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Carlas Idee

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15.03.2008
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Carlas Idee

Durch das dunkle Treppenhaus schleicht Uti, wie ein Dieb in der Nacht. Ganz unnötig, er wohnt in diesem Haus und kennt es, dort ist kaum etwas, das Stehlen lohnte. Vielleicht nur eine alte Angewohnheit, keine Aufmerksamkeit erregen; eine lebenslange Leidenschaft: Unauffälligkeit. Er sieht nicht das zerbrochene Fensterglas mit den scharfkantigen Resten des orange-lindgrünen Jugendstilmotivs, hört nicht die gedämpften Klaviertöne. Dieses Mal keine Fingerübungen, sondern ein kleines Stück. Doch, er hört es!
Klingt nach Nordseestrand an stürmischem Herbsttag. Wurde in Werbung verwurstet - vor zehn Jahren? So lange gespielt, bis es verschwand. Und weiter gespielt. Die Leute sind lustig, sie konsumieren Dinge, die nicht vorhanden sind. Jetzt, in diesem unsanierten Trauerfall von Haus, klingt das live Gespielte wie frisch komponiert.

Vorbei geht es trotzdem. Wo Musik war, ist nichts mehr. Dafür der Muff verlassener Keller auf seinen Geschmacksnerven, Feuchtigkeit unter den Klamotten. Mit leicht hängendem Kopf trottet er zu seiner Wohnung. Schließt auf, hängt Hut und Mantel an Haken, zieht die Straßenschuhe aus und schlüpft in Pantoffeln. Er heizt den Ofen an, entfacht ein knisterndes Feuerchen. Setzt sich in den Ohrensessel, die Füße auf einem kleinen Schemel. Blättert in einer Zeitschrift. Schön hat ers hier! Ach, trautes Heim!

Er geht zum Fenster und sieht die kahle Baumkrone, betrachtet die um diese Uhrzeit für gewöhnlich leere Straße. Auch heute: Kein einziger Mensch. Sie sagen, das Leben fände draußen statt, das große Ding dieser Saison, das Leben, man solle es nicht verpassen.

Carla steht an eine halboffene Tür gelehnt, sieht an der Kamera vorbei. Was immer sie betrachtet, scheint ihren Blick leerzusaugen. Auf der Tür klebt das Bild eines Hasen, der von einer Hand am Schlafittchen gehalten wird. Uti wüsste gerne, was Carla in diesem Moment denkt. Als hätte er das lang gesuchte Puzzlestück vor Augen und kriegte die Ränder nicht scharf, weiß nicht wo anlegen. So drängend das Bedürfnis: Es einzuordnen.

Die Klavierspielerin beginnt ihre Übungen. Die variieren niemals, sie spielt in immer derselben Reihenfolge; und macht dieselben Fehler. Ihr Gebet ans Scheitern. Das legt er hinein. So wie den Gedanken in Carla. Auch mit scharfem Nachdenken käme er nicht drauf: Sie überlegt nicht, sie fühlt.

Zumindest in diesem Moment. Sie hat es mit Denken versucht, aber es hat nichts besser gemacht. Fühlen bessert ebenfalls nichts, aber es scheint weniger sinnlos zu sein. "Nein, nicht", sagt sie und hält die Hand zwischen Torbens imaginäre Kamera und ihr Gesicht. "Keine Fotos. Ich will das nicht. Ich fühle mich hässlich." Achselzuckend formt er seine Hand um, zu einer Schattenkreatur. Hält sie in den starken Strahl der Nachttischlampe. Wirft ein Schattenspiel an die Wand.
"Knips oder Schattenwurf! Was ist hier die Frage?"
"Kommt die Wirklichkeit zurück, wenn wir nett sind?"
"Nett fragen. Frett nagen!"
"Ich will das nicht. Will das nicht. Will nicht. Will. Nicht."
"Ich habe das Bild an Uti verkauft", sagt er.
"Ich sehe ihn manchmal wie im Traum - er begafft das Foto und denkt sich hinein. Sucht Orte für seine Vorstellungen."
"Ich träume von Tagen", sagt Torben, "in denen die rätselhafte Welt mich auf ein staunendes Staubkorn reduzierte. Sehnsucht nach Kleinheit. Das ist ein wirkliches Ding. Ein echter Ort. Du nur ja und nein und hü und hott. Ich werde dich verlassen!"
"Ich komm mit!"

Uti überlegt. Kontakt zur Außenwelt aufnehmen oder sich hinlegen und mit Sterben beginnen? Das ist es, was ihr Blick bedeuten will: Wir sind alle so müde. Schlafen stehenden Schrittes, wachen mit geschlossenen Augen. Er ist da ganz sicher. So was denkt er sich nicht aus. Uti erkennt die Absurdität der Welt in ihren Pupillen.

Seine Wahl ist eigentlich keine Wahl. Sie sieht nur aus wie eine, weil er ein Fragezeichen an das Ende des Satzes setzen kann. Freitod ist nicht. Er kriegts nicht hin. Ihm fehlt die Ausdauer für stückweises Verschwinden, er hat nicht die Willensstärke für den abrupten Übergang. Es soll der richtige Wagen sein, nicht zu groß und nicht zu klein, nicht zu teuer im Unterhalt. Dezente Farbe. Ist doch alles egal. Einschließlich des Egalseins. Man transzendiert und transzendiert, ist irgendwann übers Drüberhinaus hinaus und fragt flüchtig, was wird der Preis für die maximale Entgrenzung sein.

"Zeig mir die andere Seite. Ich bin gleich soweit." Carlas Zunge schnellt wie ein scheues Tier hervor. Leckt über die Lippen. Sie dreht sich um, nimmt die Hände von ihren kleinen Brüsten und legt sie auf ihren Hintern, den sie vor dem Laptop kreist. Und hebt den Hemdsaum, um eine Ahnung des Darunterliegenden ins Spiel zu bringen. "Ja, das ist gut. Sehr gut. Weiter."
Auf einmal Gottfried Benn im Nebenzimmer. Sie hört die ohrenerfüllende Rezitation. "Einsamer nie als im August: / Erfüllungsstunde – im Gelände / die roten und die goldenen Brände, / doch wo ist deiner Gärten Lust?"
Also steht er kurz vor dem entlastenden Moment. Höhepunkt will sie es nicht nennen. Bei ihm. Carla sieht Torben, das verspannt-konzentrierte Gesicht, die maschinenhafte Aufundab-Bewegung des Arms, die Ejakulation. Sein Gesichtsausdruck, nachdem sich das Begehren mit dem weißen Müll verspritzte. Ratlos hält er das erschlaffende Fortpflanzungsorgan in seiner blassen Hand. "Du sollst doch nicht kucken!", ärgert er sich und greift nach der Kamera. Die Übertragung endet.

Benn wird ausgeschaltet. Kurz darauf kommt Torben in das Schlafzimmer und nickt ihr dankend zu. Sie lächelt freundlich, unverbindlich. Tauscht ihr Strip-Hemd gegen ein Schlafshirt. Setzt sich an den Schreibtisch und tippt mit dem Stift gegen ihre Zähne, bevor sie ein paar Sätze schreibt. Torben schaltet die Maschine aus, die das Bett gegen die Wand gestoßen hat. Regelt das Gestöhne runter.

Uti faszinieren die Geräusche dieses Betts. Teak oder Mahagoni. Vermutet er. Auf jeden Fall ein Angebermöbel. Er liegt in seinem eigenen und hört den Rhythmus der beiden. Interessant, die Gleichförmigkeit des Takts. Sex als ritualisierte Form körperlichen Austauschs. Mit festgelegter Bewegungs- und Soundchoreografie. Er konnte eine Weile keinen Fehler in dieser Abfolge finden, bis er irgendwann erkannte, dass der Makel hier Perfektion heißt. Wenn er sich konzentriert, sieht er die Deckenleuchte fast unmerklich pendeln.

Uti glaubt, Torben sei nicht der Richtige für Carla. Fragt sie manchmal im Treppenhaus, wie es so läuft, zu Hause. Sie weicht seinem Blick aus, gibt kaum verständliche Antworten und kann sich gar nicht schnell genug an ihm vorbeidrängen. Die wird unterdrückt. Da ist er sicher. Uti überlegt, ob er wenigstens Torben umbringen könnte. Ob Carla dafür dankbar wäre.

Irgendwann hört er nur noch Regen gegen das Fenster nadeln. Uti will ein Auto, das die Straße entlangfährt. Das Geräusch des aufheulenden Motors älteren Baujahrs. Scheinwerfer, die Wände hochkriechen. Sich als kleines Kind fühlen, allein mit der unerschöpflichen Wirklichkeit. Umgeben von Geheimnis, der Ahnung verborgener Fülle. Nein, das ist nicht er, der das denkt. Hat er letztens irgendwo gelesen.
Sterbenwollen ist auch nur flüchtig anverwandelt. Er hat was gehört über den Zusammenhang von Selbstmordrate und fehlendem Lebensinhalt. Seitdem, diese Ideen. Der fehlende Lebensinhalt immerhin ist kernhaft. Da hat er was, an dem er sich festhält, während er durch Morpheus' Wasser in die Tiefe treibt.

Torben hat das nicht begründet. Er zog das Chef-Gesicht an und wählte den herrischen Tonfall, der ihre Art anschmiegsam und die Antworten geschmeidig macht. Genug! Von wilden Dünsten, Vermischung der Körpersäfte, den Tierzeiten. Der Ekel gegen die schmutzige Seite der Körperlichkeit. Widerwille gegen dessen Unberechenbarkeit. Gegen Übergriffe, Wünsche und Forderungen. Damit musste Schluss sein.
Er hat das Chef-Gesicht angezogen und klargestellt, wer die Hosen anhat. Sie hätte etwas weniger bereitwillig auf seine Wünsche eingehen sollen, dieser amüsierte Funken in ihren Augen gefiel ihm nicht unbedingt. Wer aus freiem Willen gehorcht, gehorcht nicht. Tatsächlich sogar: Ihre Form der Unterordnung verhöhnt ihn.
Abgeschrieben. Flexibilität ist einer der absoluten A-Skills. Erneuerung kurz dahinter. Verlüste nicht betrauern oder begraben, sondern abstoßen wie tote Zellen. Torben sieht nochmal nach Carla, wie sie am Schreibtisch sitzt und sonstwas schreibt. Er rollt sich zusammen, Gesicht zur Wand.

Jetzt ist er fertig. Faltet sich zurück, gesättigt und befriedigt, wie ein Säugling, still und bedürfnislos. Wie banal diese Menschenfigur ist, sein Versuch, die Verklemmtheit über das Ventil von Bizarrheit zu steuern. Seine Langweiligkeit hat den Abend ja doch ein bisschen vermurkst.

Carla geht zum gemeinsamen Bett und überlegt, dass es Zeit für Umziehen ist, in ein anderes Leben. Oder wenigstens was Neues versuchen. Liebe soll groß im Kommen sein, sie hat das Gefühl, die könnte ihr gefallen. "Gute Nacht Schatz." Sie beugt sich über Torben und haucht ein Küsschen auf seine Wange. Er antwortet nicht. "Muss ich mir Sorgen machen?" Gefallen ist vielleicht das falsche Wort, denkt sie. Carla faltet die Hände über der Mitte und sondiert die nachtdunkle Decke. Aber probieren könnte man das Lieben. Vielleicht ein Foto machen.

