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Captain Past - Der Streik

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22.03.2005
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Captain Past - Der Streik

Ja, willkommen, meine Damen und Herren … Sitzt meine Uniform richtig? Sonst seh ich auf den den Holos nachher aus wie der Hempels unter den Aussteigern … Ja? Also, wie gesagt, willkommen an Bord der Meteor, Frachtschiff seiner Göttlichen Kapitalität Firma Kontor Galactic. Unser Motto: Wir besorgen es jedem. Hahaha. Ähem.
Ein paar einleitende Worte zum Job? Da kann ich nur eines sagen: Es gibt kaum einen härteren Job als den eines Frachterkapitäns. Die ganzen wilden Partys auf den Gängen, die Verfolgungsjagden mit Piraten und Weltraumpolizei, da kann einem schon das Stressbarometer lila anlaufen. Und deshalb ist das so wichtig, dass Sie das Ganze mal filmen. Das bringt mehr Quote als jeder Krimi, sag ich Ihnen.
Aber Spaß beiseite: Das Wichtigste im Umgang mit den Leuten ist das Menschliche. Als Chef musst du auf die Leute eingehen können. Wenn die Probleme haben, kein Problem, der Papa hat immer Zeit und immer ein offenes Ohr. Sogar zwei, wenn nötig. Dann schmeißt sich der Laden praktisch von alleine.

„Captain Past, ich habe hier zwei Frachtbriefe, die nicht eindeutig zugeordnet sind ...“
„Und ich habe hier zwei dicke Eier, um die muss ich mich auch alleine kümmern.“
„Ähm … Bitte?“
„Tja, Joan, wir haben flache Hierarchien. Da muss man auch mal selbst die Verantwortung übernehmen und nicht jeden Scheiß dem Papa in die Ritze schieben …“
„Oh nein, Captain, dieser Vorgang fällt eindeutig in Ihre Verantwortung. Ich werde nicht …“
„Also schön, damit Fräulein Staubnieser zufrieden ist. Seite eins, Seite zwei … Noch mal Seite eins und zwei … So, alles in Ordnung, Vorgang beendet.“
„Aber …“
„Und jetzt wieder husch ins Aktenkörbchen, Frau Landa, und jetzt halten wir uns wieder hübsch an unsere Arbeitsteilung: Der Papa sorgt sich um die großen Dinge, das Fußvolk um die kleinen.“

Raumfrachtfahrt ist wie die Ehe. Am Anfang hast du Stress mit dem ganzen Einpacken und organisieren, alles unter einen Hut bringen und dem ganzen Kladderadatsch. Am Ende hast du Stress mit Auspacken, mit Verhandeln, und die ganze Zeit musst du aufpassen, dass du nicht über den Tisch gezogen wirst. Aber dazwischen plätschert alles vor sich hin, und das Plätschern ist das pausenlose Genörgel. Und bei der Frachtfahrt hast du noch nicht mal Sex.

„Dummie, alte Gummiamöbe, was für ein Furz liegt dir denn diesmal quer?“
„Also erstmal, ich heiße Wilhelm. So wie mein Erbauer, das ist ein Zeichen des Respekts …“
„Halloho, Dummie, immer locker durch die Hose atmen. Du hast mir immer noch nicht gesagt, wieso du hier reinplatzt wie ein Würstchen ins Veganertreffen.“
„Die Tegaraner wollen Sie sprechen.“
„Weil dem König die Würmer zu salzig waren, oder was? Nä. Hab ich nix mit zu tun. Sag denen, ich bin verhindert. Muss noch ein paar Sprüche auf die Klowand malen.“
„Aber die sagen, das ist ganz dringend …“
„Ich kann denen auch einen ganz dringenden Scheißhaufen runterschicken. Zeit ist ein kostbares Gut, da kann ich die wohl kaum mit grünen Bimbos verschwenden. Wird Zeit, dass die das auch mal lernen.“

Es ist wie früher auf der Erde mit Negern und den Weißen: Die Neger haben immer gejammert: Ihr beutet uns aus, ihr beklaut uns, ihr versklavt uns … Aber die Weißen sind halt einfach früher aufgestanden. Die hatten Zivilisation, die hatten Technik, die hatten Kultur … Und die Neger? Spielten mit Pfeil und Bogen im Dschungel rum und machten sich nen schönen Tag. Und das ist ja kein Vorurteil, sondern historisch erwiesen. Ich sag immer: Die Aliens sind die neuen Neger. Über die haben früher alle gesagt: Bäh, Dschungelmentalität, dumm wie Brot, aber am Ende haben sie sich gemausert und wurden wie die Weißen. Und dann, schwupps, haben sie Respekt gekriegt. Das hat doch nichts mit Rassismus zu tun.

„Dummie, alter Fliegenfußpilz, hat dir Gregor wieder Schmieröl in den Birnensaft gekippt, oder hast du vergessen, wie man den Knopf an der Comanlage drückt?“
„Captain, die Rangoaner wollen mit Ihnen über die Lieferung sprechen. Die meinen, da wäre etwas nicht in Ordnung …“
„Ach herrje, wollen die sich beschweren, dass ihre Bumsskulpturen nicht im richtigen Winkel kopulieren, oder was?“
„Augenblick, ich frag sie …“

Was das Menschliche betrifft, sind Androiden die reinsten Einzeller. Kopfrechnen können sie wie die Weltmeister, aber humormäßig sind sie die reinsten Flachbacken. Wuäh, ich werde gemobbt, wuäh, keiner mag mich … Aber was willst du machen, wenn die da oben sagen, nee, ist egal, was du denkst, jedes Schiff kriegt einen von denen, dann sag ich dem doch nicht: ‚Toll, ich freu mich ja so ein Loch in den Arsch, dass du da bist.’ Und das hat mit Mobbing ja nichts zu tun, ich kann schließlich nichts dafür, dass der Typ so eine derbe Vollklatsche hat.

„Captain, die Rangoaner sagen, sie haben keine Skulpturen erhalten, sondern Würmer, und sie haben Ihre Vorgesetzten in unserer Niederlassung auf Rangoa kontaktiert. Die sagen, wenn Sie Ihren verdammten Arsch nicht hochkriegen, sind Sie gefeuert … sagen sie.“
„…“
„Was soll ich denen denn jetzt sagen?“
„Nö. Isnordnung. Kommselbst.“

„Oh, Herr Zcroubuta … falsche Lieferung? Joah, da hat wohl einer meiner Mitarbeiter übelst geschlampt … Also ich achte immer penibelst darauf, dass alles korrekt … Ja, das weiß ich auch, dass das über meinen Schreibtisch gewandert ist … also, der Fehler muss sich danach ereignet haben … Ich werde mich persönlich darum kümmern. Ich werde mich da dranhängen wie ein Piranha an einen Badegast auf Muona … Ja, ist klar … Wiederhören.“

Wenn du Karriere machen willst, musst du ein Prinzip verstehen: Schuld fließt nach unten. Als Adam und Eva den Apfel gemampft haben, hat auch keiner gesagt: „Gott, du Vollidiot, was pflanzt du den Apfelbaum mitten ins Paradies!“ Und warum? Weil keiner es wagte, ihm das ins Gesicht zu sagen. Und so läuft das heute auch. Du musst halt nur irgendwie einen Adam finden. Oder eine Eva. Verstehen Sie?

