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Candince

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12.07.2003
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Candince

Samstags geht Candince morgens hin und wieder am Kanal spazieren. Er sieht plötzlich jemanden unter der Brücke fallen. Es ist ca. fünf Uhr früh und Candince denkt, vielleicht braucht er Hilfe. Er ist besinnungslos besoffen, so dass er den Weg nach Hause nicht findet. Candince nimmt seinen Ausweis, liest die Adresse und begleitet ihn nach Hause.

Pascal geht kalt duschen, dann trinkt er einen Kaffee und sie unterhalten sich über dies und jenes. Er hat immense Probleme. In drei Wochen muss er sein Diplom abgeben. Er weiß nicht, wie er das schaffen soll. Er studiert Städtebau und träumt davon, eines Tages Städte zu entwerfen. Candince schaut sich seine Wohnung und Pläne an. Pascal kann gut zeichnen. Überall an den Wänden hängen interessante Bilder und Zeichnungen von irgendwelchen Städten und Architekturen. Er sieht seine Begeisterung für die Sache.

"Ich kann dir helfen, wenn du willst!“, sagt Candince. „Du sagst mir, was zu tun ist, und ich mache es einfach." Pascal lacht und sagt zu ihm: "Was? Du machst ja Witze!"

Am nächsten Tag nimmt Candince für drei Wochen Urlaub und fängt an Pascal zu helfen. „Warum nicht?“ sagt er zu sich. „Ich fahre sowieso selten in den Urlaub.“

Sie fangen um 10 h vormittags an und arbeiten bis 2 oder 3 h morgens des nächsten Tages. Sie arbeiten fast 16-18 Stunden am Tag und schlafen weniger als 6 Stunden. Es macht Candince richtig Spaß. Pascal hört auf, Alkohol zu trinken. Er trinkt nur noch Baldriantee, weil er so nervös ist. Sie haben viel zu tun, aber wenig Zeit.

Es ist Mittwoch. Seit zwei Tagen arbeitet Candince mit Pascal. Es kommt eine sehr grosse Frau mit zwei Kindern vorbei. Sie sieht etwas abgemagert aus, wie ein Model. "Das ist Julie!", sagt Pascal zu Candince. "Und das sind Laura und Astra!" Laura ist 7, Astra 5. Astra ist behindert. Sie kann weder richtig laufen noch sprechen.

Laura und Astra spielen im Nebenraum. Pascal ist mit Julie in der Küche. Sie streiten sich richtig laut. Candince kann alles hören. Pascal versucht, Julie klar zu machen, dass er sich momentan nicht um die Kinder kümmern kann usw. Und Julie hat gar kein Verständnis für sein Diplom etc. Es hört sich alles sehr schlimm an. Nach ein paar Minuten kommt Julie in das kleine Zimmer, nimmt die Kinder und geht.

Es ist Samstag. Sie produzieren permanent Pläne. Pascal bekommt einen Anruf. "Julie lädt uns zum Essen ein", sagt er zu Candince, "Lass uns bitte gehen!"

Sie kommen in die Wohnung von Julie. Die Wohnung ist sehr einfach eingerichtet. Die Kinder sind nicht da. Am Tisch sitzt ein Typ um die 35. Julie ist in der Küche. "Das ist Julies’ Freund", sagt Pascal. "Er hat nie arbeiten müssen. Sein Alter ist sehr reich. Tja! So ein Glück muss man haben."

Das Essen ist fertig. Julie sitzt gegenüber Candince. Sie redet hemmungslos über alles. Sie ist richtig blau. Pascal unterhält sich mit dem Typ. Julie erzählt Candince, dass sie mit dem Typ nichts hat. "Er ist nur ein Freund." Sagt sie: "Er ist ein Regenmantelfetischist, weißt du? Ich ziehe manchmal einen Regenmantel an und er befriedigt sich dabei. Und das ist eigentlich alles. Er bezahlt gut."

