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Box

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30.06.2018
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Box

Er wacht auf, zusammengekauert im Dunkeln. Wo ist er? Er weiß es nicht. Es macht keinen Unterschied, ob er die Augen offen oder geschlossen hat. Zögerlich hebt er seine Arme und tastet sein Gesicht ab, es ist nichts Ungewöhnliches zu spüren. Keine Binde oder Schmerzen, er findet keinen Grund für die Dunkelheit um ihn herum.
Seine Augen können ihm aus irgendeinem Grund nicht helfen sich zu orientieren, deswegen versucht er Hilfe zu rufen. Zuerst kommt nur ein Krächzer aus seinem Mund, denn seine Kehle ist zu trocken; nach dem Räuspern funktioniert es aber. Er spricht ins Dunkle, dann ruft er, am Ende schreit er fast. Niemand antwortet.
Was er aber hören konnte ist, dass der Raum nicht besonders weitläufig ist, kein Schall. Aber das hätte er sich auch vorher denken können.
Sein Kopf, der als er aufgewacht ist, noch zwischen seinen Beinen hing, befindet sich nun an der Wand hinter ihm gelehnt. Der Rücken drückt schon die ganze Zeit dagegen. Seine Beine kann er auch nicht ausstrecken, aber er muss sie auch nicht unangenehm anwinkeln. Auch seine Arme kann er nicht komplett zu den Seiten ausbreiten.
Bei dem Versuch dessen spürt er nur die harten mit stoffüberzogenen Wände und die Enge. Wieder beginnt er zu schreien. keine Antwort. Mit aller Kraft versucht er die Wand an seinen Füßen wegzudrücken, aber sie gibt nicht nach, zeigt keine Reaktion. Also fühlt er nach oben, und dort ist nichts.
Stöhnend mit verkrampften Muskeln richtet er sich auf, um seinen Armen eine größere Reichweite zu bieten. Weit kommen sie aber jetzt, wo er steht, nicht mehr. Die Box endet kurz nach seinem Kopf, vielleicht noch zehn Zentimeter ist darüber Platz, aber auch an der Decke lässt sich nichts außer dem kratzigen Wandbelag finden. Wieder stemmt er sich gegen eine der nicht nachgebenden Wände, die über ihm. Dann tastet er seine Umgebung ab, was sich als ergebnisreicher herausstellt.
Schon bei dem ersten Griff auf Kopfhöhe stößt er gegen einen metallkalten Kasten, der leicht aus der Wand heraussteht. Durch weitere Griffe erfährt er von den anderen Kästen, die sich an jeder Wand auf Kopfhöhe befinden. Eilig macht er sich an einem zu schaffen, tastet ihn genau ab.
In der Mitte des Kastens befindet sich eine Einbuchtung, mit der er das Metall nach zwei Seiten auseinander schieben kann. Der Kasten ist nicht dick, ist mehr eine Platte, angebracht um das dahinterliegende Fenster zu verdecken, was er bemerkt, als er die Teile zur Seite schiebt. In einem Fenster sieht er seine Rettung.
Erwartungsvoll, auf eine Lösung der Situation hoffend blickt er durch das runde Fenster mit den dicken, leicht verzerrenden Gläsern. Im ersten Moment der Öffnung kann er gar nichts sehen, denn durch das Fenster fällt Licht, so dass er seinen Augen zuerst die Dunkelheit entwöhnen musste, bevor sie etwas wahrnehmen können.

Hinter dem Fenster befindet sich ein großer Raum, so hoch, dass das Licht der Kerzen, welches ihn blendete, nicht zur Decke reichen kann. Die Wände und Säulen aus Stein verschwinden einfach in der Dunkelheit. Auch das Ende des Raums verschwindet im Dunkeln.
Nur eine Erhöhung in der Mitte strahlt durch die kleinen Flammen hell, verstärkt wird diese Helligkeit noch durch die Reflektion der goldenen Gegenstände. Die Altar ähnliche Erhöhung ist überschüttet mit goldenen Münzen, Bechern, Rüstungsteilen und Schmuck. Zusätzlich zu dem Schatz im Mittelpunkt, sind auch in den dunkleren Teilen des Raums kleine Hügel, aus ähnlichen Gegenständen bestehend, verteilt.
Aber diese interessieren ihn weniger. Er hofft durch das Fenster einen Menschen zu sehen, einen der ihn rausholt und ihm alles erklärt, aber niemand ist zu sehen. Also klopft und ruft er, obwohl er unsicher ist, ob jemand in Hörweite ist, oder der Schall überhaupt aus seiner Box ausbrechen kann.