„Captain Past, mir liegen Beschwerden zweier Handelsgesellschaften auf Tegara und Rangoa vor. In der von Tegara ist von einer Beleidigung der Staatsreligion die Rede. Dass sich in den Containern statt der bestellten Salzwürmer Statuen von fremden Wesen im Geschlechtsakt befanden.“
„Ja, Tegaraner sind verklemmter als eine Nonne auf dem Trockendock. Andere gehen zum Lachen in den Keller und die zum Bumsen …“
„Das hier, Captain, ist eine ernste Angelegenheit. Besonders für Sie. Habe ich mich klar ausgedrückt?“
„Ähm … hmhm.“
„Gut. Die Rangoaner wiederum haben nicht ihre Statuen von Artgenossen im Geschlechtsakt, sondern Salzwürmer erhalten. Diese Würmer enthielten ein Virus, das eine Schnupfenepidemie in der Hafenstadt auslöste.“
„Tja, so sind Sie, die Bimbos. Noch nie was von Quarantänebestimmungen gehört. In dieser Hinsicht habe ich mir ja noch nie etwas zuschulden kommen lassen …“
„Das werden wir sehen. Die Rangoaner sagen nämlich, dass einige der Behälter nicht ordnungsgemäß etikettiert waren und deshalb überhaupt erst geöffnet wurden. Es lag doch in Ihrem Verantwortungsbereich, das nachzuprüfen, Captain.“
„Das habe ich auch umgehend veranlasst, Herr … äh …, aber wenn die Herren und Damen Schiffskameraden ihren Job nicht ernst nehmen, dann kann ich mir den Kiefer fusselig … äh … verrenken, und es passiert nichts. Ich hatte mir schon vorgenommen, einen kräftigen Tritt nach unten auszuteilen, aber vom Menschlichen her zögert man mit so einem Schritt ja immer …“
„Eines sag ich Ihnen, Captain: Für diesen Vorfall wird ein Kopf rollen, und es wird nicht meiner sein!“

Diese Frachtergesellschaft ist wie ein gieriges Krakenmonstrum im Wanderzirkus. Der Pfleger, der sitzt oben und wirft das Futter rein, aber du bist der Bazillus im Magen, der alles verdaut. Und wenn du einmal nicht aufpasst, zack, wirst du mit verdaut. Das Menschliche, das spielt bei denen keine Rolle, da könntest du eine Delphanische Sandmouräne fragen, was Liebe ist; die frisst auch ihre eigenen Kinder und denkt sich nichts dabei. Und so funktioniert das bei diesen Pflegerheinis auch. Null Grips für Gefühle unter der Amöbenbirne, als ob wir bloß Zahlen wären oder Maschinen.
Und jetzt sitz ich hier mit dem ganzen Scheiß und muss einen in die Wüste schicken, damit der Hammer an mir vorüberkreist. Kann ich doch nichts für, wenn das Spiel so läuft. Büro ist eben Krieg, da beißt die Maus keinen Hoden ab.

„Tja, Joan, das mit der Verwechslung der Frachtbriefe ist ein ernstes Missgeschick. Ich habe alles versucht, um bei der Geschäftsleitung ein gutes Wort für Sie einzulegen; ein richtiges Bein habe ich mir ausgerissen, damit Sie Ihren Job behalten, aber um ehrlich zu sein, das Einzige, was wir jetzt noch machen können, ist Schadensbegrenzung.“
„Wa… Wie bitte? Was soll das denn heißen?“
„Das soll heißen, Sie sollten jetzt besser die volle Verantwortung für den Vorfall übernehmen. Dann kommen Sie vielleicht noch mal mit einer saftigen Abmahnung davon.
Wenn Sie es aber nicht tun, dann saust der Hammer richtig runter, und so was von mit Schmackes, da bleibt von Ihrer Karriere und Ihrem Job bloß ein blutiger Brei.
Ich habe schon mal ein Blättchen aufgesetzt, Sie brauchen es bloß noch zu unterschreiben. Hier.“
„Da denke ich gar nicht dran.“
„Ja, ich weiß, dass es schwerf… Was?!“
„Für wie blöd halten Sie mich eigentlich? Um den Inhalt der Frachtcontainer zu überprüfen, muss ich eine Genehmigung von Ihnen erhalten. Aber als ich darum bitten wollte, haben Sie mich einfach abgewatscht. Wenn hier einer geradesteht, dann Sie!“
„Ja, und wer sagt, dass es keine Genehmigung geben wird, wenn die Geschäftsführung danach fragt?“
„Das Datum auf der Genehmigung? Sie wissen doch, das kann man nicht mehr so leicht fälschen.“
„Ach, das Datum … Das, äh …“
„Ja, genau, das Datum. Und eines sag ich Ihnen: Über Ihren Versuch, mich für Ihren Fehler verantwortlich zu machen, werde ich an höchster Stelle Beschwerde einlegen. Guten Tag!“

Frauen sind wie Stinktiere. Du darfst die gar nicht reizen, denn wenn du das machst, dann spritzen die dich an mit ihren Hormonen, und du müffelst wochenlang wie tausend faule Eier. Und alle meinen, der Gestank kommt von dir, dabei war es doch das Stinktier … also, die Frau, die dich eingesaut hat.
Alle halten mich für den letzten Arsch, weil irgend so eine Vorzimmertipse mir hinterhältige Sachen unterstellt, die ich getan haben soll … Sie wissen schon, vorhin, als Sie draußen gewartet haben und nicht mitfilmen konnten … Haben Sie doch nicht, oder? Gott sei Dank, äh, ich meine …
Ich meine, das ist doch nun mal mein Job, das gehört alles dazu … Ich muss wieder an die Arbeit.

„Was ich dir jetzt sage, Dummie, dürfte ich dir eigentlich gar nicht erzählen. Streng vertraulich. Wenn die erfahren, dass ich dich informiert habe, bin ich ratz, fatz meinen Job los – kannst du bitte einen Augenblick aufhören, die blöden Joghurtdeckel abzulecken?“
„Das ist gesund, hat Papa Wilhelm immer gesagt. Also, der Joghurt. Ich habe nämlich eine menschliche Verdauung, aber ich darf nicht zu viele harte Sachen essen. Und ungesundes Zeug auch nicht. Damals, kurz nachdem der Papa mich gemacht hat, da hatte ich nämlich richtigen Durchfall, und der war so schlimm, dass …“
„Dummiiee, pack deine Scheißeritisanekdoten in der Kantine aus. Ich wollte nur sagen, die vom Vorstand …“
„Augenblick, ich frag mal die Fernsehleute, ob sie auch einen Becher wollen. Die müssen doch hungrig sein, den ganzen Tag mit der Kamera rumstehen. Sogar jetzt, hinter der Glastür …“
„Herrgott, jetzt halt doch mal die Fresse!“
„… Das …. Also … Nee! Ich lass mir ja Vieles sagen, aber Gott hat hier nichts verloren. Papa sagt auch immer, Respekt vor Gott ist ganz wichtig …“
„Dummie, du Eimer, die vom Vorstand wollen dich feuern, weil du die Sache mit den Containern verbockt hast!“
„Wieso ich? Das ist … Nee! Ich hab die Frachtbriefe ordnungsgemäß abgelegt. Da können Sie auch die Überwachungsholos schauen.“
„Ja, und auf denen sieht man nur, dass du zwei Frachtbriefe abgelegt hast, aber nicht welche. Und wer ist im Vorteil, wenn es Aussage gegen Aussage steht? Der Elefantenfurz oder der Kaninchenfurz? Wer fliegt höher? Na?“
„Also die Kameras haben eine Zoomfunktion, da kann man alles ganz genau sehen. Und notfalls kann man auch mein Gedächtnis anzapfen, aber das ist mir immer so unangenehm.“
„Ach, so ist das. Ja, dann …“
„Kann ich jetzt wieder gehen? Ich muss noch ein paar Abrechnungen machen, und …“
„Hmhm. Is’ okay.“

Manchmal könnte ich das alles hier hinschmeißen und in die Tonne treten. Und auch noch hinterherkotzen. Was auf diesem Schiff an Scheiße fabriziert wird, da könnte man einen Wolkenkratzer von stapeln. Bis zum nächsten Sonnensystem! Aber ausgerechnet wenn es mal wirklich um was Wichtiges geht, dann ist wieder keiner verantwortlich. Kotzt mich an, so was! Wie so ne Riesendrachenechse, den ganzen Mageninhalt …
Scheißladen ist das. Die ganze Firma. Da prasseln von oben Ungerechtigkeiten auf dich runter, und du kannst die ganze Zeit nur mit dem Regenschirm dastehen und sehen, dass du nicht nass wirst. Und das nur, weil die irgendeinen suchen, auf den sie die Verantwortung abwälzen können. Aber nicht mit mir, Kinners, nicht mit mir. Früher haben die Menschen auch geglaubt, der Wettergott kann machen, was er will. Aber dann haben die Menschen gesagt: Nee, jetzt reden wir auch mal ein Wörtchen mit. Und dann haben sie die Wetterkontrolle eingeführt. Da konnte er sich verpissen, der Wettergott.

