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Calo und das verlorene Glück

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09.08.2017
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Calo und das verlorene Glück

Die Großmutter kroch langsam aus der gemeinsamen Wohnhöhle und streckte ihre gichtigen Stielaugen dem einsamen Licht, da hoch droben am Weltengewölbe, entgegen. Leise und unverständlich brabbelte sie vor sich hin.
Mit ihrem vierten Bein blieb sie an dem Familienstein am Höhlenausgang hängen und zappelte vergeblich wie wild, doch schließlich stieß sie sich mühsam mit ihrem Sprungschwanz ab - trotz ihres hohen Alters hatte dieser noch nichts von seiner Kraft verloren - und verschwand trippelnd in der Dunkelheit.
Calo dämmerte friedlich vor sich hin, dann blickte er müde auf und erschrak, als er die Abwesenheit seiner Oma bemerkte. Das würde Ärger geben, er sollte doch auf sie aufpassen. Lustlos schälte er sich aus seiner Schlafschaukel und trampelte lautstark zwischen den Felswänden hin und her.
Von der Großmutter war nichts zu entdecken, doch seine neugeborene Nistschwester, beschwerte sich verärgert über die unzeitgemäße Störung ihres Tiefschlafes und fing lautstark an zu greinen.
Das würde noch mehr Ärger geben, wenn die Muta jetzt zurückkäme. Eilig ließ Calo kleine Felsbrocken auf seine winzige Nistschwester herabfallen, bis diese schließlich fröhlich lachte und glucksend ein paar der größeren Steine zerbiss.
Calo schenkte ihr, mit Bedauern, noch einen großen summenden Leuchtkäfer, der unverantwortlich leichtsinnig, ganz nahe an ihm vorübergeflogen war - eigentlich wollte er ihn lieber selber essen - doch seine Schwester schlürfte den Käfer schon schmatzend ein und rülpste zufrieden. Dann rollte sie auch schon wieder ihre Stielaugen ein und begann friedlich zu schnarchen.
Erleichtert setzte Calo seine Suche nach der Großmutter fort, doch diesmal etwas leiser. Schließlich kam er nicht darum herum zu erkennen, das Oma nicht mehr in der Höhle war. Das war schlimm und er würde noch mehr Ärger bekommen. Es sei denn, das es niemand erfuhr. Er musste die Oma wiederfinden.
Sein Kopfherz klopfte heftig, als der Junge über diese schwierigen Dinge nachdachte und als Calo dann unüberlegt aus der Höhle rannte, begann auch noch sein Brustherz heftig zu hämmern. Der Junge bekam Seitenstechen und nahm das Letztere schließlich verärgert heraus, das ihm solchen Ärger bereitete. Doch das war keine gute Idee und es wurde nur noch schlimmer. Schnell setzte er es wieder ein.
Die Großmutter war nicht zum ersten Mal verschwunden. Calo erinnerte sich genau, dass sie dauernd über den Verlust ihres Zweithirns jammerte und es ständig überall suchte. Und es war auch für die Familienhorde sehr betrüblich, das sie es nicht mehr hatte, denn die Oma erinnerte sich an nichts und war keine große Hilfe bei den täglichen Verrichtungen.
Calo erinnerte sich an die Geschichten aus alten Zeiten, die ihm Vata und Muta oft erzählt hatten, als er noch kleiner war. Früher hatte GORD auf sie aufgepasst, da musste niemand befürchten etwas zu verlieren, denn dieser wusste immer, wo alles war. Aber dann war GORD trübselig geworden und hatte etwas von Selbstbestimmung und Datenschutz erzählt - Calo hatte nie verstanden, was das eigentlich war - dann hatte GORD sich abgeschaltet und seitdem vermissten sie alle möglichen Dinge.
Er musste unbedingt die Oma wiederfinden, bevor die Familienhorde zurückkam, denn sonst würde er einen riesigen Rüffel bekommen. Doch er hatte schon eine Idee, wie er das anstellen sollte. Seine Großmutter lief häufig an ihre Lieblingsstelle und tatstächlich hatte er dort schon Glück.
Als Großvater gestorben war, wurde die Oma immer einsamer und schließlich wollte sie ihre Trauer nicht mehr länger ertragen. Deshalb versteckte sie ihr Zweithirn an dem Platz, an dem sie ihren Ehemann geheiratet hatte. Seitdem ruhte es dort vergessen in einer Felsspalte.
Nun erinnerte sich Großmutter tatsächlich nicht mehr an ihren Gemahl, doch sie wusste, dass etwas verloren war, wollte es wiederhaben und suchte seitdem unentwegt danach.
Niemand wusste etwas von dem Versteck und so konnte ihr niemand helfen. Doch wenigstens hatte Calo jetzt seine Oma wiedergefunden. Doch leider stolperte er in seiner Hast, sein Kopfherz wackelte und sein Brustherz polterte, am schlimmsten aber war, das ihm sein Zweithirn herausfiel, als er über seine Großmutter stolperte.
Nun saßen die Oma und Calo einträchtig nebeneinander und betrachteten das Himmelslicht, so lange, bis es langsam herabsank und sich immer rötlicher färbte. Schließlich fiel es irgendwo in die Tiefe und es wurde angenehm dunkel, fast so wie in ihrer heimatlichen Höhle. Von irgendwelchem Ärger ahnten sie nichts.
Doch schließlich wurde ihre angenehme Zweisamkeit unangenehm gestört. Ihre Familienhorde hatte die verlorenen Ausreißer endlich entdeckt. Vata und Muta näherten sich Calo und seiner Oma besonders eilig, betasteten diese gründlich und versuchten mit ihnen zu sprechen. Jedoch keiner der beiden reagierte darauf.
Da fiel Muta ein Glitzern in einer Felsspalte auf und sie fand das Verlorene zwischen zwei Steinen. Da lagen doch tatsächlich die Zweithirne von Calo und seiner Oma. Sie reichte sie triumphierend dem Vata .Dieser steckte sie freudestrahlend in die zugehörigen Hautfalten der Unglücklichen und schon regten sich die Zwei.
Nach vielen Jahren hatte die Großmutter endlich ihren Verstand wieder.
Da bekam Calo schon eine Kopfnuss: „Au“, schrie er empört. Jetzt hatte er sein Zweithirn wieder und wusste, wofür die Strafe war. Doch war es vorher nicht besser gewesen?
Die Familie zog sich ruhebedürftig in ihre Höhle zurück.
Der Vata polierte liebevoll die Glatze seiner Großmutter mit Erdöl, während die Muta lächelnd kleine Felsbrocken darauf warf. Die kleine Nistschwester sprang fröhlich den spritzenden Öltropfen hinterher und Calo freute sich über seine zufriedene kleine Familie.
Für diesen Tag war ihr Abenteuer jedenfalls unbeschwert beendet.

