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Blutroter Mohn

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04.08.2003
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Blutroter Mohn

Morgen für Morgen rattert der Vorortzug durch die Felder und bringt die Pendler aus den Dörfern zur Arbeit in die Stadt. Sein Tempo ist langsam und bedächtig, er hält an jeder noch so kleinen Station und manchmal, wenn ich aus dem Fenster schaue, denke ich, dass es möglich sein müsste auszusteigen, um Blumen zu pflücken.

Nur an einer Stelle, wenn er schnaufend die Kuppe eines Hügels erklommen hat und sich wieder hinunter in die Ebene stürzt, nimmt der Zug Fahrt auf, ein Geschwindigkeitsrausch im Kleinen.

Morgen für Morgen sitze ich an meinem Fensterplatz und lasse die Bauernhäuser, die kleinen lichten Pinienwälder und die weiten Felder an mir vorüberziehen. Ich sehe den Vögeln am Himmel nach und träume, der Zug brächte mich in den Süden zu einem Urlaubsort am Meer.

Menschen sehe ich selten. Hin und wieder braust ein Auto auf einem schmalen Weg der Autobahn entgegen.
Eines Tages im Frühsommer sah ich sie. Dort, wo der Zug zwischen den Hügeln in schneller Fahrt der Ebene zustrebt, stand ein kleines, etwa fünfjähriges Mädchen. Der Fahrtwind des Zuges spielte mit ihren blonden Locken und ließ ihr hellblaues Kleidchen flattern. Sie stand einfach nur da und sah zu, wie der Zug an ihr vorüberglitt, als beobachte sie etwas Außergewöhnliches, nie Dagewesenes. Ich überlegte, wo sie wohl hergekommen war, denn weit und breit war kein Haus zu sehen, nur die in der Morgensonne glänzenden Felder.

Tag für Tag sah ich sie nun. Sie stand immer an der gleichen Stelle, unbeweglich wie eine Puppe. Manchmal hatte ich das Bedürfnis, ihr zuzuwinken, aber es wäre mir wie ein Eindringen in ihre Welt erschienen. Ich ließ die Hand immer wieder sinken.

Genau einen Monat später kreuzten sich unsere Augen zum ersten Mal. Der Zug war ungewöhnlich langsam gefahren und für einen Moment hielten ihre Augen die meinen fest. Und als wir schon vorüber waren schien es mir, als hätte sie gelächelt.

Tag für Tag fanden sich nun unsere Augen, als wäre ein Bann gebrochen. Ich hatte den Eindruck, als würde sie auf mich warten, nicht auf den Zug, nur auf mich, um mir für einen kurzen Augenblick des Vorbeifahrens zuzulächeln. Ihr Strahlen machte mir Mut und eines Tages hob ich die Hand und winkte ihr zu. Als wir am nächsten Morgen wieder vorbeibrausten, da winkte sie mit beiden Händen zu mir herauf und lachte, dass ihre weißen Zähne blitzten.

Tag für Tag freute ich mich auf diesen kleinen Morgengruß, der mich auf meinem Weg zur Arbeit erwartete. Und sie enttäuschte mich nie, es verging kein Tag, an dem sie nicht da stand und winkte und lachte.
Der Sommer überzog die Felder mit einem Teppich aus roten Mohnblumen. Wenn der Zug den Gleisen durch die Felder folgte, erschien es mir, als würde selbst die Luft rötlich schimmern von der Pracht der Blüten.
Da ich in Fahrtrichtung saß, konnte ich das kleine Mädchen schon von weitem sehen. Doch an diesem Tag stand sie nicht an dem gewohnten Platz. Ich wollte mich schon enttäuscht abwenden, da sah ich sie.

Mit fliegenden Haaren rannte sie den Hügel hinunter. In den Händen hatte sie einen Strauß Mohnblumen, den sie dem Zug, nein, mir, entgegenschwenkte. Sie hatte sich bestimmt verspätet, weil sie die Mohnblumen für mich gepflückt hatte. Sie lief schneller und immer schneller. Die Mohnblumen in ihrer Hand leuchteten wie frisches Blut. Sie schien nicht anhalten zu können, stolperte, fing sich wieder und lief weiter den steilen Hang hinunter, direkt auf den Zug zu. Die roten Blütenblätter lösten sich aus ihrem Strauß und wehten hinter ihr her, es sah aus, als liefe sie durch blutroten Regen.

Es konnte nur Sekunden gedauert haben, dass ich sie laufen sah, aber mir erschien es Ewigkeiten, die ich sie beobachtete, wie sie immer näher kam, ich blickte auf die roten Blüten, die sie mir entgegenstreckte, ich glaubte ihren Blick zu sehen, der mich hinter den Fenstern des Zuges suchte.