„Sie wollen sich also unserem Arbeitskampf anschließen, Captain Past? Das hätte ich von Ihnen gar nicht erwartet.“
„Was heißt hier nicht erwartet, Herr … äh …“
„Uljujiwitsch, Captain. Stefan Uljujiwitsch. Ich wollte Ihnen nicht zu nahe treten. Aber böse Zungen behaupten, dass Solidarität eine der letzten Attribute sei, mit denen man Ihren Charakter beschreiben könne. Das ist wohl offensichtlich ein Irrtum.“
„Ja, selbstredend, H… Stefan. Solidarität ist eine meine großen Stärken. Die ist so groß, dass meine Crew wie ein Mann hinter mir her marschiert. Da könnte der gute antike Stalin noch was von lernen. Also … ich meine … wegen Sozialismus und Solidarität und so … Sie wissen schon.“
„Jedenfalls ist es gut, dass Sie dabei sind. Dann beteiligt sich Ihre Crew also an dem Warnstreik nächste Woche?“
„Wer redet denn hier von Warnstreik? Einen Generalstreik brauchen wir! Denen werden wir so einheizen, dass die mit dem Rücken näher an der Wand stehen als Fliegen unter einer Dampframme.“
„Das beabsichtigen wir aber nicht. Unsere Forderungen sind nicht so radikal, dass extreme Maßnahmen verhältnismäßig wären. Der Vorstand sagt zudem, dass die Firma mit ihren Lieferungen ohnehin in Verzug ist und Investitionen für Expansion eingeplant sind. Das wollen wir nicht sabotieren.“
„Ach, Papperlapups, das ist doch alles nur hohles Gewäsch von den Zirkustierpflegern da oben. Das Einzige, worüber sie den ganzen Tag nachdenken, ist, wie sie uns heute kleinkriegen können, damit wir brav Männchen machen und durch brennende Reifen hüpfen.“
„Heißt das, Sie halten die Ankündigungen des Vorstands für heiße Luft? Haben Sie interne Quellen?“
„Äh … Ja, sicher. Ich und die Vorzimmertipse vom Solucu, wir sind ja so was von eng miteinander … Sie wissen schon, knick-knack … Aber sie redet nur mit mir über diese Sachen. Sind ja auch streng genommen vertraulich.“
„Beweisen können Sie also nichts?“
„Nein, aber ich kann Ihnen hoch und heilig versichern, dass die da oben für ein Vorstandsfest mehr Kohle raushauen als für die Unfallsicherheit und die Familienfürsorge zusammen. Die lachen sich kaputt über euch, weil ihr euch mit diesem Investitionsscheiß verarschen lasst.“
„Nun, wenn das stimmt, dann ändert das natürlich alles. Aber wir können nicht aufgrund von Vermutungen einfach so unsere Strategie ändern …“
„Quatsch. Wir pumpen denen so viel Luft in die Druckkammer, dass die da drinnen platzen. Wir werden denen eins ins Regal koffern, dass der ganze Büroturm einstürzt. Nur so wird ein Schuh des Erfolgs draus.“

Wenn du als Seiteneinsteiger Karriere machen willst, dann musst du geistiges Frischfleisch mitbringen. Eine ganz tolle neue Idee, wo sich alle draufstürzen und sagen: Boah, was für ein Pfundskerl hat sich so was ausgedacht? Und dann bleibst du entweder in der Versenkung, und die anderen kungeln weiter, oder du startest richtig durch und bist ab sofort der Oberkungler.
Im ersten Moment sind neue Ideen immer unwillkommen. Das war mit Marx so, mit Jesus, mit Luther, Mao, Asimov … Aber am Ende haben sie es dann allen gezeigt und sind abgegangen wie ne Rakete zum rangoanischen Thailandpuff.
Gut, ich hab den Streikführerposten so schnell gekriegt, weil ich etwas über gewisse sexuelle Vorlieben des Vorsitzenden rausgefunden habe, denen er lieber im Geheimen nachgeht, aber ich habe auch nicht so viel Zeit. Das Ding musste ja durch sein, bevor die mir wegen der Tegarasache aufs Dach steigen können.
Ich meine … Natürlich geht es mir hier nicht um den Kündigungsschutz für Streikführer. Also nicht nur. Die Idee ist das Entscheidende. Mehr Lohn, weniger arbeiten, mehr Gehalt, weniger arbeiten … äh … weniger Mobbing, mehr Unfallsicherheit ... Der ganze Kram halt, den die da unten immer haben wollen.
Das kriegen diese Betriebsratsfuzzies ja gar nicht mit in ihrem schönen Elfenbeinbüro unter der Chefetage.
Aber als Chef weißt du genau, was deinen Mitarbeitern auf der Seele brennt. Und wenn du dich dann für sie einsetzt, dann bist du ein Halbgott.
Halbgott ist besser als alles andere. Wenn du nur Mensch bist, dann bist du einer von vielen da unten. Wenn du Gott bist, dann schwebst du oben, und die müssen zu dir raufschauen. Aber als Halbgott kriegst du beides gleichzeitig hin.

„Captain, was ist hier los?“
„Oh, Herr Solucu, einen wunderschönen guten Morgen. Ich bin hier, um Ihnen die Forderungen der streikenden Belegschaft vorzutragen …“
„Soll das heißen, Sie stecken hinter dem ganzen Quatsch? Wir stecken in einem riesigen Stapel unerledigter Aufträge, und wenn der Streik nicht sofort aufhört, werden die alle storniert. Wir sind sowieso in Verzug, das wussten Sie doch.“
„Ja, das sind in der Tat keine rosigen Umstände, um einen Generalstreik auszusitzen, nicht wahr? Vor allem, wenn es so gut wie unmöglich ist, die Notmannschaften vollzukriegen.“
„Ach, Sie legen es darauf an, dass die Firma pleite geht, ja? Dann können Sie sich Ihre Forderungen in die Haare schmieren, das wissen Sie so gut wie alle Ihre Streikgenossen.“
„Also das ist doch nun völliger Kokolores, Herr Solucu. Wir fordern Gerechtigkeit für alle Mitarbeiter, die viel zu lange erduldet haben, dass ohne jede Scham auf ihrer Würde herumgetrampelt wurde. Das ist ein Fass, das übergelaufen ist, weil Sie da ständig reingepanscht haben. Und damit ist jetzt Schluss, das sag ich Ihnen!“
„Ja, vor allem ist damit Schluss, dass wir Sie entlassen. Streikführer genießen besonderen Kündigungsschutz. Aber das wussten Sie ja, nicht?“
„Das … verbitte ich mir. Es geht mir nur um das Wohl der ganzen Belegschaft, und das ist ja wohl im Moment tiefer im Arsch als ein quersitzender Maiskolben. Hier muss sich etwas im Großen ändern. Unsere Forderungen zu erfüllen ist das Mindeste, was Sie auf Ihren hochbezahlten Sesselfurzerärschen tun können.“
„Na, dann tragen Sie Ihre ehrenwerten Forderungen doch vor. Ich hatte in letzter Zeit ohnehin nicht viel zu lachen.“

„Und, Streikgenossen, ich sag euch: Wenn die Bonzen uns zeigen wollen, was ne Harke ist, müssen wir denen zeigen, was ein Mähdrescher ist. Wir müssen denen so sehr einheizen, dass sie die Klamotten wegwerfen und nackt nach unserer Pfeife tanzen.“
„Jawohl, so ist es!“
„Es lebe Captain Past!“
„Captain, Sie sind nicht nur der beste Redner, sondern auch der beste Verhandlungsführer, den wir je hatten. Die knicken morgen schon ein wie Strohhalme.“
„Danke für die Blumen, Herr … äh … Ich sag immer: Solidarität und Menschlichkeit, das muss der Grundsockel sein, auf dem die Firma steht. Sonst kann alles den Bach runtergehen.“
„Sehr richtig, Captain. Sonst geht alles den Bach runter. Und deshalb müssen wir Druck machen. Auf keinen Fall nachgeben.“

Das ist wie ein völlig anderes Leben. Fast wie ein anderes Universum. Von da oben, da heißt es immer nur: Scheffel für uns die Kohle oder lass dich begraben. Aber hier, da merkst du, dass du was wert bist. Da hast du Anerkennung. Du weißt auch, wofür du das alles machst.
Das ist, als hätte eine gute Fee dir eine Seele gegeben und gesagt: Hier. Und nicht verschusseln, sonst gibt’s Haue.
Hier, sogar Fanpost krieg ich. „Der Captain an die Front“ steht hier. Oder das hier: „Mach sie fertig, Captain Future“. Lustig. Ich seh die schon alle skandieren: „Future, Future“.
Im Ernst: Ich werde für meine Leute so viele Extras rausholen, dass sie mir eine Statue bauen. Captain Future, Held des arbeitenden Volkes. Geil.