Pascal und dieser Typ hören alles, tun aber so, als hätten sie nichts gehört. Pascal mag sich nicht mit ihm unterhalten, aber er muss, weil Candince sich gerade mit Julie unterhält.

Julie hat schöne kleine Brüste. Candince mag so etwas. Ihre Füße berühren seine. Er zieht seine ein wenig zurück. Ihre kommen hinter ihnen her. Er lässt sich darauf ein. Sie lieben sich einige Minuten. Julie ist ein kleines Luder. Er zieht seine Füße wieder zurück.

Sie haben fertig gegessen. Candince konnte nichts essen. Es war viel Alkohol drin. Alkohol hat er nie gemocht. Candince hasst Alkohol!

Sie wollen gehen. Julie bringt plötzlich ein Buch. Candince soll es unbedingt lesen. Es heißt irgendetwas mit "Ich Küsse Deinen Erdbeermund". Er nimmt es und sagt: "Okay! Ich werde es lesen!" Sie sagt: “Versprochen?“ Er sagt: „Nein!“ Sie lachen.

Das Buch hat er nicht gelesen. Candince liest prinzipiell keine Erwachsenenbücher. Sie sind ihm zu kompliziert. Wenn er überhaupt Bücher liest, dann Kinderbücher. Er kann sie besser verstehen. „Sie sind einfach geschrieben und voller Fantasie.“ Sagt er.

Julie lädt sie immer wieder zum Essen ein. „Sie möchte uns von der Arbeit abhalten“, sagt Pascal. „Vielleicht braucht sie Geselligkeit“, meint Candince.

Am liebsten würde Pascal gar nicht hingehen. Aber er möchte die Kinder sehen. Dieses Mal ist ein anderer Typ da und Julie ist wieder besoffen. Sie scheint immer betrunken zu sein. Auf dem Rückweg erzählt Pascal, dass er sie am liebsten umbringen würde, weil sie so eine ‚Scheiß Mutter’ sei. "Diese Hure!", sagt er, "sie trinkt viel zu viel und fickt fast jeden. Was soll ich da nur machen? Und die Kinder leiden am meisten darunter."

Er hat sie vor sieben Jahren unterwegs kennen gelernt. Sie ist getrampt, er hat sie mitgenommen. Und bei der nächsten Raststätte haben sie schon gepoppt. Sie hatten keine Verhütungsmittel bei sich. Sie war sofort schwanger. "Ich habe sie damals geliebt, weißt du?", sagt Pascal zu Candince. "Jetzt eigentlich auch. Aber warum trinkt sie so viel? Hast du die Astra gesehen? Das arme Kind. Julie ist daran schuld, dass sie behindert ist. Das haben mir die Ärzte bestätigt. Sie war während der Schwangerschaft jeden Tag betrunken wie jetzt. Dieses Miststück! Ich könnte sie umbringen! Wenn sie wenigstens nicht mit anderen ficken würde. Ach! Weißt du? Sie macht mich fix und fertig!"

Pascal liebt sie. Er hat auch Verständnis für ihr Verhalten. Er sagt, nachdem er sich beruhigt hat: "Jeder Mensch hat so seine Schwächen, weißt du? Julie hat eine Schwäche für Alkohol und Sex. Was soll man da machen? Therapien helfen da auch nicht. Soll man etwa Alkohol verbieten, weil andere sich nicht beherrschen können? Und was ist mit dem Sex? So was kann man doch nicht verbieten, oder? Ihr Körper gehört ihr. Meinetwegen soll sie damit machen, was sie will. Außerdem, Sex ist doch das schönste, was es gibt. So was kann man niemandem verbieten, oder? Das geht doch nicht. Wie soll man es? Also, mir würde es reichen, wenn sie keinen Alkohol trinken würde. Ich hasse Alkohol! Du glaubst es nicht.“

