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Boys On The Floor

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06.08.2018
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Boys On The Floor

Ich versuche den Spiegel zu überzeugen, nur um mich vorzubereiten. Für den Fall, dass er ein Gespräch will. Ich lasse die Tür angelehnt, wenn ich aus der Wohnung gehe. Falls er es sich anders überlegt und zurückkommt. Der Tag heute am College war lang und monoton. Ich wünschte, er wäre zu Ende, aber in letzter Zeit habe ich nicht das Gefühl, dass überhaupt eine Sonne auf- und untergeht. Sie steht zwar am Himmel, doch der Mond hat sich vor sie gedrängt und macht Herzen kalt, die von nirgendwo sonst Wärme beziehen können. Mir fehlt jegliche Energie, um mich zu bewegen. Kaum bin ich zuhause, lasse ich mich auf die Matratze im Wohnzimmer fallen. Erst durch das Gefühl der Härte beim Aufprall auf der eigentlich weichen Unterlage spüre ich, wie verspannt mein Rücken ist. Unter meinen Fingern ist zerknüllter Stoff. Ich streiche darüber, nur um das Auf und Ab der Falten zu spüren. Doch ich konzentriere mich zu stark auf das Ab, sodass ich auch damit aufhöre und wie gewohnt unter mein Kissen greife. Ich nehme das Bild von ihm und mir in die Hände. Er sollte nicht die Macht haben, über meine Zeit zu verfügen, wenn ich sie nicht mit ihm verbringen kann. Doch genau das tut er, ohne es zu wissen. Er lässt den Sommer verschwinden und den Winter kälter wirken, sodass ich vergesse, wie sich Sonnenstrahlen im Herzen anfühlen. Die Schmetterlinge überleben die Kälte nicht und zerfallen zu Staub. Das Kaminfeuer brennt schon lange nicht mehr und die Asche erinnert mich an das, was übrig geblieben ist. Es kommt mir so vor, als würde er die Tage länger machen, nur um die Zeit wieder auszugleichen, weil sie mit ihm so schnell vergangen war. Sie schleichen so monoton dahin, als würde ich einem Hamster in seinem Rad zuschauen, wie er den ganzen Tag darin läuft, ohne zu einem Ziel zu kommen. Es ist schrecklich deprimierend ihn zu sehen, da sein Leben so unsinnig erscheint. Man könnte meinen, dass es keinen Unterschied macht, ob er weiter vor sich hin existiert oder ob er besser tot wäre. Sich von ihm abzuwenden, fällt nicht schwer, da sein Anblick bedauernswert ist. Und wenn die Nacht kommt, ohne Lukes, der neben mir liegt, dann begreife ich, dass ich dieser Hamster bin. Die Frage, ob er mich jemals geliebt hat, bewirkt, dass aus stiller Trauer wimmernde Anfälle werden.
„Lass ihn dir jetzt nicht auch noch den doppelten Schmerz zufügen, den du schon mit ihm durchlitten hast“, höre ich Eric dann sagen. Doch durch das Dröhnen in meinen Ohren hindurch kann ich mit seinen Worten nichts anfangen. Sie sind für mich genauso nutzlos wie meine stummen Erklärungen bei ihm keinen Zugang finden. Aber mit der Zeit begreife ich, dass er es nicht verstehen kann. Wenn ich auf beiden Füßen durch die Straßen laufe, kann ich ja auch nicht die Schmerzen eines Krüppels nachvollziehen, dem beide Beine abgehakt worden sind. Man kann zwar Mitleid empfinden, aber dasselbe Leid zu spüren ist unmöglich. Zu dem brennen immer noch Erics Vorwürfe in der Luft, die er mir zum Schutze aber nicht ausspricht. Doch jedes Mal, wenn ich aus Gewohnheit meine Ärmel hochkremple, um meine Arme nach blauen Flecken abzusuchen, die natürlich nicht mehr da sind, sehe ich die Bitterkeit in seinen Augen.
„Du hast immer behauptet, dass dir kalt ist.“
Meine Schmerzen sind zwar nicht mehr sichtbar und trotzdem fühle ich mich, als hätte mir jemand Säure in die Augen gegossen. Als sei ich geblendet worden. Es wird zwar dunkel um mich herum, aber direkt vor meinen Augen nie. Ich sinke nicht in einen Schlaf, der so gnädig ist, mich aus der Realität zu holen. Jedes Mal, wenn ich versuche mich zur Ruhe zu legen, sehe ich uns, sehe das Laub, sehe wie es der Wind davon bläst und von heftigen Böen zerbröselt wird. Ich will mit jemanden darüber reden, aber nicht mal das funktioniert. Denn Worte können den Schmerz, den ich empfinde, nicht beschreiben. Nicht einmal annähernd. So etwas wie Sprache ergibt keinen Sinn mehr und es fällt mir schwer, sie zu benutzen. Es ist als müsste ich das Sprechen von Neuem lernen. Da es nicht funktioniert und ich mich nicht weiterentwickele, will ich schreien. Nur das verleiht meinem Schmerz Ausdruck. Doch die Schwäche macht mich klein und das Gebrüll ist nicht das eines Löwen, sondern das einer Maus in der Falle, die sich von einem verführerischen Duft hat anlocken lassen. Niemand kommt und befreit die Maus.
Auf dem Bild sehe ich ihn in meine Augen schauen. Ozeanblau sieht auf strahlendes Grün und beide sonnen sich im Licht, das vom Anderen gegeben wird. Ich streiche über das Foto, worin er mich nur in den Armen hält. Dann spüre ich das Glas. Es ist kalt und trennt mich von ihm. Ich kann nicht über seine Wange streichen oder ihm einen Kuss geben, ohne auf eine unsichtbare Wand zu stoßen. Ihn nicht berühren zu können ist schlimmer als ein Schlag. Denn wenn er mich berührt, dann weiß ich, dass er da ist. Und wenn sein Gesicht eine Regung zeigt, dann weiß ich, dass er echt ist. Tränen tropfen auf sein Gesicht. Anstatt meine Augen zu trocknen, wische ich mit dem Ärmel über das einzig Blaue auf diesem Bild. Doch durch das Verwischen der Spuren lässt sich die Quelle nicht verschließen. Es gibt keine Ruhe. Aus einer klaren Scheibe wird ein schlieriges Fenster. Eines, das man nicht aufmachen kann. Ich verliere die Sicht und da alles zu verschwimmen scheint, kann ich mich selbst nicht mehr erkennen. Ein lauter Schlag erklingt und das Zersplittern von Glas ist zu hören. In meinen Ohren zerbricht jedoch eine ganze Welt. Ich hasse das Hier und Jetzt. Ein seltsam taubes Gefühl überkommt mich. Oder war es schon die ganze Zeit da? Es gefällt mir nicht. Meine rechte Hand greift in den Scherbenhaufen und ein paar Sekunden später fließt an meinem linken Arm erst eine schmale Linie, dann fast schon ein Bach. Es ist wie Himbeersoße auf Vanilleeis. Es ist wie aggressive Lava, die den Schnee von innen heraus vergräbt. Ich weiß nicht mehr was ich tue. Denn alles was ich noch machen könnte, hat keinen Sinn mehr. Ich entdecke mit der Zeit nur, dass der Schmerz, der hinaus strömt, erträglicher ist, als der von außen hineinkriechende, der mit Messern um sich sticht. Deswegen ist es egal, dass der Boden Flecken hat.