Eine ganze Weile schaut er noch in den flackernden, blinkenden und doch dunklen Raum, dann wendet er sich einer anderen Metallabdeckung zu. Sie lässt sich nicht öffnen. Schnell probiert er die übrigen beiden aus, aber auch sie sind verschlossen, auch durch Schlagen und Drücken nicht zu öffnen.
Verzweifelt sinkt er zurück auf den Boden und wartet, bis er die Lösung gefunden hat. Er denkt nach, versucht sich zu erinnern und nach ein paar Minuten kommt sie ihm; er steht auf und schließt die erste Abdeckung. Danach ist es ihm möglich die Nächste zu öffnen.

Er wählt seine linke Seite aus und muss sich sehr über das Bild, das sich ihm bietet, wundern. Plötzlich befindet er sich im Wasser, oder zumindest die Box. Er selbst merkt nichts vom Wasser, er sieht es nur.
Vor ihm erstreckt sich ein Meer und wie auch der Raum davor verliert es sich im Dunkeln, nur das er diesesmal nicht die Lichtquelle feststellen kann. Das Wetter ist schlecht, manchmal blitzt es und das Meer ist aufgewühlt, aber obwohl er sich nur knapp über dem Wasser befindet, wird das Fenster nicht nass. Kein Tropfen fällt auf das dicke Glas und erschwert ihm die Sicht.
Wieder kann er keine Hilfe entdecken, aber etwas anderes macht ihm trotzdem Hoffnung: durch das Fenster dringen Geräusche. Er hört gedämpft das Schlagen der Wellen, den Donner, der auf den Blitz folgt. Diese neue Information lässt ihn wieder klopfen und rufen, in der Hoffnung, dass außerhalb seines Blickfeldes ein Mensch ist. Auch hier wird durch den Lärm nichts ausgelöst. Statt weiter zu klopfen, schaut er also in die Ferne.
Fast zu finster um es zu erkennen, sieht er dort zwei Wasserfälle. Sie scheinen wie die Säulen aus dem vorherigen Raum aus dem Nichts zu kommen, denn wie genau er auch hinschaut, er kann keine Quelle, nichts von dem das Wasser fallen könnte, feststellen. Es ist nur da und fällt in zwei Strömen runter, in das Meer wo es weißen Schaum produzierend aufkommt. Die Ähnlichkeit, der Wasserfälle, mit den Säulen, bringt ihm eine andere Erinnerung zurück.

Er schließt das Fenster zum Meer und öffnet das zum vorherigen Raum um sie sich zu bestätigen. Es stimmt. Durch das Fenster blickt er mehrere Meter hinab. Der kerzenbeschienene Raum muss sich unter dem Meeresspiegel befinden. Ihm fällt ein, dass ihm dieses Wissen nicht weiterhilft und er nicht mehr darüber nachdenken sollte.
Stattdessen legt er seinen Kopf an die, zur Seite geschobenen, Teile der Abdeckung und versucht in die Ecken des Raums zu spähen, welche man von vorne nicht sehen kann. Am Ohr fühlt sich das Metall noch kälter an, als an seinen Fingern. Es bringt ihm aber keinen Erfolg, wenn er nicht direkt von vorne durch das Glas schaut, dann wird das Bild so stark verzerrt, dass man nichts mehr erkennen kann. Auch von der anderen Seite, von oben (Er klemmt seine Beine ein, um Oberhalb des Fensters zu sein), von unten. Nirgends kann er etwas erkennen. Enttäuscht schließt er es und wendet sich an das Fenster zu seiner rechten Seite.