 

Hallo Kubus,

ich habe deinen Text leider nicht bis zum Ende geschafft. Der Grund: er hat mich nicht gepackt, nicht mein Interesse geweckt, mir keinen Spaß gemacht.
Ich mag diesen Stil nicht so, das Lesen fühlt sich ein bisschen so an, als würde ich Scherben von etwas betrachten und dabei versuchen, rauszukriegen, was es war. Dieses Bruchstückhafte, Reduzierte.

Sorry, ist jetzt wenig hilfreich für dich, ich weiß. Der Text ist sicher nicht schlecht, aber ganz subjektiv: mich spricht er leider nicht an.

Viele Grüße,
Maeuser

 

Hallo Kubus

Hm … eine etwas abstruse Geschichte. Der rote Faden ist vorhanden, ganz klar, doch die Inhalte ergeben ein verworrenes Bild, die nur auf einzelne Sequenzen fokussiert logisch erscheinen. Die Darsteller wirken so verloren in ihrer Welt, ihr Zusammenspiel unwirklich. Am ehesten assoziiere ich darin ein Werk abstrakter Kunst, in dem eigene Formen sich zu einer neuen Realität zusammenfügen.

Doch vielleicht liege ich ganz falsch, interpretiere es nicht korrekt. Auffallend ist auch, dass du hier eine Kürze einbringst, die manche Sätze verstümmelt wirken lassen. So etwa gleich zu Beginn: Ganz unnötig, er wohnt in diesem Haus und kennt es, dort ist kaum etwas, das Stehlen lohnte. Oder auch Begriffe, deren Sinn eine Eigenkreativität offenbart: Was immer sie betrachtet, scheint ihren Blick leerzusaugen. Aber auch eine Sprunghaftigkeit von Gedanken und Handlungen, fragmentarisch dargeboten.

Aber es war hier wohl deine Absicht, dass dem Leser die grossen Fragezeichen über den Kopf wachsen?:confused:

Auf die Gebrauchsanweisung bin ich jedenfalls gespannt. :dozey:

Gruss

Anakreon

 
Zuletzt bearbeitet:

Moikka Kubus,

ein genialer Text, wunderschön. :) Das sind so die kleinen Perlen, mit denen man nicht rechnet. Die Sprache, der Tonfall passt zu den Figuren, Handlung, Stimmung - alles ein kleines harsches Kunstwerk. Man will 'aua' sagen, und findet nicht die Stelle, wo genau.

Ich meine, ich habs kapiert, weiss aber letztlich nicht, wie sinnvoll ueberhaupt eine Interpretation des Autors ist. Und selbst wenn ich es falsch aufgefasst hätte, wuerde das nix an der Wirkung des Textes auf mich ändern - das genau ist fuer mich Literatur.

Es gibt ein bissl Nöl, schau mal, was Du gebrauchen kannst.

Durch das dunkle Treppenhaus schleicht Uti, wie ein Dieb in der Nacht.
Das macht mich irre - eigentlich muesste fuer mein Gefuehl das Komma raus, aber dann wäre der Rhythmus kaputt. Mich irritiert es glaube nur, weil obendrein der Satz eine mögliche, aber ungewöhnliche Wortstellung hat. Da wuerde ich mich fuer eines entscheiden. Er schleicht ... (KOMMA) wie ... oder so und ohne.

er wohnt in diesem Haus und kennt es, dort ist kaum etwas, das Stehlen lohnte.
Da fehlt was: ... etwas, das das Stehlen / das es lohnen wuerde ...
Wenn als Verb gedacht - ginge das so? - muesste es klein.
Vielleicht nur eine alte Angewohnheit, keine Aufmerksamkeit erregen, oder eine lebenslange Leidenschaft: Unauffälligkeit.
An sich schön, aber: oder ist falsch. Es impliziert, dass etwas anderes folgt, aber keine Aufmerksamkeit erregen ist unauffällig sein. Vllt einfach ohne ersatzlos streichen, Trennung mit Semikolon oder Punkt - jedenfalls möglichst wenig eingreifen, die Sache ist fragil.
Wurde in Werbung verwurstet - vor zehn Jahren?
Die Erwähnung von Werbung kickt mich total aus dem Text - meine Assoziation war eine andere, und das holt mich ganz unschön in so'n Kommerzkram runter. Muss das sein? :D Kannst Du die Wahl der Assoziation nicht dem Leser ueberlassen?
Sie sagen, das Leben fände draußen statt, das große Ding dieser Saison, das Leben, man solle es nicht verpassen.
Hrhr, sehr sehr schön.
Carla steht an eine halboffene Tür gelehnt, sieht an der Kamera vorbei. Was immer sie betrachtet, scheint ihren Blick leerzusaugen. Auf der Tür klebt das Bild eines Hasen, der von einer Hand am Schlafittchen gehalten wird. Uti würde gerne wissen, was Carla in diesem Moment denkt. Als hätte er das lang gesuchte Puzzlestück vor Augen und kriegte die Ränder nicht scharf, weiß nicht wo anlegen. So drängend das Bedürfnis: Es einzuordnen.
Feine Szene. Wirkt grausam, verstörend, dabei passiert nix Offensichtliches. "wissen, was ... denkt" ist so ein Standardspruch, eine winzige Alternative wäre gut.
"Nein, nicht", sagt sie und hält die Hand zwischen Torbens imaginäre Kamera und ihr Gesicht. "Keine Fotos. Ich will das nicht. Ich fühle mich hässlich." Achselzuckend formt er seine Hand um, zu einer Schattenkreatur. Hält sie in den starken Strahl der Nachttischlampe. Wirft ein Schattenspiel an die Wand.
"Knips oder Schattenwurf! Was ist hier die Frage?"
"Kommt die Wirklichkeit zurück, wenn wir nett sind?"
"Nett fragen. Frett nagen!"
"Ich will das nicht. Will das nicht. Will nicht. Will. Nicht."
"Ich habe das Bild an Uti verkauft", sagt er.
"Ich sehe ihn manchmal wie im Traum - er begafft das Foto und denkt sich hinein. Sucht Orte für seine Vorstellungen."
"Ich träume von Tagen", sagt Torben, "in denen die rätselhafte Welt mich auf ein staunendes Staubkorn reduzierte. Sehnsucht nach Kleinheit. Das ist ein wirkliches Ding. Ein echter Ort. Du nur ja und nein und hü und hott. Ich werde dich verlassen!"
"Ich komm mit!"
Kleinheit ist ein tolles Wort. Erinnert mich an Levs 'schreilos'. Ueberhaupt sehr schöner Dialog - absurd, fast aneinander vorbei, sprunghaft, aber sinnvoll. Die letzten Zeilen wuerde ich kicken, das ist ein zu bekannter Klospruch. Damit wird die schöne, schräge Sache plötzlich banal, das ist schade.
Uti überlegt. Kontakt zur Außenwelt aufnehmen oder sich hinlegen und mit Sterben beginnen?
Wie geil! Da fehlt allerdings ein dem Sterben - ich lasse auch gern was weg, aber hab hier das Gefuehl, so geht das nicht. Wirkt mehr ungelenk als innovativ.
Uti faszinieren die Geräusche dieses Betts. Teak oder Mahagoni. Vermutet er. Auf jeden Fall ein Angeber-Möbel.
Schönes Wort, aber zusammen: Angebermöbel. Kein Grund fuer Bindestrich, der das zudem bemuehter aussehen lässt, als es eigentlich ist.
Er hat das Chef-Gesicht angezogen und klargestellt, wer die Hosen anhat. Sie hätte etwas weniger bereitwillig auf seine Wünsche eingehen sollen, dieser amüsierte Funken in ihren Augen gefiel ihm nicht unbedingt. Die Leichtigkeit, mit der sie sich unterordnete, nahm der Sache eine für ihn wichtige Dimension. Wer aus freiem Willen gehorcht, gehorcht nicht. Tatsächlich sogar: Ihre Form der Unterordnung verhöhnt ihn.
Wuerde ich nicht wiederholen, und auf jeden Fall auch nicht trennen. Ich finde alles schön und richtig, aber irgendwo sind mir um die Beschreibung der Unterwuerfigkeit zu viele Worte gemacht. Am ehesten ist das Unterstrichene entbehrlich, weil genau das danach nochmal kommt, und viel huebscher und pointierter.
Flexibilität ist der absolute A-Skill.
Skill sagt man im Geschäftsleben fuer Fähigkeit (meist im plural), und die ist wie die Flexibilität weiblich. An welches Wort hattest Du gedacht? (Ich mache das immer bei Challenge falsch, das fuer mich nach die klingt, aber wegen der Wettbewerb männlich ist.)
Carla geht zum gemeinsamen Bett und überlegt, dass es Zeit für Umziehen ist, in ein anderes Leben. Oder wenigstens was Neues versuchen. Liebe soll groß im Kommen sein, sie hat das Gefühl, die könnte ihr gefallen. "Gute Nacht Schatz." Sie beugt sich über Torben und haucht ein Küsschen auf seine Wange. Er antwortet nicht. "Muss ich mir Sorgen machen?" Gefallen ist vielleicht das falsche Wort, denkt sie. Carla faltet die Hände über der Mitte und sondiert die nachtdunkle Decke. Aber Probieren könnte man das Lieben. Vielleicht ein Foto machen.
Perfekt - wehe, Du änderst was! :D (edit: Hups, aber probieren als Verb muss klein *flöt*). Sehr schön mit dem 'Neuen versuchen' - das hat einen kleinen Zirkelschluss zu oben: das Leben draussen, das angesagt ist. Die Uebergänge von Taten/Gedanken sind ideal verkuerzt, sehr poetisch, gleichzeitig weich und harsch.

Feine Sache! Sehr gern gelesen, und bestimmt noch öfter.
Herzlichst,
Katla

 

Hallo,

die Geschichte hat ein Problem in der Textur, glaube ich, weil sie es dem Leser zu sehr überlässt, den Zusammenhang zu sehen. Dadurch finde ich die Geschichte immer nur so gut, wie den Satz oder die Passage, die ich gerade lese – und das wechselt.

Sie sagen, das Leben fände draußen statt, das große Ding dieser Saison, das Leben, man solle es nicht verpassen.
Das hat mir zum Beispiel ausgezeichnet gefallen. Auch die Idee über das Musikstück und die Verbindung dann, dass sie es immer falsch spielt, mit genau den gleichen Fehlern.

