiter. Die Sonne scheint auf den Kanal, die Menschen quatschen fröhlich.
Renn weg, denke ich, hau ab. Doch kaum habe ich diesen Gedanken gefasst, ist Anna wieder der Schwan. Sie hat den Blick gesenkt und leidet vor sich hin, als wäre sie in einem Käfig gefangen. Blut fließt aus ihrem Flügel und färbt die Federn rot. Es ist ein schrecklicher Anblick, einer, den man kaum aushalten kann.
Siehst du das Blut denn gar nicht, Anna? Warum lässt du zu, dass es dein Gefieder zerstört?
Ich will sie fragen, was los ist. Ich will ihr helfen. Ich will sie in den Arm nehmen und ihr sagen, dass alles gut wird.
Aber das habe ich schon so oft, und ich kann einfach nicht mehr.
Anna nimmt ihre Handtasche, steht auf und geht.

Und wieder stehe ich am Kotti. Ich vermeide Blickkontakt mit allen, kämpfe mit den Tränen und warte auf die U8.
Meine Schwester ruft an. „Wie lief's?“
„Bin ich eigentlich verrückt? Wenn es so ist, sag's mir bitte.“
Sie seufzt. „Du bist nur unglücklich verliebt.“
„Es macht alles keinen Sinn.“
„Es macht nicht immer alles einen Sinn.“
„Das hier ist was anderes.“
„Es fühlt sich nur so an.“
„Nein, es ist was anderes.“

Spät am Abend, als ich schon im Bett liege, bekomm ich eine SMS von Anna: ein Link zu einem Text aus Wolfgang Hernndorfs Blog. Kein Kommentar, kein Emoticon, kein wie geht’s? - nur der Link.
Ich blicke lange aufs Handy, atme bewusst durch.
Wir werden nie ein Paar, rufe ich mir Anna Worte wieder in den Sinn, niemals!
Dann klicke ich drauf.

 
Zuletzt bearbeitet:

Peace JuJu,

cool, mal wieder was von dir zu lesen. Ist auch irgendwie ein typischer JuJu-Text, stell ich jetzt mal in den Raum. Also gerade das Kennenlernen und der (innere) Konflikt des Prots, das fand ich sehr schön und enthält auf eine Art deine Signatur, sag ich jetzt mal. Hat mir sehr gut gefallen.

Viel Kritik kann ich zu dem Text nicht bringen. Ich finde, er wirkt in sich stimmig und rund, und ist so ein kurzer, knackiger Ausschnitt. Ich finde, auf die Kürze hast du das Mädel auch sehr schön gezeichnet, hast ihr ein Gesicht gegeben, etwas Geheimnisvolles, das sicher auch deinen Prot anzieht - das kam gut rüber. Ja, die Story ist sehr kurz, da könntest du natürlich nach hinten und vorne auch ausbauen, wenn du das wollen würdest, und die Geschichte würde dann insgesamt tiefer werden, auch zum Mädchen und den letzten Monaten gäbe es bestimmt viel Interessantes zu erzählen. Dein Prot wirkt irgendwie noch ziemlich jung und grün hinter den Ohren auf mich, so 20, 21 vielleicht, war mein Gefühl, da kann sowas natürlich schon ein Drama sein, was einen aus der Bahn wirft. Ich finde es ein bisschen schade, dass dein Kerl zum Schluss auf den Link klickt. Also das ist schon stimmig und zeigt auch, wie "verfallen" er ist, aber ein bisschen ... naja, also wie gesagt, dein Prot wirkt noch jung auf mich, und ich hätte es gefeiert, wenn die Story in die Richtung gegangen wäre, dass er dahingehend wächst, dass er zum Schluss sagt: Ich scheiß drauf. Das hätte ich eine gute Figurenwandlung gefunden, aber so passt schon, ist auch authentisch, dass er ihr trotz des Korbes nicht widerstehen kann, ich kann das schon nachvollziehen.
Den Bezug zur Stadt und die Erklärung fand ich gut, solche kleinen Beobachtungen und Theorien von Prots zeichnet immer schön ihren Charakter und ist auch ein tolles Symbol für Inneres.

Also cool, gern gelesen, so ein kurzes, feines Ding, das durch Ausbau oder als Teil von etwas Größerem natürlich noch mal eine ganz andere Wirkung entfalten könnte, wenn du das wollen würdest, aber so finde ichs auch schon gelungen. Mir hat jetzt beim Lesen nichts gefehlt, wo ich mir dachte, da müsste unbedingt mehr, so war es nicht, die Story ist sehr rund, das mit dem Ausbau nur als Ansporn/Anregung. Doch, hat mir gefallen.

Gruß
zigga

 

Hallo @JuJu

Der Anfang hat mir richtig gut gefallen. Ist eine flotte Erzählstimme, die die Geschichte vorantreibt, mich neugierig macht. Auch das mit Berlin fand ich gut. Das hat ja zigga schon angesprochen, dass das den Charakter des Prot zeigt. Hab ich auch so empfunden.

Was mir am Anfang aber gefehlt hat, war ein Hinweis darauf, um wen es sich beim Erzähler handelt. Ist der männlich oder weiblich? Das konnt ich nicht herauslesen und kam mir dann fast zu spät, dass es ein Typ ist. War mehr mit spekulieren beschäftigt, als dass ich dem Text aufmerksam folgen konnte und "musste" ihn ein weiteres Mal lesen.

Der zweite Teil, das Treffen im Cafe - da hab ich bisschen den Zug vom Anfang vermisst. Und die Schwanensache war mir erst zuviel, erst beim nächsten Durchgang konnte ich ihren Reiz entdecken. Jetzt mag ich das richtig gerne.

Ich bekam zwar ein gutes Bild von dem Mädchen, aber über die Beziehung der beiden hat mir was gefehlt. Was macht die große Liebe aus? Ich kenne das aber, jmd gegenüber zu sitzen und plötzlich kriegt man das Gefühl, da stimmt was nicht. Das lähmt einen irgendwie und man findet keine Worte, wie man es erklären könnte. Will nur wissen, was Sache ist. Das konnte ich dann gut nachvollziehen - auch, dass er am Schluss den Link anklickt. Die Hoffnung stirbt halt doch zuletzt.

