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Busbegegnung

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17.08.2014
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Busbegegnung

Vor zwei Wochen hatte ich eine interessante Begegnung mit einem neunzig Jahre alten Mann. Anfangs war ich total genervt. Schon beim Einsteigen in den Bus hatte er mich anvisiert und ich wusste, dass weiterhin Musik hören nicht möglich sein würde. Wie erwartet fragte er mich, ob er sich setzen dürfe und erzählte er mir von seinem Alltag - wie die alten Leute ebenso sind. Er wäre neunzig, war heute schon beim Schwimmen und Radfahren. Jetzt fahre er zum Bahnhof, hole sich eine Zeitung und schaue den Leuten beim Reisen zu. Und ich merke trotz der langweiligen Themen, wie mich dieser Herr beeindruckt und wie viel Elan und Lebensfreude in diesem Menschen steckt. Er hatte noch dieses schelmische Grinsen im Gesicht – keine Verbitterung, sondern die pure Lust am Leben. Irgendwann fing er an, über die Kriegszeit zu sprechen. Er war in vier Ländern. Seine erste Geschichte handelte von einem Engländer, der hundertprozentig davon überzeugt war, dass er von ihm erschossen wird, als sie sich Auge in Auge gegenüberstanden. Er ließ ihn laufen und lachte herzhaft über den Gesichtsausdruck des Engländers. „Der dachte wirklich, ich will ihn erschießen“. Er war auch in Kriegsgefangenschaft und ein netter Soldat hat ihm zum Aufwärmen Schnaps angeboten. Es hätte mehr Menschlichkeit im Krieg erfahren, als man sich vorstellen kann. Fast wäre er gestorben. Ein Splitter hätte sich durch sein Herz bohren können, wäre da nicht sein Geldbeutel gewesen. „Oh, es tut mir leid, ich muss mich nun leider schon von Ihnen verabschieden“, mit einem Lächeln reichte er mir die Hand und meinte im Vorbeigehen noch „Mich hätte es so oft erwischen müssen, aber der liebe Gott hat es gut mit mir gemeint. Versprechen Sie mir, dass Sie jeden Tag genießen und glücklich darüber sind, in dieser friedlichen Zeit leben zu können“. Ich war sehr traurig darüber, dass unsere Unterhaltung so jäh beendet wurde und doch hatte ich das Gefühl, etwas gelernt zu haben. Ich möchte nicht mehr so oft müde vom Leben sein und werde mich wieder an den vielen kleinen Dingen erfreuen, die jeder Tag bietet.

 

Irgendwann fing er an, über die Kriegszeit zu sprechen.

Mein alter Herr wäre jetzt 94,

liebe Sara –
und damit erst einmal herzlich willkommen hierorts!

Der hätte möglicherweise auch von seiner Jugend erzählt, die ihm vom Naziregime buchstäblich geklaut wurde und Du wirst in spätestens 20 Jahren auch an Deine Jugend zurückdenken. Aber das besondere an der Kriegsgeneration ist, dass sie die Gräueltaten verdrängt, die auch der kleinste Mitläufer begangen hat – und wenn er nur weggekuckt hat, denn da fängt Mittäterschaft bereits an. Erst als ich zehn war begann mein Vater nach "alten Kameraden" zu forschen und einen hat er dann tatsächlich in Idar-Oberstein gefunden. So fand dann der erste längere Urlaub im Hunsrück statt. Und alles ohne Grauen … Das kam dann erst für mich satte 30 Jahre später in Folge des NATO-Doppelbeschlusses und einer Riesendemonstration im - Herbst im Hunsrück – aber zurück zu Deinem alten Herrn …

Vor zwei Wochen hatte ich eine interessante Begegnung mit einem neunzig Jahre alten Mann. Anfangs war ich total genervt
so beginnen, was Dich vielleicht gar nicht mal überraschen wird, Schulaufsätze. Ich schätz mal, dass Du verdammt jung bist.

Lass die kleine Geschichte einfach mit dem dritten Satz anfangen, der aber im Nebensatz sehr gestelzt daherkommt

…, dass weiterhin Musik hören nicht möglich sein würde.
Zwomal Möglichkeit, einmal offensichtlich, das andere mal in würde ... Der gedoppelte Konjunktiv ...
Warum nicht einfach ein mehrdeutiges
„…, dass Schluss mit Musik war“, wie man ja auch schon ein Schluss mit lustig kennt.

Wie erwartet fragte er mich, ob er sich setzen dürfe und erzählte er mir von seinem Alltag - wie die alten Leute ebenso sind.
Wie sind denn alte Leute „eben so“? Der/die eine hat ne trockene Aussprache, der/die nächste sein Gebiss vergessen (also ne feuchte Aussprache). Einer besteht auf alten Höflichkeitsformen, dass man ungefragt vor Älteren aufstehen müsse, der nächste fragt wenigstens, ob der Platz frei sei und ein Dritter bleibt stehen, weil ers noch kann usw. usf. Nix anderes als bei jüngeren Leuten auch (außer, dass die Älteren nix mit Radio Gaga, Eins Life und so’n Kindskram anfangen können, die haben halt andern Kindskram …)
Aber das gedoppelte "er" könntestu auch noch beseitigen.

Er wäre neunzig, war heute schon beim Schwimmen und Radfahren.
Nun kann ich dem alten Herrn nicht vorschreiben, wie er zu sprechen habe, aber Dir kann ich die Frage stellen: Warum erst Konjunktiv und dann Indikativ? Der Mann erzählt doch, also indirekte Rede, da braucht’s keines Konjunktiv irrealis (dieses „wäre“ zeigt ja an, dass Du die Altersangabe bezweifelst), aber den Konjunktiv I ist angebracht:
Er [sei] neunzig, [sei] heute schon beim Schwimmen und Radfahren.
Statt des doppelten sein könntestu auch das Komma einsparen und durch die Konjunktion ersetzen, das sieht dann so aus
Er [sei] neunzig [und] heute schon beim Schwimmen und Radfahren.
Übrigens: Die indirekte Rede beherrschtu doch ganz gut in den darauffolgenden Sätzen. Aber bevor der Kommentar länger wird als der kleine Text, noch eben der Hinweis, dass da ein Punkt entlaufen will
„Der dachte wirklich, ich will ihn erschießen“.
Besser also „… erschießen.“

Alles kein Beinbruch, meint der

Friedel,
undet wi'd schon werdn, wie man hier so sacht.

 

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