„Tja, Captain Past. Ich kann mir nicht helfen, aber ich werde nicht so recht schlau aus Ihnen. Da schicke ich Ihnen interne Daten über die wirtschaftliche Situation der Firma, und Sie kommen mit einer Kopie Ihrer Forderungen vom letzten Mal, als hätten Sie die Daten gar nicht reflektiert. Wie soll ich mir diese Diskrepanz erklären?“
„Hm? Also das ist bei mir nie eingegangen, Herr Solucu. Auf die Technik ist heute kein Verlass mehr ...“
„Interessant. Nun, vielleicht sind die Filtereinstellungen Ihres elektronischen Postfachs falsch justiert. Das kann passieren.“
„Ähm … Nun, wir können ja trotzdem die Verhandlungen weiterführen …“
„Ich wüsste nicht, welchen Sinn das hat. Aber ich wollte mit Ihnen heute sowieso über etwas ganz anderes reden, Captain. Jetzt, wo die Kameras mal vor der Tür geblieben sind.“
„Und … über was genau? Jetzt spannen Sie mich doch nicht so auf die Folter …“
„Fühlen Sie sich wohl in der Streikbewegung?“
J…Ja, sicher. Was für eine Frage.“
„Das ist sicher eine unglaubliche und aufregende Erfahrung für Sie. Mal was ganz Besonderes sein, eine Mission haben, das erleben die meisten Leute in ihrem ganzen Leben nicht.“
„Ja, aber das Wohl der Arbeitnehmerschaft lag mir immer schon am Herzen. Ich hatte immer ein offenes Ohr für die Sorgen und Nöte meiner Schäfchen, und …“
„Aber Ihnen ist klar, dass der Streik irgendwann vorbei ist und Sie dann wieder in die graue, muffige Zelle namens Kapitänskajüte zurückkehren müssen, wo der ganze öde Alltag von Neuem beginnt. Keine besondere Bedeutung mehr, keine Mission, für die das Herz glühen kann. Nur ein Rädchen im Getriebe. Bis zur Rente. Oder glauben Sie ernsthaft, dass wir Sie bei Ihrer Arbeitseinstellung im Allgemeinen und Ihren letzten Eskapaden im Besonderen noch irgendwann befördern?“
„… Also … Ich … Ich weiß nur nicht, worauf Sie hinauswollen …“
„Ich will darauf hinaus, dass es nicht in Ihrer Hand liegt, ob sich in Ihrem Leben noch etwas bewegt oder nicht. Es liegt in unserer. Wir können Sie bis zum Vertrocknen auf Ihrem Schiff Dienst schieben lassen – oder nein, warten Sie, in fünf Jahren ist der besondere Kündigungsschutz für Streikführer verwirkt. Das heißt, wir werden über jeden Fehler, den Sie in dieser Zeit begehen, akribisch Buch führen, und angesichts Ihrer bisherigen Klöpse bin ich zuversichtlich, dass wir danach genug für eine fristlose Kündigung in der Hand haben. Vielleicht stufen wir Sie auch herunter und befördern einen Ihrer Untergebenen auf Ihren alten Posten. Joan Landa zum Beispiel. Die freut sich ganz bestimmt über einen Plätzetausch.“
„... Ähem … Hust …“
„Oder wir können Sie befördern. Auf einen gehobenen Führungsposten in der Auftragsabfertigung. Die Bezahlung wäre gut. Sogar sehr gut. Und zu tun gäbe es auch nicht viel. Für einen Großteil Ihrer Arbeit stellen wir Ihnen ein oder zwei Assistenten zur Seite.
Na, wie hört sich das an, Captain? Welche der Alternativen würden Sie wählen?“
„Ich … verstehe nicht …“
„Eine Hand wäscht die andere, Captain Past. Wir wollen, dass Sie sich bei Ihren Streikgenossen für unseren Gegenvorschlag stark machen. Wir lavieren natürlich eine Weile herum und kommen zu einem Kompromissvorschlag, damit Sie Ihr Gesicht wahren können.
Aber eines sollten Sie immer im Hinterkopf behalten: Ihr weiteres Schicksal hängt von unserer Beurteilung ab, wie stark Sie sich für unsere Seite ins Zeug gelegt haben. Verstanden?“

Wenn du Karriere machst, darfst du keine Seele haben. Denn wenn du eine hast, wird sie dir genommen. Rausgerissen. Einfach so. Am liebsten dann, wenn du nicht damit rechnest. Das tut dann am meisten weh.
Das ist ungerecht. Ungerecht. Da findest du endlich mal was, wo dein Herz wirklich dranhängt, und dann kommt so eine schamlose Erpressung. Was willst du denn machen, wenn du ständig solche Entscheidungen treffen musst? Egal, was du machst, es ist irgendwie falsch.
Aber trotzdem musst du weiterleben. Irgendwie. Auch ohne Seele.

„So, Genossenkinder, Ring frei für die nächste Runde. Die letzte ging ganz klar an mich … ich meine, uns. Heute morgen hat mir der Solucu ein paar interne Daten über die wirtschaftliche Lage rübergeschickt, und was ich da sehe, sieht schon schwer nach Fahrstuhl zum Kohlenkeller aus.“
„Die Zahlen sehen wirklich nicht so gut aus, wie Sie uns neulich suggeriert haben, Captain.“
„Nein. Das ist ja gerade der Schokohase im Osterei. Die stecken viel tiefer mit dem Kopf in der Müllpresse, als wir dachten. Stellt euch vor, der hat uns bereits einen Gegenvorschlag gemacht, den ich Riesengigantenklasse finde. Mit Hut. Hier der Entwurf ...“
„Hmmm, das sieht aber eher nicht nach echtem Einlenken aus. Eher wie ein paar kosmetische Änderungen bei den Arbeitsbedingungen hier, ein bisschen mehr Lohn da. Sie versuchen jedes Mal, uns auf diese Weise auszutricksen.“
„Kosmetisch … Also da bin ich völlig anderer Ansicht, Stefan. Dieser Vorschlag zeigt, dass denen das Wasser bis unter die Nase steht. Und wenn wir denen weiter ins Becken pinkeln, dann ersaufen sie.“
„Ja, es stand nicht ganz so gut um die Firma, wie Sie uns gesagt haben, Captain. Aber das ist nun wirklich kein Grund, so schnell einzuknicken.“
„Was heißt hier einknicken. Der Solucu hat sich unter meinen Füßen gewunden wie ein Tausendfüßler mit Darmkatarr. Ich hab den meine Stiefel lecken lassen wie eine Domina, und bei jedem Peitschenhieb hat er ‚Danke’ geschrieen und nen Tausender draufgelegt … haha. Ähäm.“
„Davon sollte man sich nicht täuschen lassen, Captain. Ich kenne Herrn Solucu viel länger als Sie. Der ist mit allen Wassern gewaschen.“
„Und ich nicht nur mit jedem Wasser, sondern auch jedem Shampoo. Ich sag Ihnen, jetzt noch mehr rauszuhauen, das wäre, als würde man das Pferd schlachten, das einem die Äpfel legt.“
„Da bin ich anderer Ansicht. Selbst wenn die Hälfte der laufenden Aufträge storniert würde, geriete die Firma in keine Schieflage und könnte alle unsere Forderungen erfüllen. Für die Erweiterung des Geschäfts müsste sie große Kredite aufnehmen, aber dann sehen wir ja, ob es denen ernst war damit, nicht wahr?“
„Also … Das ist eine bodenlose Milchmädchenrechnung …“
„Milchmädchen … Was? Wo haben Sie den Ausdruck wieder her?“
„Das ist … Ach, ist doch egal. Auf jeden Fall …“
„Captain, was ist los mit Ihnen? Vor ein paar Wochen hieß es noch: Wir gehen in die Vollen und ziehen einen Generalstreik auf. Und jetzt sollen wir so schnell nachgeben? Was versprechen Sie sich davon?“
„W… Was heißt hier: ‚Was verspreche ich mir davon?’ Es geht mir hier um das Wohl der Firma, ich meine, von allen Leuten in der Firma …“
„Gut, dann wird es Ihnen sicher nichts ausmachen, wenn ich ab sofort die Einzelgespräche mit Herrn Solucu übernehme.“
„Das ist ein glatter Putschversuch …“
„Sie meinen, der Vorsitzende putscht Sie von dem Posten, den er Ihnen gegeben hat? Seltsame Logik, finden Sie nicht?“
„Also bitte, Stefan. Wenn Sie eine Vorliebe für die großen Tiere haben, müssen Sie die auch ausleben. Habe ich vollstes Verständnis für.“
„Was soll diese Ansp… Ähem. Keine Ahnung, was Sie meinen. Also gut. Eine Chance gebe ich Ihnen noch. Sie werden bei Herrn Solucu den Gegenvorschlag unterbreiten, den wir heute beschließen. Und Sie werden ihm genauso viel Druck machen wie wir bei den Delegationsverhandlungen, damit die wissen, dass wir an einem Strang ziehen. Habe ich mich klar genug ausgedrückt?“