Wieder ist es ein hoher Raum mit Säulen, nur ist er dieses Mal hell ausgeleuchtet und voller Menschen. Sofort fängt er an zu rufen. Mit den Händen an den Seiten stützend schreit er das Fenster an. Um Hilfe schreit er, knöchelschmerzend klopft er. Keiner der Menschen im Saal beachtet ihn, alle schauen nur zu einer Erhöhung des Bodens, dem Altar im anderen Raum ähnlich.
Darauf steht ein Thron; auf ihm sitzt ein junger Mann, welcher der Mittelpunkt der Aufmerksamkeit ist. Außerdem ist der Mann der Einzige, der in Richtung der Box schaut, aber nicht nach dort oben, wo der Gefangene durch das Fenster auf die Menge schaut, sondern nur über die Köpfe der Anwesenden hinweg in die Leere. In der Box kann man kein Geräusch vernehmen, aber er ist sich sicher, dass es an der Geräuschlosigkeit im Saal liegt und nicht an einer besseren Isolierung des Fensters. Eine Frau läuft durch die Menge. Obwohl der Saal voll ist und die Menschen dicht an dicht stehen, gibt es keinerlei Bewegung, um ihr Platz zu machen, trotzdem geht sie geradewegs auf den Thron zu, ohne von einem der stillen Leiber berührt zu werden. Sie tritt aus der Menge heraus, auf die Stufen der Erhöhung, ihr weißes Kleid hat die gleichen blauen Verzierungen, wie die Banner, die auf der Höhe der Box von der Decke hinab hängen. In den erhobenen Händen hält sie eine silberne Krone. Sie steigt die Stufen empor, auf halbem Weg beginnt sie zu singen. Dass sie singt, kann er hören, was sie singt nicht. Ihre Stimme wird von dem Fenster zu sehr abgehalten um verständlich zu sein, aber trotzdem kann er hören, dass die Stimme unnatürlich tief und raumerfassend ist. Der Mann, der scheinbar gekrönt werden soll, hat sich in seinem Thron so aufrecht wie möglich hingesetzt, selbst aus der Ferne kann man seine Anspannung erkennen. Die Frau hat sich inzwischen hinter ihm aufgestellt, die Krone über seinem Kopf erhoben, und führt das Singen fort. Je länger sie dort steht, desto schneller wird das Tempo des Gesangs. Sie wird auch lauter, aber er kann den Inhalt des Gesangs immer noch nicht verstehen. Auf einmal hört sie auf zu singen. Einige angespannte Sekunden regt sich nichts im Saal. Gerade, als er sich dem letzten Fenster zuwenden will, hebt der Mann im Thron seinen rechten Fuß und stampft einmal auf. Daraufhin beginnen alle Anwesenden, außer der Sängerin, zu stampfen, zuerst langsam, dann schneller, während sie die Krone mit einer gleichmäßigen Bewegung hinabsenkt. Als die Krone den Kopf berührt, verlässt der Takt die Menge. Es ist nur noch ein wildes lautes Auftreten zu hören, manche springen auf und ab.
Die Frau geht, nachdem die Krone fest sitzt, die Stufen hinab und verschwindet in der tobenden Menge, während der neugekrönte König seine Anspannung verliert. Er sinkt zurück und legt seine Beine übereinander. Ein triumphierendes Lächeln ist zu sehen, als er die stampfenden Menschen betrachtet. Nachdem der König seinen Blick durch den Saal hat schweifen lassen, macht er eine abrupte Bewegung mit der Hand. Augenblicklich ist der Saal still. Ein paar Worte werden von ihm gesagt, aber auch die können in der Box nicht verstanden werden. Auf seine Worte hin, tritt ein alter Mann mit langem Bart hervor, sagt etwas und verschwindet nach weiteren Worten des Königs wieder. Dieses Spiel wiederholt sich nun. Jemand tritt hervor, bekommt ein paar Worte oder eine eindeutige Handbewegung als Antwort, und veschwindet.
Die vortragenden Menschen sind alle sehr verschieden: mal ist es einer, wie der Alte, der nicht mehr viele Worte sagen wird; mal ist es ein kleines Kind, das gerade erst seine Sprache vervollständigt hat; dann sprechen dicke, reich mit Schmuck behangene Menschen; und Menschen, deren Fetzen kaum die hervorstehenden Knochen verdecken können; manchmal auch ein Soldat, mit einer eisernen Brustplatte oder einer mit Orden besetzten Uniform aus Stoff. Obwohl er den Vorgang konzentriert durch das Fenster beobachtet, kann er keine Ordnung im Auftritt erkennen. Trotzdem gibt es kein Gedränge, einer nach dem anderen wird aus der Menge gespuckt, dann wieder zurückgenommen, ohne sich mit jemanden um seinen Platz streiten zu müssen. Sie alle werden von dem Herrscher in der gleichen herablassenden Art behandelt und verbeugen sich so tief wie sie können, nachdem sie die Antwort erhalten haben.

