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Carrera

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Carrera

Carrera

„Fertig?“

Julian griff nach seinem Ledermantel und schwang seinen rechten Ärmel in die Öffnung. Während er mit seinem linken stilvoll nachzuziehen versuchte, sah er, dass Marta es eben noch nicht war.

„Hey, Baby. Komm mach endlich. Ich will raus hier.“

Sie seufzte leise.

„Jaja. Bist du...“ Sie blickte durch die geöffnete Badezimmertür. „Ach, du bist schon fertig?!“

„Seit gestern“. Er grinste.

„Moment noch.“ Sie verschwand wieder aus seinem Blickfeld. Sein Grinsen schaltete sich aus.

Julian wühlte seine Manteltaschen durch und versicherte sich, den Autoschlüssel mit dem schlanken Anhänger am Bund dabeizuhaben.

„Dad hat mir übrigens sein’ Wagen geliehen: Ist übers Wochenende nach Chicago geflogen und verscherbelt dort wieder seine Pumpen oder sowas“, sagte er laut und für sie auf jeden Fall hörbar, obwohl er es nicht brauchte. Die einzige Lärmquelle, den Fön, hatte Marta schon vor 20 Minuten ausgeschaltet. Sie streckte ihren Prachtkörper hinter dem Türrahmen hervor.

„Oh“, kam es aus ihr heraus. In der Hand den dunklen Lippenstift und Julian sah, dass sie ihre Künste damit noch längst nicht beendet hatte. Er unterdrückte ein Grinsen in ihrer Gegenwart.

„Wie ‚Oh’? Baby, ist doch ok.“

„Wenn du meinst?“

„Wieso.“

„Nein, ist schon gut. Lassen wir deinen dann hier.“

„Häh. Was ist denn mit dem Wagen.“

„Nein“, wiederholte sich Marta. „Fahren wir mit dem.“

„Also sag schon. Was hast du gegen den Wagen.“

Marta ging zurück zum Badspiegel und wollte wohl ihre Lippen vollenden. Julian wusste bereits, dass sich ihre Vorbereitungen doch noch ein wenig hinziehen konnten und ließ sie schaffen. Er zog den Ledermantel wieder aus und warf ihn über den weißen Couchbezug in seinem Zimmer. Nebenbei bemerkte er ein paar kleinere Fusel auf seinem Hemd und lief zur anderen Seite der Schrankwand um nach einer Bürste zu suchen. Er fand sie und entledigte sich der ungebetenen Gäste auf dem seidenen Stoff.

Im Fernsehen fragte Jauch seinen Kandidaten gerade, ob er sich sicher wäre. Julian hatte den Kasten doch noch einmal eingeschaltet und vertrödelte sich damit die letzten Minuten.

„Marcel, Janina und Jeremy werden bestimmt nicht vor uns da sein. Auch wenn ich ihnen gesagt hätte, dass der Tisch bereits für halb neun reserviert wäre, sie werden eh nicht da sein“, warf Julian sarkastisch in den Raum während seine Augen auf der Frage ruhten und er gleichzeitig den Ton leiser drehte.

„Und das Beste: die kriegen wir gar nicht in den Wagen rein“. Julian musste lachen. „Noch nicht ’mal Janinas Arsch“, sprach er leise mit der Luft vor seiner Nase.

„Hast du sie in letzter Zeit mal genauer angeschaut, Süße?“ Julian sprach lauter.

„Wen?“, kam es noch lauter als gekachelter Hall aus dem Badezimmer heraus.

„Janina!“, schrie Julian betont zurück.

„Was ist mit ihr?“. Marta sprach wieder in normalem Ton. Anscheinend hat sie es selbst bemerkt.

„Ihr Arsch ist widerlich fett und wabbelig.“

„Sei nicht so.“ Ihr Ton versuchte etwas Milde aus ihm herauszupressen.