Karriere ist wie eine Müllpresse. So lange du mit den Füßen auf dem Abfall stehst, schiebt er dich nach oben. Aber wenn du einsackst, wird er so lange auf dir zusammengedrückt, bis nur noch Pflaumenmus von dir übrig ist. Egal, in welche Richtung du dagegendrückst: Die Wände kommen immer näher, und dann, matsch, bist du fällig.
Und keine Lücke, durch die du schlüpfen kannst. Kein Roboter, der die Presse anhält.
Aber eines sag ich Ihnen: Wenn man einen Löwen in die Enge treibt, dann kann er zum reißenden Tyrannosaurus werden. Denen werd ich so viele Arme und Beine rausrupfen, dass sie froh sind, wenn sie die Köppe behalten.

„Herr Solucu, schön, Sie wieder zu sehen. War der Puffausflug erfolgreich?“
„Ähm … Hehe. Schön, dass Sie nach all den Jahren hier immer noch so locker sind. Haben Sie einen akzeptablen Kompromiss vorzulegen?“
„Leider nein, Herr Solucu. Ganz im Gegenteil, wir gehen jetzt richtig in die Vollen. Sie wollen uns mit mickrigen zwei Prozent mehr Lohn abspeisen? Nix da, wir fordern zehn Prozent. Und von den Arbeitsbedingungen wollen wir gar nicht erst reden. Unterkünfte nennen Sie die Sardinenbüchsen auf den Schiffen? Das sind Blechsärge, dazu gemacht, uns depressiv zu machen, damit wir uns aufhängen und keine Betriebsrente kassieren können. Was Sie mit uns machen, das ist Mord auf Raten. Aber das lassen wir uns nicht länger gefallen. Wir werden …“
„Komisch, in dem Entwurf des Streikrats sind die Forderungen weit weniger radikal als in Ihrem. Haben Sie das wirklich abgesprochen?“
„Hm? Ach, das ist doch Geschwabbel von gestern. Heute morgen habe … haben wir höchstpersönlich beschlossen, die Schraube noch mal höher zu drehen. Gerechtigkeit hat keinen Preis …“
„Captain, ist das Ihr Ernst? Wollen Sie trotz unserer kleinen Unterredung vom letzten Mal Ihren Kurs fortsetzen?“
„Ja. Bin doch keiner, der auf schmierige Drohungen und Bestechungen eingeht. Jetzt machen wir Nageln mit Köpfchen. Sie werden auf unsere Forderungen eingehen, sonst wird es hier ratz, fatz zappen…düsterer als im Dark Room von einem Saunaclub für Blinde.“
„Ich schwöre Ihnen, das werden Sie büßen. Dafür lasse ich Sie auf die letzte Hinterwäldlerroute des Universums abschieben.“
„Tja, es sei denn, die Ausweitung des Kündigungsschutzes für Streikführer wird vertraglich auf Lebenszeit ausgeweitet.“
„Was!?“
„Plus der Auflage, dass fenito mit Herabstufungen aller Art ist.“
„Sie wollen mich veräppeln. Das kriegen Sie niemals durch. Sie werden völlig allein dastehen.“
„Joah, wir werden sehen, wer hier am Ende solo ist, Herr Solucu. Passiert schneller, als man denkt.“

„Sie wollen was?!“
„Na, ich meine natürlich nicht das ganze Programm von heute auf morgen, Stefan. Denen kann man durchaus noch ein wenig Zeit geben für die Umstellung, aber ich meine die Grundidee …“
„Ich spreche von der Ausweitung des Kündigungsschutzes, Captain. Begreifen Sie denn nicht, dass man uns das als Vorteilsnahme auslegen könnte, falls wir nicht alle Vorstellungen durchboxen und das Genörgel anfängt: 'Warum habt ihr euch nicht stärker ins Zeug gelegt'?“
„Was heißt hier, nicht alle Vorstellungen durchboxen? Hier geht’s ums Prinzip. Einigkeit, Brüderlichkeit, Sozialismus …“
„Solidarität.“
„Wie auch immer, wir wollen hier was für die Menschen erreichen. Und da müssen wir konsequent sein. Kein Hin und Her und Wischiwaschi, sondern eine glasklare Linie, und die heißt ‚Feste druff’. Der Solucu ist so kurz davor, einzuknicken.“
„Aber …“
So kurz davor, Stefan!“
„Also schön. Aber wenn er in vier Tagen nicht bedingungslos auf unsere Forderungen eingeht, knicken wir ein. Niemand will, dass die Firma wegen des Streiks einbricht. Klar soweit?“
„Klar wie Kristallbrühe, Stefan, aber vier Tage sind jetzt ein bisschen … Gott hat die Welt ja auch nicht in vier Tagen erschaffen, der hat ganze sieben gebraucht. Na ja, Sie wissen, was ich meine. Jetzt laufen Sie doch nicht weg, es geht mir wirklich nur um ein paar Tage … Stefan?“

„Keine Ahnung, welcher Teufel Sie geritten hat. Aber das werde ich niemals akzeptieren!“
„Na, dann winken Sie Ihrer Karriere noch mal zu, Herr Solucu, bevor die sie in einen Sack stecken und im Fluss ersäufen. Für die ganz oben zählen nur Zahlen und Fakten, und wenn der Laden zusammenbricht, dann war’s das für Sie.“
„Ja, und wenn ich Ihren Bedingungen zustimme, dann war’s das auch für mich. Erkennen Sie mein Dilemma?“
„Negatives Denken, Herr Solucu. Negatives Denken ist der Tod eines jeden guten Managements. Wer gewinnen will, muss das Positive sehen. Diese Firma wird bald eine so was von hochmotivierte Belegschaft haben, die würden für Sie auf dem Drahtseil Tango tanzen. Äh, und dabei natürlich die Lieferungen transportieren. Bis zur nächsten Galaxis.“
„Sie halten sich wohl für sehr clever, oder?“
„Das ist keine Frage der Cleverness, sondern des Prinzips. Für das Hin und Her bin ich nicht zu haben. Klare Fronten, aufrechte Lanzen, sag ich immer. Bis bei einer Seite die Lanzen schlapp werden. Der Sieger kann die Kriegsbeute rannehmen … ähähäm.“
„Ach, wissen Sie was? Wenn das so ist, dann schauen wir doch mal, welche Lanze hier das größere Stehvermögen hat!“