Der Anblick des immergleichen hilft ihm in seiner Situation nicht, deswegen will er sich dem nächsten Fenster zuwenden. Aber nachdem er den Blick in den Saal verschlossen hat, dreht er sich, wegen der Dunkelheit zur Orientierungslosigkeit verdammt, zur falschen Seite und schaut wieder in den dunklen, goldbedeckten Raum.

In dem Moment, in dem er hineinblickt und realisiert, er hat das falsche Fenster geöffnet, geschieht etwas, dass seine Aufmerksamkeit trotzdem fesselt. Aus dem Gold auf dem Altar, erhebt sich eine Person, die er vorher nicht sehen konnte, da sie komplett mit Reichtümern bedeckt gewesen ist. Langsam wechselt die Person aus ihrer liegenden Position, in eine Kniende und schüttelt das Gold ab, das auf ihrem Körper lag. Mit gesenktem Kopf und dem Rücken zur Box sitzt sie dort und bewegt sich nicht.

Unbeeindruckt von dem vorangegangenen Schauspiel und ohne Erwartungen, dass noch etwas passiert, wechselt er das Fenster zu dem eigentlich Gewollten, in der Hoffnung, eine Person zu sehen, die so wirkt als könnte sie auf sein Klopfen reagieren.

Dort ist er wieder ratlos. Durch das Fenster sieht er nur eine mit wenigen Grasbüscheln bewachsene Matschfläche. Mehr kann er nicht sehen, weil alles hinter ein paar Metern durch einen orangefarbenen Nebel verdeckt ist. Würde er sich, wie in den anderen Räumen, weit über dem Boden befinden, dann wäre er komplett in dem Nebel gefangen und könnte noch nicht mal den toten Matsch sehen. Hier befindet er sich knapp über dem Matsch. Im Nebel erscheinen immer wieder dunkle Stellen, aber ob es wirklich Objekte sind, oder nur durch Luftströme entstandene Flecken, ist nicht zu erkennen. Immer wenn er kurz davor ist etwas zu sehen, schiebt sich neuer Nebel über den Fleck und färbt ihn wieder orange. Er schaut so konzentriert, dass er zuerst gar nicht merkt, wie sein Atem die Scheibe beschlägt und ihm die Sicht weiter verschlechtert. Als es ihm auffällt, beschließt er, dass er genug Zeit damit verbracht hat in ein orangenes Wabern zu schauen.