Pascal steckt eine Zigarette an und trinkt ein Schluck Baldriantee. Er geht im Zimmer ein bisschen hin und her, als wäre er im Knast und hätte heute keinen Ausgang. Und plötzlich sagt er: „Weißt du was? Eigentlich bin ich ein Arschloch. Ich habe Julie betrogen. Danach hat sie mich betrogen. Das hat uns sehr weh getan und die ganze Beziehung völlig kaputt gemacht, als wären wir nur wegen Sex zusammen. Seitdem leiden wir, wie die Hunde oder Kinder, die bei 35° Celsius im Auto auf ihre Herrschaft warten. Ich glaube sie hasst mich. Ich habe sie sehr verletzt, enttäuscht und vernachlässigt. Ich weiß nicht mehr, wie ich es wieder gut machen soll. Es ist viel passiert, weißt du? Sie hat vorher nie getrunken. Rauchen kannte sie auch nicht. Ich bin eigentlich schuld an allem. Ich bin ein Superschwein. Ja. Das bin ich wirklich.“

„Ich finde, du sollst wegen Julie dir nichts vorwerfen. Es sind zwei Menschen, die hier beteiligt sind. Jeder hat seine Rolle auf seine Art und Weise gespielt, gut oder schlecht. Das ist wie in einem Film. Das ganze Leben ist wie ein Film. Es fängt irgendwo an, und endet irgendwann. Wir sind mitten drin. Du hast sie ja zu nichts gezwungen. Sie war erwachsen genug und hatte die Möglichkeit, dich nach dem ersten Betrug zu verlassen. Sie hat sich aber für die Rache entschieden, indem sie dich betrog, weil sie wusste, wie weh es tut. Du hast einen Fehler gemacht. Statt dir zu vergeben macht sie den gleichen Fehler. Wir sind Menschen und lernen durch unsere Fehler. Das ist völlig normal, denke ich. Es ist wichtig, die Fehler nicht zu wiederholen.“

„Ja! Schön wäre es, wenn man es kann? Sie hat mir schon öfters verziehen. Aber weißt du? Ein Mal betrogen, immer betrogen. Sie konnte mir einfach nicht mehr vertrauen. Freundschaft mit oder ohne Sex basiert immer auf Vertrauen. Ich hätte es wissen müssen, als ich sie betrog, dass ich sie damit extrem verletzen, gar verlieren würde. Ich hätte es ihr zuliebe nicht machen dürfen. Nein! Niemals! Nicht aus Vernunft, sondern gerade aus Liebe. Irgendwann ging es einfach nicht mehr. Das war schlimm. Sie wurde extrem eifersüchtig. Ich konnte mit keiner Frau mehr reden. Aber momentan ist uns alles egal. Jeder macht und tut, was er will. Von einer Beziehung ist keine Rede mehr. Die Taten und Worte vergehen, aber der Schmerz bleibt sehr, sehr tief. Außer den Kindern haben wir miteinander nichts mehr zu tun. Die armen Kinder. Wir hätten sie nicht bekommen dürfen. Aber woher soll man es wissen, dass es so kommt? Hast du Kinder?“
„Nein!“
„Du hast es gut.“
„Ja!“
„Willst du irgendwann welche haben?“
„Vielleicht“
„Bist du dir nicht sicher?“
„Nein!“
„A, ja. Hast du keine Freundin?“
„Nein!“
„Du hast es gut!“

Sie arbeiten. Julie kommt. Sie ist einen Kopf größer als Pascal. Heute hat sie noch dazu Plateauschuhe an. Sie ist zwei Köpfe größer als Pascal. Julie ist betrunken wie immer. Sie kann kaum laufen. Die Kinder sind im Nebenraum. Julie und Pascal sind in der Küche. Pascal geht raus, um etwas zu kaufen. Julie kommt ins Arbeitszimmer. Sie hat ein dünnes, transparent-buntes und sehr kurzes Kleid an. Vielleicht ist es ihre Nachtwäsche, herrlich raffiniert!