Und dann 2 Absätze später kommt das mit „Frett nagen. Nett fragen“ und ich finde die Geschichte furchtbar, weil sie mir sehr künstlich und übergestaltet vorkommt und weil ich auch den Gedanken nicht sehe.
Die Geschichte ist ein bisschen so, dass sie nur funktioniert, wenn der Leser den Gedanken, der referiert wird, schon einmal selbst gedacht hat und dann: ah! Ja! Genau!
Wenn er den aber noch nie hatte, schafft es die Geschichte nicht, den nahezubringen. Jedenfalls nicht in allen Situationen.
Mit einem stärkeren Gewebe, mit einem engeren Aufbau, ist es möglich die Last des Leserblickes besser zu verteilen.
So wie die Geschichte jetzt ist, steht jeder Absatz - oder zumindest einige – immer allein unter dieser Last. Bei einem dicht gewobenen Text liest man auch die Absätze, die einen nicht direkt ansprechen und erreichen, weil man sie als Teil eines größeren Textes sieht.
Mir ist bei diesem Text einfach nicht klar, wie in der Masse bestimmte Absätze Teil derselben Geschichte sein können.
Vielleicht eine klarere Struktur, Intros und Outros in den einzelnen Geschichtsteilen, den Leser besser führen? Wie passt Benn in diese Geschichte? Warum ist die Klavierspielerin nicht Carla? Sind das Perspektivwechsel in der Geschichte? Gibt es ein gesondertes Zeichen für sie oder muss der Leser bei jedem Wechsel raten, wo er gerade ist, weil eine Freizeile einen Perspektivwechsel signalisieren kann, aber nicht muss? Ist immer klar, wer gerade mit „er“ gemeint ist?
Ich bin kein Fan der Präsentation hier, aber inhaltlich, die Menge an Ideen, die in die Geschichte geflossen sind, bestimmte Bilder und Sprachspielereien finde ich sehr gut, ich hätte es nur gern … gereifter, durchdachter, wenn man es so will – natürlich passt das dann ein Stück weit nicht zur Erzählsituation, zu der Zerissenheit der Figuren, zur Unbeständigkeit dieser Themen, das ist ja über den Text hinweg der Versuch, irgendwelche dumpfen Empfindungen konkreter zu erfassen und sie in einen größeren Rahmen einzufügen, es geht darum, die bloße Existenz, das Verbringen von Zeit, mit Sinn zu erfüllen, da muss auch das Hedonistische in einen sinnhaften Lebensentwurf gepresst werden. Da ist bei diesen Figuren so, dass es nicht reicht, sich bei etwas gut zu fühlen, sondern dieses „gut fühlen“ muss die Frage aushalten, ob es okay ist, sich dabei gut zu fühlen. ;) Daran leiden diese Figuren ein bisschen.
Also es ist ein intellektuell und erzählerisch dekadenter Text. Von daher passt Form hier zu Inhalt, aber steht auch der Auseinandersetzung mit dem Stoff im Weg.

Gruß
Quinn

 
Zuletzt bearbeitet:

Guten Morgen!

Wuhuuu, Katla! Dein erster Absatz war so ein Glücklichmach-Teil, danke!

Ich meine, ich habs kapiert, weiss aber letztlich nicht, wie sinnvoll ueberhaupt eine Interpretation des Autors ist. Und selbst wenn ich es falsch aufgefasst hätte, wuerde das nix an der Wirkung des Textes auf mich ändern

Der Autor würde bestimmt nicht falsch oder richtig sagen in Hinsicht auf Interpretationen! Ich kucke da vielleicht eher, inwieweit die im Text begründet sind, aber alle Lesarten haben ihre Berechtigung und ich finde die immer sehr spannend zu lesen.

Durch das dunkle Treppenhaus schleicht Uti, wie ein Dieb in der Nacht.
Das macht mich irre - eigentlich muesste fuer mein Gefuehl das Komma raus, aber dann wäre der Rhythmus kaputt.

Das ist so eine kleine Pause für den Effekt. Wenn man den Satz laut liest, fällt das auf. Ohne wär nur halb so schön.

er wohnt in diesem Haus und kennt es, dort ist kaum etwas, das Stehlen lohnte.
Da fehlt was: ... etwas, das das Stehlen / das es lohnen wuerde ...
Wenn als Verb gedacht - ginge das so? - muesste es klein.

Das stand zuerst auch da. Ist so eine Sache mit den Reduktionen. Dudenkonformer und verständlicher wären wohl das das Stehlen lohnen würde oder das zu stehlen sich lohnen würde.

Vielleicht nur eine alte Angewohnheit, keine Aufmerksamkeit erregen, oder eine lebenslange Leidenschaft: Unauffälligkeit.
An sich schön, aber: oder ist falsch. Es impliziert, dass etwas anderes folgt, aber keine Aufmerksamkeit erregen ist unauffällig sein. Vllt einfach ohne ersatzlos streichen, Trennung mit Semikolon oder Punkt - jedenfalls möglichst wenig eingreifen, die Sache ist fragil.

Man könnte sagen, dass es das Gleiche mit anderen Worten gesagt ist. Aber andere Worte sind nie das gleiche. Oder bezieht sich auch auf den Unterschied zwischen alte Angewohnheit und lebenslange Leidenschaft. Schwierig. Denn genau: Fragil. Obwohl: einfach weglassen, das gefällt mir gerade. :idee:

Die Erwähnung von Werbung kickt mich total aus dem Text - meine Assoziation war eine andere, und das holt mich ganz unschön in so'n Kommerzkram runter. Muss das sein? Kannst Du die Wahl der Assoziation nicht dem Leser ueberlassen?

Das ist ein grässlicher Satz. :lol: Allein schon verwurstet passt überhaupt nicht in den Rest der Sprachatmosphäre. Ich weiß nicht ob das sein muss. Vielleicht ändern oder rausnehmen. Ich überleg mir da was. Der Song ist Gymnopedie von Erik Satie. Schlimm, schlimm. Nordseestrand-Assoziation, weil der Clip dort spielt. Die Werbung habe ich seit bestimmt zehn Jahren nicht mehr gesehen, aber das Bild bleibt.

Feine Szene. Wirkt grausam, verstörend, dabei passiert nix Offensichtliches. "wissen, was ... denkt" ist so ein Standardspruch, eine winzige Alternative wäre gut.

Cool! Das ist ein wunderschönes und trauriges Bild. Wenn das so rüberkommt, bin ich happy. Standardspruch ist natürlich weniger toll. Mal sehen ...

Kleinheit ist ein tolles Wort. Erinnert mich an Levs 'schreilos'. Ueberhaupt sehr schöner Dialog - absurd, fast aneinander vorbei, sprunghaft, aber sinnvoll. Die letzten Zeilen wuerde ich kicken, das ist ein zu bekannter Klospruch. Damit wird die schöne, schräge Sache plötzlich banal, das ist schade.

Ups, ich kannte den nicht! Hatte ihn bis eben für originell gehalten. Kommt auf die Liste. Tendiere eher zu behalten, weil ich den Gedanken so hübsch absurd finde.

Schönes Wort, aber zusammen: Angebermöbel. Kein Grund fuer Bindestrich, der das zudem bemuehter aussehen lässt, als es eigentlich ist.

Ja stimmt

Wuerde ich nicht wiederholen, und auf jeden Fall auch nicht trennen. Ich finde alles schön und richtig, aber irgendwo sind mir um die Beschreibung der Unterwuerfigkeit zu viele Worte gemacht. Am ehesten ist das Unterstrichene entbehrlich, weil genau das danach nochmal kommt, und viel huebscher und pointierter.

Sehe ich jetzt auch so. Danke für deinen Blick. Ich war mit dem Absatz unzufrieden, wusste aber nicht, was dran getan werden kann.

Skill sagt man im Geschäftsleben fuer Fähigkeit (meist im plural), und die ist wie die Flexibilität weiblich. An welches Wort hattest Du gedacht? (Ich mache das immer bei Challenge falsch, das fuer mich nach die klingt, aber wegen der Wettbewerb männlich ist.)

Skill wie in Soft- und Hard-Skills. Das muss ich mir nochmal ankucken. Du hast ja noch was in der PN dazu geschrieben. Skill finde ich hier eher passend als Fähigkeit, weil das diese Business-Konnotation hat. Strategie und Taktik, Torben der Checker.

(edit: Hups, aber probieren als Verb muss klein *flöt*).
Huch!

Ganz vielen Dank für dein detailiertes Hineinlesen. Tolle Gelegenheit für mich, Auslassungen und Reduktionen zu überdenken, ob das gemacht werden sollte und warum. Wieweit das verständlich ist. Während des Schreibens ist das für mich so eine Gefühlssache häufig, den Satz so lange ändern, bis das Bild stimmt.
Aber vom nachträglichen Überdenken nehme ich ne Menge mit. Klasse wenn jemand Zeit und Mühe in die Texte investiert, dieser externe Blick ist durch nichts aufzuwiegen.
Freut mich sehr, dass dir der Text gefiel. Im letzten Monat habe ich drei solcher Dinger geschrieben, ungefähr die Länge. Die Form fühlt sich richtig gut an, es macht riesigen Spaß, so zu schreiben. Da lassen sich Sachen denken und sagen, die man in konventionellerer Form nicht finden würde. Wenn ein paar Leser damit was anfangen können, puh.

Hey Anakreon

Die Darsteller wirken so verloren in ihrer Welt, ihr Zusammenspiel unwirklich. Am ehesten assoziiere ich darin ein Werk abstrakter Kunst, in dem eigene Formen sich zu einer neuen Realität zusammenfügen.

Hm, das gefällt mir wirklich gut, was du schreibst. Verlorenheit und Unwirklichkeit, ja, eine künstliche Wirklichkeit. Das sind zwei meiner Grundgefühle, die ich mit dem Schreiben rüberbringen will. Ich glaube deswegen habe ich auch so komische Namen drin häufig, da fängt das an, geht weiter mit den Eigenkreationen. Weniger gefällt mir, dass es abstrus rüberkommt. Ich bin egoistisch genug, die Geschichten zu schreiben, die ich schreiben will. Das sollen aber auch welche sein, mit denen die Leser was anfangen können.

Doch vielleicht liege ich ganz falsch, interpretiere es nicht korrekt.
Bitte nicht so was sagen! Ich finde es schön, wenn Leser sich selbst ein Bild machen, ihre Lesarten hinzufügen, den Text vollenden. Gibt nichts schöneres als mündige Leser.

Auffallend ist auch, dass du hier eine Kürze einbringst, die manche Sätze verstümmelt wirken lassen.

Ja danke. Ich werde da verstärkt drauf achten. Der Satz mit dem Stehlen scheint echt nicht zu funktionieren, den kucke ich mir nochmal an. Viele Artikel scheinen mir verzichtbar zu sein, dadurch werden die Texte dichter und abwechslungsreicher.

Aber es war hier wohl deine Absicht, dass dem Leser die grossen Fragezeichen über den Kopf wachsen?
Hehe, genau! Die Größe der Leserfragezeichen ist das Maß meines Glücks!

Auf die Gebrauchsanweisung bin ich jedenfalls gespannt.
Hihi, du Schelm

He Maeuser

ich habe deinen Text leider nicht bis zum Ende geschafft.
schreib doch, dass du keinen Bock drauf hattest. Ist doch legitim.

Sorry, ist jetzt wenig hilfreich für dich, ich weiß. Der Text ist sicher nicht schlecht, aber ganz subjektiv: mich spricht er leider nicht an.
Ach, wieso hilfreich? Ich will wissen, ob er anspricht oder nicht. Finde ich als Rückmeldung durchaus zu gebrauchen. Muss ja nicht super begründet sein, so gefühlsmäßige Abneigung hat ja ihr Recht und so was zu lesen finde ich allemal besser als gar nichts unter meinem Text.

Vielen Dank euch allen

Kubus

*

Hi Quinn

die Geschichte hat ein Problem in der Textur, glaube ich, weil sie es dem Leser zu sehr überlässt, den Zusammenhang zu sehen. Dadurch finde ich die Geschichte immer nur so gut, wie den Satz oder die Passage, die ich gerade lese – und das wechselt.

ja das ist ein Problem. Die Wechsel in den Perspektiven, 'normale Handlung' und eingeschobene Sentenzen, eine Bildbeschreibung. Was findet wo statt, wer spricht? Sind vllt auch noch so Fragen, die auftauchen können. Ein Absatz müsste im Präteritum stehen. Ich habs aus ästhetischen Gründen gelassen.