Er wechselt zurück in den Thronsaal, wo das Vorsprechen zu seinem Höhepunkt gekommen ist. Ein uniformierter Mann steht auf der untersten Stufe vor dem Thron und beendet mit hoch erhobenen Kopf seine Rede. Der König erhebt sich daraufhin und antwortet, mit einer Stimme, der man den Zorn anmerken kann. Danach setzt er sich hin, lässt aber die dadurch entstandene Stille durch eine wegwerfenden Handbewegung beenden. Ein Soldat kommt aus der Menge hervor, zieht seinen Dolch, stößt ihn dem Mann in den Bauch und lässt den Sterbenden vor dem Thron fallen.
Geschockt zieht der Beobachtende in der Box den Kopf zurück, fühlt sich aber nach einem tiefen Durchatmen sicher genug, um doch weiter die Vorgänge im Saal zu beobachten. Der Anblick, des verblutenden Mannes verursacht ihm Übelkeit, trotzdem zwingt er sich weiter zu zuschauen.
Wieder steht der König und spricht. Noch während der Rede zieht der Soldat, der zugestochen hat, die Sängerin aus der Menge. Auch sie spricht, so laut und furchteinflößend in die Richtung des Königs, dass seine Rede kaum noch wahrnehmbar ist. Gegen den Griff an ihrem Oberarm wehrt sie sich nicht, im gleichen Tempo läuft sie neben dem Bewaffneten lang. Die sonst so ruhige Menge bewegt sich, eine Gasse entsteht, die sich kurz vor dem Soldaten und seiner Gefangenen öffnet, sich danach verschließt und die Menge unverändert hinterlässt. Am Thron angekommen wird die Sängerin, nach ein paar direkt in ihre Richtung gesprochenen Worte des Königs, wieder unter einer Gassenbildung weggezerrt, in Richtung der Box. Mit zugekniffenen Augen blickt der König der Ausführung seiner Befehle nach, dann scheint er sich anders zu entscheiden. Er ruft dem Soldaten etwas zu, woraufhin dieser stehenbleibt.
Auch wenn er nur durch das Fenster die Prozedur beobachten kann, ist der Unbeteiligte in der Box trotzdem gespannt, was geschieht.
Er hört die beginnende Rede des Königs, zwar kann er nicht verstehen, was dieser sagt, aber er merkt, wie die Menschen bei jedem Wort unruhiger werden. Der ganze Saal gerät in Bewegung, sie drehen sich zu ihren Nachbarn und flüstern, sie bewegen sich und rempeln sich an, sie strecken sich, um mehr zu sehen. Er blickt vom König, der mit einem triumphierenden Lächeln seine Rede beendet hat, zu der Sängerin, die trotz ihrer scheinbar verschlechterten Situation aufrecht dasteht und ebenfalls zu lächeln beginnt. Der König sieht höhnisch zu ihr, sein Blick verrät, dass er eine Antwort auf seine Schandtat verlangt. Sie sagt nur ein Wort, leise, ein Flüstern. Es wird durch das Fenster abgehalten, er kann nur die Mundbewegung sehen, aber jeder im Saal hat es gehört.
Die Menschen verlieren ihre Aufgeregtheit, sie werden wieder zur Menge. Der König wird bleich und versucht schreiend Befehle zu erteilen, aber bis auf den Soldaten, der die Sängerin gepackt hält, versucht niemand sie zu befolgen. Aber auch dieser wird, bevor er seinen Dolch ziehen kann, von der stummen Menge ergriffen, in ihre Mitte gezogen und darin begraben. Die Sängerin verschwindet auch in ihr, ist nicht mehr zu sehen. Langsam schwappt die Menge vorwärts, die Stufen hinauf auf den König zu. Der schreit zuerst seine Befehle, dann vor Angst; dann, als die Menge ihn erreicht, überschwemmt, unter sich begräbt, hört man nur noch seine Schmerzensschreie. Aber auch die verstummen schnell und jetzt herrscht wieder Stille im Raum.
Langsam zieht sich die Menge vom Thron zurück, dabei nimmt sie alles mit sich, was nicht dort hingehört. Die Leichen, und selbst die durch den Mord enstandene Blutlache ist fort. Wie zu Beginn der Szene stehen alle in dem hellen Saal um den Thron rum, nur das er jetzt leer ist. Ein Mädchen von vielleicht zehn Jahren löst sich aus der Menge, läuft auf den Thron zu und lässt sich darauf nieder. Die Menge und das Mädchen warten

Er stößt sich vom Fenster ab und zieht die Klappe zu. Was hat dieses Spektakel mit ihm zu tun? Wieder fragt er sich, was das für ein Ort ist, aber nur im Dunklen stehend, erwartet ihn keine Antwort. Also zieht er eine Abdeckung zur Seite, irgend eine, ohne genau darüber nachzudenken. Dahinter liegt der orangene Nebel.

Diesmal kann man mehr im Nebel erkennen, denn er hat sich ein wenig gelichtet. Das was vorher schwarze Flecken waren, ist ein dunkles Gebäude, aus dem große Schornsteine herausragen, die den Nebel, der sich jetzt als Rauch herausstellt, ausstoßen. Außerdem sieht er, trotz des stetig dazu kommenden Rauchs, dass es eine Fabrik ist, denn die Außenwände sind voller Leitungen und arbeitender, grober Maschinen. Das Rufen und Klopfen hat er längst aufgegeben; wenn ihn in einer Menschenmenge niemand bemerkt, dann wird es auch an diesem einsamen Ort keiner, denn außer der Fabrik ist nichts zu sehen. Außer den einzelnen Grasbüscheln gibt es noch nicht mal Pflanzen. Er verharrt mit einem starren Blick in dieser trostlosen, stummen Welt bis der Rauch wieder zu dicht ist um das ewige Arbeiten der Fabrik zu beobachten.