Den Alex seh ich als Teenager. Siebzehn, achtzehn höchstens.

Insgesamt hätte ich mehr Szenen/Dialoge gebraucht, um die Beziehung besser verstehen zu können und vllt am Anfang schon einen Hinweis, dass der Prot männlich ist. Davon abgesehn gefällt mir deine Erzählweise aber sehr gut.

Und weil ich das Buch so mag und sie so schön fand, sagte ich: „Schönes Buch!“

Musst ich gleich mehrmals lesen, so schön find ich den Satz.

Lieber Gruß
Tintenfass

 

Hej JuJu,

ähnlich wie Tintenfass packte mich von Anfang an das Tempo der Erzählung. Dadurch, dass du direkt mit wörtlicher Rede beginnst und dann auch mich mit nacktem Temperament des Erzählers, wobei ich auch "dachte", es würde sich um eine Frau handeln :hmm:, haut es mich mitten rein und es geht los.

Ich hab Annas SMS wie lateinische Texte analysiert. Ich bin Gesprächsfetzen nachgehangen wie Poker-Profis verlorenen Händen. Ich bin nachts mit nichts als Kopfhörern bewaffnet die Karl-Marx-Straße auf und ab spaziert und habe die Liebe hinterfragt.

Das ist ganz wundervoll und verhalten komisch, sowohl von den Bildern, als auch vom Versuch, dadurch der Liebe auf den Grund zu gehen.

Warum versteht mich keiner?

Das macht ihn schon auch dreizehnjährig. :shy:

Ich hab doch einen Plan“, sage ich wütend. „Ich sage ihr, was ich für sie empfinde, und frage sie, was sie für mich empfindet. Man könnte das auch Klärung nennen. Ich finde das total vernünftig.“

Liebe vs. Vernunft - wenn das man immer alles so einfach wäre. Der Protagonist ist offenbar sehr jung.

Alles. Ich fühle mich, als wäre ich die ganze Zeit im freien Fall, als wäre ich aus einem Flugzeug gesprungen.“
Für einen Moment ist es still im Hörer, und ich bin mir sicher, dass wir uns beide die Landung vorstellen.

Schön, zeigt es doch auch die Verbundenheit der Geschwister.

In der kalten Jahreszeit verleibt sich Berlin gewissermaßen selbst ein. Die Energie in der Hauptstadt geht nicht gegen Null, sie liegt im Minus-Bereich. Man kann dann förmlich spüren, wie sich Seelen in Dark-Rooms verlieren, wie Künstler aller Art sich den Kopf zermartern, wie bierbäuchige CSU-Abgeordnete Krisensitzungen in den Tiefen des Bundestags abhalten.

Tolle Beobachtung, allerdings gilt sie nicht nur für Berlin. Man muss in vielen deutschen Großstädten geduldig auf den Frühling warten, damit es draußen wieder losgeht.

Sie drehte den Kopf und sah mich mit grünen Augen an. „Danke.“

Drollig, sich dafür zu bedanken. Anna ist speziell.

Du hast das Buch auch gelesen?“, half sie mir auf die Sprünge.
„Ja“, sagte ich. „Gefällt mir voll. Bist du alleine hier?“
„Ich warte auf einen Freund.“
„Das sage ich auch immer, wenn ich irgendwo alleine bin.“
Sie lächelte und schüttelte den Kopf. „Ich warte wirklich auf einen Freund. “
„Ja, und genau das sage ich dann auch immer. Weißt du, was das Coole an Wolfgang Herrendorf ist? Er schreibt sehr exakt, aber er ist sich nicht zu schade, auch mal uncool zu schreiben. Damit nimmt er's wiederum nicht so genau. Er ist irgendwie, wie sagt man denn da … unprätentiös.“
„Hmm …“
„Findest du nicht?“
„Unprätentiös trifft's nicht ganz.“
„Doch, klar, unprätentiös trifft's voll.“
„Nein, nicht ganz.“

Ein unauffälliger Dialog und doch sehr genau auf diese Beiden zurecht geschnitten. Ihr Widerspruch ist goldwert. (Ich würde Herrendorfs "Tschick" auch nicht so bezeichnen, allerdings auch nicht schön:shy:)

Wie kann sie diese Frage so schlecht behandeln? Und mich gleichzeitig so süß ansehen?

Wie reizend und verliebt er ist. Ich leide mit ihm. Und eine Frage schlecht ... zu ... behandeln ist eine coole Idee.

Der darauffolgenden Dialog ist ganz wundervoll - willst du nicht daraus einen Kurzfilm machen, ich würde seine Verzeiflung gerne (wirklich) sehen. Er macht alles richtig - und alles falsch damit, ihr Sätze in den Mund zu legen. - sag ihm das!

Spät am Abend, als ich schon im Bett liege, bekomm ich eine SMS von Anna: ein Link zu einem Text aus Wolfgang Hernndorfs Blog. Kein Kommentar, kein Emoticon, kein wie geht’s? - nur der Link.
Ich blicke lange aufs Handy, atme bewusst durch.
Wir werden nie ein Paar, rufe ich mir Anna Worte wieder in den Sinn, niemals!
Dann klicke ich drauf.

Du weißt, dass er ungeduldig ist. Ich habe den Eindruck, der Autor weiß das. Und ich weiß es, aber der Protagonist fühlt dennoch änders. Das ist beeindruckend.

Ich finde diese dialoglastige Liebesgeschichte außerordentlich gut gelungen, empfinde sie als zu kurz. Alles hätte wachsen können, ihre Verletztheit, seine verliebte Ungeduld, ich hätte gerne gesehen, was am Ende übrigbleibt. Auch bei ihm.

Ach, und über den Titel denke ich immernoch nach. :lol:
Danke für diese Geschichte und freundlicher Gruß, Kanji

 

Ach, und über den Titel denke ich immernoch nach.
Ich auch. Weil er sich ihr immer anpasst? Ich komme nicht ganz drauf.