Es ist ein sehr schönes Kleid mit verspielten Seilträgern aus zartem Satin mit dezentem grafischem Design. Der seitliche Schlitz sorgt vermutlich für Bewegungsfreiheit. Vorne ist ein asymmetrischer Spitzeneinsatz angebracht, der seitlich mit kleinen Schlitzen und Reißverschluss versehen ist. Es ist absolut en vogue! Darunter hat sie einen Bügel-BH und einen Slip, vielleicht "Collection Crazy" mit wundervoller Stickereispitze und feinem Tüll aus Viskose, Polyamid, Elasthan oder vielleicht Polyester, keine Ahnung. Farbe: Bordeaux, Größe: hundert pro 36.

Sie kommt zu Candince und will sich anschauen, was er zeichnet. Sie berührt ihn mit dem linken Arm ganz bewusst. Sie steht ihm so nahe, dass er voller Aufregung kaum Luft bekommt. Niemand sagt etwas. Die Spannung ist hochgradig. Candince ist von sinnen. Er könnte umfallen.

Julie hat etwas an sich. Jedes mal, wenn er sie sieht, bekommt er weiche Knien. Ihr Duft reichte ihm schon für alles. Er ist machtlos.

Die Tage vergehen schnell. Die Pläne sind fertig. Er kann mit gutem Gewissen nach Hause gehen. Sie haben es mit Ach und Krach geschafft. Nach zwei Monaten gab es eine Präsentation. Candince konnte nicht dabei sein, weil er gearbeitet hat. Julie und die Kinder waren auch nicht dabei. Pascal hat ihr nicht Bescheid gesagt. Er hatte Angst, sie könnte stören oder irgendein Trallala machen. Pascal hat alles gut bestanden. Danach lädt er Candince zum Essen ein. Er erzählt, dass Julie ihn wegen Kindesmissbrauch anklagen würde und derzeit lässt sie ihn die Kinder deshalb nicht sehen. Er soll die Kinder sexuell missbraucht haben, behauptet sie. "Ich würde meinen Kindern nie im Leben etwas antun. Warum macht sie das? Wir haben uns doch so geliebt!", sagt Pascal zu Candince und fängt an wie ein kleines Baby zu weinen. Er weiß nicht, was er machen soll. Er bereut, sie kennen gelernt zu haben.

Eines Tages treffen sich Candince und Pascal zufällig im Tiergarten. Pascal ist mit den Kindern allein. Er liebt seine Kinder. Er liebt überhaupt Kinder. Er ist sehr, sehr traurig. Sie schauen sich kurz an, dann sagt Candince zu Pascal:
"Alles klar!?"
"Nicht so gut!" Sagt er, „Julie ist gestorben! Die arme Julie!"

Sie konnte das Leben nicht ertragen. Sie hatte viel zu viele Probleme, mit denen sie alleine nicht fertig wurde. Sie war sehr einsam. Aus diesen Gründen hat sie nur noch getrunken bis sie irgendwann über 20 Herztabletten schluckte, um ihr Leben endlich ein Ende zu setzen. Pascal fand sie nackt in der Badewanne. Candince denkt kurz über sie nach. Von 6 Milliarden Menschen, die auf dieser Erde leben, war ein Mensch tot. Wen interessiert es, außer diesen drei? Sie hatte weder Eltern noch Verwandte. Die hatten Julie durch ihr Benehmen schon tot erklärt. Freunde hatte sie auch nicht. „Alle Männer, die ich kenne, sind nur Wichser“ sagte sie einmal zu Candince. „Sie wollen mich eigentlich nur Ficken, mehr nicht. Und Frauen mag ich auch nicht. Sie ficken immer mit meinen Typen. Pascal hat meine beste Freundin gebumst. Das werde ich Mitra nie verzeihen. Mir hätte sie das nicht antun dürfen. Ich war ihre beste Freundin. Und Pascal? Warum hat er es getan?“

Ein Jahr war vergangen. Aus irgendeinem Grund ruft Candince Pascal an. Eine Frauenstimme sagt: "Ach! Du bist es? Schön, dass du anrufst. Ich wollte dich schon immer kennen lernen. Pascal hat viel von dir erzählt. Ohne dich hätte er sein Diplom nicht geschafft. Er war sehr verzweifelt, nicht wahr?"