Dann schließt er das Fenster, nachdem er sich orientiert hat, um das Fenster zu der betenden Person zu öffnen.
Dort hat sich in seiner Abwesenheit etwas getan. Ein glitzernder Lichtstrahl kommt aus der Dunkelheit hervor und fällt auf den Altar, dorthin wo vorher die Person gebetet hat. jetzt schwebt sie mit weit geöffneten Armen und erhobenen Kopf in mehreren Metern Höhe über dem Altar, etwa auf der Ebene der Box. Innerhalb dieser, kann er trotzdem nur den Rücken sehen, das Gesicht ist der gegenüberliegenden Seite zugewandt. Die Person zeigt ihr Gesicht nicht, sondern steigt immer höher und verschwindet so aus seinem Blickfeld. Er wartet auf ihre Wiederkehr, ist sich aber nicht sicher, ob sie nochmals erscheinen wird. Aber er muss nicht lange ausharren: kurz darauf sinkt sie wieder ab, aber viel näher an der Box dran, als er es erwartet hätte. Zuerst sieht er nur das weiße Gewand, dann aber auch das erschreckende Gesicht. Die Person ist tot, sie hat eine leichenblasse Haut und graue tote Augen. Diese sind auf ihn gerichtet, nicht nur in seine Richtung, nicht auf die Box. Sie schauen ihm ins Gesicht, in seine Augen. Das Gesicht des Toten kommt immer näher; so nahe, dass es sein ganzes Blickfeld bedeckt, und näher. Er weicht zurück bis sein Rücken an die Wand hinter ihm stößt und er sich dagegen presst, weiter kann er nicht zurück. Die Person kann näher kommen. Sie ist schon so nahe, dass ihr Gesicht das Fenster komplett verdeckt, so dass kein Licht in die Box kommt. Einen Moment lang bleibt es dunkel, eine Dunkelheit, die ihn trotzdem die toten Augen sehen lässt. Dann ist die Person verschwunden, so als wäre sie einfach durch die Box, durch ihn, hindurch geschwebt.

Er stürzt auf die Abdeckung zu und knallt, ohne einen Blick in den jetzt leeren Raum zu werfen, die beiden Seiten zusammen. Zitternd sinkt er auf den Boden und umfässt seine Knie, versucht die Schreckenstränen zurückzuhalten. Eine Klappe, die er zuerst nicht zuordnen kann, öffnet sich von allein. Sofort danach weiß er, welche es ist, denn kaltes Wasser fließt in einem starken Strahl in die Box. In der Zwischenzeit ist anscheinend der Meeresspiegel gestiegen. Er springt auf und zwingt seine Hand gegen den Wasserstrahl um durch die Öffnung zu fassen, aber aber seine Finger stoßen nur auf das Glas des Fensters. Dann rüttelt er gewaltsam an den Abdeckungen. Sie lassen sich nicht mehr bewegen. Also bleibt ihm nur, das Fenster mit seinen Händen abzudecken. Verzweifelt tastet er es nach dem Loch ab, nur kann er keines finden. Das Wasser strömt durch das Glas zu ihm hinein, und reicht ihm schon bis zur Hüfte. Durch seine Finger stömt es, er kann nur noch seinen Kopf hochhalten, was ihm auch nur für einen Augenblick die Luft sichert. Dann ist er komplett unter Wasser, tritt um sich, schlägt gegen die Wände, und ertrinkt.