Und dann 2 Absätze später kommt das mit „Frett nagen. Nett fragen“ und ich finde die Geschichte furchtbar, weil sie mir sehr künstlich und übergestaltet vorkommt und weil ich auch den Gedanken nicht sehe.

kann ich nachvollziehen. Du schreibst ja später was von Dekadenz und so. Auf der einen Seite habe ich selbst einen starken Widerwillen gegen diese konstruierten Texte, auf der anderen Seite finde ich gerade dieses verkünstelte, fragmentierte authentisch. Ich weiß das klingt widersprüchlich.
Unter anderem steckt in diesem Gedanken von der verschwundenen Wirklichkeit die Reproduzierbarkeit von allem möglichen und Imitation oder Identifizierung von/ mit welchen, die selbst Kunstprodukte sind. Deswegen hat mich Gewinner-Ich so angesprochen, diese Themen interessiert mich sehr.
"Nett fragen. Frett nagen." Die Sätze verhöhnen ihre Frage, weil das ist so ein Problem, das man haben kann, aber es ist eben auch konstruiert. So sehe ich das.

Die Geschichte ist ein bisschen so, dass sie nur funktioniert, wenn der Leser den Gedanken, der referiert wird, schon einmal selbst gedacht hat und dann: ah! Ja! Genau!
aha. meinst du dass man die sonst nicht zu fassen kriegt vielleicht. ja kann sein, damit kann ich was anfangen. die ist sehr speziell und für mich in dieser Form Neuland. Ich freue mich, wenn ich da Rückmeldungen kriege, wie die ankommt oder wirkt oder funktioniert.

Vielleicht eine klarere Struktur, Intros und Outros in den einzelnen Geschichtsteilen, den Leser besser führen? Wie passt Benn in diese Geschichte? Warum ist die Klavierspielerin nicht Carla? Sind das Perspektivwechsel in der Geschichte? Gibt es ein gesondertes Zeichen für sie oder muss der Leser bei jedem Wechsel raten, wo er gerade ist, weil eine Freizeile einen Perspektivwechsel signalisieren kann, aber nicht muss? Ist immer klar, wer gerade mit „er“ gemeint ist?
Alles wichtige Punkte. Danke fürs Listen.

Ich bin kein Fan der Präsentation hier, aber inhaltlich, die Menge an Ideen, die in die Geschichte geflossen sind, bestimmte Bilder und Sprachspielereien finde ich sehr gut, ich hätte es nur gern … gereifter, durchdachter, wenn man es so will – natürlich passt das dann ein Stück weit nicht zur Erzählsituation, zu der Zerissenheit der Figuren, zur Unbeständigkeit dieser Themen, das ist ja über den Text hinweg der Versuch, irgendwelche dumpfen Empfindungen konkreter zu erfassen und sie in einen größeren Rahmen einzufügen, es geht darum, die bloße Existenz, das Verbringen von Zeit, mit Sinn zu erfüllen ...

Das versuche ich. Es sind teilweise meine Lebensgefühle, die ich in größeren oder allgemeineren Zusammenhang stellen will, ein Konkretmachen schwer greifbarer Phänomene, die mir begegnen oder die ich zu erkennen glaube. Ist natürlich immer die Frage, inwieweit die vorhanden sind, wieviel davon meine Linsenfilterung ist.

Diese unwirkliche Welt ist vielleicht ein brauchbarerer Echoraum für die Atmosphäre, die ich rüberbringen will als anfassbare Welten, die die Leute kennen.

Und wie oben geschrieben ist das Neuland für mich, auf eine gewisse Reifung spekuliere ich da natürlich. Werde vor allem Aufbau und Reduktion im Auge behalten. Das scheint mir nach den Rückmeldungen am wichtigsten.

Also es ist ein intellektuell und erzählerisch dekadenter Text. Von daher passt Form hier zu Inhalt, aber steht auch der Auseinandersetzung mit dem Stoff im Weg.

Yo! Es ist seltsam, wenn ich ein literarisches Feindbild hatte, dann waren es intellektualisierende Texte, die unter der Marke "Germanisten-Literatur" laufen. Auch Dekadenz oder Flucht in die Innerlichkeit, was man hierzu vielleicht assoziieren könnte, sind Einstellungen und Verhaltensweisen, die ich absolut nicht schätze. Tja. ;)

Danke für die differenzierte Kritik

Kubus

Ach ja, habe mich sehr gefreut, dass du ein paar Stellen sehr gut fandest. Auch wegen der Seltenheit ein schönes Lob von deiner Adresse.

 

"Knips oder Schattenwurf! Was ist hier die Frage?"
"Kommt die Wirklichkeit zurück, wenn wir nett sind?"
"Nett fragen. Frett nagen!",
in solchen Passagen,

lieber Kubus,

leuchtet der „eigentliche“, der verspielte und poetische Kubus der Anfangszeit wieder auf, der ins prosaische Geschehen die Lyra – nicht die germanisierte Leier – anschlägt und – ohne dass ich damit eine Deutung abgebe – erinnert mich an eine alte Fragestellung, warum der Kapitalismus keinen Eingang ins Kinderzimmer finde, was sich erweitern lässt auf die Intimsphäre überhaupt.
Die neuen Medien werdens richten, wenn man sich „aus freiem Willen“ zur Schau stellt um in aller Welt bekannt zu werden – für wenige Minuten, wenn’s hoch kommt (letzter Teil in all seinen Bedeutungen) und damit Warhol, Beuys & Schiller recht gibt, dass, wenn einer schon nicht durch seine Kunst berühmt, so doch durch sein Bild bekannt wird. Wie lässtu so schön paradox sagen:

Wer aus freiem Willen gehorcht, gehorcht nicht.

Ein wenig führstu uns in diese schöne neue Welt ein – immer aber mit der Tendenz zum Ausstieg: Stop the world, Eye wanna get out!
Ganz so enthusiastisch wie Katla bin ich freilich nicht, hab ich doch ein paar wenige Anmerkungen, und weil wir schon Katla erwähnt haben, beginnen wir mit dem Anfang (womit denn sonst?, sagt der geneigte Leser):

Durch das dunkle Treppenhaus schleicht Uti, wie ein Dieb in der Nacht.
Katla – manchmal vermeine ich in ihr eine entschiedene Gegnerin der kodifizierten Grammatik zu erkennen – hat das Problem mit dem Komma vorm „wie“ angesprochen. Ists formal ein Pronomen, so ists hier zur Konjunktion „verkommen“, das in unserm Fall „nur“ gleichrangige Wörter verbindet – die sich zudem schön spiegelbildlich zuordnen lassen (ein weiterer Nachweis von Formgestaltung
Treppenhaus / Nacht, Uti / Dieb)
Also ist kein Komma zu setzen
(vgl. K 111 Duden Bd. 1 und § 72 II der amtlichen Regelung der deutschen Rechtschreibung). Das kann durch schlichte Umstellung des Satzes verfestigt werden: „Wie ein Dieb in der Nacht schleicht Uti …“, denn die Wortkombination „wie ein …“ ergibt keinen, geschweige denn einen vollständigen (Neben)Satz.

Aber (!) mit höchstoffiziellem Segen entscheidet der Schreiber selbst, ob er per Komma einen Zusatz besonders bezeichnen will (hierzu insbes. K 112 Ziffer 2 bzw. § 78 II a. a. O.; da schau ich aber neidisch auf die Steuergesetzgebung – weil die im Prinzip noch bekloppter ist!) Also doch: alles richtig gemacht, Freunde des gepflegten Wortes.

Die Konstruktion weiter unten

Achselzuckend formt er seine Hand um, zu einer Schattenkreatur
solltestu trotzdessen überdenken …

Uti würde gerne wissen, was Carla in diesem Moment denkt.
lässt mich an sich frohlocken. Aber warum hier eine würde-Konstruktion, warum überhaupt Umgangssprache?
Ein Argument, weil alle so sprechen kann schon nicht stimmen, selbst wenn nur einer nicht so spräche; ein Argument, Präteritum und Konjunktiv könnten verwechselt werden, fällt hier - zumindest mir - ausgesprochen schwer.
Dass man Probleme umgehen will, wäre menschlich & verständlich, tatsächlich fürchte ich, dass Umgangssprache eher ein Spiegelbild gesellschaftlichen Verhaltens ist und wie man mit andern umgeht (hat Karl Kraus mal aphoristisch behandelt).
Ließe sich ein „Uti wüsste gerne, was Carla …“ nicht angemessener in die folgenden Konstruktionen ein, wobei hierin am
… und kriegte …
formal nix auszusetzen wäre, erinnerte mich das Verb nicht an seine etymologische Herkunft vom Krieg. Wie wär’s friedlicher mit bekommen, also etwa
… und [bekäme] die Ränder nicht scharf, …

…, sagt sie und hält die Hand zwischen Torbens imaginäre Kamera und ihr Gesicht.
Is’ dat Dativ?
Uti erkennt die Absurdität der Welt in ihren dunklen Pupillen kristallisiert.
Da rate ich: ab zum Augenarzt!
Aber Spaß beiseite, ob allerdings ein Mikroökonom (manchmal kann ich über meine Gilde sogar lachen!) und somit Nichtmediziner die Erklärung hinkriegt, ist eher fraglich: der Augapfel reflektiert, das Loch in der Mitte der Regenbogenhaut – eben die Pupille – ist unser Schlüsselloch, durch das wir sehen, es reflektiert also nicht, sondern lässt Strahlen durch.
Natürlich lässt sich die Pupille mit einem schwarzen Loch vergleichen, was durchaus ein gelungenes Bild ist.

… legt sie auf ihren Hintern, den sie vor dem Laptop kreist.
Ginge das?, oder lässt sie ihn kreisen?

Uti glaubt, Torben ist nicht der Richtige für Carla.
Hier ruft’s in mir nach Konjunktiv I., wie auch nachher beim Schlafengehn
Carla geht zum gemeinsamen Bett und überlegt, dass es Zeit für Umziehen ist, in ein anderes Leben.

Gruß

Friedel,

pardon, Du erlaubst abschließend einen kleinen Scherz:

Man transzendiert und transzendiert, …
Las ich zunächst man transzendiert und transpiriert, was ich hier nun durchaus nicht hab.

 
Zuletzt bearbeitet:

Hallo Kubus, Katia

ich habe den Text angefangen, und hatte ähnlich wie Mäuser nach einer Weile keine Lust mehr. War extrem verwirrend.
Dann habe ich Katias Kommentar gelesen:

Ich meine, ich habs kapiert, weiss aber letztlich nicht, wie sinnvoll ueberhaupt eine Interpretation des Autors ist. Und selbst wenn ich es falsch aufgefasst hätte, wuerde das nix an der Wirkung des Textes auf mich ändern - das genau ist fuer mich Literatur.

Und mir gedacht: das ist doch nicht legitim. Man kann doch nicht behaupten, dass man es verstanden hat, und dann einräumen, dass man es vielleicht überhaupt nicht verstanden hat, unter dem Vorwand, es sei ja egal, Literatur sei es ja so oder so, bzw., gerade deshalb sei es Literatur.
Und dann bietet man natürlich auch vorsichtshalber keine Interpretation an, weil man auch meilenweit daneben liegen könnte.

Das hat mich ein wenig irritiert, also habe ich versucht den Text für mich zusammenzufassen. Ich hatte wirklich keine Ahnung, worum es ging.

Uti kommt leise nach Hause. Unauffälligkeit ist sein Ding.

Irgendjemand spielt Klavier. Schade, denkt Uti, das Lied gab's schon mal in der Werbung. Naja, klingt aber trotzdem schön.

Muss aber auch irgendwann enden so ein Lied, nicht wahr? Wie eben alles.

Uli kommt heim und fühlt sich wohl!

Er geht zum Fenster: Was? Niemand draußen? Bei dem Wetter? Wie kann das sein?

Uti betrachtet ein Bild von Carla und denkt: ich frage mich, was sie denkt. Und kommt nicht drauf.

Die Klavierspielerin spielt!

Aber immer den gleichen Scheiß, wie Utis Gedanken an Carla, immer dasselbe.

