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Café - Geschichten - Die versteckte Sünde
In einer kleinen Stadt, irgendwo in Deutschland, gibt es ein Café, mit Charme und Esprit, direkt neben einer Kirche. Wer seelischen Beistand sucht, ist in der Kirche genau richtig, jedoch nicht im Café. Das Café ist ein beliebter Treffpunkt, in dem jeder Gast gerngesehen und wo selbst für den Pfarrer der Kaffee eine Sünde wert ist. An dem Ort, an dem er seinem einzigen Laster nachgeht, nämlich den vorzüglichen Kaffee und den sagenhaften Kuchen.
Allzu oft bekommt der Pfarrer die kleinen und großen Sünden der Gäste mit, ganz besonders in der Fastenzeit, in der die süße Versuchung in Form von Kaffee und dem Kuchen sehr verführerisch ist.
„Guten Tag Frau Obermaier, was machen Sie den schon um diese Zeit im Café?“
Die betagte Dame fährt erschrocken zusammen und fühlt sich ertappt, dass ausgerechnet ihr Beichtvater sie wiederholt so früh im Café entdeckt hat.
„Ach Herr Pfarrer, grüß Gott, ich wollte bloß einen Laib Brot für das Wochenende kaufen“, antwortet sie mit leichter Schamröte im Gesicht.
„Mir ist nicht entgangen, dass Sie schon öfter um diese Zeit im Café sind, um einen Kaffee mit Schuss zu trinken“, entgegnet ihr der Pfarrer streng.
„Herr Pfarrer, was für Freuden habe ich denn in meinem Alter noch?“, antwortet sie ihm trotzig.
„Frau Obermaier. Sie können nicht mal in der Fastenzeit davonlassen? Wann waren Sie eigentlich das letzte Mal zur Beichte?“
„Das kann noch gar nicht so lange her sein“, schwindelt sie ihn unverhohlen an.
„Ich bin der einzige Geistliche, der hier in der Gemeinde die Beichte abnimmt und ich habe sie das letzte Mal vor über einem Jahr gesehen.“
„Herr Pfarrer, ich bemühe mich sehr, den Versuchungen zu widerstehen und mit jedem Tag gelingt es mir immer mehr, aufzuhören.“ Ohne rot zu werden, tischt die alte Dame dem Pfarrer eine Lüge nach der anderen auf und merkt nicht, wie sie sich mit ihren eigenen Worten widerspricht.
Als der Pfarrer sie mit ihren Worten der Schwindelei überführt, wird sie kreidebleich im Gesicht.
„Frau Obermaier, die Kirche ist gleich nebenan, wir können rübergehen und sie legen die Beichte direkt ab.“
„Herr Pfarrer, das ist mir peinlich, mein Mann kommt bald von der Arbeit nach Hause und ich will nicht unangenehm auffallen. Üben Sie Nachsicht mit mir, ich komme morgen nach dem Frühstück zur Beichte. Versprochen.“
„Ich nehme Sie beim Wort“, antwortet der Pfarrer.
Als Frau Obermaier geht, sieht er sich um, ob sie auch weit genug entfernt und nun ungestört ist. Dann bestellt er einen Kaffee mit Schuss und extra viel Sahne obendrauf.
„So, so“, sagt die freundliche Bedienung. „Der Frau Obermaier was von Fastenzeit und Beichte erzählen und dann selber einen Kaffee mit Schuss bestellen, mit extra viel Sahne, damit der Herrgott nicht mitbekommt, dass Sie Alkohol noch vor dem Mittag trinken.“
„Da können Sie mal sehen, was ich auf mich nehme, um meine Schäfchen zu behüten und sie auf den rechten Weg zu bringen.“
„Deshalb nennt man das, was sie bestellen, auch die versteckte Sünde“, entgegnet ihm die Bedienung frech.
Der Pfarrer stemmt die Arme in die Seiten und will sich aufregen, steht mit offenem Mund da, als die Kellnerin ihm deutlich macht, dass es keinen Sinn hat, denn sie ist nicht die Einzige, die das Gespräch mit Frau Obermaier mitbekommen hat.
„Also Herr Pfarrer, Sie können jetzt den Kaffee ohne Schuss und mit extra viel Sahne bekommen oder den Kaffee mit Schuss und ohne Sahne. Sie wollen doch keine Sünde begehen und sie auch noch vor dem Herrgott verstecken“, spricht sie ihm triumphierend aus.
„Sie stellen mich vor eine schwere Wahl“, entgegnet er Ihr beschämt.
„Ja Herr Pfarrer, was man nicht alles für die Kirche tut. Sie wollen doch sicher als leuchtendes Beispiel vorangehen.“
Somit entschied sich der Pfarrer für den Kaffee ohne Schuss, mit extra viel Sahne und das Café hat mit diesem Einfall ein neues Getränk auf der Karte, um den Pfarrer von der Sünde fernzuhalten.
„Die vergessene Sünde.“
Ein Kaffee ohne Schuss, mit extra viel Sahne. Wohingegen die Bedienung darauf achtet, dass der Pfarrer auf keinen Fall seine Sünden vor dem Herrgott verstecken kann.