Er nimmt das Telefon, geht auf den Balkon, sieht in das blaue Nichts und hört sich nur diese schöne, nette und ruhige Stimme an. Es hört sich so an, als hätte sie seit Jahren nicht gesprochen. Sie erzählt wie eine Vorleserin mit vielen Kommas und Punkten. Candince sagt über Stunden absolut nichts. Nur sie soll reden und niemand sonst, denkt er.

Sie erzählt, dass sie Pascal auch wie Julie beim Trampen kennen gelernt hat. Kaum war sie im Auto und schon waren sie verliebt. Nach zwei Wochen ist sie bei Pascal eingezogen. Sie hat irgendetwas studiert, aber das interessiert sie momentan nicht so sehr. Wenn die Kinder groß sind, wird es kein Problem für sie sein, den Anschluss wieder zu finden, weil sie drei Jahre Berufserfahrung hat.

Auch sie hat wie Pascal zwei Kinder. Das eine 7, das andere 9. Sie seien so hübsch wie Engel, sagt sie, man kann es nicht beschreiben. Sie mag die Kinder und ist gerne für eine bestimmte Zeit "Hausfrau". Pascal geht arbeiten und sie betreut liebend gerne die vier Kinder. "Was das für eine Arbeit ist, kann man sich wohl vorstellen", sagt sie. Aber es macht ihr absolut nichts aus.

Mit ihrem Exfreund versteht sie sich gut. Schließlich haben sie die Kinder zusammen. Heiraten wollte sie niemand. Wozu sollte man das, wenn man sich liebt. Wenn man sich nicht mehr liebt, dann hilft auch so ein Schein nicht.

Es lief alles gut, bis an jenem Tag, an dem ihr Exfreund mit den Kindern wegfahren wollte. Er hatte sich eine Woche Urlaub genommen und wollte mit den Kindern Kanu fahren gehen. "Warum nicht!?" Sagte Pascal, obwohl Luna kein gutes Gefühl hatte. Sie bringen die Kinder von Pascal zu ihren Großeltern, nützen die Gelegenheit und verreisen auch für eine Woche.

Am zweiten Tag wird sie unruhig. Sie kann nicht schlafen. Sie träumt. Im Traum ist sie zu Hause. Es ist Nachmittag. Jemand klingelt. Es ist der Briefträger. Er überreicht ihr einen Brief, der mit drei Punkten versehen ist. Zwei davon sind rot, der andere grün. Rot bedeutet für Luna: der Tod. Grün bedeutet: Leben. Sie wacht schweißgebadet auf und kann nicht mehr schlafen: "Pascal!" Sagt sie, "lass uns sofort nach Hause fahren! Ich glaube den Kindern ist etwas passiert, lass uns bitte sofort zurückfahren!" Aber es geht nicht. Um die Uhrzeit gibt es keine Bahn. Sie versuchen den Exfreund, den Vater der Kinder zu erreichen. Es klappt alles nicht. Sie müssen stundenlang warten, um den ersten Zug nehmen zu können. Es ist eine lange Strecke. Unterwegs kann sie auch nicht schlafen. Sie blutet permanent im Unterleib. Sie hat nicht ihre Tage. Sie weint... weint... und weint... Pascal ist sich sicher, dass nichts passiert ist. Was sollte auch passieren? Er ist nicht abergläubisch und glaubt, dass Luna psychisch krank ist.