„Weiß nicht was Jeremy an ihr hat.“

„Vielleicht liebt er sie ja einfach nur.“

„Kann schon sein, aber doch nicht diesen Breitarsch.“

„Lass sie in Ruhe“. Marta sprach strenger.

„Du kannst sie doch sowieso nicht ab“. Er wusste, dass er damit ein altes Thema aufgreifen würde.

„Du sollst sie aber trotzdem in Ruhe lassen“, blockte Marta seinen Angriff ab.

„Warum. Ich meinte nur, dass ihr Arsch zu fett ist, um von mir befummelt zu werden.“

„Das sollst du ja auch nicht. Ist nicht deine Freundin.“

„Stimmt. Dafür gibt es ja dich, Baby“. Sein Lachen verschluckte fast die letzten Worte.

Bald kam Marta aus seinem Bad zurück. Sie sah toll aus. Julian applaudierte.

„Wun – der – schön! Wirklich, Baby!“ Marta verzog keine Miene.

„Fertig?“, wiederholte er sich.

„Ja“, warf sie ihm spöttisch um die Ohren.

„Baby, willst du fahren?“ Julian winkte mit dem Schlüssel.

„Wieso?“ Sie schaute ihn verwirrt an.

„Weil ich möchte, dass du einmal das Gefühl kennst, dieses Baby unterm Arsch zu haben.“

„Brauch ich nicht.“

„Machst du Witze. Brauch ich nicht. Sowas braucht jeder. Das kriegst du nicht alle Tage geboten. Und von wem sonst, außer mir. Brauchst du nicht. Guter deutscher Carrera. Die prolligen 911er hat jeder Wichser. Aber noch so’n richtiger Carrera, das ist was Feines. Und ob du das brauchst. Dad weiß schon, warum er dieses Baby behalten will“

Julian warf ihr den Schlüssel zu. Marta rechnete nicht damit und schaffte es nicht, ihn noch rechtzeitig zu ergreifen. Mit einem Klirren fiel der Schlüssel auf den Boden ohne zu vergessen, an Martas Hand einen kleinen, hässlichen Kratzer zu hinterlassen. Sie griff mit der anderen Hand an die Stelle und fluchte. Ihre Absätze klackerten, als sie sich mit verschränkten Armen in einen Sessel fallen ließ und ihre Beine übereinander legte. Teilnahmslos und mit verdrehtem Hals betrachtete sie das immense Aquarium an ihrer Seite. Julian erhob sich von seinem Platz und nahm den Autoschlüssel wieder an sich.

„Tschuldigung.“ Er kam näher an sie heran. „Komm, lass mal sehen. Wird ja nicht so schlimm gewesen sein, oder Baby.“

„Julian, hör endlich auf, mich immer nur ‚Baby’ zu nennen“, fauchte sie ihn an. Schließlich warf sie ihren Kopf zur Seite und ihre schwarzen Locken fielen über die Lehne des Sessels. „Falls du dich überhaupt noch an meinen Namen erinnern kannst.“

„Hey, fuck, was soll denn das jetzt werden.“ Julian blieb vor ihr stehen und ging in die Knie. Seine Hände legte er auf ihre Oberschenkel, gerade in dem Bereich, der von ihrem Abendkleid nicht mehr bedeckt wurde. „Komm schon, sag mir was ist.“

Sie erwiderte nichts. „Hey, Baby.“ Er gab ihr einen kleinen Ruck. „Komm, rede mit mir.“ Immer noch nichts. „Hey, du!“ Marta nahm Julians Hände von ihren Beinen und stand wieder auf. Fast wäre er dabei nach hinten gefallen, so ruckartig kam es ihm vor.

„Fahr mich bitte nach Hause, Julian.“ Sie sah den Fischen im Wasser nach.

„Wieso denn.“

„Ich will nicht mit, darum.“

„Bitteschön, warum nicht.“

„Darum“, trotzte Marta.

