Brennende Erregung
Sie hatte ihn einfach mit hoch genommen. Ohne ihn näher zu kennen, ohne weitere Fragen zu stellen. Keine Erklärung zu ihrer Wohnung. Erster Stock eines alten, verlassen erscheinenden, sanierungsbedürftigen Wohnblocks. Als sei es normal, einen Mann, einen Unbekannten in ihre Wohnung zu lassen.
In der Disco hatten sie eine Zeitlang miteinander getanzt. Endlich war dann auch mal die Connors dran, so richtig ein Lied zum Kuscheln. Und sie hatte nichts dagegen. Erik war selbst erstaunt. Die Frau sah einfach spitze aus. Nicht vornehme Klamotten, sondern eher alternativ. Eng, figurbetont, das Oberteil fast durchsichtig. Der Busen groß, stramm; die Nippel deutlich und unter dem transparenten Etwas mehr offenbarend als verhüllend. Ihr helles, offenes Lachen eine Aufforderung, sich zu trauen. Seine Gefühle konnten ihr nicht verborgen geblieben sein, bei dem engen Körperkontakt. Provozierend hatte ihr Unterteil sich dem seinen entgegengestellt, ein verschmitztes Lächeln glitt dabei über ihre Züge. Je stärker ihr Gegendruck wurde, desto erregter war er geworden, seine Phantasien fanden ständig neue Nahrung. Er spürte schon den Neid der Anderen, er, der Don Juan des Jahrgangs. Seine Hände fuhren über ihren Rücken, fanden den raffinierten Schlitz im Rückenteil, trafen auf nackte Haut und ließen Massen von Adrenalin und Pheromonen in den Kreislauf gelangen. Seinen leidenschaftlichen Kuss erwiderte sie mit der gleichen Intensität und steigerte seine Lust mit festem Druck der Fingernägel entlang seiner Wirbelsäule.
Als er fragte: „Wollen wir woanders hin?“, nahm sie ihn kommentarlos bei der Hand und führte ihn zum Ausgang. Unglaublich, so einfach.
„Wohne nur ein paar Häuser weiter.“ Sie gingen die Strecke Arm in Arm, als ob sie schon lang ein Paar wären. Die Nacht war warm. Er konnte es nicht fassen, er war dabei ein Superweib abzuschleppen. Die wenigen Straßenlaternen beleuchteten ihr Gesicht. Im Hellen unterstrichen sie die asketischen, vornehmen Züge, ließen sie außerirdisch schön erscheinen. Bewegten sie sich zwischen den Laternen, wanderten Schatten über ihr Antlitz, teils mystisch, teils erotisch und wild. Er konnte kaum den Blick von ihr wenden. Sie ging neben ihm, schien seine Aufmerksamkeit kaum wahrzunehmen, nur ihr Fingerspiel, das Reiben ihres Mittelfingers in seiner Handfläche, verhieß ihm Gedanken, die seine sexuellen Phantasien anstachelten.
Das Haus, das sie betrat, war eine Ruine. Das Schild „Betreten verboten - Einsturzgefahr“ nahm er zwar wahr, verlies sich jedoch auf ihre Führung. Längst waren seine Gedanken einseitig auf irgendwie sexuell interpretierbare Anzeichen fixiert, alles andere glitt wie im Nebel an ihm vorüber, war unwichtig, vernachlässigbar. Im ersten Stock betraten sie eine Wohnung; es gab keine Tür. Sie begann ein paar Kerzen anzustecken, drückte auch ihm einige in die Hand. Im flackernden Licht sah er den Tisch mit vier Stühlen in der Mitte des großen Raumes. Auf dem Tisch lagen hohe Stapel von Flugblättern, er erkannte das an der Parole: „Nicht Abreißen oder Heiß Sanieren! – Vermieten!!!“ Das Kleingedruckte konnte er nicht entziffern, es interessierte ihn auch nicht. Er stellte einige Kerzen in die Mitte des Tisches, während sie auf dem Boden und den Fensterbänken, offenbar mit viel Übung, die doppelte Menge platzierte. Im Kerzenschein erkannte er an der Stirnseite des Zimmers eine Matratze am Boden, mit einem weißen Laken bezogen und magisch aus der schummerigen Atmosphäre hervorstechend. Sie blieb neben dem Bettersatz stehen, ihn schweigend fixierend, ein wenig unsicher erscheinend. Sein Atem stockte, es war soweit. „Mein Gott, was für eine Frau“, dachte er. Seine Erregung steigerte sich rasend.