Irgendwann kommen sie endlich an. Sie wohnen im dritten Obergeschoss. Sie lässt ihr Gepäck unten und rennt so schnell, wie sie es nur kann, nach oben. Ein Eilbrief hängt an der Tür. Ihre Welt bricht zusammen. Sie fällt mit dem Rücken auf das Podest. Pascal macht den Brief nicht auf. Er holt sofort einen Arzt. Sie will den Brief nicht sehen.

Sechs Tage lang liegt sie im Bett. Sie redet, isst und trinkt nichts. Sie weint auch nicht. Sie trauert sehr intensiv.

Am siebten Tag steht sie auf und will ihre Kinder sehen. Sie will sie so sehen, wie sie sind. Es ist ihr jetzt egal, wie sie aussehen. Sie muss sie sehen, bevor sie endgültig gehen.

Sie fährt sofort ins Krematorium. Sie schaut sich ihre Engel stundenlang an. Sie küsst sie. Umarmt, streichelt, singt, erzählt, tanzt, wieder und wieder... Das dauert Stunden...

Einige Minuten ist sie still. Sie weiß; das Leben ist vergänglich. Alle Lebewesen auf der Erde werden eines Tages sterben. Alles entsteht, um zu vergehen. So ist die Natur. Jede Geburt endet mit dem Tod. Das muss sie akzeptieren, auch wenn es ihr sehr schwer fällt. Jeder Anfang wird ein Ende haben! Früh oder spät. Dafür kann sie nichts. Das ist die Realität. Sie muss so radikal sein wie die Realität. Sonst würde sie es nicht schaffen.

Sie schaut sich die Kinder ein letztes Mal sehr lange an. Sie nimmt mit den Armen ihre Köpfe und drückt sie gegen ihre Brust. Dicke Tränen fließen aus ihren Augen auf die Gesichter der Kinder, wie der Regen an einem sonnigen Tag.

Niemand traut sich Luna anzufassen. Kein Mensch tröstet sie. Vielleicht aus Angst, etwas Falsches zu tun.

Sie heult, weint und schreit immer wieder. Dieses Mal sehr laut. Die ganze Welt hört sie. Nur Ihre Kinder nicht.

Luna weiß es. Sie kann machen, was sie will. Ihre Kinder kann sie nicht mehr zurückholen.

Irgendwann, gegen Abend verlässt sie ihre Engel. Sie schaut niemand an. Sagt kein einziges Wort. Sie weint auch nicht mehr. Sie geht ganz allein nach Hause.

"Und der Vater!?" Sagt sie. "Wer soll ihn verstehen?" Wie oft ist er wohl ins Wasser gesprungen? Irgendwann konnte er nicht mehr. Er saß am Strand und hat nur noch geheult wie ein kleines und hilfloses Kind. "Gibt es Schlimmeres als das? Deine Kinder ertrinken vor deine Augen und du kannst nichts machen? Es war zu spät. Die Strömung war sehr stark. Er konnte überhaupt nichts machen. Niemand konnte etwas machen. „Sie sind jetzt im Paradies. Ich weiß es. Sie sind jetzt im Paradies, weißt du? Der liebe Gott wollte sie einfach früher zu sich holen. Ich weiß nicht, weshalb? Vielleicht braucht er sie dort. Nur er wird es wissen, nur er und niemand sonst. Glaubst du an Gott?“

"Nein! Ich glaube nicht an Gott. Ein Gott würde die Menschen nicht so leiden lassen. Er ist doch kein Sadist. Auch ein Sadist könnte das nicht. Niemand kann es! Unser Leid ist zu groß!“ Sie legen auf.

Zwei Stunden lang war sie sehr ruhig, während sie Candince all das sehr detailliert erzählte. Sie hat nie geweint. Luna sprach sehr klar, deutlich und wunderschön, als würde sie ihren Kindern ein Märchen vorlesen.

Das war alles genau vor zwei Jahren.