„Ach, Stefan. Schön, dass ich Sie mal ganz privat treffe …“
„Wenn man einen öffentlichen Parkplatz privat nennen kann. Wann habe ich Sie zuletzt ohne die blöden Kameras im Rücken gesehen? Ach ja, als Sie mich erpresst haben.“
„Also … Stefan … es ist so … Der Solucu hat sich bis heute geweigert, meinen Forderungen nachzukommen.“
„Na, so eine Überraschung.“
„Ja, das hätte ich auch nicht erwartet … Dabei ist der wirklich so kurz davor … Ich meine, noch kürzer als beim letzten Mal. Wenn ich jetzt noch einen einzigen Tag bekomme, einen klitzewinzigen, dann fällt der Kerl mir in den Schoß wie eine überreife Kartoffel. Er …“
„Ich hatte Ihnen doch gesagt, nach vier Tagen ist Schluss. Sie haben das Blatt überreizt und verloren. Wie würde es aussehen, wenn ich jeden Blödsinn mitmache, den Sie ausgeheckt haben?“
„Besser, als wenn jeder über Ihre kleinen, will sagen, großen Geheimnisse Bescheid wüsste, Stefan. Ich pack die Keule ja wirklich nicht gern aus, aber …“
„Ach, das. Ja, da muss ich Ihnen eine traurige Mitteilung machen. Die … Beweise waren doch alle auf Ihrem persönlichen Server gespeichert, oder?“
„Äh, ja?“
„Da gab es letzte Nacht einen kleinen Hackerangriff. Die fragliche Datei wurde dabei vernichtet, aber es wurden ein paar interessante … Bilder rüberkopiert, die dem Nutzer scheinbar zur Belustigung während der Arbeitszeit dienen. Nur zur Sicherheit, damit diese wertvollen Kulturschätze nicht verloren gehen und im Zweifel jeder etwas vorzuweisen hat, Sie verstehen? Der Hacker hat nach Expertenschätzungen etwa vier Tage zur Vorbereitung des Einbruchs benötigt. Schöner Zufall, nicht wahr?“
„Das … äh … ich …“
„Und weil Sie uns mit halsstarriger Verhandlungstaktik in eine unhaltbare Lage manövriert haben, muss ich Sie leider von Ihrem Streikführerposten entfernen. Den Neuanfang bei den Verhandlungen signalisieren, Konsequenzen für den Verantwortlichen des Stillstandes und so weiter. Ihr Ruf in der Belegschaft ist auch nicht mehr so gut deswegen. Den Einfluss von ein bisschen heimlich gestreuter Propaganda sollte man nicht unterschätzen. Damit verlieren Sie natürlich auch Ihren besonderen Kündigungsschutz, deshalb empfehle ich, dass Sie sich in nächster Zeit bedeckt halten.
So, ich muss los. Schönen Tag noch. Und war nett, mit Ihnen zusammenzuarbeiten.“

Da fällt mir so ein altes Sprichwort ein: Wenn du meinst, du kannst nicht mehr tiefer fallen, kommt einer mit ner Schaufel und buddelt weiter an dem Loch.
Alles sinnlos. Erst die besten Jahre deines Lebens vergeudet an den Drecksladen, und dann diese undankbaren Betriebsratspisser. Da legst du dich einmal so richtig ins Zeug, und was kommt zurück? Ein Arschtritt als Dankeschön, mit Liebesgrüßen nach Andromeda, Höcker zwölf.
Alle sind sie gleich. Alle. Gut, dass ich da raus bin. Wenn ich mir vorstelle, ich wäre noch länger da geblieben, da dreht sich mir alles um. Gefangen zwischen Mister Seekuhficker und gegelter Schleimspritzer und dem ganzen Intrigenscheiß, nee danke. Bin wirklich froh, dass ich hier wegkomme. Hätte ich schon lange selber tun sollen. Meine Seele kriegen die nicht.
Muss nur sehen, dass ich eine fette Abfindung kriege, wenn sie mich ganz aus der Firma schmeißen. Man weiß ja nie, wie lange die Durststrecke dauert. Grundsätzlich bin ich aber ziemlich optimistisch. Kann ja auf eine ziemlich lange Karriere zurückblicken. Alter und Erfahrung. Macht sexy.
Obwohl, die wollen mich ja schon fertigmachen mit ihren scheiß Arbeitszeugnissen und der Fehlersucherei. Wenn ich da nicht aufpasse, hab ich bald nicht mal mehr was zum Zudecken, und ich kann bei den Sondermüllcontainern schlafen, weil es bei denen immer so schön warm rausstrahlt.

„Eines sage ich Ihnen, Captain: Ich werde nicht der Einzige sein, dessen Existenz vernichtet wurde, verlassen Sie sich darauf!“
„Ah, Herr Solucu … Äh, wie bitte, wovon reden Sie da eigentlich?“
„Ach, Sie spielen den Ahnungslosen?! Dann wussten Sie also gar nicht, dass ich nach Tegara strafversetzt werde, weil ich zuließ, dass der Streik sich so lange hinzog und wir achtzig Prozent unserer Aufträge an Konkurrenten verloren haben? Aber das haben Sie nicht umsonst getan. Ich schwöre Ihnen, ich kriege Sie dran!“
„Joah, wüsste nicht, was Sie da noch obendrauf setzen wollen, da müssten Sie mir schon nen Mord anhängen …“
„Machen Sie sich nur lustig. Aber das Lachen vergeht Ihnen noch. Ich werde Sie wieder vom Thron stoßen, so wahr ich hier stehe. Denken Sie an meine Worte!“
„Vom Thron … Na ja, ein bisschen übertrieben für das, was ich inne… War mir ein Vergnügen ...“

„Ach, Stefan, Sie auch hier? Auch ein Perversenkönig muss mal an den Ort, wo er nur zu Fuß hingeht, was?“
„Schön, dass Sie Ihren Humor nicht verloren haben. Man könnte meinen, Sie seien wirklich so ahnungslos.“
„Ahnungslos … Haben hier alle einen quer in der Möhre sitzen, oder was? Erst der Solucu, und jetzt Sie …“
„Ah ja, der Solucu. Den hat’s auch erwischt. Und mich hat’s erwischt, weil ich Ihre Scheißaktion abgesegnet habe. Kein Wachstum für die Firma dieses Jahr, kaum was, das wir für die Belegschaft rausholen könnten, ohne Jobs in Gefahr zu bringen. Haben Sie prima hingekriegt. Und ich Arsch musste meinen Streikführerstatus und meinen Betriebsratsposten abgeben. Einstimmiger Beschluss in beiden Räten. Nur weil ich Sie nicht rechtzeitig gefeuert habe.“
„Tja, das nennt man wohl selbsterfüllende Gerechtigkeit, was, Stefan?“
„Wenn Sie es so betrachten, wohl nicht ganz. Ich habe in meiner Laufbahn jedenfalls nicht so viele Fehler und Abmahnungen angehäuft wie Sie. Während Sie ganz rausfliegen, kriege ich wohl einen mittleren Verwaltungsposten.“

Was soll ich da noch sagen? Das ist, als ob dich ne Terraforming-Dampfwalze überrollt hat. Aber so richtig mit Anlauf. Und das fühlt sich richtig gut an, wenn du so platt daliegst. Ist ein Fick im rangoanischen Thailandpuff nix gegen.
Stellen Sie sich vor, die Sache mit den Frachtbriefen ist total durchgerutscht. Die haben nur noch gesehen, boah, der Past, was für ein Verhandlungsfuchs. Mischt die ganze Kungelrunde auf und schon machen alle, was er will. Was für eine Verschwendung, den als Botensardine in der Blechbüchse rumgurken zu lassen. Der Past ist unsere Future, haben die gesagt. Und was haben sie gemacht? Mir den alten Job vom Solucu gegeben! Ist das zu fassen? Ich bin das Karriereschwein des Jahres. Ich mein, im positiven Sinne. Das ist so geil, ich könnt mich auf die Turmspitze der Zentrale stellen und röhren wie King Kong in der Brunftzeit.
Und ich krieg schon wieder säckeweise Fanpost von meinen alten Bewunderern. Da kommt Dummie schon mit der ersten Fuhre … Ja, schön sorgfältig draufstapeln, Dummie, und wehe, es ist ein Knick drin … Ich hab ihn von der Meteor loseisen können, die anderen wollten den Assistentenposten alle nicht, haben einfach aufgelegt, ohne mich ausreden zu lassen, das undankbare Gesockse.
Hier, ein Geschenkpaket, die Kinder scheuen keine Kosten. Mal aufmachen … bei dem Auflauf werde ich zum Aufreißer des Jahres, hehe … Bäh, wie kommt denn der tote Vogel da rei… Äh, oder hier, eine Glückwunschkarte: „Ver…ecke, du ver…äterische Mists…“ Ähm, oder hier: „Wir … krigen dich, du … Kapitolnute“, oder so. Joah, so sind sie, die Plebs. Kein Sinn für leserliche Rechtschreibung.
Ja, also, ich, äh, mir wäre es jetzt eigentlich ganz lieb, wenn wir das Ganze mal abbrechen könnten. Hab noch ne Menge zu tun.