 

Hallo @Bibi schreibt ...

Herzlich Willkommen bei uns!

Dein Text handelt (mal grob angerissen) von Trennungsschmerz, so wie es sich für mich liest, von sehr frischem Trennungsschmerz. An sich finde ich, dass du das an manchen Stellen gut eingefangen hast, z.B. hier:

Es kommt mir so vor, als würde er die Tage länger machen, nur um die Zeit wieder auszugleichen, weil sie mit ihm so schnell vergangen war.
Ich würde das zwar ein bisschen anders formulieren, damit es besser fließt (Vorschlag: "Es kommt mir so vor, als machte er die Tage länger, nur um die Zeit wieder auszugleichen, die mit ihm so schnell vergangen ist."), aber ich finde diese inhaltliche Idee sehr schön. Denn ja, genau so fühlt es sich an.

Auch dieses Bild mag ich:

Jedes Mal, wenn ich versuche mich zur Ruhe zu legen, sehe ich uns, sehe das Laub, sehe wie es der Wind davon bläst und von heftigen Böen zerbröselt wird.
Das versinnbildlicht gut die Vorstellung einer sich auflösenden Liebe.

Diese Bilder, die man noch nicht so kennt, die sorgen für starke Momente in deinem Text. Auf der anderen Seite sind da aber auch viele Bilder, die mir persönlich zu klischeehaft, zu ausgelutscht sind. Hier ein paar Beispiele:

Die Schmetterlinge überleben die Kälte nicht und zerfallen zu Staub. Das Kaminfeuer brennt schon lange nicht mehr und die Asche erinnert mich an das, was übrig geblieben ist.
Sie schleichen so monoton dahin, als würde ich einem Hamster in seinem Rad zuschauen, wie er den ganzen Tag darin läuft, ohne zu einem Ziel zu kommen.
Meine Schmerzen sind zwar nicht mehr sichtbar und trotzdem fühle ich mich, als hätte mir jemand Säure in die Augen gegossen. Als sei ich geblendet worden.
Denn Worte können den Schmerz, den ich empfinde, nicht beschreiben.