 

Macht er ja gar nicht. Schwan? Chamäleon? Ich krieg die Eigenarten des Chamäleons nicht mit dem Prot unter ein Dach. Es sitzt erst ganz ruhig, agiert blitzschnell mit der Zunge - redet vielleicht etwas undurchdacht? Bin echt gespannt.

 

Vielen Dank für die tollen Kommentare, liebe Leute! Ist schön mal wieder was zu posten hier. Bin noch unterwegs, gehe später auf alles ein, bis dann.. LG

 
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Hallo zigga,


cool, mal wieder was von dir zu lesen. Ist auch irgendwie ein typischer JuJu-Text, stell ich jetzt mal in den Raum. Also gerade das Kennenlernen und der (innere) Konflikt des Prots, das fand ich sehr schön und enthält auf eine Art deine Signatur, sag ich jetzt mal. Hat mir sehr gut gefallen.

Das freut mich sehr.

Dein Prot wirkt irgendwie noch ziemlich jung und grün hinter den Ohren auf mich, so 20, 21 vielleicht, war mein Gefühl, da kann sowas natürlich schon ein Drama sein, was einen aus der Bahn wirft.

Das wird ja auch durch den Dialog mit der Schwester verstärkt, dieses Gefühl, durch dieses Seufzen, das sie von sich gibt.

Ich finde es ein bisschen schade, dass dein Kerl zum Schluss auf den Link klickt. Also das ist schon stimmig und zeigt auch, wie "verfallen" er ist, aber ein bisschen ... naja, also wie gesagt, dein Prot wirkt noch jung auf mich, und ich hätte es gefeiert, wenn die Story in die Richtung gegangen wäre, dass er dahingehend wächst, dass er zum Schluss sagt: Ich scheiß drauf

Wächst man eig. je dahin, dass man wirklich sagt: ach scheiß drauf?
Das ist ein bisschen ne Illusion, glaub ich. Ich denk, dass es ganz normal ist, dass er in der Situation durcheinander ist. Ich hab da so ne Frau vor Augen, die einfach jeden durcheinanderbringt, die kann gar nicht anders.
Und natürlich klickt er da auf den Link. Wer klickt da nicht drauf? Da klicken alle drauf.


Den Bezug zur Stadt und die Erklärung fand ich gut, solche kleinen Beobachtungen und Theorien von Prots zeichnet immer schön ihren Charakter und ist auch ein tolles Symbol für Inneres.

cool


Vielen Dank fürs Kommentieren und schön dich wieder zu lesen, zigga! :)

Hallo Tintenfisch,

Was mir am Anfang aber gefehlt hat, war ein Hinweis darauf, um wen es sich beim Erzähler handelt. Ist der männlich oder weiblich?

ist das nicht ... egal?


Den Alex seh ich als Teenager. Siebzehn, achtzehn höchstens.

Ach, ihr seriösen deutschen Literaten, ihr.:)

Davon abgesehn gefällt mir deine Erzählweise aber sehr gut.

freut mich!

Vielen Dank fürs Lesen und Kommentieren, Tintenfisch!

Du weißt, dass er ungeduldig ist. Ich habe den Eindruck, der Autor weiß das. Und ich weiß es, aber der Protagonist fühlt dennoch änders. Das ist beeindruckend.

Ich finde diese dialoglastige Liebesgeschichte außerordentlich gut gelungen, empfinde sie als zu kurz. Alles hätte wachsen können, ihre Verletztheit, seine verliebte Ungeduld, ich hätte gerne gesehen, was am Ende übrigbleibt. Auch bei ihm.


Das ist schön gesagt und freut mich. Ich weiß jetzt gar nicht, ob das, was ich im Kopf hatte, alles beim Leser ankommt, aber freut mich, irgendwas kommt schon an. Die Geschichte ist von einem Lied von einem Kumpel inspiriert, der Song heißt auch Chamaäleon, bloß anders geschrieben, er erscheint am Freitag, die Verbindung ist da bisschen deutlicher.
Anna soll das Chamäleon sein, nicht er.


Hallo Maria,

Holy Fuck, dich gibt es noch hier? O.o

ja, läuft bei mir

Ich bin kein Fan von Geschichten, die mit einem Dialog beginnen. Ich möchte eine Einleitung, etwas langsamer aber dafür tiefer in die Geschichte eintauchen. Ein Dialog, so finde ich, ruiniert einfach den Anfang und gibt der Figur schnell eine Stimme, die sich in dann in die falsche Richtung entwickelt. Ich bemängle das immer, aber das ist auch wirklich nur der eigene Geschmack.

Ich glaub auch, dass das iwas mit deinem Geschmack zu tun hat. :)

… nein, es ist nicht langweilig … es ist eher gewollt oder so. Ich weiß nicht, wie ich das formulieren soll, aber für mich hat die Geschichte etwas Krampfhaftes, als wäre es erzwungen.Als wollte Alex dieses Treffen nicht und du hättest ihn als Autor dazu gezwungen.

Hm ja, das ist interessant. Irgendwie ist so was auch in Alex drin, das stimmt schon. Hab auch schon andere Geschichten geschrieben, in denen Männer heldenhaft losziehen, um die Frau, die sie toll finden, zu erobern, und die wirken vielleicht verliebter --- hier ahnt Alex schon, dass iwas nicht stimmt, und ist bereits gereizt. Er zweifelt sogar an seiner Wahrnehmung. Für ihn passt es bereits nicht mehr zusammen, und jetzt will er vielleicht einen Punkt drunter setzen oder so. Ehrlich gesagt find ich sein Verhalten gar nicht mal so unreif. Veilleicht unreif, in so eine Dynamik geraten, aber im Prinzip macht er mehr oder weniger das Richtige dann, wenn ich mal versuche, das nüchtern zu betrachten. Ich glaub, ich hätte auch irgendwann zu Alex gesagt: ja, wenn du echt nicht weiß, was los ist, dann frag sie halt.
Das ist doch reifer als beispielsweise das, was sie tut.