 

Hi Megabjörnie,

ich würde jetzt gerne eine durchaus positive Kritik zu deiner KG schreiben, sehe mich aber aufgrund eines akuten Lachanfalls außerstande :lol:
Ich kann "Stromberg" eigentlich überhaupt nicht leiden, aber das in einer Scifi-Geschichte - genial! Ehrlich, mehr kann ich dazu nicht sagen. Ich habe teilweise am Boden gelegen und mich gekringelt. Mein größtes Kompliment!
Einziger kleiner Kritikpunkt: Mir war es eine Winzigkeit zu lang. Aber das Leben ist halt kein Wunschkonzert. Und wenn der Papa eben den Platz für seine Geschichte braucht ... :D

Lieben Gruß
Pale Man

 

Die Länge hat sich leider so ergeben, weil die Geschichte ein knackiges, pointiertes Ende haben sollte. War auch meine größte Sorge beim Schreiben. Fragen quälten mich wie: Zieht sich das zu sehr in die Länge? Nimmt die Gagdichte zu sehr ab? Sind die Wendungen zu konstruiert?
Jetzt weiß ich, dass bei wenigstens einem die Sorgen unbegründet waren. Und so ein Kompliment, das geht einem schon, äh, runter wie Olivenöl. Also, im, äh, übertragenden Sinn. :D

 

Da ich die gestrige Stromberg-Folge irgendwie verpasst habe, war diese Geschichte ein willkommener Ersatz. Vor allem, weil Du den Duktus so gut triffst, dass es mich nicht wundern würde, wenn Dir jemand Fan Fiction, Plagiat oder geringe Eigenleistung vorwirft. Ist natürlich Humbug, denn auf diese ganzen bösen Sprüche muss man erstmal kommen, und auch die Story hat Hand und Fuß. Es ist allerdings schon so, dass sich das Konzept relativ schnell abnutzt, weil man irgendwie genau weiß, was als nächstes passiert, jedenfalls als Stromberg-Seher. Mich würde mal interessieren, was Nicht-Stromberg-Kenner von der Story halten.
Unabhängig davon lege ich Dir nahe, sie für den nächsten GOLEM einzureichen.

 

Und ich wollte schon fragen, wo ich es eurer Profiautorenmeinung nach sonst noch veröffentlichen könnte. GOLEM war doch das Magazin von kg.de, oder?

 
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Hallo,

ich sehe den Text nicht so positiv.
Das Problem bei so einem Text, überhaupt bei Fan-Fiction, ist das Original und dass man ständig vergleicht. Und gegen Stromberg selbst, sieht der Text hier - in meinen Augen - nicht gut aus, das kann er auch gar nicht. Es fehlt das visuelle Element, das Mitschämen, dass man das Unheil immer schon kommen sieht, also viel von dem, was den Charme ausmacht, wird hier nicht transportiert. Es sind hier vor allem die Sprüche immer, die kommen, und die sind hier auch nicht so subtil wie im Original. Der Reiz von Stromberg ist für mich, dass diese Sprüche ja in bestimmten Situationen kommen. Stromberg will damit immer irgendwas erreichen, aber weil er kein Fingerspitzengefühl hat, geht das schief. Der sagt nicht einfach so "Hey Ernie" zu Ernie, sondern er sagt das, weil er vor anderen Leuten als locker und kollegial dastehen will, er spricht oft nicht nur zu der jeweiligen Person, sondern vor allem zu einem Publikum (deshalb schaut er ständig in die Runde! ). Also Stromberg ist schon echt clever gemacht immer, weil Stromberg immer überlegt, was der andere wohl hören möchte, und sich dabei fast immer verschätzt. Und diese Monologe in die Kamera bei Stromberg, sind immer der Versuch ,das eigene Handeln vor sich selbst zu rechtfertigen mit irgendwelchen irrsinnigen Analogien, die funktionieren aber auch nur, weil sie direkt nach dem Handeln immer kommen. Das gelingt dem Text hier - mit Abstrichen - noch am besten. Aber es nutzt sich, wie Uwe Post, auch sagt, eben stark ab. Bei Stromberg sind das die Erdbeeren auf der Schlagsahne, die werden da auch nur sparsam eingesetzt, hier im Text, kommen sie nach jedem Absatz.


Und ich frag mich bei so einem Text eben immer deutlich: Warum soll ich den lesen, wenn ich das Orginal haben kann? Stromberg selbst ist ja schon eine Parodie, und eine Parodie dann zu parodieren ... schwierig. Wenn man's machen will, braucht man einen innovativen Ansatz, glaube ich. Manche Leute mögen Stromberg nur wegen der Sprüche sehen, so wie vielleicht manche Fight Club nur wegen der Kampfszenen mögen, aber ... wenn man's parodieren wollte, bräuchte es schon mehr, glaub ich.
Diese Mittel des Fernsehens, der Mockumentary (das war ja mal vor ein paar Jahren bzw. seit ein paar Jahren auch die neue, hippe Form), kriegt man auch nicht richtig rüber in einen Text. Ist ja nur Dialog hier, Stromberg ist mehr, Gestik, Mimik, Situationen, das was im Hintergrund passiert, dass was man schon kommen sieht, Timing, deshalb wirkt der Text hier für mich auch so wie vielleicht 1/3 Stromberg, 2/3 nichts. Es ist nicht so als würden die Leerstellen hier anders gefüllt werden, es ist einfach gar nichts dann drin.

Mit so was tut man weder der Vorlage, noch sich selbst, noch den Lesern einen Gefallen, finde ich. Lieber was eigenes machen als was sehr gutes zu kopieren. Dabei kann man nicht gut aussehen, finde ich. Wenn's anderen Leuten gefällt, dann ist das natürlich trotzdem schön. Ich finde, es ist eine Sackgasse.

Gruß
Quinn

 

Hi Megabjoernie,
Also mir hats gefallen.
Interessanter Stil - das bringt Tempo. Bei den Übergängen hatte ich ein paarmal Probleme, zu wissen, mit wem er redet, insbesonders in der Mitte. Ein paar kleine Änderungen sollten es dem Leser leichter machen, der Szene zu folgen.

Diese Frachtergesellschaft ist wie ein gieriges Krakenmonstrum im Wanderzirkus. Der Pfleger, der sitzt oben und wirft das Futter rein, aber du bist der Bazillus im Magen, der alles verdaut.
weiß nicht, hier sind zwei nicht zusammenhängende Vergleiche - einmal die Krake im Zirkus und dann die Bazille im Magen ... Jedes für sich okay, aber Zusammen hinken sie.

Ansonsten saubere Arbeit
lg
Bernhard

 
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Hi Quinn und Bernhard!

@Quinn:
Der Text ist nicht so sehr Fan-Fiction oder Parodie, sondern eher Hommage. Der vorausgehende Grundgedanke war: Boah, solche Dialoge möchte ich auch mal schreiben können. Worauf ich es einfach mal ausprobieren musste.
Außerdem ist so etwas immer ein gutes Stilexperiment: Wie würdest du den Stil eines Films nachempfinden, wenn dir Bild und Ton fehlen und dir nur das Wort zur Verfügung steht? Dass da erheblich Substanz verloren geht, wenn ich den Mockumentary-Stil in Schrift übersetze, ist selbstverständlich. Situationskomik nur über das Wort zu konstruieren, ist halt extrem schwierig, noch dazu fehlt ja die indirekte Rede. Niemals könnte es im Text so witzig rüberkommen wie auf dem Bildschirm, wenn z. B. Ernie Stromberg mit der Spielzeugpistole "erschießt". Deshalb musste die Dichte an einfallsreichen Sprüchen höher sein als bei Stromberg, weil sich das noch am besten transportieren lässt. Der Protagonist versucht seine Gedankengänge metaphorisch zu umschreiben und legt dabei seine inneren Abgründe bloß.
Und gerade weil es ein anderes Medium ist, kannst du als Leser halt nicht Original und "Kopie" fair miteinander vergleichen. Das Ergebnis ist dann von vornherein klar.
Wer aber nicht mehr als eine Hommage erwartet, guckt eher darauf, ob die Hommage gelungen ist, und nicht, ob das Werk es mit dem Original "aufnehmen" kann ( das würde ich auch niemals behaupten ;)).