Mir blieb das Herz stehen, meine Hände wurden feucht. Wie konnte ich sie nur dazu bringen, anzuhalten? Ich riss das Fenster auf. Der Fahrtwind blies mir ins Gesicht, dass meine Augen tränten. Nur undeutlich durch den Tränenschleier sah ich sie auf den Zug zulaufen, sie stolperte auf den flachen Bahndamm und ich riss an der Notbremse. Die Bremsen kreischten, aber es war zu spät, einer der Wagons hatte sie schon erfasst.

Der Zug stand und ich riss die Tür auf und stürzte hinaus. Ich lief am Zug entlang und sah schon von weitem die blutroten Blüten auf den Geleisen leuchten. Sie vermischten sich mit den blonden Locken, zwischen denen rotes Blut hervorsickerte und auf die Gleise tropfte.

Nacht für Nacht liege ich nun wach und frage mich, ob ich es hätte verhindern können, wenn ich nicht gelächelt hätte, wenn ich nie gewinkt hätte, wenn ich nie mit diesem Zug gefahren wäre. Ich weiß, dass es nicht meine Schuld war, aber ich werde mich immer schuldig fühlen, schuldig, ein Lächeln erwidert zu haben.

 

Ganz ordentlich geschrieben, vielleicht ein wenig zu sentimental.
Wenn das Mädel aber so bescheuert ist und schon von weitem in den Zug rennt wie der Lemming von der Klippe müsste es eigentlich auch zu dumm dafür gewesen sein, die Blumen zu pflücken.
Was soll die Aussage sein? Chaostheorie? Wer lächelt, tötet Kinder?

Ich weiß nicht, ob ich zuerst die Notbremse zog oder ob der Zugführer der erste war, der die Bremse betätigt hatte, aber es war zu spät.
Unnötige Wortwiederholungen "Bremse" und "erste/zuerst".

Schwachpunkt ist, dass du das Ende so sehr andeutest. "Blutroter Regen", "wie frisches Blut".
Da glaubt man nicht mehr, dass sie sich nur ein Knie aufschlägt, und wird fassungsloser Zeuge des "Motte-fliegt-ins-Feuer"-Prinzips.
Aber recht gelungen ist das "Morgen für morgen", "Tag für Tag", "Nacht für "Nacht" als Beginn der verschiedenen Absätze.

Das Urteil

 
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Hallo merenhathor!
Ich weiß nicht recht, was ich von deiner Geschichte halten soll. Einerseits finde ich sie ganz gut geschrieben (auf die Stellen, die ich nicht so gelungen finde, gehe ich später ein), andererseits weiß ich nicht, was du sagen willst.

Ich frage mich als Leser, warum ein kleines Mädchen in der Nähe einer Bahnstrecke steht. Wo sind die Eltern, die sich scheinbar nicht um das Kind kümmern, aber eigentlich auf das Mädchen aufpassen sollten?
Erst hatte ich mich gefragt, wie das Kind eine einzelne Person in einem vorbeifahrenden Zug erkenn kann. Aber der Prot. hat sich wohl nur vorgestellt, dass das Mädchen ihm gewunken hat und nicht einfach nur dem Zug.
Wieso rennt das Mädchen auf den zug zu? Das kann ich mir nicht erklären.

Ich denke, dass sich jeder schon mal gefragt hat, ob das, was man z.B. aus Freundlichkeit getan hat, der grund für einen Unfall oder für irgendetwas Negatives sein könnte. Und je nach Mensch, je nach Charakter entscheidet man für sich entweder: ja, meine freundlich und gut gemeinte Handlung hat diesen Unfall, dieses schlimme Ereignis verursacht. Oder man entscheidet: nein, meine Handlung hat damit nichts zu tun. Es war ein Zufall, ich kann nichts dafür.
Und dein Prot. entscheidet sich für die erste Möglichkeit. Und er fühlt sich so schuldig, dass er entweder sehr lange brauchen wird, um damit klar zu kommen. Oder er kommt damit nicht klar, fragt sich immer, ob er es hätte verhindern können.

Leider verrätst du das Ende zu früh. Als du „Die Mohnblüten in ihrer Hand leuchteten wie frisches Blut“ geschrieben hast, habe ich schon überlegt, ob das ein Hinweis (ein zu deutlicher) auf das Ende ist.
Denn das erwähnen von Blut passt so gar nicht in die bisher ruhige, gefühlvolle Stimmung der Geschichte. Worte wie „Blut“ usw. lassen einen (zumindest mich) aufschrecken, das ist wie ein Alarmzeichen, man schreckt auf. Und dann erwartet man so ein Ende.