Vielen Dank Maria! Schön dich wieder zu sehen! :)

Mfg,

JuJu

 

Mir ist nicht wichtig, ob ein Prot blaue oder braune Augen hat; helle oder dunkle Haare. Aber ich will schon wissen, ob er männlich oder weiblich ist. Ich brauch das, für meine Bilder im Kopf.

Lese ich, dass einer säuft, rotzt, sich im Schritt kratzt und Weiber anbaggert, dann ist das für mich ein Kerl. Erfahre ich im Verlauf der Geschichte aber, es ist eine Frau, die sich halt wie ein Kerl benimmt und sonst passt alles ist das auch okay. Ich muss es mir aber vorstellen können. Hier fand ich jedoch für mich nichts typisches, woran ich hätte ausmachen können, dass Alex ein Mann ist und das hat meinen Lesefluss gestört. Dachte zwischendurch auch, dass wäre eine gleichgeschlechtliche Beziehungskiste.

Aber ja, sieht halt jeder bisschen anders.

Übrigens: ich bin die Tintenfass. Nicht -fisch. Sags nur, wegen der Bilder im Kopp.

 

Hallo JuJu,

Ich mag deine Geschichte sehr! Ich finden es gut wie die Gefühle von Alex von Wut über Verwirrung zu Verzweiflung gehen. Außerdem habe ich das Gefühl Alex wäre sehr gehetzt, was auch auf den Text übergeht, da sich der Text in einer guten schnelle, aber manchmal zu schnell lesen lässt. Da stimme ich Kanji zu. Der Text könnte ruhig etwas länger sein und einzelne Stellen etwas ausführlicher.

Liebe Grüße Antonia

 

Hej JuJu,

Die Geschichte ist von einem Lied von einem Kumpel inspiriert, der Song heißt auch Chamaäleon, bloß anders geschrieben, er erscheint am Freitag, die Verbindung ist da bisschen deutlicher.

Stellt er das auf youtube?

Anna soll das Chamäleon sein, nicht er.

Das bleibt aber schon unklar, findest du nicht? Ok, sie passt sich an, will nichts falsch machen ...

Da muss ich nachdenken, wenn du weiter nichts dazu sagst. ;)

Freundlicher Gruß, Kanji

 

Hallo JuJu

Schön, wieder mal von dir zu lesen - auch wenns dieses Mal leider nicht so mein Fall war ;).

Klar, gut schreiben kannst du - das liest sich flüssig, man ist schnell im Text drin, ich war auch nicht gelangweilt oder so - aber inhaltlich find ich das schon sehr dünn. Ich hab keinen Draht zu den Figuren bekommen, was vielleicht auch daran liegt, dass der Text sehr kurz ist, da ist das sicher schwierig.

Der Ex-Freund, der sie misshandelt hat. Der Studienabbruch. Die schwierigen Eltern. Wir haben uns alles erzählt und verstanden uns so gut.

Vielleicht wäre es besser gewesen, diese Szenen auch wirklich zu erzählen. So hängt es halt schon sehr in der Luft, ohne einen wirklichen Bezug zum Text / zum Thema. Also wozu dieser Einschub? In die Friendzone sind Leute auch schon getappt, ohne dass die Frau solch ein Schicksal mit sich herumträgt.

„Willst du, dass ich gehe?“, fragt sie.

Ich versteh ihre Reaktion hier nicht. Die weiss doch ganz genau, was da läuft, was der Typ von ihr will, was soll diese mehrfache Frage, ob sie gehen soll? Noch offensichtlicher kann er ja kaum werden ... diese Reaktion macht sie für mich recht unsympathisch.

Siehst du das Blut denn gar nicht, Anna? Warum lässt du zu, dass es dein Gefieder zerstört?*

Ist mir zu viel hier, zu dick aufgetragen. Ich glaube ich brauch da mehr Vorgeschichte, um diese Gedanken nachvollziehen zu können.

Dann klicke ich drauf.

Der Schluss hat mich dann auch etwas ratlos zurückgelassen. Spielst du hier auf was Bestimmtes an?

Ich finde es keinen schlechten Text, JuJu, da sind auch - wie in allen deinen Texten - wirklich schöne Stellen dabei, das hier zum Beispiel gefällt mir sehr gut:

„Alles. Ich fühle mich, als wäre ich die ganze Zeit im freien Fall, als wäre ich aus einem Flugzeug gesprungen.“
Für einen Moment ist es still im Hörer, und ich bin mir sicher, dass wir uns beide die Landung vorstellen.

Oder auch wie du Berlin im Winter und im Frühjahr beschreibst - das sind knappe, präzise und passende Eindrücke, die bei mir ankommen.

Inhaltlich ist es mir aber dieses Mal einfach zu wenig.

Grüsse,
Schwups

 
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Hallo JuJu

Ich hab Annas SMS wie lateinische Texte analysiert. Ich bin Gesprächsfetzen nachgehangen wie Poker-Profis verlorenen Händen. Ich bin nachts mit nichts als Kopfhörern bewaffnet die Karl-Marx-Straße auf und ab spaziert und habe die Liebe hinterfragt.

Sehr schöne Charakterisierung sowohl des Prots als auch der Situation, in der er steckt. Vor allem das Verlorenen-Händen-Nachhängen hat mir als ehemaliger Spieler sehr gut gefallen.

Warum versteht mich keiner?

Würde ich streichen, ist mir zu floskelhaft und du hast das ja schon schön gezeigt, durch das Unverständnis der Schwester, das spürt man als Leser ganz gut.

„Alles. Ich fühle mich, als wäre ich die ganze Zeit im freien Fall, als wäre ich aus einem Flugzeug gesprungen.“
Für einen Moment ist es still im Hörer, und ich bin mir sicher, dass wir uns beide die Landung vorstellen.

Finde ich, in der Kombination, echt gut. Der erste Teil, der freie Fall, hat für sich genommen wieder eher was Floskelhaftes, aber mit der Ergänzung, der Imagination der Landung, holst du das wieder aufs Niveau des Textes hoch. Finde ich gut gemacht.