Nach einer Weile, in der sein Körper im ruhigen Wasser trieb, wird der Boden der Box zur Seite geschoben. Mit einem großen Schwall Wasser fällt die Leiche runter. Sie, die Leiche, in ein Netz. Das Wasser verschwindet in einer Rinne unter dem Netz. Ein dicke Frau zieht laut fluchend die Leiche aus dem Gewirr, wobei sie unsanft an dem Arm zerrt, den das Netz umklammert hält. Danach wiederholt sie das Ganze an den Fangnetzen, die alle in einer Reihe unter schwarzen, menschgroßen Boxen aufgespannt sind. Die Schubkarre, wie die Frau, ist sehr groß. Problemlos passen die Körper dort rein, genauso problemlos werden sie von der Frau angehoben, sobald sie aus dem Netz befreit sind. Nicht in jedem Netz liegt ein Toter, nur wenige sind gefüllt. Die Frau geht langsam den Korridor entlang; Geräusche, die aus manchen Boxen kommen ignoriert sie. Nur die gefüllten Netze bekommen ihre Beachtung. Aus einem zieht sie einen kleinen, hustenden Jungen. Dieser wird trotz seiner Lebendigkeit zu den Leichen gelegt; getrennt werden sie erst in einem anderen Bereich.
Am Ende des Korridors öffnet sich auf ein Grunzen der Frau hin die Tür, woraufhin die Stille von einem ohrenbetäubenden Rattern, Zischen und Pfeifen durchbrochen wird. Die Frau zeigt auch auf diese Geräusche keine Reaktion, sie läuft ohne zu zögern in den Raum. In diesem Bereich stehen lauter Große Maschinen, die nicht nur den Lärm, sondern auch orangenen Dampf produzieren. Über den Maschinen laufen Rohre, die zur Dampfentsorgung vorgesehen sind, in die Decke, trotzdem quillt er aus jeder Maschine hervor. Auch von den Wolken, die der Dicken bei fast jeder Maschine in das Gesicht geblasen werden, lässt sie sich nicht abhalten. Sie läuft bis an das Ende, wo eine Klappe in der Wand auf den, fälschlicherweise noch lebenden, Jungen wartet. Sie zieht die Klappe auf, steckt den Jungen kopfüber rein und schlägt sie wieder zu. Dann kann sie sich wieder ihrer normalen Arbeit widmen. Ohne nachdenken zu müssen, steckt sie die Leichen in Rohre, durch die sie in die Maschinen rutschen. Nach jeder Leiche zischt die Maschine laut auf und mehr Dampf kommt durch die Ritzen geschossen. In manche Rohre werden Mehrere gesteckt, in andere nur Einer, in viele Garkeiner. Als der Karren wieder leer ist, lässt sie grunzend die Tür aufgehen und geht zurück zu den Netzen.

Er schlägt die Augen wieder auf und holt tief Luft. Mit einem bleischweren Körper an den Boden gefesselt, liegt er in einem neuen Raum, am Ende der dampfenden Maschinen auf dem Boden. Ein Mann im Blaumann kommt, klopft ihn ab und hilft ihm dann auf. Ihm wird von einem weiteren Arbeiter neue Kleidung gereicht. Danach gehen die Beiden zu der nächsten ehemaligen Leiche und wiederholen das Ganze. Die alte Kleidung, die nur noch in Fetzen von ihm runterhängt zieht er ohne Scham komplett aus und wirft sie auf einen Stapel, der nur aus solchen Fetzen besteht. Beim Anziehen einer altmodisch aussehenden Arbeiteruniform, merkt er wie sein Körper sich der Kleidung anpasst. Er wird größer und kräftiger, die ganze Schwäche der letzten Stunden fällt von ihm ab. Wieder lebendig und in trockener Kleidung läuft er durch die verrauchte Fabrik, folgt Markierungen entlang.
Hinter einem dreckigen Vorhang beginnt ein schicker, mit Teppich belegter Korridor. Alles begutachtend geht er hindurch. An den Wänden hängen Bilder, deren Motiv er, nachdem er sich einem anderen zuwendet, sofort wieder vergisst. Auf Hockern stehen Vasen, in denen vertrocknete und lebendige Blumen stehen. Auch Türen sind in dem Korridor, aber er weiß, dass er sie nicht betreten sondern bis zum Ende laufen muss. Bis zu der riesigen, reich verzierten Tür.
Er schlägt die eine Seite der Tür auf und lässt sich von der Menge verschlucken, die im Saal schon auf ihn gewartet hat. Sie warten auf ihn, auf andere, auf alles. Als er dran ist, tritt er aus der Menge heraus, vor den Thron, und legt sein Anliegen dar. Die kleine Königin hört mit konzentrierter Miene zu, antwortet ihm in ein paar Sätzen und nickt, als er sich zum Abschied tief verbeugt, mit dem Kopf. Er ist fertig, jetzt kann er komplett mit der Menge verschmelzen.