„Fuck, fuck, fuck. Sag mir endlich warum du nicht willst.“

„Du sollst mich nach Hause fahren. Und das reicht mir.“

„Du bleibst hier, bis du mir Antwort gegeben hast.“ Seine Hand griff nach ihrer Schulter. Sie hatte nicht bemerkt, dass Julian plötzlich neben ihr stand.

„Lass mich los“, sagte sie laut. Er tat es.

„Sag mir bitte was los ist, damit du nicht mehr mitfahren möchtest.“ Er wusste, dass sie wusste, das ihm dieser Abend etwas bedeutete, da Jeremy, sein Bruder, endlich sein Auslandsstudium beendet hatte, und der heutige Abend ein großes Wiedersehensfest unter Freunden werden sollte. „Versau es mir bitte nicht“, sprach er leiser.

Marta ging ein paar Schritte von ihm fort und sah jetzt aus dem Fenster in die Abenddämmerung hinaus. „Bist du jetzt zufrieden. So, ich will die einfach nicht sehen. Und dabei bleibt es. Fahr mich endlich nach Hause, Julian.“

„Wieso willst du sie nicht sehen. Es sind unsere besten Freunde und du ...“

„Es sind deine Freunde“ schrie sie in seine Worte hinein. „Es sind deine verdammten Freunde, die DU sehen willst. Nicht ich.“

„Du spinnst, Baby. Es ...“

„Ich spinne? Ich spinne also! Achso.“ Sie drehte sich in seine Richtung und blickte ihm in die Augen. „Nein, Julian. Das sind deine Freunde. Oder das, von dem du glaubst, dass es sich Freunde nennt.“

„Sprich nicht in diesem Ton mit mir.“ Jetzt war Julian, derjenige, der ihr das Wort abschnitt. „Wo liegt dein Problem, Prinzessin? Sag schon! Was ist mit dir.“

Eine Pause trat ein. „Nein Julian, nicht ich bin das Problem, du bist es. Du ganz allein. Nicht deine Freunde, nicht dein Bruder, nicht dein Vater oder dein beschissener Porsche. Du bist dein einziges Problem, Julian.“

Mit ihren langen Nägeln nestelte sie an ihrem Hals und öffnete die Silberkette, die Julian ihr zu ihrem Einjährigen geschenkt hatte. Mit zwei Fingern hielt sie das Kleinod vor sich, brachte es zum Aquarium und ließ es dort versinken. Julian sah die Fische um den kostbaren Anhänger herumtänzeln, tat aber nichts dagegen.

„Weißt du, wer ich bin. Julian? Oder besser: wer bin ich eigentlich für dich.“ Vielleicht wollte Julian ihr antworten, aber seine Gedanken schienen überall und nirgends zu sein. Marta hörte nicht auf. „Was ist mit dir? Komm, sag schon, Baby!“, äffte sie Julian nach. „Was ist? Rede du doch mit mir.“ Ihre Stimmlage wechselte in ein ironisches Gebrabbel. „Och, ach schau. Das Spielzeug kann ja reden. Wenn das mein Dad wüsste, dass alle seine kostbaren Geschenke nicht halb so toll waren, wie diese kleine Puppe, die immer nach meiner Nase getanzt hatte.“ Martas Augen blitzen, Julian wich ihrem Blick aus. „Nur dass deine kleine Puppe endlich verstanden hat, worum es in diesem Spiel geht, Julian. Und es geht nicht nur um dich. Es geht hierbei überhaupt nicht um dich. Es geht um mich ganz allein. Und dein kleines Spielzeug ist auch endlich groß genug geworden. Und es will deine ganzen Freunde einfach nicht mehr sehen. Deine so genannten Freunde mit ihren geliehenen oder sonst woher genommenen Sportwagen und Fitnesspüppchen und Super-Dads und scheiße, was weiß ich sonst noch.“

Eine längere Pause, in der beide kein Wort miteinander sprachen, unterbrach ihren Ausbruch. In der Zwischenzeit ging Marta zu seinem Telefon und bestellte ein Taxi.