@Bernhard:
Das mit der Zuordnung des Gesprächspartners stimmt, da werde ich den Namen des Gegenübers halt ein bisschen früher einstreuen.
Die Metapher ist nicht nur an einer Stelle schief. Wenn der Krake die Frachtergesellschaft ist, müssten alle Beteiligten Teile des Kraken sein ( und was ist der "Wanderzirkus"? ).
Genauso könnte man fragen, ob ein quersitzender Maiskolben tief im Arsch sein muss. :D
Stromberg-Metaphern zeichnen sich dadurch aus, dass sie immer ein bisschen schief sind, aber trotzdem irgendwie sitzen ( "Man soll den Arsch nicht höher hängen, als man scheißen kann" oder "Da spucken sie dir von hinten rotzfrech ins Gesicht" oder "Da quillt mir die Milz über" ). Sprüche, die spontan ausgedacht und um künstliche Originalität bemüht wirken. Kleine sprachliche Missgriffe, die Komik erzeugen - und manchmal etwas Entlarvendes über den Sprecher aussagen.
Den Stil wollte ich halt imitieren. Wenn das zu sehr daneben wirkt, kann ich auch einfach "Frachtergesellschaft" durch "Raumschiff" ersetzen, und dann stimmt wieder alles. ;)

 

Hallo Megabjörnie!

Ich habe sehr wenig Stromberg gesehen, trotzdem (oder deswegen? ;) ) fand ich den Stil perfekt imitiert. Aber es gab Stellen, wo ich fand "hier geht's komplett schief, das bräuchte zwingend Bild zum Text, damit es funktioniert".
Zum Beispiel mag ich das geschriebene Räuspern so überhaupt nicht:

Unser Motto: Wir besorgen es jedem. Ähähäm.

Weiß der Teufel, was hier gerade passiert:
„Also schön, damit Fräulein Staubnieser zufrieden ist. Seite eins, Seite zwei … Noch mal Seite eins und zwei … So, alles in Ordnung, Vorgang beendet.“

Auf Dummie-Ernie hätte ich gut verzichten können (das kam mir so nachgekaut vor). Auf alle Fälle hätte ich auf das Kamerateam verzichtet - also, in einem geschriebenen Text ist das doch echt unsinnig. Das hast du vielleicht eingebaut, damit deine Leser Stromberg erkennen, aber das wäre meiner Meinung nach gar nicht nötig gewesen. Selbst ich hab es spätestens bei "Papa" geschnallt :D

Nach etwa dreiviertel der Geschichte fand ich's langweilig, dann hab ich nur noch überflogen. Ich weiß nicht, da sind etliche super Sprüche drin (mein Liebling ist das Pferd, das die Äpfel legt), aber mit dieser Form gibt es so einen overkill. Da ertrinken die Stellen, die ich in einer anderen Geschichte wohl genial gefunden hätte. Ich glaub nicht, dass man da was machen kann. Das ist das Problem bei Geschichten, die eine so hohe Gagdichte anstreben. Der Autor landet bei mir als Leser zwar ein paar Volltreffer, aber die wirken nicht richtig, weil sie in die als mittelmäßig empfundenen Gags eingebettet sind. Je höher die Gagdichte desto weniger komisch - ehrlich.
(Ok, kurzer Text mit hoher Gagdichte funktioniert oft noch.)

Trotzdem, wenn's dein Ziel war, eine Figur wie Stromberg reden zu lassen: Experiment geglückt, würde ich sagen. Rhythmus, Vokabular, passt schon.

 

Hi Möchtegern!

Auf alle Fälle hätte ich auf das Kamerateam verzichtet

Ich hatte auch überlegt, es ohne Kamerateam zu machen, aber dann funktionieren die Monologbeiträge nicht mehr so gut. Sie wirken nicht mehr Stromberg-like, wenn der Prot nicht auf unbeholfene Weise versucht, einen Beobachter zu beeindrucken.

Nach etwa dreiviertel der Geschichte fand ich's langweilig, dann hab ich nur noch überflogen. Ich weiß nicht, da sind etliche super Sprüche drin (mein Liebling ist das Pferd, das die Äpfel legt), aber mit dieser Form gibt es so einen overkill. Da ertrinken die Stellen, die ich in einer anderen Geschichte wohl genial gefunden hätte.

Tatsächlich bist du nicht der einzige mir bekannte Leser, der so zu empfinden scheint.
Das ist eine sehr wichtige Erkenntnis für mich, denn beim Schreiben hatte ich eher die Sorge, die Gagdichte könnte zu gering sein, weil der übrige Dialog im Grunde nur aus Bürogesprächen besteht. Da hatte ich mich völlig verschätzt, was die Wirkung angeht.
Vielleicht sollte ich ein bisschen was wegschleifen, bevor ich die Story bei "Golem" einreiche. Da wären ein paar Tipps willkommen.

Dummie mag ich aber irgendwie zu sehr, um ihn rauszunehmen. ;)
Doch was das Räuspern angeht, irgendwie hatte ich auch das Gefühl, dass es vielleicht nicht so rüberkommen könnte, wie es soll. Weiß aber auch nicht, was man da machen kann.
Aber bei deinem zweiten Zitat ist doch klar, dass er die Frachtbriefe durchguckt, oder muss man das besser rausstellen?

 

Hi Megabjörnie,
habe gerade deinen Stromberg versucht zu lesen, bin aber nicht über das erste Drittel hinaus gekommen. Der Stromberg selbst ist dir gut gelungen, keine Frage, und der hat ja auch viele Fans. Ich zähle aber nicht mehr dazu, mich langweilt der nur noch.
Ich suchte nach SF und damit hat deine Geschichte nichts zu tun. Die ließe sich doch 1:1 in die Gegenwart übersetzen. (Oder kam da noch was?)
Sorry, aber da ist mir manch verrückte und vor lauter Fehlern kaum lesbare Schülerarbeit lieber.

 
Zuletzt bearbeitet:

Auf alle Fälle hätte ich auf das Kamerateam verzichtet

Ich hatte auch überlegt, es ohne Kamerateam zu machen, aber dann funktionieren die Monologbeiträge nicht mehr so gut. Sie wirken nicht mehr Stromberg-like, wenn der Prot nicht auf unbeholfene Weise versucht, einen Beobachter zu beeindrucken.


Haaa, den Eindruck hatte ich jetzt überhaupt nicht. Natürlich spricht die "Stimme" eines Textes immer zum Leser.

Vielleicht sollte ich ein bisschen was wegschleifen, bevor ich die Story bei "Golem" einreiche. Da wären ein paar Tipps willkommen.
Wie jetzt, schleifen? Also, damit es mir anspruchslos gefällt, müsstest du eine ganz andere Geschichte schreiben, ganz andere Form wählen.
(Denn es ist ja dieses Konzept, was mich vor der Zeit ermüdet.)
Zum Kürzen frag mal die Leser, die begeistert waren, was deren Meinung nach die schwächsten Stellen gewesen sind.

Dummie mag ich aber irgendwie zu sehr, um ihn rauszunehmen.
Ja, okay. :D

Doch was das Räuspern angeht, irgendwie hatte ich auch das Gefühl, dass es vielleicht nicht so rüberkommen könnte, wie es soll. Weiß aber auch nicht, was man da machen kann.
Ähähäm - löschen? einfach so? :D

Aber bei deinem zweiten Zitat ist doch klar, dass er die Frachtbriefe durchguckt, oder muss man das besser rausstellen?
naja, also man versteht natürlich, dass er da was mit den Frachtbriefen macht.
Ja, er guckt die Seiten durch oder er unterschreibt sie, stempelt sie, was weiß ich. Das war so ein Beispiel für eine Stelle, wo das Kopfkino gehörig ins Rattern kommt, weil man als Leser eben nicht sieht, was da jetzt los ist. Das ist sehr ironisch, irgendwie: hier schreibst du über eine Fernsehserie und deine Geschichte krankt dran, dass man sie eben nicht sehen kann, während „normale“ gute Geschichten ganz selbstverständlich Bilder im Leser heraufbeschwören.
Innerhalb der von dir gewählten Form ist das nicht wirklich "heilbar", würde ich sagen ...

Jetzt mal so ganz blöd gesagt: Wem die Geschichte jetzt schon gefällt, dem gefällt sie. Und wer sie im Moment nicht so mag (wg der Form und ich weiß nicht was), der wird sie wohl auch nach "Schleifung" nicht mögen.

Also: keine Ideen für "Schleifung" von meiner Seite zumindest.

Edit: Keine Notwendigkeit für "Schleifung" von meiner Seite zumindest.
Versuch doch mal von Uwe (und wer da noch von Golems-Seite beteiligt ist) ein feedback rauszukitzeln. Würde Kürzung zur Qualität beitragen?

 

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