In der kalten Jahreszeit verleibt sich Berlin gewissermaßen selbst ein. Die Energie in der Hauptstadt geht nicht gegen Null, sie liegt im Minus-Bereich. Man kann dann förmlich spüren, wie sich Seelen in Dark-Rooms verlieren, wie Künstler aller Art sich den Kopf zermartern, wie bierbäuchige CSU-Abgeordnete Krisensitzungen in den Tiefen des Bundestags abhalten.

Hm. Ist natürlich schon witzig. Aber auch ein wenig geschwätzig, also dieser politische Abstecher passt thematisch nicht zum Text, ich seh da auch eher den Autor durchschimmern, obwohl es dem Prot durchaus zuzutrauen ist, dass der so denkt. Weiss nicht, mir war’s ein wenig too much.

Und weil ich das Buch so mag und sie so schön fand, sagte ich: „Schönes Buch!“

Nice!

„Ja, und genau das sage ich dann auch immer. Weißt du, was das Coole an Wolfgang Herrendorf ist? Er schreibt sehr exakt, aber er ist sich nicht zu schade, auch mal uncool zu schreiben. Damit nimmt er's wiederum nicht so genau. Er ist irgendwie, wie sagt man denn da … unprätentiös.“

Ich will’s nicht kritisieren, ist halt gewagt, der Verweis auf einen solchen Text. Da handelst du dir Vergleiche ein, bewusste oder unbewusste. Vielleicht ist’s auch nur so ne Wortkrieger-Gewohnheit, aber ich hab mich sofort gefragt, ob denn der Text, den ich lese, auch so unprätentiös ist usw. Das kann ja dann schnell mal nach hinten losgehen. Aber, doch, wenn ich’s auf der stilistischen Ebene betrachte, die Art und Weise anschaue, wie du das erzählst – kannst du dir diesen Verweis erlauben.

„Hmm …“
„Findest du nicht?“
„Unprätentiös trifft's nicht ganz.“
„Doch, klar, unprätentiös trifft's voll.“
„Nein, nicht ganz.“

Gefällt mir. Ein Dialog, der jetzt schon einiges über die Beziehung verrät.

Wie kann sie diese Frage so schlecht behandeln? Und mich gleichzeitig so süß ansehen?

Finde ich etwas zu zuckrig, ist auch Tell. Hätte mir da einen Vergleich oder eine konkrete Mimik gewünscht.

Im Übrigen: Sie hat mich zu diesem Treffen eingeladen.

Der Satz wirkt im Vergleich zum übrigen Text ziemlich hölzern, vor allem, weil er so isoliert in der Gegend rumsteht. Ich würd den streichen, oder ist es wichtig, wer wen eingeladen hat?

„Du brauchst nicht wütend werden“, sagt sie und verzieht das Gesicht, als hätte ich ihr wehgetan. Der gebrochene Flügel kommt nun zum Vorschein. Normalerweise tröste ich sie, wenn das passiert,

Ich hab das als Hinweis gelesen, weshalb Anna nichts von ihm will, diese ganze Armer-Schwan-mit-gebrochenem-Flügel-Metaphorik, mit der er ihr begegnet, das ist ja nicht zum Aushalten. Ich finde das gut gemacht, wie du das insgesamt offen hältst, vor allem ihre Motive und Gefühle, aber doch so zwei, drei Deutungsansätze ins Spiel bringst, ich finde das die grosse Stärke des Textes.

Ihre Augen werden rot, die Muskeln spannen sich an.

Welche? Ich krieg da kein Bild.

Dann klicke ich drauf.

Find ich ein gutes Ende – im Rahmen der Art und Weise, wie du die Geschichte konzipiert hast.

Weshalb diese Einschränkung? Ist nicht ganz einfach zu erklären, denn du hast mich mit der Geschichte im Grunde genommen voll erwischt, ich kenn das sehr gut, diese Situation, hab das früher ein paar Mal erlebt, da gibt es für mich grosses Identifikationspotential und ich finde, du hast die entsprechende Gefühlslage ausgezeichnet rübergebracht.

Auf der anderen Seite ist das Identifikationspotential vielleicht sogar zu gross, ich finde im Text nämlich wenig Fremdes, wenig wirklich Überraschendes. Ist ja vielleicht auch nicht der Anspruch, den du hattest, aber am Ende kann ich Schwups verstehen, wenn er es inhaltlich etwas zu dünn fand. Ich hab mich nämlich schon auch gefragt, was ich mit dem Text jetzt anfangen soll, nachdem ich ihn gelesen hatte, welche Perspektiven mir der Text eröffnet. Aber ich hab ihn gern gelesen, das sicher.

Zum Alter und zur Reife des Protagonisten. Auf alle Fälle vermag der Prot die Thematik zu tragen, mehr brauche ich eigentlich nicht. Also, ich find‘s authentisch. Du erinnerst dich vielleicht an meine Kritik deines letzten Textes, die ich, sagen wir mal: im Übereifer eines Neulings verfasst habe. Da war mir der Protagonist zu seicht, zu uninteressant auch, angesichts der verhandelten Thematik. Hier aber finde ich das stimmig und ich hab den Text, wie gesagt, gern gelesen.

Über den Titel würde ich noch mal nachdenken. Du hast da diese ganze Schwanmetaphorik, die sich durch den Text zieht, nennst den Text dann aber "Chamäleon". Ich hab das schon auf Anna bezogen und es gibt diese Stelle, die auf einen "Farbwechsel" hindeutet - der Kuss am See vor zwei Wochen. Aber die kann sich im Kontext der Schwanterminologie nicht so recht entfalten.

Lieber Gruss
Peeperkorn

 

Hallo JuJu,

eigentlich sollte ich andere Geschichten lesen, nämlich die der Autoren, die ich in drei-vier Tagen sehe, damit ich ihnen etwas näher bin. Aber als ich da JuJu las, musste ich mal kurz reinlinsen ;).

Ehrlich gesagt hat mich die Geschichte etwas enttäuscht. Für mich liest sich die, als hättest du halt mal ein wenig Zeit und auch Lust gehabt, eine kleine Geschichte zu schreiben. Aber eben nur wenig Zeit. Denn diese folgende Infos so hinzuknallen, passt für mich nicht zu dir:

Alex, ich hab dir doch gesagt, dass meine letzte Beziehung sehr schwierig war. Ich brauche Zeit.“
Der Ex-Freund, der sie misshandelt hat. Der Studienabbruch. Die schwierigen Eltern. Wir haben uns alles erzählt und verstanden uns so gut.