Weißt du, was ich meine? Ich würde mich auf die speziellen Bilder konzentrieren, die du da zum Teil drin hast und die frisch sind und würde die verbrauchten Bilder streichen oder anders beschreiben. Zum Beispiel, in dem du eine Situation beschreibst für "Worte können den Schmerz nicht beschreiben". Lass sie im Kreis von Freunden sitzen und beschreibe, wie ihr die Worte fehlen. Anstatt der - ich nenne es mal provokativ - etwas leeren Phrasen, schreibe lebendiger, damit der Leser mehr mitfiebern kann. Das ist ein Thema, mit dem sich jeder Mensch identifizieren kann, zumindest zum Teil, da kannst du viele abholen. Aber es ist eben auch ein Thema, das schon oft behandelt wurde, weshalb es frische Bilder braucht. Ich hoffe, du weißt, was ich dir sagen möchte. Da sind ein paar schöne Sätze dabei, du kannst da eine dichte Atmosphäre schaffen, wenn du den Text noch einmal intensiv anpackst.

Bezüglich der Form würde ich empfehlen, ein paar mehr Absätze einzufügen, um den Text besser zu strukturieren.

Inhaltlich ist das Ganze natürlich nicht nur reiner Liebeskummer, sondern hat schon etwas Obsessives. Die Andeutungen körperlicher Gewalt sprechen dafür, dass die Protagonistin dem Mann vielleicht sogar ein Stück weit hörig war und nun damit kämpft, ohne ihn zu sein, selbst wenn ihr Verstand sagt, dass es so viel besser für sie ist.

Das Ende, nun ja, das ist für mich persönlich keine Option. Willst du damit sagen, sie fügt sich Schmerzen zu oder begeht sogar Suizid? Ich will jetzt nicht den moralischen Zeigefinger erheben, aber das ist nun genau der falsche Weg. Ich habe selbst schon schlimme Phasen durch, aber das Leben ist nur einmal da und sollte gewertschätzt werden. Auch in Zeiten des Schmerzes und der Trauer. Vielleicht sogar gerade dann. Ohne Kälte weiß man die Wärme nicht zu schätzen. So ist das nun mal.
Ich denke du möchtest hier ein Bild des Schmerzes zeichnen, den sie empfindet, der Hoffnungs- und Antriebslosigkeit. Und dieses Bild kann ich absolut nachempfinden, denke sogar, dass es mit mehr Textarbeit gut werden könnte. Als Ausweg aus der Lage jedoch die Selbstverletzung zu wählen, finde ich persönlich - und das muss ich deutlich sagen, denn ich hatte damit im Bekanntenkreis schon mehrmals miese Erfahrungen - einfach falsch. Dass man bei Liebeskummer, bei schwerer Trauer und Schmerz, dazu neigt, sich selbst nicht gerade gut zu behandeln, selbstzerstörerische Tendenzen entwickelt, ist das eine. Ich frage mich aber, und ich hoffe, du nimmst mir das Nachbohren hier nicht übel, weil mich das wirklich interessiert: Warum genau lässt du den Text an dieser Stelle und mit dieser Art von Ausweg enden?

Freue mich auf deine Rückmeldung.
Viele Grüße
RinaWu

 

Hej @Bibi schreibt ... ,

achje, eine schwierige Trennung. Es ist nicht leicht, dir zu folgen, denn der gesamte Text ist eine Darstellung von Gefühlen und Andeutungen. So lese ich von der üblichen Zerrissenheit, von allem drumherum, der Sonne, dem Mond, von Schmetterlingen und immer wieder von ihren Gefühlen zu allem. Das ist erstens recht deprimierend und zweitens komm ich nicht voran. Ich höre der Protagonistin zu, versuche ihren Kummer zu verstehen und weiß nicht mal wieso, weil du sie mir gar nicht näherbringst. Ich weiß nichts von ihr, außer dass sie leidet und an allem und jedem. Du benutzt gängige Bilder und Vergleiche und es findet keine weitere Wendung statt, sondern das Ende wie es kommt: Ohnmacht und Verzweiflung und ein zerbrochener Bilderrahmen.
Wenn ich es richtige deute ...

Es ist schrecklich deprimierend ihn zu sehen, da sein Leben so unsinnig erscheint. Man könnte meinen, dass es keinen Unterschied macht, ob er weiter vor sich hin existiert oder ob er besser tot wäre. Sich von ihm abzuwenden, fällt nicht schwer, da sein Anblick bedauernswert ist.

„Lass ihn dir jetzt nicht auch noch den doppelten Schmerz zufügen, den du schon mit ihm durchlitten hast“, höre ich Eric dann sagen.

Doch jedes Mal, wenn ich aus Gewohnheit meine Ärmel hochkremple, um meine Arme nach blauen Flecken abzusuchen, die natürlich nicht mehr da sind, sehe ich die Bitterkeit in seinen Augen.
„Du hast immer behauptet, dass dir kalt ist.“

... dann befand sich deine Protagonistin in einer gestörten Beziehung, in der er gewalttätig wurde.
Das wäre ein interessanter Konflikt, der ausgebaut sicher zu einer aussagekräftigen Geschichte beitragen könnte. Du könntest mir zeigen, wie sie sich löst, sie mir nach dem Bedauern zeigen, wie sie kraftvoll und selbstbewusst wird und ... es ihm so richtig zeigt! ;)

So bleibt es für mich nur eine Innenschau mit Liebeskummer.

Ein freundlicher Leseeindruck und Gruß, Kanji

 

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