Was Uti nicht versteht: Frauen denken nicht, sie fühlen.

Pseudorückblende/Traum in Utis Kopf:

Torben flirtet mit Carla. Er phliosophiert gern. Carla steht drauf. Sie reden über Uli, nichts Nettes...

Uli ist/wird depressiv. Verbindet sein Leid mit dem Ausdruck in Carlas Augen (auf dem Bild). Er ist sich ziemlich sicher, dass da irgendein Zusammenhang besteht.

Uli weiß nicht, ob er so ein Selbstmord auf die Reihe kriegt, findet aber, dass das egal ist, weil alles egal ist.

Carla strippt vor ihrem Webcam. Irgendjemand holt sich dazu einen runter.

Gottfried Benn ist plötzlich im Nebenzimmer. Carla hört, wie er etwas Verwirrendes sagt.

Torben spritzt gleich ab. Der Wichser. Er ist sauer, weil Carla zugeschaut hat.

Torben kommt ins Zimmer, bedankt sich bei Carla für den Strip. Sie zieht ein Schlafhemd an, setzt sich an die Schreibmaschine. Torben schaltet die Fickgeräuschmaschine aus.

Uti steht auf diese Geräusche. Er liegt im Bett, und staunt, wie gleichmäßig sie ficken.

Uti glaubt, Torben ist nicht der Richtige für Carla, glaubt sie wird unterdrückt, fragt sich, ob er Torben umbringen soll, ob das Carla gefallen würde. Im Treppenhaus geht Carla Uti aus dem Weg.

Uti will doch nicht sterben. Ob sein Leben etwas fehlt?

Thorsten ist ein Macho-Arsch, der sich solche Fragen gar nicht erst stellt.

Eigentlich sollte Sex verboten sein.

Carla hat sich Thorsten zu schnell untergeordnet. Das verhöhnt ihn. Sie sollte flexibler sein. Scheiß auf Verlüste.

Carla schreibt: Torben hat mich gebumst und schläft jetzt einfach ein. Voll der Langweiler.

Carla geht ins Bett und denkt: Ich muss mal was Neues ausprobieren, vielleicht Liebe, soll im Kommen sein. Ich mach mal ein Foto.


So... Ich glaube, es handelt von einem depressiven Mann, der hört, wie eine Frau, auf die er steht, gebumst wird. Und das empfindet er als besonders ungerecht, weil er zu wissen glaubt, dass der Kerl, der sie bumst, sie nicht wirklich liebt und ein Arschloch ist. Das Ende ist offen.

Ist meine Interpretation.

Ich glaube du wirst damit nicht sehr weit kommen. Auf jeden Fall nicht in der Form. Da sind einige gute Ansätze drin, aber so machst du es dem Leser einfach zu schwer. Wenn du ein berühmter Schriftsteller wärst, würden schlaue Leute das bestimmt erötern wollen und verrückte Thesen aufstellen, und alle wären beeindruckt. Aber wenn du keiner bist, dann liest man das und kommt kaum über den zweiten Absatz hinaus.

MfG,

JuJu

Damit vielleicht klarer wird was ich meine...

Wenn du solche Sätze schrieben willst:

Man transzendiert und transzendiert, ist irgendwann übers Drüberhinaus hinaus und fragt flüchtig, was wird der Preis für die maximale Entgrenzung sein.

Dann habe ich kein Problem damit. Im Gegenteil: cool.

Aber das ist doch schon schwer genug, oder nicht? Das liest doch nicht jeder, ohne mit der Wimper zu zucken.

Jetzt willst du das aber auch noch in einer Form packen, in der absolut gar nichts erklärt wird und man hin und her springt und so weiter ...
Dann kannst du dir aber so was von sicher sein, dass das dann gar niemand checkt.

Und warum sollte man das auch machen? Hast du doch gar nicht nötig. Wenn du uns krasse Betrachtungen liefern willst, dann nur zu. Du muss doch nicht zusätzlich mit der Kamera wackeln, damit wir Kopfschmerzen bekommen. Kamera still halten, prot. erzählt was Krasses, Punkt. Ansonsten macht es auf mich den Eindruck, als hättest du überhaupt nichts Geistreiches zu erzählen, würdest einfach nur ein und auszoomen, um und das Gefühl zu vermitteln, wir würden etwas "Literarisches" lesen.

 
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Moi Juju, Kubus,

jede Leserichtung eines Textes ist legitim. Es gibt sogar Leute (zu denen ich nicht gehöre), die meinen, dass der Leser besser wisse als der Autor, wie was gemeint war. Und dass die Interpretation des Autors daher nichtig sei.

Was dieser Text macht ist, durch Assoziationen, Wortwahl/Satzbau, Thematiken/Gefuehle der Prots verschiedene Ebenen anzusprechen wie auch voneinander zu lösen, so dass man gleichzeitig beim Lesen (wobei man das aufnimmt, was direkt dort steht) ein bisschen die Bodenhaftung verliert, und sich eigene Bilder (die vom Autor evt oder evt nicht intendiert waren) parallel entwickeln. Dass diese sich nicht ganz vom Text trennen, sondern immer wieder nach ein, zwei Sätzen zusammengefuehrt werden, ist die Kunst des Autors hier.

Daher ist es nicht wichtig, ob jemand die ganze Sache "richtig" oder "falsch" interpretiert. Und meine Sicht auf plot & Prots ist in dieser Beziehung fuer andere Leser ebenfalls irrelevant.

Vllt könnte man sogar sagen, dies ist eines der Hauptprinzipien von surrealistischer Literatur (wozu dieser Text nicht mal zählt, denn gezeigt wird eine mögliche Realität). Und von guten SciFi-Texten.

Ob andere Leser das auch so sehen oder nicht, hat was mit Lesevorlieben zu tun - was möchte man, das ein Text bei einem auslöst? Da gibt es keine Legitimation einer bestimmten Erwartungshaltung. Und wenn jemand keinen Andockpunkt findet, steigt er aus, und auch das ist legitim.

Fuer mich ist nicht Literatur, wenn - vereinfacht gesehen - in einem Text steht "Herr Meier macht XY", und das soll nur heissen, dass er XY macht, und nix weiter. Andere lesen sowas gern, weil sie auch gern XY machen, und sich wiedererkennen. Ich lese lieber, wenn 'macht XY' dezent und unausgesprochen etwas ueber den Prot Meier, ein Thema und/oder eine Theorie, Haltung etc. vermittelt. Wenn sich weitere Ebenen auftun, nicht nur die der offensichtlichen Handlungen. Metaphorik, kurz gesagt. Psychologie. So is des halt. :)

Liebe Gruesse,
Katla

P.S.
Lieber Friedel, interessanter Einwurf. Grammatik ist ein Abbild der Standardsprache, und zwar idealiter. Im Sprachgebrauch (muendlich wie schriftlich) kann sie der Pragmatik untergeordnet werden - um Aussagen / Informationen / Hinweise weiterzugeben. Dieser Text ist kein Widerspruch zu Grammatik im linguistsichem Sinne, auch wenn der Duden vllt ab & zu anderes raten wuerde.

 

Hallo Kubus,

ich hab Deinen Text sehr gerne gelesen und fand ihn auch nicht zu kompliziert. Ich denke, dass es eine Krankheit des Forums ist, dass man sich manchmal nicht voll auf die Texte einlassen kann, weil man interpretieren, korrigieren und erfassen möchte. Das ist gar nicht böse gemeint, denn dazu ist KG.de ja auch da, aber manchmal blockiert das Rationale eben die freien Assoziationen eines Textes.

Mir ist es mit Deinem Text gelungen die eine Gehirnhälfte erst einmal außen vor zu lassen und die Inhalte eher zu fühlen als zu überdenken. Darum hat mir der Text sehr gut gefallen.
Irgendwie hast Du den zermürbenden Alltag mit kraftlosen Wünschen gefüllt und das ganze in Slow-Mo gezeigt und auf Repeat gestellt. Man wird beim Lesen fast selbst ein wenig farbloser und wenn man nach dem Lesen aus dem Fenster sieht, freut man sich, dass es nur eine Geschichte war. Schön eingefangen - gerade durch die Sprunghaftigkeit und Schlüpfrigkeit der Gedanken und Gefühle.

Ein paar Stellen, die mich besonders angesprochen haben:

So lange gespielt, bis es verschwand. Und weiter gespielt.

Sie sagen, das Leben fände draußen statt, das große Ding dieser Saison, das Leben, man solle es nicht verpassen.
Das scheint ja jedem gefallen zu haben :o)

Was immer sie betrachtet, scheint ihren Blick leerzusaugen.
Sehr kuhl ausgedrückt. Das ist viel bildlicher und treffender als das komische Wort "sinnieren".

Die variieren niemals, sie spielt in immer derselben Reihenfolge; und macht dieselben Fehler. Ihr Gebet ans Scheitern.
Yeah! Gebet ans Scheitern - find ich sehr geil.

Den folgenden Dialog finde ich auch gut. Zwar scheint er oberflächlich und sinnlos, beschreibt das Gefühl der Situation aber klasse. Wenns ein Film wäre, wäre die Syncro übrigens in meiner Vorstellung schlecht gemacht und der Mund würde sich schon nicht mehr bewegen, bis man den Ton dazu hört haha.
Das "Ich komm mit" am Ende kannte ich jetzt so noch nicht und fands darum recht gut. Wirklich ne interessante Idee. Möchte mal wissen auf welchen Klos Du Dich so rumtreibst, Katla, wo sowas an der Türe steht ;o)

... oder sich hinlegen und mit Sterben beginnen?
Was witzig klingt zeugt wirklich von einer sehr deprimierenden Ausgezehrtheit. Und das in ganz wenigen Worten.

Schlafen stehenden Schrittes, wachen mit geschlossenen Augen. Er ist da ganz sicher. So was denkt er sich nicht aus.
Ebenfalls.

Seine Wahl ist eigentlich keine Wahl. Sie sieht nur aus wie eine, weil er ein Fragezeichen an das Ende des Satzes setzen kann. Freitod ist nicht. Er kriegts nicht hin. Ihm fehlt die Ausdauer für stückweises Verschwinden, er hat nicht die Willensstärke für den abrupten Übergang.
Sehr geile Position für einen Anti-Helden. Das macht das Szenario gleich noch ein wenig grauer. Ne nicht nur das, sondern es nimmt auch noch Kontrast raus.

"Zeig mir die andere Seite. Ich bin gleich soweit." Carlas Zunge schnellt wie ein scheues Tier hervor. Leckt über die Lippen. Sie dreht sich um, nimmt die Hände von ihren kleinen Brüsten und legt sie auf ihren Hintern, den sie vor dem Laptop kreist. Und hebt den Hemdsaum, um eine Ahnung des Darunterliegenden ins Spiel zu bringen. "Ja, das ist gut. Sehr gut. Weiter."
Auf einmal Gottfried Benn im Nebenzimmer. Sie hört die ohrenerfüllende Rezitation. "Einsamer nie als im August: / Erfüllungsstunde – im Gelände / die roten und die goldenen Brände, / doch wo ist deiner Gärten Lust?"
Also steht er kurz vor dem entlastenden Moment. Höhepunkt will sie es nicht nennen. Bei ihm. Carla sieht Torben, das verspannt-konzentrierte Gesicht, die maschinenhafte Aufundab-Bewegung des Arms, die Ejakulation. Sein Gesichtsausdruck, nachdem sich das Begehren mit dem weißen Müll verspritzte. Ratlos hält er das erschlaffende Fortpflanzungsorgan in seiner blassen Hand. "Du sollst doch nicht kucken!", ärgert er sich und greift nach der Kamera. Die Übertragung endet.
Sehr geile Szene! Echt kuhl. Arthouse-Stil 1a. Nur das mit den Schrägstrichen gefällt mir auch nicht. Schließe mich hier Friedl an.