Wie kann man über Mißhandlungen so hinweggehen? Das macht mir den Protagonisten sowas von unsympathisch, dass ich mich gar nicht mehr mit dem auseinandersetzen mag. Scheinbar haben sie sich so gut verstanden, aber dass man nach einer Beziehung mit Mißhandlung Ruhe braucht und mißtrauisch ist, das hat der Trampel nicht verstanden.

Also entweder wolltest du den Prot so naiv zeichnen, oder dir ist dieser Lapsus durch die Schnelle des Schreibens passiert, was ich eher vermute. Du hast hier schon so feinfühlige KGs abgeliefert, dass ich von der hier nur enttäuscht sein kann.

Ein paar Perlen sind drin, die wurden auch schon zitiert, also es ist jetzt nicht so, dass ich den Text völlig daneben finde. Aber er ist unter deinem mir geläufigen Schreibniveau, was die inhaltliche Aufarbeitung betrifft.

Noch eine Kleinigkeit am Rande:

Das meintest du doch, oder? Und dennoch: mit dir konnte ich reden.“
Dieses dennoch ist für mich in der wörtlichen Rede unpassend, das hört sich nicht authentisch an.

Der Titel erschließt sich mir auch nicht.

Liebe Grüße, nix für ungut :)
bernadette

 
Zuletzt bearbeitet:

Hallo Tintenfass nochmal,

entschuldige wegen dem Vertipper.

Es würde nicht die Welt kosten, irgendwo ein bisschen weiter vorne seinen Namen einzubauen, und grundsätzlich will ich das eigentlich auch wissen.

Hier fand ich jedoch für mich nichts typisches, woran ich hätte ausmachen können, dass Alex ein Mann ist und das hat meinen Lesefluss gestört.

Hm ja, bin ich anderer Meinung. Eigentlich ist der erste Satz schon ein "typischer" Hinweis darauf. Und dann der hier:

„Ich hab doch einen Plan“, sage ich wütend. „Ich sage ihr, was ich für sie empfinde, und frage sie, was sie für mich empfindet. Man könnte das auch Klärung nennen. Ich finde das total vernünftig.“

Ich krieg das tatsächlich nicht so wahnsinnig leicht mit einer "weiblichen" Person zusammen, so zu sprechen und zu denken. Ist ja alles möglich, könnte vielleicht auch ne Frau sein, die auf ne Frau steht, aber "typisch" wäre eben doch, dass da ein Mann spricht, oder? Also in den allermeisten Fällen.


Danke nochmal für die Rückmeldung!


Hallo Antonia,

Freut mich, dass du die Geschichte magst und du die Gefühle nachvollziehen kannst. Alex ist etwas gehetzt das stimmt, da ist auch Tempo drin. Ob das ausführlicher sein könnte, naja, kommt immer drauf an, welche Stellen? Ich lass die langweiligen Sachen schon gerne weg. Zur Länge sag ich unten noch was.

Vielen Dank!

Hallo Kanji nochmal,


Stellt er das auf youtube?

Ich denke schon. Also es gibt ab morgen ein Musikvideo dazu, ich kann das auch hier verlinken, denk ich. Den Single gibts dann bei Itunes zu kaufen und die Story wird da auch irgendwo zu lesen sein.

Danke dir nochmal!


Hallo Schwups!

Der Ex-Freund, der sie misshandelt hat. Der Studienabbruch. Die schwierigen Eltern. Wir haben uns alles erzählt und verstanden uns so gut.
Vielleicht wäre es besser gewesen, diese Szenen auch wirklich zu erzählen. So hängt es halt schon sehr in der Luft, ohne einen wirklichen Bezug zum Text / zum Thema. Also wozu dieser Einschub? In die Friendzone sind Leute auch schon getappt, ohne dass die Frau solch ein Schicksal mit sich herumträg

Bernadette hat sich auch die Stelle rausgepickt. Also ich denk, "kurze" Geschichten habe eben ihre Stärken und Schwächen, und ich stand da auch vor der Herausforderung, möglichst viel von dieser Beziehungsdynamik in ein paar Dialoge und Szenen zu packen. Das macht den Reiz aus, da so was geballtes und Flüchtiges, aber klar kann man auf 30 Seiten mehr machen und meistens befürworte ich das auch, auch hier im Forum, weil man dann richtig ins Erzählen kommt und mehr geht.
So rein dramaturgisch sträubt sich hier dennoch alles in mir, dass an der Stelle wirklich auszuerzählen, da noch ne Rückblende und so. Rückblenden eh schwierig, und jetzt hier ...

Da ist die Gefahr, dass man sich dann darauf fokussiert, die Leidensgeschichte dieser Frau, das ihre Vergangenheit die monokausale "Erklärung" für alles wird. Mich hat das nicht so interessiert, warum sie so ist, also die Details, aber die Dynmik an sich und was da passiert, das wollte ich erzählen.
Und dazu gehört, dass die Frau ihre Vergangenheit "vorschiebt" oder vorschieben kann, was vielleicht abwertend klingt, ist aber gar nicht so gemeint. Ich geh davon aus, dass sie wirklich ungute Sachen erlebt hat, aber welchen Zweck hat diese Vergangenheit in einem Gespräch, dass doch ganz offenbar das hier und jetzt oder die Zukunft zum Thema haben will?
Das ist eben das mit dem gebrochenen Flügel. Mich interessiert gar nicht so sehr, warum der gebrochen ist. Das lass ich offen.

In die Friendzone sind Leute auch schon getappt, ohne dass die Frau solch ein Schicksal mit sich herumträgt.

Ich kenn die Friendzone, würde aber sagen, dass das hier schon dezent was anderes ist, das läuft anders ab, wenn es auch Ähnlichkeiten gibt, ja.