Gestern Nachmittag war Candince wieder im Tiergarten. Plötzlich hört er Luna seinen Namen rufen. "Komm doch zurück Candince! Wo gehst du hin!?" Sagt sie. Candince dreht sich um und sieht sie alle: Pascal, seine Kinder Astra und Laura sitzen mit dem Rücken zu ihm unter einem großen Baum. Rechts von ihnen sitzt Luna. Ein süßes, zweijähriges Kind steht vor Candince. Sie lächeln sich an. Es ist so süß, unglaublich!

Luna kommt, nimmt ihr Kind, schaut Candince kurz in die Augen und geht. Nach drei Schritten dreht sie sich kurz um, schaut ihm wieder in die Augen. Dieses Mal etwas länger und sehr tief. Sie sagt etwas und geht wieder zurück. Ihre Augen leuchten. Es scheint das zu sein, was man Glück nennt. Sie ist sehr glücklich.

Und Candince?
Er läuft weiter... und setzt sich irgendwo am See auf eine Bank und schaut sich die unendliche Weite des blauen Himmels an: Er schaut in das Nichts.

 
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Hallo Alaska,

bei Deiner Geschichte habe ich mehrere Anläufe gebraucht um sie durchzukriegen und das lag nicht nur an der Länge, sondern eher an der KOmplexität. Ich habe irgendwie das Gefühl, Du hast zwei Stories zu einer verwoben, nämlich die um Candince, Pascal und Julie und die um Luna und Pascal. Aber der Reihe nach.

Dein Stil ist interessant, aber nicht mein Fall. Das mag rein subjektiv sein, denn es gibt bestimmt einige Leser hier, denen dieser abgehackte Stil gerade gefällt. Ein wenig erinnert er mich an den von einem anderen Autoren hier, Aqualung. Auch die häufigen Wiederholungen, das stakkato-artige, besitzt mM nach Ähnlichkeit - naja, ich will mich nicht darauf festlegen, scheint mir nur eine ähnliche Richtung zu sein.

Dann gibt es da einige Details, die mich haben stutzen lassen:

Er sieht plötzlich jemand unter der Brücke
-> "jemanden"
und er denkt, vielleicht braucht er Hilfe. Er ist besinnungslos besoffen, so dass er den Weg nach Hause nicht findet.
Bezugsfehler: Beim ersten "er" ist Candice gemeint, im nächsten Satz dagegen die fremde Person unter der Brücke.
Es kommt eine sehr lange Frau
Klingt unschön, eher "eine sehr große Frau".
Sie sieht etwas verhungert aus
Das liest sich auch etwas eigenartig ... wie wäre es mit "abgemagert"? Wenn man verhundert ist, ist man schließlich tot und tot sieht sie wohl nicht aus, nur halt sehr dünn.
"Das ist Julie!" Sagt Pascal
Die wörtliche Rede stimmt an ein paar Stellen nicht: "Das ist Julie!", sagt Pascal.
Pascal versucht, Julie klar zu machen, dass er sich momentan nicht um die Kinder kümmern kann usw. Und Julie hat gar kein Verständnis für sein Diplom etc
Abkürzungen in Proatexten vermeiden. Hier kommen sogar zwei hintereinander, das fällt dann besonders auf.
Sie erzählt hemmungslos über alles.
Ich bin mir nicht ganz sicher, ob die Formulierung stimmig ist: Vom Gefühl her klingt sie für mich wie eine Mischung aus zwei anderen, nämlich "etwas erzählen" und "über etwas reden". "Über etwas erzählen" dürfte nicht falsch sein, liest sich aber für mich ungewohnt. Hm.
Julie hat super kleine Brüste.
<g> Das klingt, als wenn sich pupertierende Jungen über ihre Klassenkameradinnen unterhalten. ;-)
"Super klein" ist sehr umgangssprachlich.
Julie hat eine schwäche für Alkohol
-> "Schwäche"
"Weißt du?
Besser gefiel mir als Einleitung: "Weißt du was?"
Sie sind am Arbeiten.
"Etwas am machen sein" ist Umgangssprache.
Die Spannung ist Hochgradig.
-> "hochgradig"
Juli hat etwas.
1. "Julie"
2. Der Satz klingt unvollständig ... besser gefiele mir "... hat etwas an sich", oder so.
Pascal fand sie nackt im Bad. Ohne Wasser.
Wo ist kein Wasser? Im Bad? Wenn Du meinst dass sie in einer Badewanne ohne Wasser gefunden wurde solltest Du das deutlicher machen. Denn dass das Bad nicht unter Wasser stand ist ja keine Besonderheit.
Sie Ficken immer mit meinen Typen.
-> "ficken"
wie eine Vorleserin mit vielen Komas und Punkten.
-> "Kommas"
Es hörte sich so an, als hätte sie seit Jahren nicht gesprochen.
1. Müsste hier nicht die Gegenwart stehen, also "hört"?
2. Hat mir gefallen, die Formulierung. :-)
Er ist nicht abergläubisch und glaubt, dass Luna psychisch krank ist.
Luna "blutet permanent im Unterleib" und er hält sie lediglich für hysterisch?!