Irgendwann hört er nur noch Regen gegen das Fenster nadeln.
Klingt zwar komisch, triffts aber so richtig.

Und ein paar, die ich unpassend fand, weil sie die Tonalität des Textes stören:

Die Leute sind lustig, sie konsumieren Dinge, die nicht vorhanden sind.

Schön hat ers hier! Ach, trautes Heim!

So drängend das Bedürfnis: Es einzuordnen.
Hier stört mich der Doppelpunkt im Lesefluss. Ich würde das als einen normalen Satz sehen.

Uti erkennt die Absurdität der Welt in ihren Pupillen kristallisiert.
Das Wort "kristallisiert" klingt für mich hier als wäre es aus Versehen in den Satz gerutscht.

Die wird unterdrückt. Da ist er sicher.
Unterdrückt finde ich irgendwie unpassend. Unbefriedigt oder unterfordert fände ich interessanter. Das hätte mehr Psyche als Körperlichkeit.


So, genug dazu.
Wegen der Beschwerden zu dem Schreibstil und den Perspektivenwechseln etc.: Sicherlich wäre das in einem sehr langen Text richtig hart zu lesen, aber in dieser Länge geht das durchaus klar für mich.

Gerne gelesen!

elisabeth

 
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Hi Friedel,

leuchtet der „eigentliche“, der verspielte und poetische Kubus der Anfangszeit wieder auf, der ins prosaische Geschehen die Lyra – nicht die germanisierte Leier – anschlägt und – ohne dass ich damit eine Deutung abgebe – erinnert mich an eine alte Fragestellung, warum der Kapitalismus keinen Eingang ins Kinderzimmer finde, was sich erweitern lässt auf die Intimsphäre überhaupt.
Die neuen Medien werdens richten, wenn man sich „aus freiem Willen“ zur Schau stellt um in aller Welt bekannt zu werden – für wenige Minuten, wenn’s hoch kommt (letzter Teil in all seinen Bedeutungen) und damit Warhol, Beuys & Schiller recht gibt, dass, wenn einer schon nicht durch seine Kunst berühmt, so doch durch sein Bild bekannt wird. Wie lässtu so schön paradox sagen:

Oh, gegen diese Zuschreibung wehre ich mich nicht. Habe mir ja so Schreibaufgaben gestellt, die mich vom Poetisch-Verspielten manchmal weggeführt haben. Den neoklassischen Kapitalismus würde ich schon aus Antipathie in den irrationalen Bestandteilen gespiegelt sehen. Und ich behaupte, dass man dem auch im Spielzimmer nicht entkommen kann.
Ja, der freie Willen in Anführungszeichen; ich glaube dran, ist mir egal, was die Neurowissenschaft an neuester Erkenntnis auf den Tisch gepackt hat; wer weiß, wann die von der nächsten These überholt wird.
So groß stelle ich mir ihren Bekanntheitsgrad gar nicht vor, ich dachte in dieser Strip-Szene an eine Verbindung von zwei PC's, die in derselben Wohnung stehen.

Ein wenig führstu uns in diese schöne neue Welt ein – immer aber mit der Tendenz zum Ausstieg: Stop the world, Eye wanna get out!

Brave new World will ich noch lesen, bin bisher über den Anfang nicht hinausgekommen. Tendenz, die Freiheit zum Ausstieg wenigstens zu sehen, mit dem Gedanken zu spielen. Lässt sich ja interessanterweise als Lebensbejahung verstehen, wenn man da so bisschen hin- und herdenkt.

Also doch: alles richtig gemacht, Freunde des gepflegten Wortes.
Puh :lol:

Achselzuckend formt er seine Hand um, zu einer Schattenkreatur
solltestu trotzdessen überdenken …
Normalerweise ja so: Achselzuckend formt er seine Hand zu einer Schattenkreatur um. Ich glaube das habe ich so gestellt, damit das letzte Wort Schattenkreatur ist und nicht um.

1.) Ließe sich ein „Uti wüsste gerne, was Carla …“ nicht angemessener in die folgenden Konstruktionen ein, wobei hierin am

2.) … und kriegte …
formal nix auszusetzen wäre, erinnerte mich das Verb nicht an seine etymologische Herkunft vom Krieg. Wie wär’s friedlicher mit bekommen, also etwa ... bekäme


1. ist gebongt. 2. mir war kriegte / bekäme noch von Vier Häfen gegenwärtig, ich finde das kriegerische hier passend. Uti will es so unbedingt.

Is’ dat Dativ?

?

Natürlich lässt sich die Pupille mit einem schwarzen Loch vergleichen, was durchaus ein gelungenes Bild ist.
Tolles Eigenlob! Das wäre eine schöne Umkehrung zu der Behauptung, das etwas ihren Blick leersauge. Habe erstmal dunkel vor Pupille gekillt, das war so bisschen Quatsch.

Ginge das?, oder lässt sie ihn kreisen?

Weiß nicht, ich mag diesen Satz nicht, der ist vermurkst. Meine Version finde ich umständlich und unschön, aber lässt ihn kreisen würde da nicht viel ändern. Es geht schon, denke ich, aber gut ists nicht.

Hier ruft’s in mir nach Konjunktiv I., wie auch nachher beim Schlafengehn

Zumindest der eine Konjunktiv ist drin. :)

Man transzendiert und transzendiert, …
Las ich zunächst man transzendiert und transpiriert, was ich hier nun durchaus nicht hab.

Transzendieren schützt nicht vorm Transpirieren! :D

Danke fürs Vorbeikucken

Hi Juju

ich habe den Text angefangen, und hatte ähnlich wie Mäuser nach einer Weile keine Lust mehr. War extrem verwirrend.

So lang ist der doch gar nicht! Vielleicht lest ihr einfach anders, wenn man die Handlung vorm inneren Auge mitdenken will, das kann schon verwirrend sein, vermute ich.

Und mir gedacht: das ist doch nicht legitim. Man kann doch nicht behaupten, dass man es verstanden hat, und dann einräumen, dass man es vielleicht überhaupt nicht verstanden hat, unter dem Vorwand, es sei ja egal, Literatur sei es ja so oder so, bzw., gerade deshalb sei es Literatur.

Generell neige ich zu der Ansicht, dass der Text weitestgehend autonom vom Autor ist. Das nimmt den Fokus vom Richtigfalsch-Denken, Texte sind halt interpretierbar, und ebenso ist es Leserentscheidung, wieweit man sich denen rational nähert. Praktisch funktioniert das hier nicht besonders gut, da man ja zu den Kommentaren seinen Senf dazugibt und die Leute wissen wollen, ob sie etwas richtig verstanden haben, wenn sie etwas hineinlesen. Ich versuche dann meine Lesart anzubieten.

So... Ich glaube, es handelt von einem depressiven Mann, der hört, wie eine Frau, auf die er steht, gebumst wird. Und das empfindet er als besonders ungerecht, weil er zu wissen glaubt, dass der Kerl, der sie bumst, sie nicht wirklich liebt und ein Arschloch ist. Das Ende ist offen.

:lol:Joar, kann man reinlesen, ne? Ich finde das ein bisschen sehr aufs Sexuelle reduziert.

Ich glaube du wirst damit nicht sehr weit kommen. Auf jeden Fall nicht in der Form. Da sind einige gute Ansätze drin, aber so machst du es dem Leser einfach zu schwer. Wenn du ein berühmter Schriftsteller wärst, würden schlaue Leute das bestimmt erötern wollen und verrückte Thesen aufstellen, und alle wären beeindruckt. Aber wenn du keiner bist, dann liest man das und kommt kaum über den zweiten Absatz hinaus.

Weit kommen, wohin? Ich will in erster Linie geile Geschichten schreiben. Die nächste wird inhaltlich etwas weicher werden, und den Leser formal mehr an die Hand nehmen.

... Du muss doch nicht zusätzlich mit der Kamera wackeln, damit wir Kopfschmerzen bekommen. Kamera still halten, prot. erzählt was Krasses, Punkt. Ansonsten macht es auf mich den Eindruck, als hättest du überhaupt nichts Geistreiches zu erzählen, würdest einfach nur ein und auszoomen, um und das Gefühl zu vermitteln, wir würden etwas "Literarisches" lesen.

Ja da ist was dran. Ich versuche die Kamera das nächste Mal ruhiger zu halten, Übergänge schaffen vllt, oder die Auflösungserscheinungen im Text zu begründen. Das Problem mit Intro und Outro, Rahmen und so weiter, ist, dass diese Sachen den Text aufblähen und behäbig machen.

Danke für Rückmeldung und Einschätzung.

Mach jetzt erstmal Schluss, das dauert ganz schön:)

Kubus

 
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Lieber Kubus,

bei dir weiß man nie, was kommt. Deine Texte sind Überraschungseier, aber man kann sich immer sicher sein, dass du dir viel Mühe gegeben hast. So auch hier. Der Sprachstil ist sehr auf guten Klang aus, das klingt schön, wenn man es laut liest. Für mich steht die Sprache hier sogar im Mittelpunkt.

Du erzeugst auch eine Stimmung, eine graue, melancholische Stimmung. Nicht wirklich traurig. Die Figuren erscheinen mir irgendwie gefühllos und abgestumpft, ausgebrannt vielleicht und enttäuscht.

Er liegt in seinem eigenen und hört den Rhythmus der beiden. Interessant, die Gleichförmigkeit des Takts. Sex als ritualisierte Form körperlichen Austauschs. Mit festgelegter Bewegungs- und Soundchoreografie. Er konnte eine Weile keinen Fehler in dieser Abfolge finden, bis er irgendwann erkannte, dass der Makel hier Perfektion heißt.
Diese Stelle fand ich furchtbar, nicht furchtbar geschrieben, sondern einfach...Naja,
bis er irgendwann erkannte, dass der Makel hier Perfektion heißt
genau das hab ich selbst gedacht, bevor der Satz dann kam. Sex mit festgelegter Bewegungschoreografie, das ist gruselig, das ist das Anfang vom Ende, das klingt tot.
Zumindest in diesem Moment. Sie hat es mit Denken versucht, aber es hat nichts besser gemacht. Fühlen bessert ebenfalls nichts, aber es scheint weniger sinnlos zu sein
Das fand ich gut.

Vorbei geht es trotzdem. Wo Musik war, ist nichts mehr. Dafür der Muff verlassener Keller auf seinen Geschmacksnerven, Feuchtigkeit unter den Klamotten. Mit leicht hängendem Kopf trottet er zu seiner Wohnung. Schließt auf, hängt Hut und Mantel an Haken, zieht die Straßenschuhe aus und schlüpft in Pantoffeln. Er heizt den Ofen an, entfacht ein knisterndes Feuerchen. Setzt sich in den Ohrensessel, die Füße auf einem kleinen Schemel. Blättert in einer Zeitschrift. Schön hat ers hier! Ach, trautes Heim!
Das fand ich gut, das löst ganz eindeutige Bilder in mir aus, die jedesmal wieder kommen, wenn ich es erneut lese


Beim Dialog kam für mich der erste Bruch. Da hätte ich es persönlich toll gefunden, wenn die Personen eine ganz klare Sprache gesprochen hätten, aber andere mögen ja den Dialoge hier. Ich nicht. Das kickt mich raus aus der Stimmung und wirkt nicht wie ein Gespräch von echten Menschen.