Ihr Ton wurde ruhiger und ernster als sie fortfuhr. Julian hörte ihr nur schwach zu. „Weißt du eigentlich, was ich mir anhören durfte. Ja, Julian, auch von deinen wirklich schönen Freunden. Du glaubst, du bekommst alles, ja? Auch mich? Glaubst du, du kannst mich so haben? Oh, oder glaubst du vielleicht, du hast mich gekauft. Wie nett, das Baby darf Auto fahren, da hat sie mich gleich noch viel lieber als sonst.“ Julian starrte wortlos aus einem Fenster. „Wenn du ne Nutte brauchst, wie deine Freunde sie haben, dann hol dir doch eine.“

„Julian.“ Sie sprach ihn an. „Julian. Julian. Hörst du mir zu?“ Er bemerkte es irgendwann und sah sie an. Sie hatte ihre Jacke bereits übergezogen. „Julian, hast du mir noch etwas zu sagen. Dann tu es jetzt.“

Er schluckte. „Dein Taxi wartet unten.“

[ 15.06.2002, 01:42: Beitrag editiert von: crashterpiece ]

 

Hmm... ich weis nicht was ich von der Geschichte halten soll, den Anfang fand ich Langweilig den schluss interessant, auch wenn ich glaube das die Gefühle die bei mir erzeugt wurden nicht von dir beabsichtigt waren.
meine Sympatie gilt vollkommen Julian, da Marta meiner Meinung eine dumme Zicke ist.
Nagut do viel dazu, kommen wir zur Sprache: Einige Formuliereungden fand ich äuserst verwirren.

Bist du jetzt zufrieden. So, ich will die einfach nicht sehen. Und dabei bleibt es. Fahr mich endlich nach Hause, Julian.“
Warum sagt sie erst: " Bist du jetzt zufrieden" und erklärt dann das Problem?
Solche und ähnliche verwirrenden Konstruktionen gibt es viele in deinem Text. Hinzu kommt, das die Dialoge oft der fragmentartig und unwirklich erscheinen, wodurch man nach einer Weile überhaubt nicht mehr versteht um was es eigentlich geht.

Alles im allem ist die geschichte nicht schlecht, aber auch nicht gut, da sie einfach zu unkomplet wirkt und mich persöhnlich das Verhalten dieser Kuh masslos ärgert, sie aber als im Recht dagestellt wird.

 

mir gings ähnlich...anfangs fand ich die Geschichte langweilig, aber schließlich ist sie immer besser und interressanter geworden - insgesamt fand ich deine KG gelungen.

 

Hallo,

danke fürs Antworten :)

meine Sympatie gilt vollkommen Julian, da Marta meiner Meinung eine dumme Zicke ist.
Ob diese Konstellation von mir beabsichtigt ist, will ich mal nicht sagen. Ich glaube, dass beide Figuren auf Betrachter unterschiedlich wirken können, ja, ihre Position tatsächlich vom Standpunkt des Lesers selbst anhängig sind.

Du siehst Marta als dumme Zicke und Julian als das Opfer an, andere sehen in ihr die Schwächere und ihn als überheblichen, arroganten Wichtigtuer.

Kurzum, die Geschichte sollte für mich ein Versuch werden, Handlung durch Rede auszudrücken. Gerade deshalb denke ich, dass die knappen Ausdrücke und "fragmentartigen Dialoge" ein recht realistisches, und weniger aufgesetztes Bild zweier Menschen darstellen soll. Ausserdem sollten beide, Marta und Julian, einem Typus entsprechen, der nicht wirklich alltäglich auf unseren Strassen herumläuft. Vielleicht erklärt dies das gegenseitige Verhalten der beide...

C.

 

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