Und zwei Verständnisfragen bleiben noch zum Schluss:
1. Woran sind Lunas Kinder denn nun gestorben?
2. Die Kinder waren bei Lunas Großeltern - hatten die keine Adresse von Lunas und Pascals Augfenthaltsort, damit sie sie hätten benachrichtigen können?

Mich hat es beim Lesen zudem etwas angetsrengt, dass Du in der Zeit mehrmals hin- und herspringst. Z.B. erzählst Du grundsätzlich in der Gegenwart und schreibst, wie Candince mit Luna telefoniert. Zu Beginn des Gespräches steht: "Auch sie hat wie Pascal zwei Kinder."
Und dann kommt plözlich die Geschichte, wie die beiden Kinder gestorben sind und anschließend sofort wieder der Schwenk in die Gegenwart, wo sie ihm genau das soeben am Telefon erzählt hat. Also sind die Kinder schon tot, als sie das erste Mal telefonieren, ja? Oder habe ich da etwas überlesen? :confused:

Hm - die Themen Deiner Erzählung sind anspruchsvoll, ohne Zweifel. Liebe und Eifersucht, Alkoholismus und Tod, Glück und Unglück. Trotzdem fehlt mir dabei irgendwie der rote Faden.
Sicher, man kann sagen dass Candince sozusagen übergeordnet darübersteht, aber dennoch ... mir war das inhaltlich zuviel auf einmal. Allein das Dreiecksverhältnis zwischen Candince, seinem neuen Bekannten und dessen Freundin Julie, die später dann auch Candince begehrt, bietet genug Stoff für eine Geschichte. Als Julie dann gestorben ist hätte es mM nach enden können - stattdessen kommt plötzlich mit Luna noch eine neue Person dazu, die vom Tod ihrer Kinder erzählt, was an sich zwar eine sehr bewegende Episode ist, aber nach meinem Empfinden zuviel für die Story ist und daher von mir gar nicht mehr so richtig nachempfunden werden konnte.

Ich finde, dieser Candince ist irgendwie eine geheimnisvolle Gestalt, eine Art Einzelgänger, der diverse Beziehungskrisen und Unglücksfälle aus nächster Nähe miterlebt und selber doch immer irgendwie außen vor bleibt. Ich könnte mir mehrere in sich abgeschlossene Geschichten mit ihm vorstellen - alles in einem war es mir zuviel.

Das ist zu weiten Teilen nur meine subjektive Meinung, vielleicht sehen andere Leser das anders. :-)

Ginny

 

hey ginny,

danke für die konstruktive kritik und das redigieren ...

lunas kinder sterben beim kanu fahren mit ihrem ex. das wird auch erwähnt ...

die nebenhandlung verwässert die haupthandlung, ich weiss es, aber hier war es mir wichtig, zwei personen (frauen) gegenüberzustellen, die verschieden leiden.

liebe grüsse, A**

 

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