"Zeig mir die andere Seite. Ich bin gleich soweit." Carlas Zunge schnellt wie ein scheues Tier hervor. Leckt über die Lippen. Sie dreht sich um, nimmt die Hände von ihren kleinen Brüsten und legt sie auf ihren Hintern, den sie vor dem Laptop kreist. Und hebt den Hemdsaum, um eine Ahnung des Darunterliegenden ins Spiel zu bringen. "Ja, das ist gut. Sehr gut. Weiter."
Das fand ich sehr gut

Also steht er kurz vor dem entlastenden Moment. Höhepunkt will sie es nicht nennen. Bei ihm. Carla sieht Torben, das verspannt-konzentrierte Gesicht, die maschinenhafte Aufundab-Bewegung des Arms, die Ejakulation. Sein Gesichtsausdruck, nachdem sich das Begehren mit dem weißen Müll verspritzte. Ratlos hält er das erschlaffende Fortpflanzungsorgan in seiner blassen Hand. "Du sollst doch nicht kucken!", ärgert er sich und greift nach der Kamera. Die Übertragung endet.
Das auch

Meine Deutung:

Liebe soll groß im Kommen sein, sie hat das Gefühl, die könnte ihr gefallen.
Das ergänzt sich herrlich mit dem allseits gelobten Satz:
Sie sagen, das Leben fände draußen statt, das große Ding dieser Saison, das Leben, man solle es nicht verpassen
Sind für mich die zwei besten Sätze.
Uti wüsste gerne, was Carla in diesem Moment denkt. Als hätte er das lang gesuchte Puzzlestück vor Augen und kriegte die Ränder nicht scharf, weiß nicht wo anlegen
Carla denkt:
Liebe soll groß im Kommen sein, sie hat das Gefühl, die könnte ihr gefallen
Und Uti denkt:
Sie sagen, das Leben fände draußen statt, das große Ding dieser Saison, das Leben, man solle es nicht verpassen
Das sind zwei passende Puzzelstücke und ich sage euch, Carla und Uti: Geht zusammen auf die einsame Straße, geht sie zusammen entlang und probiert das Leben und die Liebe aus!


Fazit: Mir wars zuerst etwas schwierig, dem Inhalt zu folgen, was auch am Dialog lag, aber Spaß hats mir gemacht, weil die Sprache sehr gut geschliffen ist. Und beim dritten mal lesen, als ich meine Interpretation gefühlt habe, war die Geschichte richtig gut. Schön, dass man bei dir interpretieren darf, wie man will. Mir gefällt nämlich meine Idee, dass Uti und Carla irgendwie seelenverwandt nebeneinanderherwohnen, dass vielleicht bloß eine Kleinigkeit fehlt und beide wären glücklich.


Gruß

Lollek

 
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Moin K!

jede Leserichtung eines Textes ist legitim. Es gibt sogar Leute (zu denen ich nicht gehöre), die meinen, dass der Leser besser wisse als der Autor, wie was gemeint war. Und dass die Interpretation des Autors daher nichtig sei.

Ich würde allein schon der Fairness wegen dem Autor wenigstens einen gleichrangigen Status zuschreiben. Meine Texte sind für mich ja schon sinnvoll verbunden, ob die Handlung jetzt im Abstrakten stattfindet oder an 'richtigen' Orten. Aber die eigene Lesart offenzulegen bedeutet ja auch, eventuell andere Lesarten zu überdecken.

Daher ist es nicht wichtig, ob jemand die ganze Sache "richtig" oder "falsch" interpretiert. Und meine Sicht auf plot & Prots ist in dieser Beziehung fuer andere Leser ebenfalls irrelevant.

Das bitte alle in RIESIG UND FETT ausdrucken und an die Innenseite der Klotür pappen!

Hallo elisabeth

Ich denke, dass es eine Krankheit des Forums ist, dass man sich manchmal nicht voll auf die Texte einlassen kann, weil man interpretieren, korrigieren und erfassen möchte.

Kann mir vorstellen, wenn man während des Lesens schon gedankliche Anmerkungen zu einzelnen Stellen macht oder Ordnung in die Abläufe bringen will, das verträgt sich wahrscheinlich weniger mit solchen offenen Texten.

Irgendwie hast Du den zermürbenden Alltag mit kraftlosen Wünschen gefüllt und das ganze in Slow-Mo gezeigt und auf Repeat gestellt. Man wird beim Lesen fast selbst ein wenig farbloser und wenn man nach dem Lesen aus dem Fenster sieht, freut man sich, dass es nur eine Geschichte war.

Angenehm unerfreuliche Vorstellung, find ich gut, dass die so was kann. Slo-Mo, repeat, verzögerte Syncro ... Habe gerade ein Buch gelesen, in dem Psycho auf 24 Stunden gedehnt wurde, die Duschszene in quälender Langsamkeit. Wurde im Rahmen einer Video-Installation nahtlos wiederholt. Passendes Bild fürs Hamsterrad, oder?

Sie sagen, das Leben fände draußen statt, das große Ding dieser Saison, das Leben, man solle es nicht verpassen.
Das scheint ja jedem gefallen zu haben

Hört bitte auf den Satz zu zitieren! Der wirkt doch nicht mehr, nach x-facher Kopie!

Yeah! Gebet ans Scheitern

An sich finde ich Scheitern nicht besser als Gelingenlassen. Solche Sätze machen nur wegen dieser penetranten Erfolgsorientierung Spaß.

Wenns ein Film wäre, wäre die Syncro übrigens in meiner Vorstellung schlecht gemacht und der Mund würde sich schon nicht mehr bewegen, bis man den Ton dazu hört haha.

Ja! Leider haben die das Konto bei YouTube gelöscht, daher kein Link zu Dylan Thomas' Death Shall Have No Dominion. Das sah schon schlimmer aus als schlecht synchronisiert.

Das macht das Szenario gleich noch ein wenig grauer. Ne nicht nur das, sondern es nimmt auch noch Kontrast raus.

Halte ich für eine ätzende Position, zum Leben verdammt. :D Solche Gestalten könnten die realen Vorbilder für Zombies gewesen sein.

Nur das mit den Schrägstrichen gefällt mir auch nicht.

Aber! Die zeigen im Fließtext an, wo in der Kurzzeilenversion die Zeilenumbrüche wären. Ich habe mir ja an anderer Stelle auch Freiheiten rausgenommen, aber das lasse ich korrekt. Ich mag auch die optische Anmutung der Slashes in Texten.

Hier stört mich der Doppelpunkt im Lesefluss. Ich würde das als einen normalen Satz sehen.

Wüsste auf Anhieb nicht, wie der Satz ohne : lauten würde. Das mit Trautes Heim! und Schön hat ers hier! - da überlege ich, das bricht in die Stimmung, sehe ich auch so. Weiß noch nicht, ob ich das gut finde. Bisschen wie der verwurstet-Satz.

Das Wort "kristallisiert" klingt für mich hier als wäre es aus Versehen in den Satz gerutscht.
Vorschläge?

Unterdrückt finde ich irgendwie unpassend. Unbefriedigt oder unterfordert fände ich interessanter. Das hätte mehr Psyche als Körperlichkeit.
Ist ne gute Argumentation. Ich habe das mal durchgespielt mit unterfordert oder unbefriedigt. Zu ihrem Treppenhausverhalten passte mE eher Utis Annahme, sie werde unterdrückt. Da er das partout nicht mit sich in Verbindung bringt. ;)

Wegen der Beschwerden zu dem Schreibstil und den Perspektivenwechseln etc.: Sicherlich wäre das in einem sehr langen Text richtig hart zu lesen, aber in dieser Länge geht das durchaus klar für mich.

Kuuuuuhle Wampe! Bei einer längeren Erzählung in diesem Stil würde ich auch überlegen, ob ich darauf Bock habe. Aber wie lange dauert das Lesen dieses Textes?

Freut mich, dass es Spaß machte!

Hey maria

Meine Güte, jetzt redest du von Kopfschmerzen! Das gibt Anakreons Satz, für das Lesen eines Romans im Pixelwelten-Stil würde er im Voraus Schmerzensgeld verlangen, eine ganz neue Dimension. Also, ich hab nichts. Lesen der Texte auf eigene Gefahr. :D

Das tut mir leid, dass der Text nichts für dich war. Ich hätte überhaupt nichts dagegen, wenn er jedem gefiele. Aber gerade bei solchem Zeug ist das eine ziemlich phantastische Vorstellung.

Aber an dem Rest habe ich mir förmlich die Zähne ausgebissen. Die verschiedenen Perspektiven haben dem ganzen Durcheinander noch eine schlechte Note verpasst und als ich es durch hatte, ist so gut wie nichts an mir hängen geblieben. Ich weiß nicht einmal mehr, was ich da gelesen habe.

:(

und du hast solche Sachen schön in der KG verstreut, was dir jede Menge Pluspunkte bescherrt hat.

Immerhin!

Naja, bis auf die Wichsszene, solche Sachen bleiben bei mir immer hängen

Sex sells wie eh und je.

Danke fürs Feedback!

*

Hello Mister Lollek!

Überraschungseier sind ja Spannung, Spiel und Schokolade, das ist doch eine gute Mischung, viel mehr brauchts nicht! Und natürlich Mühe geben, halb gemachte Sachen machen nur halb so viel Spaß. Gut dass das auch so rüberkommt. Solang es nicht bemüht wirkt. Scheint ja nicht der Fall zu sein.

genau das hab ich selbst gedacht, bevor der Satz dann kam. Sex mit festgelegter Bewegungschoreografie, das ist gruselig, das ist das Anfang vom Ende, das klingt tot.

Aber dafür berechenbar! Hehe, 'türlich ...

Beim Dialog kam für mich der erste Bruch. Da hätte ich es persönlich toll gefunden, wenn die Personen eine ganz klare Sprache gesprochen hätten, aber andere mögen ja den Dialoge hier. Ich nicht. Das kickt mich raus aus der Stimmung und wirkt nicht wie ein Gespräch von echten Menschen.

Interessant! Ich finde die sowieso nicht echt, für mich sind das unwirkliche Figuren in einer unwahrscheinlichen Welt. Davon ab ist ein guter Dialog immer eine der größten Herausforderungen.

Das sind zwei passende Puzzelstücke und ich sage euch, Carla und Uti: Geht zusammen auf die einsame Straße, geht sie zusammen entlang und probiert das Leben und die Liebe aus!

Hehe, wieso nicht? Ich würde mein Zimmer für heimliche Treffen zur Verfügung stellen.

Mir wars zuerst etwas schwierig, dem Inhalt zu folgen, was auch am Dialog lag, aber Spaß hats mir gemacht, weil die Sprache sehr gut geschliffen ist. Und beim dritten mal lesen, als ich meine Interpretation gefühlt habe, war die Geschichte richtig gut. Schön, dass man bei dir interpretieren darf, wie man will. Mir gefällt nämlich meine Idee, dass Uti und Carla irgendwie seelenverwandt nebeneinanderherwohnen, dass vielleicht bloß eine Kleinigkeit fehlt und beide wären glücklich.

Bei manchen Texten finde ich auch erst nach mehrmaligem Lesen eine eigene Deutung. Muss ja keine schlüssige Gesamtinterpretation sein, ein herausgefundenes oder vermutetes Kernthema find ich auch immer einen spannenden Anhaltspunkt. Deine Idee ist eine schöne, die beiden zusammen. Da hab ich eben beim Putzen dran denken müssen. Es soll ja für jeden Verrückten noch einen Verrückteren geben, der ihn versteht, das lässt sich auch Liebe nennen. Davon gibts ja so viele Formen wie Menschenpaare.
Freut mich sehr, dass du dem Text so viel Zeit gewidmet hast! Spurwechsel habe ich auch schon zweieinhalbmal gelesen, aber irgendwie bisher keinen Kommentar auf die Reihe gekriegt. Bin aber dieses Wochenende mal wieder zu Hause und daher zuversichtlich. Und danke für das Rauspicken der Favourites, ich geh jetzt mit stolzgeschwellter Brust laufen ...