 

Das passiert, wenn Möchtegernautoren nachts nicht schlafen können und seltsame Bücher lesen: Ihnen fallen merkwürdige Geschichten ein. Und weil sie sonst nichts damit anfangen können, stellen sie diese ins Internet.

 

Hej Federstrich, du drolliger "Möchtegernautor" ;),

ich wüsste zu gerne, welches Buch du dir da des Nächtens reingepfiffen hast. Ich hatte leichte Mühe, mir diese ganze Bande vorzustellen, was aber nicht an deinen Beschreibungen lag, sondern an meinem Unvermögen mit seltsamen Science Fiction-Protagonisten.
Aber weil du wirklich sehr "süß" geschrieben hast und ich den Eindruck bekam, dass du mit viel Spaß und Lust dabei warst, habe ich mich darauf gerne eingelassen.

Lediglich deine inflationäre Nutzung des Wortes doch und einige orthographische Unebenheiten hielten mich davon ab, ganz ungestört in diese spezielle Familie einzutauchen, denn so ein Zweithirn und -herz wünschte ich mir auch von Zeit zu Zeit und ich würde sie gerne auch mal verbummeln.

Lieber Gruß, Kanji

 

Hallo Kanji,

vielen Dank für deinen freundlichen Kommentar. Es freut mich, das du dich gut unterhalten hast. Das war mein wichtigstes Ziel. Und es hat mir wirklich Spaß gemacht diese Geschichte zu schreiben.

Das Wort "Doch" hätte ein paar mal weniger vorkommen können, das lag aber daran, das es keinen Testleser gab, vor der Veröffentlichung. Ich hätte eben noch einmal mehr Korrektur lesen sollen.

Gerne schreibe ich dir, was ich gerade gelesen habe, als mir diese Geschichte einfiel: Es war von Carl Olsberg - Mygnia, die Entdeckung. Du wirst da keine herausnehmbaren Zweithirne finden, keine eingölten Großmütter und keine herabregnenden Felsbrocken, dafür aber Engel, die sich wie Teufel verhalten und Teufel, welche wie Engel sind.

Viele liebe Grüße von Federstrich

 

Hallo Federstrich,

der Text liest sich wirklich wie eine Gutenachtgeschichte. Das ist aber durchaus nicht negativ gemeint.

Klar, es muss noch einiges überarbeitet werden. Vor allem der inflationäre Gebrauch von Adjektiven und Adverbien hat mich gestört.