So, nun habe ich noch eine Reihe von Anmerkungen:

Ich sehe den Vögeln am Himmel nach und träume, der Zug würde mich in den Süden bringen zu einem Urlaubsort am Meer.
Unschön. Nimm doch einfach die Konjunktiv II-Form „brächte“.

Menschen sehe ich selten.
Hm, ich frage ich mich, wieso. Wieso sieht der Prot. selten Menschen, wenn er mit dem Zug zur Arbeit fährt? Er wird ja wohl nicht der einzige Fahrgast sein. Sonst lohnte sich der Zug auf der Strecke ja gar nicht ;)

Sie stand immer an der gleichen Stelle, unbeweglich wie eine Puppe.
Wieso ist eine Puppe unbeweglich? Natürlich bewegt sie sich nicht von allein, aber sie ist doch dennoch beweglich. Oder hab ich das falsch verstanden? :confused:

Ich hatte den Eindruck, als würde sie auf mich warten, nicht auf den Zug, nur auf mich, um mir für einen kurzen Augenblick des Vorbeifahrens zuzulächeln. Ihr Lächeln machte mir Mut und eines Tages hob ich die Hand und winkte ihr zu
.
Unschöne Wiederholung von „lächeln“ bzw. „Lächeln“. Mir fällt jetzt aber auch nichts besseres ein.

Tag für Tag freute ich mich auf diesen kleinen Morgengruß, der mich auf meinem Weg zur Arbeit erwartete. Und sie enttäuschte mich nie, es verging kein Tag, an dem sie nicht da stand und winkte und lachte.
Unschöne Wiederholung von „Tag“. Ich nehme an, dein Prot. fährt morgens zur Arbeit. Dann wechsele doch das „Tag“ im zweiten Satz durch ein „Morgen“ aus.

In den Händen hatte sie einen Strauß Mohnblumen, den sie dem Zug, nein, mir, entgegenschwenkte. Sie hatte sich bestimmt verspätet, weil sie die Mohnblumen für mich gepflückt hatte. Sie lief schneller und immer schneller. Die Mohnblumen in ihrer Hand leuchteten wie frisches Blut.
Unschöne Wiederholung von „Mohnblumen“. Mir fällt jetzt aber auch nur ein, dass du im zweiten Satz einfach nur „Blumen“ schreiben könntest. Etwas besseres weiß ich momentan auch nicht.
Ja, und dann die schon erwähnte Stelle mit dem Blut. Das solltest du mMn unbedingt ändern. Das ist einfach zu offensichtlich.

Sie schien nicht anhalten zu können, sie stolperte, fing sich wieder und lief weiter den steilen Hang hinunter, direkt auf den Zug zu.
Ich würde das von mir kusiv angemerkte „sie“ rausnehmen. Ich finde, es nimmt zu viel von dem Tempo, dass du da grade hast. Meine Meinung.

Ich weiß nicht, ob ich zuerst die Notbremse zog oder ob der Zugführer der erste war, der die Bremse betätigt hatte, aber es war zu spät
„zuerst“ und „erster“ ist sehr ähnlich. Genau wie „Bremse“ und „Notbremse“. Du könntest schreiben: „Ich weiß nicht, ob ich oder der Zugführer die Notbremse zuerst betätigt hatte, aber es war zu spät“. Ist mein Vorschlag.

Der Zug stand und ich riss die Tür auf und stürzte hinaus.
Ich würde das erste „und“ streichen. Liest sich mMn einfach besser. So verliest du das Tempo, die Eile, in der der Prot. ist.

Ich lief am Zug entlang und sah schon von weitem die blutroten Blüten auf den Geleisen leuchten. Sie vermischten sich mit den blonden Locken, zwischen denen rotes Blut hervorsickerte und auf die Gleise tropfte.
Unschöne Wiederholung von „rot“. Das zweite „rot“ könntest du einfach weglassen. Jeder weiß ja, dass Blut rot ist, nicht wahr? ;)

Ich denke, dass du ab der Stelle mit dem „frischen Blut“ und dem „blutroten Regen“ zu oft das Wort „rot“ verwendet hast. Du schreibst sehr oft dann „rote Mohnblumen“ oder „rote Blühten“

Das wars dann auch von mir.

bye und tschö

 

Hi DeUS, hi moonshadow,

danke fürs kommentieren.