Ich versteh ihre Reaktion hier nicht. Die weiss doch ganz genau, was da läuft, was der Typ von ihr will, was soll diese mehrfache Frage, ob sie gehen soll? Noch offensichtlicher kann er ja kaum werden ... diese Reaktion macht sie für mich recht unsympathisch.

Ja, find ich auch, die Frage kann man stellen. Warum sagt sie das? Was passiert da?


Dann klicke ich drauf.
Der Schluss hat mich dann auch etwas ratlos zurückgelassen. Spielst du hier auf was Bestimmtes an?

Ja ne, nichts Besonderes, er kann es einfach nicht lassen und muss den Blogeintrag lesen.

Ich finde es keinen schlechten Text, JuJu, da sind auch - wie in allen deinen Texten - wirklich schöne Stellen dabei, das hier zum Beispiel gefällt mir sehr gut:

Das freut mich!

Ich sehe, war nicht ganz dein Fall, dennoch schön wieder von dir zu hören, Schwups, vielen Dank fürs Lesen und Kommentieren! :)


Zu Bernadette und Peeperkorn komm ich noch gleich, muss jetzt was früstücken.

 
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Hallo Peeperkorn,

Vor allem das Verlorenen-Händen-Nachhängen hat mir als ehemaliger Spieler sehr gut gefallen.

das fand ich auch cool :)

Würde ich streichen, ist mir zu floskelhaft und du hast das ja schon schön gezeigt, durch das Unverständnis der Schwester, das spürt man als Leser ganz gut.

ja, ist ne Überlegung wert


Hm. Ist natürlich schon witzig. Aber auch ein wenig geschwätzig, also dieser politische Abstecher passt thematisch nicht zum Text, ich seh da auch eher den Autor durchschimmern, obwohl es dem Prot durchaus zuzutrauen ist, dass der so denkt. Weiss nicht, mir war’s ein wenig too much.

Ich hab grad das Gefühl, du hast da einen ähnlichen inneren Richter wie ich oder so. Ist auch so ne Stelle, wo ich mir dann unsicher bin, ob ich an der Grenze bin und schon drüber. Guter Humor vor allen Dingen lebt auch an so einer undefinierten Grenze. Find ich grad interessant, weil du viele so Stellen herauspickst, wo ich dann auch kurz überlegen musste und die es dann doch iwie in den Text geschafft haben.

Ich will’s nicht kritisieren, ist halt gewagt, der Verweis auf einen solchen Text. Da handelst du dir Vergleiche ein, bewusste oder unbewusste. Vielleicht ist’s auch nur so ne Wortkrieger-Gewohnheit, aber ich hab mich sofort gefragt, ob denn der Text, den ich lese, auch so unprätentiös ist usw. Das kann ja dann schnell mal nach hinten losgehen. Aber, doch, wenn ich’s auf der stilistischen Ebene betrachte, die Art und Weise anschaue, wie du das erzählst – kannst du dir diesen Verweis erlauben.

Ja ... da wieder ... Grenzfall, oder? :) Geht aber durch, wenn man das erzählerisch mit Selbstvertrauen macht. Macht vielleicht auch die Würze aus, solche Stellen.

Aushalten. Ich finde das gut gemacht, wie du das insgesamt offen hältst, vor allem ihre Motive und Gefühle, aber doch so zwei, drei Deutungsansätze ins Spiel bringst, ich finde das die grosse Stärke des Textes.

cool, das freut mich.

Welche? Ich krieg da kein Bild.

hm ja, ist was dran


Find ich ein gutes Ende – im Rahmen der Art und Weise, wie du die Geschichte konzipiert hast.

Ja, das freut mich natürlich, also auch wenn das Gefühl am Ende hat, die Geschichte ist irgendwie von der Konzeption her stimmig, hat auch zigga gemeint. Warum diese Konzeption und keine andere? Nun, das ist ja gar nicht so leicht zu beantworten, ich freu mich ja grundsätzlich, wenn das Konzept aufgeht, ist ja auch die Frage, ob man das, was man erzählen wollte, auch erzählt hat. Ich find das Thema auch interessant, es gibt viel her, hab aber auch nicht unbedingt das Gefühl, dass ich so viel mehr erzählen wollte ... aber mal gucken, ich lass mir das mal durch den Kopf gehen. :)

Vielen Dank für die ausfühliche Kritik!

Hallo bernadette,

Wie kann man über Mißhandlungen so hinweggehen? Das macht mir den Protagonisten sowas von unsympathisch, dass ich mich gar nicht mehr mit dem auseinandersetzen mag. Scheinbar haben sie sich so gut verstanden, aber dass man nach einer Beziehung mit Mißhandlung Ruhe braucht und mißtrauisch ist, das hat der Trampel nicht verstanden.

Ja, du hast dich an dieser Stelle gestoßen, das kann ich auch nachvollziehen, aber wie gesagt, ich glaube, da geht eher der Autor aus erzählerischen Gründen drüber hinweg, als dass es Alex tut. Das sind relativ harte Allgemeinplätze, aber die sind ja auch bei ziemlich vielen Leuten da, oder? Gibt ja kaum ein Single in Berlin ohne diffizilen Ex-Partner. Und Eltern sind ja beinhahe per definition schwierig.
Und es schwingt doch mit, dass sie einen gebrochenen Flügel hat, das ist die symbolische Ebene. So sieht Alex sie, er nimmt das also ernst (Peeperkorn hatte sogar das Gefühl, Alex bemitleide den armen Schwan so sehr, dass man das kaum aushalten kann (was ich auch verstehen kann)
Die Stelle sollte eig. bloß die Information enthalten, dass es durchaus objektivierbare Gründe für diesen gebrochenen Flügel gibt, ohne dass man das breit aufrollen muss ...


Dieses dennoch ist für mich in der wörtlichen Rede unpassend, das hört sich nicht authentisch an.

Ich denk auch, da würde ein "trotzdem" besser passen.

Vielen Dank für die Kritik, liebe bernadette!

Mit freundlichen Grüßen,

JuJu

 

Hallo @JuJu,

Ich krieg das tatsächlich nicht so wahnsinnig leicht mit einer "weiblichen" Person zusammen, so zu sprechen und zu denken. Ist ja alles möglich, könnte vielleicht auch ne Frau sein, die auf ne Frau steht, aber "typisch" wäre eben doch, dass da ein Mann spricht, oder? Also in den allermeisten Fällen.