Als sie seiner Aufmerksamkeit sicher sein konnte, nahm sie ihre Hände hoch, ließ sie langsam über ihre Brüste zu der Knopfleiste gleiten und begann die Bluse Knopf für Knopf, von oben nach unten, zu öffnen. Ein kurzes, ihm zugewandtes Öffnen ihrer Handfläche, verwies ihn aus ihrer Nähe, bannte ihn als Beobachter an den Tisch. Die offene Bluse streifte sie über die Schultern und ließ sie achtlos zu Boden fallen. Das flackernde Licht beleuchtete ihre Brüste, das Schattenspiel überzeichnete ihre wahre Größe. Das beidhändige Zurückstreichen der langen Haare legte sie für den Zuschauer gänzlich bloß. Für Erik wurden sie Mittelpunkt seiner Welt. Sie schüttelte leicht den Kopf, um die Frisur in die richtige Lage zu bringen, dann glitten ihre Hände erneut über ihre Brüste, langsamer diesmal, die Fingerspitzen leicht über die aufgerichteten Nippel streichend, dann weiter abwärts, über den Bauchnabel zum Hosenbund.
Aufreizend umständlich begann sie den Knopf durch das Knopfloch zurückzuführen. Dann langsam, so, dass man jedes leiseste Zipp beim Herunterziehen hören konnte, öffnete sie den Reißverschluss. Trotz der Dunkelheit konnte er erkennen, dass sie keinen Slip trug. Die Schamhaare waren tiefschwarz und als sie die Hose über die Hüften streifte, sah er das ganze haarige Dreieck. Wie in Zeitlupe stieg sie aus den unten liegenden Hosenbeinen und setzte sich auf die Matratze, die Beine leicht gespreizt, jedoch die Schenkel so weit zur Seite gestellt, dass er keine Einzelheiten sehen konnte.
Wortlos hob sie eine Hand und winkte ihn lächelnd zu sich. Seine Erregung war kaum noch zu steigern. Er ging unbeholfen um den Tisch herum und trat an die Matratze. Bevor er sich hinunterbeugen konnte griff sie ihm an den Gürtel, der sich gerade auf ihrer Augenhöhe befand. Er hielt die Luft an, blieb steif und voller bebender Erwartung stehen. Seine Gedanken überschlugen sich, wie in Momentaufnahmen sah er sich dabei, seinen Freunden jedes Detail dieser unvergesslichen Nacht schildernd, sah sich in enger Umklammerung mit dieser Göttin auf der Matratze wälzend, sah, wie sie ihn mit dem Mund befriedigte.
Der Gürtel war offen, seine Hose hatte sie inzwischen runtergezogen und begann ihn durch die Unterhose hindurch zu massieren.
Da explodierte er. Unhaltbar, zugleich Ekstase pur und extreme Peinlichkeit. Das schöne Gefühl wurde von der Beschämung überlagert. Ihr ungläubiger Blick, zuerst auf die Unterhose, dann hoch auf sein Gesicht. Er nahm ihr die Hände weg, drehte sich zur Seite und bemühte sich seine Hose über die feuchte Stelle zu ziehen. Aus der Ekstase wurde Verlegenheit. Die Momentaufnahmen verkehrten sich ins Gegenteil, er vermeinte schon das Lachen der Freunde zu hören, das Getuschel quer durch den Jahrgang, hinter seinem Rücken würde kichernd auf ihn gezeigt. Aus Verlegenheit wurde Panik. Er richtete sein Augenmerk auf die Frau. Sie saß noch immer nackt auf der Matratze, reglos, ihr Blick schien mitleidig zu wirken. Ihre Nacktheit war ihm peinlich. Sie grinste. „Das ist ja wohl jetzt ein One-Night-Hang.“ Die Panik wandelte sich in Wut, sie machte sich über ihn lustig. Zwei Schritte, keine Ratio, nur Wut, Hass, die Faust geballt. Ein Schlag. Trocken, ohne Nachzudenken. Sie fiel zurück auf das Bett. Er hatte kein Empfinden für die erotische Wirkung ihrer liegenden Position, das Spiel des flackernden Lichtes auf ihrem nackten Körper. Hastig wand er sich um, raus, nur raus. Er stolperte gegen den Tisch, riss ihn beinahe um. Die erregt und mit zittrigen Händen aufgestellten Kerzen fielen gegen die Papierstapel. Die Hose schließen, den Gürtel. Raus aus dem Zimmer, die Treppen runter, auf die Strasse.
Die frische Luft draußen brachte ihn wieder ein wenig zur Besinnung. Er blickte nach oben. Aus dem Fenster drang heller Lichtschein, flackernd. Erkenntnis fand ihren Weg zum Bewußtsein, die fallenden Kerzen, die Flugblätter. Der Lichtschein wurde heller, Rauch quoll durch das Fenster nach Außen. Wie versteinert schaute er noch einige Zeit zum Fenster hoch, sah unterbewußt aufgeregte Leute ins Haus laufen, dann schaltete er sein Denken ab, drehte sich um und ging nach Hause.
[ 07.05.2002, 22:24: Beitrag editiert von: querkopp ]