@DeUS

von weitem in den Zug rennt wie der Lemming von der Klippe
Bist du schon mal auf einem abschüssigen Hang ist Rennen gekommen und konntest nicht mehr stehen bleiben? Das hat nichts mit Dummheit oder Lemming zu tun, sondern mit Körperbeherrschung.

Chaostheorie? Wer lächelt, tötet Kinder?
Wo vermutest du da Chaostheorie?
Meine Aussage ist, dass wir uns unser schlechtes Gewissen selbst machen, weil wir uns für Geschehnisse verantwortlich fühlen, die wir nicht beeinflussen konnten.

@moonshadow

warum ein kleines Mädchen in der Nähe einer Bahnstrecke steht.
Es steht da, wie manchmal Kinder in ländlichen Gegenden an Bahngeleisen stehen, um den Zügen zuzusehen.

Erst hatte ich mich gefragt, wie das Kind eine einzelne Person in einem vorbeifahrenden Zug erkenn kann. Aber der Prot. hat sich wohl nur vorgestellt, dass das Mädchen ihm gewunken hat und nicht einfach nur dem Zug.
Man kann sehr wohl ein einzelnes Gesicht in einem langsam fahrenden Zug ausmachen. Im ICE natürlich nicht. Aber ich lasse dem Leser die Option offen, dass das Mädchen nur dem Zug, nicht dem Prot gewunken hat.

Wieso rennt das Mädchen auf den zug zu?
Habe ich oben schon beantwortet.

Leider verrätst du das Ende zu früh.
Es sollte keine Geschichte mit Spannung werden. Ich wollte das Ende verraten, das der Prot kommen sieht und es doch nicht abwenden kann. Daher auch das "Blut" im Titel und in der Beschreibung des laufenden Mädchens.

in die bisher ruhige, gefühlvolle Stimmung der Geschichte
Absicht! Aus einer ruhigen, gewohnten Zugfahrt wird ein Augenblick des Entsetzens.

Nimm doch einfach die Konjunktiv II-Form „brächte“.
Habe ich geändert.

Wieso sieht der Prot. selten Menschen, wenn er mit dem Zug zur Arbeit fährt?
Der Prot beschreibt, dass er auf der Landstraße hin und wieder ein Auto sieht, aber es ist eine sehr einsame Gegend, durch die der Zug fährt. Es geht nicht um die Menschen im Zug.

Natürlich bewegt sie sich nicht von allein, aber sie ist doch dennoch beweglich.
Eine Puppe, die niemand bewegt, ist unbeweglich. Also steht das Mädchen da unbeweglich wie eine Puppe. Wo siehst du da eine Unstimmigkeit?

Unschöne Wiederholung von „Mohnblumen“. / Unschöne Wiederholung von „lächeln“ / Unschöne Wiederholung von „rot“.
Manche Wiederholungen sind gewollt, wie Blut, rot, Mohnblumen - darum geht es mir doch. Und für Lächeln wusste ich auch kein anderes Wort.

Unschöne Wiederholung von „Tag“. Ich nehme an, dein Prot. fährt morgens zur Arbeit. Dann wechsele doch das „Tag“ im zweiten Satz durch ein „Morgen“ aus.
Das Morgen würde in diesem Fall nicht zu den "Morgen für Morgen" - "Tag für Tag" - "Nacht für Nacht"-Anfängen der Absätze passen.

LG
merenhathor

 

Hallo merenhathor!

dass es möglich sein müsste auszusteigen, um Blumen zu pflücken.
Zu viel "Eisenbahnromantik" geschaut, hm? :naughty:

Eigentlich ist ja schon alles zu Deiner Geschichte gesagt, was ich denke. Drum geh ich mal gleich auf Deine Antworten ein bzw. mache Dir weitere Vorschläge. ;)

Bist du schon mal auf einem abschüssigen Hang ist Rennen gekommen und konntest nicht mehr stehen bleiben? Das hat nichts mit Dummheit oder Lemming zu tun, sondern mit Körperbeherrschung.
Naja, ok, das gibts schon. was mich daran stört, ist, daß sie scheinbar vor den Zug läuft, der Erzählung nach hätte ich erst gemeint, sie würde seitlich in den Zug laufen (und dann vielleicht zwischen die Räder rutschen) - dann könnte es auch deutlicher werden, daß sie den Protagonisten gemeint hat, wenn sie direkt unter sein Fenster läuft... ;)