Ja schon, meine Denkweise ist auch eher Mann/Frau. Doch mich hat bei meiner letzten KG @lakita in Sachen Geschlechtszugehörigkeit sensibilisiert, mehr als ich dachte sogar, sonst hätte ich das hier nicht angesprochen.
Den Namen des Prot bisschen früher zu bringen, wäre eine Möglichkeit, es sollte aber nicht "erzwungen" klingen. In deinem Fall jedoch brächte es nicht viel. Alex ist auch nicht typisch männlich für mich :-)

Ist ein schwieriges Thema, das mir immer wieder Sorgen beim Schreiben bereitet – allen gerecht zu werden, mein ich.

Nochmals liebe Grüße
Tintenfass

 
Zuletzt bearbeitet:

Hallo JuJu,

ich habe, glaube ich, noch nie einen Text von dir kommentiert, also wird's mal Zeit. Dieser hier hat mir auch sehr gut gefallen, was u.a. daran liegen kann, dass Romantik eigentlich so überhaupt gar nicht mein Genre ist, so dass sich ein eventueller Gähn-schon-hundertsiebzig-Mal-gelesen-Effekt nicht einstellen kann, selbst wenn er vielleicht gerechtfertigt ist. Was aber nach den weiteren Kommentaren, die ich überflogen habe, nicht der Fall zu sein scheint. Also: gefällt mir sehr. Ich denke, darin können sich viele wiedererkennen, die schon mal unerwiderte Liebe erlebt haben, ich erinnere mich an Jutta aus meiner Jahrgangsstufe und ... seufz ... :shy:

Zwei Stellen gibt es, an denen es bei mir gehakt hat. Das Eine ist eine simple Wortwiederholung:

Etwas Giftiges blitzt plötzlich in ihren Augen auf
(...)
Vor meinen Augen verwandelt sich mein verletzter Schwan in etwas Giftiges.
Es ist ja nichts dagegen einzuwenden, wenn du das Gift-Motiv zweimal benutzt, aber dann würde ich eine gewisse Abwandlung erwarten, vielleicht eine Steigerung oder auch einfach nur ein Synonym.

Das Zweite ist der Bezug auf Herrndorf (übrigens beide Male falsch geschrieben, einmal "Herrendorf" und einmal "Hernndorf"). Der ist ja früh gestorben, hat in seinem Blog seine schwere Erkrankung verarbeitet und sich am Ende das Leben genommen, um dem Siechtum zu entgehen. Und mit diesem Wissen im Hinterkopf suche ich automatisch nach einem Grund, warum du ausgerechnet Herrndorf nimmst und dann auch noch seinen Blog. Ob vielleicht Anna (oder Alex) auch einen Hirntumor haben soll oder so. Aber darauf finde ich dann wieder keinen echten Hinweis im Text (außer eben den Verweis auf Herrndorf). Soll heißen: Falls zu irgendwelche Parallelen beabsichtigt hast, dann finde ich sie zu wenig erkennbar. Und falls du keine beabsichtigt hast und nur irgendeinen coolen Jugendromanautor erwähnen wolltest, wäre vielleicht ein anderer Name unverfänglicher.

So weit mein Senf.

Grüße vom Holg ...

 

Hi Juju,

schön, dich mal wieder zu sehen hier :)
Allerdings hat es mich diesmal nicht so gepackt. Ich kann gar nicht sagen, woran genau das liegt. Irgendwie bleiben die beiden mir zu fremd, zu weit weg. Obwohl ich ein Freund von kurzen Geschichten bin, hätte ich hier ein bisschen mehr gebraucht. Mehr von deinem verliebten und vor allem mehr von Anna. Diese Andeutung mit dem bösen Ex, naja, das ist schon ein ziemlich lumpiger Knochen, den du da vorwirfst. Dann das lange Bild mit dem Schwan. Ich weiß nicht. Ja, genau das ist es: Ich weiß nicht. Es bleibt mir zu sehr im vagen.
Schöne Sätze sind drin, auch Tempo, aber das Gesamtpaket überzeugt mich nicht so recht.

Sie trug schwarze Jeans, ein grünes Top und las Tschick.
Hm. Kann man machen. Aber das ist für mich charakteristisch für mein Problem mit der Geschichte. Das ist so ... hingeworfen. Weiß nicht, ich bräuchte an dieser Stelle mehr als zwei Farben.

„Nein, Anna, das will ich nicht! Ich will, dass du bleibst!“
Ihre Augen werden rot, die Muskeln spannen sich an.
„Dann sag's mir halt, Anna! Ich will es hören! Dass wir nur Freunde sind. Dass wir niemals ein Paar werden. Kein Küssen, keine Liebe, kein gar nichts! Ich muss es hören!“
Hier hat es mich rausgeworfen, musste ich zweimal lesen, um zu verstehen, dass wieder er spricht. So wie du es einleitest und dem Rhythmus deines Dialogs folgend, müsste sie jetzt eigentlich sprechen. Hat mich irritiert.
Sie hat den Blick gesenkt und leidet vor sich hin, als wäre sie in einem Käfig gefangen.
sehr schöner Satz. Zumindest der erste Teil. Den finde ich viel stärker, es braucht den Käfig nicht dazu. Erster Teil ist frisch, zweiter Teil dagegen angestaubt
QUOTE] Blut fließt aus ihrem Flügel und färbt die Federn rot. Es ist ein schrecklicher Anblick, einer, den man kaum aushalten kann.
Siehst du das Blut denn gar nicht, Anna? Warum lässt du zu, dass es dein Gefieder zerstört? [/QUOTE]
ist mir jetzt zu dicke ...

Wolfgang Hernndorfs
schreibst du am Ende. Das ist wohl ein Vertipper.
Zuvor nennst du ihn
Wolfgang Herrendorf i
das könnte ein Verweis auf Pseudointellektuell sein?

Ein schickes Wochenende dir

grüßlichst
weltenläufer

 

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