Der Satz

Der Junge bekam Seitenstechen und nahm das Letztere schließlich verärgert heraus, das ihm solchen Ärger bereitete.
ist leider ziemlich verkorkst. "Letzeres" ist Kanzleideutsch, so ein Wort würde ich in einer Gutenachgeschichte vermeiden. Vielleicht gibt's deshalb gleich zweimal "Ärger" im selben Satz. ;-)

Und es war auch für die Familienhorde sehr betrüblich, das sie es nicht mehr hatte, denn die Oma erinnerte sich an nichts und war keine große Hilfe bei den täglichen Verrichtungen.
Schade. Omas schlechtes Gedächtnis schreit doch geradezu nach einem lustigen Beispiel.

Gruß
Notker

 

Hallo Notker,

Danke für deine wohlmeinende Kritik.

Das mit der Gutenachtgeschichte nehme ich mal posttiv. So ist es ja wohl auch gemeint.

Die Adjektive und Adverbien verwende ich vielleicht zu gerne.

Zweimal das Wort "Ärger" in einem Satz ist wirklich "ärgerlich", es sollte eigentlich nicht sein. Und über das "Letztere" kann man noch einmal reden.

Ein lustiges Beispiel für die Vergeßlichkeit der Oma wäre eine gute Sache, da gibt es bestimmt noch etwas Besseres als die vergessenen dritten Zähne in einem Glas. ;-)

Viele Grüße Federstrich

 

Hallo Federstrich,

deine Versuchsanordnung ist durchaus interessant; Wesen mit mehreren Hirnen, wahrscheinlich Hybride, Roboter, zumindest geht’s in die Richtung. Sie leben in familiärer Ordnung, passen aufeinander auf, die Oma geht verloren, wird gefunden, die Gehirne auch und fertig, Happy-End. Der Spaß hält sich in Grenzen, leider, weil ich nicht wirklich verstehe, auf was der Text rausläuft, was er will. Mir geht’s ja manchmal so, dass ich eine Szene vor Augen habe, etwas Fantastisches, Ungewöhnliches und ich will eine Geschichte draus machen, schreibe ein paar Zeilen oder Seiten und leg sie dann weg, weil nicht viel mehr als dieses Szene übrig bleibt, weil ich auf die Inspiration warte, daraus etwas Homogenes zu gestalten. So kommt mir dein Text vor: kann was Großartiges draus werden, wenn du dran arbeitest, ausgestaltest, absurde übertreibst, genauer wirst, stärker in die Szene reinzoomst, science-fiction-mäßiger und immer wieder überdenkst und überarbeitest.

Willkommen hier!

Mit ihrem vierten Bein blieb sie an dem Familienstein am Höhlenausgang hängen und zappelte vergeblich wie wild, doch schließlich stieß sie sich mühsam mit ihrem Sprungschwanz ab
das ist so eine Stelle, die du genauer gestalten könntest: du machst mich neugierig, ich weiß aber rein gar nichts über dieses Wesen.

Eilig ließ Calo kleine Felsbrocken auf seine winzige Nistschwester herabfallen, bis diese schließlich fröhlich lachte und glucksend ein paar der größeren Steine zerbiss.
süßes Bild

Es sei denn, das es niemand erfuhr.
dass

Deshalb versteckte sie ihr Zweithirn an dem Platz, an dem sie ihren Ehemann geheiratet hatte. Seitdem ruhte es dort vergessen in einer Felsspalte.
warum versteckt sie es genau dort und woher weiß der Erzähler das?

Da bekam Calo schon eine Kopfnuss: „Au“, schrie er empört. Jetzt hatte er sein Zweithirn wieder und wusste, wofür die Strafe war. Doch war es vorher nicht besser gewesen?
:D die Frage, ob es besser zuvor war, könntest du weg lassen, besser vielleicht zeigen, wie er jetzt von gedanken überflutet wird.

viele Grüße
Isegrims

 

Hallo Isegrims,

deinen Kommentar, dass vielleicht noch etwas „Großartiges“ aus meiner Geschichte werden könnte, wenn ich denn weiter daran arbeiten würde, empfinde ich als großes Lob und Ansporn für die Zukunft.

Eigentlich ist es ja tatsächlich so, das diese paar Zeilen meine Inspiration waren. Ich hatte nie die Absicht daraus mehr zu machen. Ich habe auch kein besonderes Ziel mit diesem Text verfolgt, außer zu unterhalten. Doch vielleicht ist es ja tatächlich so, das man mehr daraus machen könnte. Aufgrund deiner freundlichen Worte werde ich dies noch einmal überdenken. Vielleicht wird sich ja noch etwas Besseres daraus entwickeln.

Vielen Dank noch einmal

Federstrich

 

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