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Bumbum.

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07.10.2003
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Bumbum.

"Gib mir deine Hand"
Ich tue es.
"Jetzt die andere."
Ich tue es.
"Gib mir deine Füße."
Auch diesem komme ich nach.

"Vertraust du mir?" fragt die Stimme.
Ich nicke.
"Dann gib mir deinen Kopf."
Ich vertraue der Stimme.
"Ich nehme jetzt auch deinen Leib", sagt die Stimme.
Ich wehre mich nicht.

Bin nur noch ein schlagendes Herz. Ohne Hände, ohne Füße; ohne Kopf und ohne Leib, nur noch ein pulsierender Muskel, der versucht Blut, das nicht mehr da ist, durch einen Körper zu treiben, der auch nicht mehr da ist.
Könnte ich noch denken, würde ich mich fragen, warum das Herz im Vakuum des Nichts nicht zerreißt. Aber mein Kopf ist fort, und ich kann nicht denken.

Bumbum. Bumbum. Bumbum.

Der Takt des Herzens schlägt einsam durch die Leere, wie eine Uhr in einem großen Saal.
"Fürchtest du dich?"
Das Herz morst ein Nein, antworten kann ich nicht anders.
"Gut." Ein Moment der Stille, nur der Herzschlag unterbricht die Vollkommenheit.
"Ich könnte dir auch das Herz nehmen."
Bumbum. Bumbum. Bumbum. Keine Änderung im Takt.
Ich vertraue.
Das Herz bleibt.
"Fürchtest du dich nicht, dein Herz zu verlieren?"
Wieder morst das Herz ein Nein.
Wenn die Stimme glaubt, ich könne auch das Herz verlieren, dann möge das so sein.
Bum. Bumbum. Bum. Bum.
Bum.
Das Herz hört auf zu schlagen. Es vergeht.
Kein Herzschlag mehr, nur ohrenbetäubende Stille.
Doch ich habe keine Ohren mehr, so kann ich auch nichts hören. Auch nichts fühlen. Auch nichts sehen.
Doch ich bin noch.
Das Herz ist nicht der Sitz der Seele; sowenig wie die Hände, die Füße, der Kopf oder der Leib. Säße die Seele irgendwo dort, wäre ich jetzt nicht mehr.
Doch ich bin noch.
Was bin ich? Nur noch Seele. Ich erfasse Liebe, Hass, Mutterglück, Grabestränen, Krieg und Frieden in einem Augenblick. Alles ist immer und immer ist jetzt. Jedes Leid wird durch ein Glück aufgehoben; jede Freude durch eine Trauer negiert. Kein Gut und Böse mehr; nur noch Sein.
Ein Gefühl von Glanz, von Licht erreicht mich. Ich schwebe darauf zu.
"Bewahre deine Erkenntnis", sagt die Stimme noch.
Ich vertraue ihr, wie ich immer vertraut haben werde.
Das Licht erreicht mich, ich erreiche das Licht.
Wir werden eins.

Aus dem langen Fiepen des EKG wird wieder ein regelmäßiges.
Bip. Bip. Bip.
Bumbum. Bumbum. Bumbum.

 

Moin Oile!

Gefällt mir. Das Klischee ist zwar..., ein Klischee eben, aber dem Zweck dienlich. Zu Anfang der Geschichte dachte ich, sie wäre logisch nicht durchdacht. Der Prot sagt zwar, er könne ohne Kopf nicht denken, tut es aber doch ncoh. Das war aber wohl beabsichtigt.
Auf jeden Fall eine schöne Geschichte gegen die Angst vor dem Tod! Und für das Gottvertrauen.

Gruß,
Llannagh

 
Zuletzt bearbeitet:

Gott?

Ähm, nein.

Danke erstmal für's Lesen, und für das Lob.
Ich hatte noch überlegt, einen Satz einzufügen wie "Alle Götter sind ein Gott, Gott ist tot, jeder ist ein Gott", habe mich dann aber dagegen entschieden, ins Religiöse abzuschweifen. Ich persönlich hatte dabei an einen sehr besonderen Freund gedacht, dem ich so sehr vertraue.
Aber natürlich kann man die Geschichte so verstehen. :)

greetz, Oile

 

Zuerst hat mir die Sache mit der Schrittweise Her- bzw. Aufgabe des Körpers gefallen.
Doch irgendwann hat mich der Stil irgendwie gelangweilt, was wahrscheinlich daran liegt, dass ich eine Aversion gegen innere Monole habe.
Die Schluss- Pointe is irgendwie ziemlich bemüht überraschend, und war leider schon zu oft da.

Ich finde aber aus der Idee hätte man noch viel mehr machen können- der erste "Dialog" ist wirklich interessant.

Ciao
Vant

 

Hi Vant,

danke für deine Kritik. Da sieht man mal wieder, daß man die besten Ideen doch irgendwie immer auf dem Klo hat -da ist mir nämlich der erste Dialog eingefallen. Vielleicht sollte ich zusehen, daß wir den Computer im Bad aufbauen... oder ich immer was zu schreiben dabei habe.*g*
Aber interessant, daß dich der Stil so schnell gelangweilt hat -lang ist der Text nun wirklich nicht.

greetz, Oile

 

Hi Oile,

mal abgesehen von der Kürze deiner Geschichte, hätte sie mich auch nicht gelangweilt, wenn sie länger gewesen wäre.
Ich finde du hast sehr gut das Sterben eines Körpers beschrieben. Wie die Seele langsam diese nutzlos werdende Hülle verlässt.
Natürlich ist es nicht mehr der Kopf der denkt, die Ohren die hören u.s.w.
Doch die Seele, das ewige Bewußtsein, ist klarer als jedes menschlische Organ.

Sehr schön dein Satz: Alles ist immer und immer ist jetzt.
Nur schade, dass du nicht deinen Freund, an den du ja dachtest, hinein gebracht hast. So mußte man annehmen das dein Prot, Gottes, nennen wir das jenseitige Wesen mal so, Stimme gehört hat.

Aber trotzdem würde ich gerne wissen, ist dein Freund tot und holt die Seele deines Prot ab.
Oder sitzt der Freund am Sterbebett?
Hm, nein ... oder?

So, Klischee hin oder her, gibt es etwas in unserem Leben, oder auf dieser Welt, was nicht klischeehaft ist? Ich denke es ist langsam Klischee, es immer öfter entdecken zu müssen.

Du hast beschrieben was viele Menschen erhoffen.

glg coleratio

 

HI coleratio,
freut mich, daß du die KG gelesen hast, und danke für das Lob.

Ob der Freund, an den ich dachte, außerhalb der Szene da ist oder nicht, ist ja im Grunde nebensächlich, ebenso wie die Interpretation, es sei Gottes Stimme, eigentlich irrelevant ist. Es geht ja hauptsächlich darum, da ist eine Stimme, vielleciht auch nur ein in Worte gefaßtes inneres Wissen, dem man vertraut.
Wenn man vertraut, verliert auch der Tod seinen Schrecken, ist meine Ansicht, und wenn man die Positive Botschaft erfaßt hat, hat mein Text sein Ziel erreicht. :)

LG, Oile

 

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