 

Hallo DrRododendron

es ist nicht ungewöhnliches zu spüren
nicht(s) (U)ngewöhnliches

Sein Kopf, der als er aufgewacht ist, noch zwischen seinen Beinen hing, befindet sich nun an der Wand hinter ihm gelehnt, gegen die sein Rücken schon die ganze Zeit drückt. Seine Beine kann er auch nicht ausstrecken, aber er muss sie auch nicht unangenehm anwinkeln. Auch seine Arme kann er nicht komplett zu den Seiten ausbreiten
Diesen Satz finde ich ein wenig kompliziert. Den könnte man kürzen bzw. auf mehrere Sätze aufteilen. Das würde die Verständlichkeit erhöhen.

Eine ganze Weile schaut er noch in den flackernden, blinkenden und doch dunklen Raum, dann wendet er sich einer anderen Metallabdeckung zu. Sie lässt sich nicht öffnen. Schnell probiert er die übrigen Beiden aus, aber auch sie sind verschlossen, auch durch schlagen und drücken nicht zu öffnen.
(S)chlagen und (D)rücken -> wird beides groß geschrieben.
Die übrigen (b)eiden -> das wird klein geschrieben. Die beiden beziehen sich ja auf die Metallabdeckungen (man möge mich berichtigen, sollte ich mich irren :) )

Verzweifelt sinkt er zurück auf den Boden und wartet, bis er die Lösung gefunden hat. Er denkt nach, erinnert sich und nach ein paar Minuten kommt sie ihm;
Hier findet er also die Lösung. DANN denkt er nach, erinnert sich und sie kommt ihm? Hier liegt ein Problem in der Reihenfolge vor. Das fällt leider auf.

Es bringt ihm aber keinen Erfolg, wenn er nicht direkt von vorne durch das Glas schaut, dann wird das Bild so stark verzerrt, dass man nichts mehr erkennen kann.
Hier würde ich schreiben "so stark verzerrt, dass ER nichts mehr erkennen kann." Das "man" wirkt etwas distanziert, finde ich.


Die Beschreibungen, wie dieser Herrscher mit den Leuten aus der Menge spricht und wie die Reaktionen ablaufen, finde ich anschaulich und gut gelungen. Ob ich das Ende allerdings richtig verstanden habe, weiß ich nicht. Vielleicht liegt es aber auch einfach an der mittlerweile betagten Uhrzeit. Ist das so eine Art Endloskreislauf, die die Menschen da durchlaufen? So eine Art Hölle?
Das mit der Box fand ich übrigens bis zum Schluss sehr kompliziert und ich hatte große Probleme, mir das alles bildlich vorzustellen. Aber vielleicht war auch genau das gewollt.


Ich hoffe, du kannst was aus diesem Feedback ziehen


viele Grüße

Federkrieger

 

Federkrieger
Vielen Dank für dein Feedback.
Was die Geschichte und das Ende bedeuten sollen, kannst du ruhig selber interpretieren. Ich habe mir dabei nicht viel gedacht, außer dass es ein Leben nach dem Tod sein könnte.

"Das mit der Box fand ich übrigens bis zum Schluss sehr kompliziert und ich hatte große Probleme, mir das alles bildlich vorzustellen."
Das innere der Box? Weil dann würde ich noch versuchen das deutlicher zu schreiben.

VG und nochmal vielen Dank

 

maria.meerhaba
Schön, dass dir der Mittelteil gefallen hat.

Zum Anfang: Vermutlich ist auch das ganze in einem engen Raum eingesperrt sein schon ausgelutscht, aber ich stecke in Horror nicht so drin.

Ich denke nicht, dass man unbedingt ein aufschlussreiches Ende braucht. Zumindest nicht bei Kurzgeschichten. Und selbst wenn, dann sind wir hier ja alle kreativ. Denk dir eins aus.

VG
DrRododendron

 

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