Meine Aussage ist, dass wir uns unser schlechtes Gewissen selbst machen, weil wir uns für Geschehnisse verantwortlich fühlen, die wir nicht beeinflussen konnten.
Auch, wenn ich die Aussage nicht ganz vertrete: Du könntest sie besser rüberbringen, wenn Du die Geschichte anders aufbaust. Nicht in der Reihenfolge des Geschehens, sondern vielleicht mit dem Protagonisten beginnen, sein schlechtes Gewissen hinterher darstellen (ohne zu viel anzudeuten). Dann das alles als Erinnerung, oder wie er es jemandem erzählt oder so. ;) - Damit spreche ich natürlich auch den Punkt der Spannung an. Es ist nicht immer alles für den Leser ebenso spannend wie Du meinst, daß es für Deinen Protagonisten ist - was man aber oft, ohne was dazuzudichten, nur durch den Aufbau der Geschichte erreichen kann.

Eine Puppe, die niemand bewegt, ist unbeweglich. Also steht das Mädchen da unbeweglich wie eine Puppe. Wo siehst du da eine Unstimmigkeit?
Eine Puppe, die niemand bewegt, steht/liegt/sitzt ruhig, ist aber deshalb nicht unbeweglich - man kann sie bewegen. Würdest Du zum Beispiel sagen "Das Mädchen steht da wie eine Schaufensterpuppe und bewegt sich nicht" würde es vielleicht keine derartigen Wortklaubereien geben und Du sagst damit dasselbe aus.
Absicht! Aus einer ruhigen, gewohnten Zugfahrt wird ein Augenblick des Entsetzens
An der Stelle, wo das "blutrot" auftaucht, exitstiert für mich als Leser noch kein Augenblick des Entsetzens, es wechselt nur der Stil und man beginnt, den Schluß zu ahnen.

Manche Wiederholungen sind gewollt, wie Blut, rot, Mohnblumen - darum geht es mir doch. Und für Lächeln wusste ich auch kein anderes Wort.
Warum geht es Dir um die Wiederholungen? Wenn sie einen Effekt haben sollten, ist er irgendwo am Weg verloren gegangen und hat nicht die von Dir vermutlich erhoffte Wirkung.
Statt "Ihr Lächeln machte mir Mut" könntest Du "Ihr Strahlen ..." schreiben.

Liebe Grüße,
Susi

 

Hi Häferl,

danke fürs Kommentieren.

Zuerst einmal: Strahlen find' ich toll!

Zu viel "Eisenbahnromantik" geschaut, hm?
Ich komme aus Salzburg und in der Oberndorf-Bahn kann man aussteigen und Blumen pflücken! Alles selbst erlebt!

sie würde seitlich in den Zug laufen (und dann vielleicht zwischen die Räder rutschen
Jetzt weiß ich, was mich an der Geschichte bisher gestört hat. Das ist die Lösung. Werde ich einbauen. Danke.

Nicht in der Reihenfolge des Geschehens, sondern vielleicht mit dem Protagonisten beginnen, sein schlechtes Gewissen hinterher darstellen (ohne zu viel anzudeuten).
Ich muss zugeben, hier spielt ein bissl Unvermögen eine Rolle. Diese Idee hatte ich zuerst, konnte sie aber beim besten Willen nicht zufriedenstellend umsetzen.

wie eine Schaufensterpuppe
Es handelt sich hier um eine 5-jährige. Die sieht nicht aus wie eine Schaufensterpuppe, eher wie eine der Kinderpuppen, die die Designer zur Zeit produzieren. Und ich bleibe dabei, eine Puppe ist von ihrer Natur her erst einmal unbeweglich - ohne Zutun Dritter.

man beginnt, den Schluß zu ahnen.
so wie der Prot

Warum geht es Dir um die Wiederholungen?
Mohnblumen sind etwas sehr fragiles und leicht zerstörbares (genau wie das Kind), und rot und Blut sollen die Ahnung des nahen Unglücks über die Szene legen.

LG
merenhathor

 

Wo vermutest du da Chaostheorie?
Meine Aussage ist, dass wir uns unser schlechtes Gewissen selbst machen, weil wir uns für Geschehnisse verantwortlich fühlen, die wir nicht beeinflussen konnten.

Ja, schon, aber das Problem ist, dass dieses Lauf-in-den-Zug-Element den Leser stolpern läßt wie dein Mädchen.
Deshalb ist bei mir auch die Chaostheorie rausgekommen:
Der Flügelschlag eines Schmetterlings kann einen Wirbelsturm verursachen, und ein Lächeln im Zug Kinderleichen.

Vielen Dank für deine intensive Beschäftigung mit deinen Kritiken, dass ist leider nicht selbstverständlich.
D.e.U.

 

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