Bis die Tage

Kubus

 

Hallo Kubus

Meine Güte, jetzt redest du von Kopfschmerzen! Das gibt Anakreons Satz, für das Lesen eines Romans im Pixelwelten-Stil würde er im Voraus Schmerzensgeld verlangen, eine ganz neue Dimension. Also, ich hab nichts. Lesen der Texte auf eigene Gefahr. :D

:lol::lol::lol: Also das musst du in eine Geschichte einbauen, meinetwegen mit Pixelwelten, ich habe mir Tränen gelacht.

Lachende Grüsse

Anakreon

 

Zitat:
…, sagt sie und hält die Hand zwischen Torbens imaginäre Kamera und ihr Gesicht.
Is’ dat Dativ?
?

Die Frage stellen,

lieber Kubus,

heißt antworten:
Nee, isset nich' -
sollte es aber sein, in unserm Fall: werden.

Moin Katla,

Du schreibst im PS

..., interessanter Einwurf. Grammatik ist ein Abbild der Standardsprache, und zwar idealiter. Im Sprachgebrauch (muendlich wie schriftlich) kann sie der Pragmatik untergeordnet werden - um Aussagen / Informationen / Hinweise weiterzugeben. Dieser Text ist kein Widerspruch zu Grammatik im linguistsichem Sinne, auch wenn der Duden vllt ab & zu anderes raten wuerde,
wobei mir anarchischen alten Hund die 60-er bis ca. 80-er Jahre einfallen mit dem Starckdeutsche als letzter und endgültiger Stufe der sprachlicher Entwicklung vom Althoch- bis hin zum Neuschwachhochdeutschen,
wenn sie in dieser Stunde nicht durch uns [d. i. die Gesellschaft zur Verstärkung der deutschen Sprache (Berlin – London – New York – Toronto – Lübars) als eingetragen Tochtergesellschaft der Neupreußischen Empfindungsgesellschaft] mit Macht abgebrochen wäre, alsbald zur stummen Sprachlosgkeit geführt hätte. / Das STARCKDEUTSCHE gibt uns die Freiheit wieder, unserem Empfinden zu folgen und nur noch so zu artikulieren, wie es unsere Erlebnisbereitschaft gebietet. / Das STARCKDEUTSCHE hat nur zufällig Ähnlichkeit mit Sprachformen der Vergangenheit oder gar mit Dialekten … Wir dulden keine stimmlosen Vokale oder unscharfen Konsonanten. Unsere Syntax hat symphonischen Wohlklang zum Maßstab. Das Empfinden ist unsere Grammatik, das Augenmaß regelt unsere Rechtschreibung. Als Regel erkennen wir nur die Ausnahme an. / Jeder spricht [und schreibt] seine eigenes STARCKDEUTSCH, damit Verständigung wieder verständlich wird. Wir fordern die Abschaffung des Dudens und die Schließung der Goethe-Institute. … Laßt das Schwachhochdeutsche verstummen, wie es euch stumm gemacht hat. / … / Selbst Dichten wird wieder möglich.“

Zum Beleg führe ich der Jahreszeit angemessen bei einem Maibock die Verse des Koeppel, Matthias, von 1981 an:

Van demm Büre, van demm Büre
Kimmt die Tumbenheit hervüre,
Schaugist tu ze tiff ins Glarz,
kimmt takstroff de Koppeschmarz.
Trumb min Punsch,
ück sach dir offten:
Drünck nich Bürr, drünck Epplsofftn.​

Natürlich hastu nicht Unrecht,

liebe Katla,

doch gilt in aller Regel ein Satz als grammatisch korrekt, wenn er z. B. . den amtlichen Regeln der deutschen Rechtschreibung entspricht und somit akzeptabel wird. Selbst bei Chomsky gilt ein Satz, der durch einen Regelapparat generiert wird, als wohlgeformt. Will sagen: Anarchie gelingt nur mit Selbstdisziplin, um auch mal die alten Russen (Bakunin & Kropotkin) einzubringen.

Nun aber auf nach Wembley!

Gruß & schönes Wochenend wünscht

Friedel

 
Zuletzt bearbeitet:

Hallo Leute,

Wenn ich mich nicht irre kommt das Wort "legitim" von Lex (legis, f) aus dem Lateinischen und hat irgendwas mit "Gesetz" zu tun (stimmts Friedel? ;)). Also ich will hier niemandem was verbieten, generell bin ich ziemlich liberal veranlagt, von daher habe ich vielleicht das falsche Wort gewählt.
Aber so insgesamt habt ihr glaub schon gecheckt, was ich meine.

MfG,

JuJu

 

Hi Kubus,

Zitat:
Hier stört mich der Doppelpunkt im Lesefluss. Ich würde das als einen normalen Satz sehen.

Wüsste auf Anhieb nicht, wie der Satz ohne : lauten würde. Das mit Trautes Heim! und Schön hat ers hier! - da überlege ich, das bricht in die Stimmung, sehe ich auch so. Weiß noch nicht, ob ich das gut finde. Bisschen wie der verwurstet-Satz.


Nu ganz einfach:
So drängend das Bedürfnis(,) es einzuordnen.

Zitat:
Das Wort "kristallisiert" klingt für mich hier als wäre es aus Versehen in den Satz gerutscht.

Vorschläge?


Ich würde das Wort offengestanden einfach weglassen. Der Satz klingt für mich so viel runder:
Uti erkennt die Absurdität der Welt in ihren Pupillen.

Ist ne gute Argumentation. Ich habe das mal durchgespielt mit unterfordert oder unbefriedigt. Zu ihrem Treppenhausverhalten passte mE eher Utis Annahme, sie werde unterdrückt. Da er das partout nicht mit sich in Verbindung bringt.
Tja, Deinen Prot kennst Du natürlich besser als ich haha.

Liebe Grüße

elisabeth

 

elisabeth, den Doppelpunkt lass ich, der macht was her. Kristallisiert fliegt, da ist schlichter wirklich schöner! :thumbsup:

Juju, die Fronten sind geklärt. Die Ungesetzlichen werden es dir bei nächster Gelegenheit heimzahlen. :)

Friedel, pinn mir doch mal bitte den Satz, wie er legitimer Weise heißen müsste. Ich finde der sieht richtig aus. :shy:

Anakreon: Hihi :Pfeif:

Vielen Dank nochmal für all die Rückmeldungen, da war für mich viel Brauchbares bei! Ob Lob oder Gemecker oder wie man noch nennen kann, was hier so geschrieben wurde. :read:

 
Zuletzt bearbeitet:

Friedel, pinn mir doch mal bitte den Satz, wie er legitimer Weise heißen müsste. Ich finde der sieht richtig aus.

Soll so sein,

lieber Kubus,

wird aber bissken umfangreicher (macht aber nix, ne?).

Deine Konstruktion

…, sagt sie und hält die Hand zwischen Torbens imaginäre Kamera und ihr Gesicht
kam mir schon beim ersten Lesen bedenklich vor (mein Sprachgefühl sträubte sich). Dann erinnerte ich mich eines recht umfangreichen Schriftwechsels hier vor Ort, der sich fast ausschließlich zwischen zwei Userinnen entwickelt hatte, die ich hier sehr vermisse. Die ältere Kollegin (Are) brachte als kompetente Lehrerin grammatische Probleme auf geradezu genial einfache Weise auf den Punkt

(siehe gleich und selbst wenn’s in jeder dt. Grammatik zu finden wäre: wer liest schon freiwillig eine dt. Grammatik – ich eher nicht!, verlass mich zum einen aufs Sprachgefühl [Trefferquote > 90 %] und als die RS-Reform nach einigem Gezappel endlich durch war, zog ich mir das erste ca. Hundert Seiten Rechtschreibduden rein - die selbstverständlich derartige, wie das angesprochene Problem - nicht erläutern, und doch: die reinste Erholung gegenüber zB dem sich stündlich wandelnden Steuerrecht)

und Gingiko als kongeniale jüngere Gepsrächspartnerin. Es hat nicht jeder so’n dickes Feld und’n sturen Kopf wie ich. So hat – wer auch immer – die Vertreibung von kg.de geschafft.

Genug der Sentimentalität (obwohl’s mal gesagt werden musste)!

Wie andere Präpositionen auch bestimmt „zwischen“ den Akkusativ oder Dativ. Eine einfache Regel besagt: Wird die Präposition in ihrer lokalen Bedeutung gebraucht, dann steht
der Dativ auf die Frage „wo?“ zur Angabe einer Lage,
der Akkusativ auf die Frage „wohin?“ zur Angabe einer Richtung.

Am einfachsten kann man das durch eine häufiger verwendete andere Präposition, als „zwischen“ es sein kann feststellen, wie z. B. „in“:

Wohin geh ich?
Ich geh in den Wald.
Wo bin ich?
Ich bin im (= in dem) Wald.

Da die „Lage“ der Hand angegeben wird, kann die Frage mur lauten
Wo hält sie die Hand?, denn ein „wohin“ mit der Hand ist schon entschieden, ergibt nach meinem Gehör / Gefühl und unrerm Vorbehalt eines Nichtfachmannes

…, sagt sie und hält die Hand zwischen Torbens imaginärer Kamera und ihrem Gesicht[

Und wo ich gerad noch mal vorbeigeschaut hab:

Das Augen-Problem kann dem Augenarzt entzogen werden

(ich hör den schon jammern, weniger Einnahmen, wogegen zu setzen wäre: Nein, eine Entlastung des Budgets!)

und den Altvorderen der Poesie übergeben werden, statt des medizinisch bedenklichen

Uti erkennt die Absurdität der Welt in ihren dunklen Pupillen kristallisiert
empfehlen die Alten
Uti erkennt die Absurdität der Welt [im Karfunkel ihres Blicks].

Gruß

Friedel

 
Zuletzt bearbeitet:

Friedel, ist doch noch ein Kommentar draus geworden! Wahrscheinlich dachtest du, ich würde diesen Änderungsvorschlag nicht ohne Regelei annehmen.

sagt sie und hält die Hand zwischen Torbens imaginärer Kamera und ihrem Gesicht

Njet, sagt mein Sprachempfinden. Ich werde da so was wie bewegt draus machen, um das Wo zum Wohin werden zu lassen. Stelle mir die Situation auch so vor.

Uti erkennt die Absurdität der Welt [im Karfunkel ihres Blicks].
Urgs, Karfunkel ... das ist ... schrecklich

wird aber bissken umfangreicher (macht aber nix, ne?

Ist hübsch anzusehen, so eine Querfeldeintour! Ich finde die deutsche Regelwut ja irgendwie sympathisch und meist auch amüsant in ihren kafkaesken Auswüchsen, aber die Duden-Bücher auf meinem Schreibtisch rührte ich nach dem Kauf kaum mehr an. Es macht einfach nicht Klick! - ich lese und lese in Grammatik-Duden, Komma, Punkt und so weiter, aber es hilft nicht; die Pointe zündet bei mir nicht. Tja! Also entweder Sprachgefühl oder Pech gehabt.

Gruß!

Kubus

Nein, bewegt geht nicht. imaginärer und ihrem ebenfalls nicht.

 

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