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Blutgier

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28.07.2010
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Blutgier

Der Saum an Feldwebel Scharwächters Mantel flatterte, als der Wind durch den Graben pfiff. Die Wunde in seinem Bein brannte bei jedem Schritt. Eine Flamme zog durch seine Wade und hätte ihn beinahe aufschreien lassen. Verflucht sollte der Oberleutnant sein, der ihn durch den kilometerlangen Schützengraben laufen ließ! Aber so jemand würde natürlich nicht hinunter in die Stellung laufen. Viel zu gefährlich und zu anstrengend! Lieber wartete man sicher im Bunker und rauchte vielleicht noch eine Zigarette!
Fluchend duckte er sich unter einem Baumstamm hinweg, der quer über dem Graben lag. Die Luft roch nach Schnee. Lange würde der Winter nicht mehr auf sich warten lassen.
Vor ihm verengte sich der Gang, beschrieb eine Kurve und endete vor den hügeligen Ausläufern des Berges. Eine durchlöcherte Zeltplane verdeckte den Eingang zum Bunker. Er blieb stehen und gönnte seinem Bein eine kurze Ruhepause.
In der Wildnis hinter ihm grollte die Artillerie wie ein wildes Tier. Einmal hatte er geträumt, der Berg blute aus tausenden von Wunden, die ihm das Sperrfeuer zugefügt hatte. Der Gipfel hatte ausgesehen wie ein Totenschädel und war schließlich in einer Flut aus Staub und Blut zusammengestürzt. Er war aufgewacht und konnte eine halbe Stunde nicht mehr aufhören zu husten. Das war in der Nacht, als sie den zweiten Toten fanden.
Er zog den Mantel enger, schob eine Plane zur Seite und trat ein. Sofort umfing ihn die stickige Luft und der betäubende Geruch von Ersatzzigaretten. Und noch etwas anderes. War das Kölnisch Wasser? Wie lange hatte er das nicht mehr gerochen?
„Feldwebel Scharwächter?“
Er zuckte zusammen. Die einzige Beleuchtung kam von einer zerbeulten Petroleumlampe auf dem Tisch. Sie warf ein kreisrundes Licht in den Raum, die Ecken blieben dunkel. Aus einem dieser Schatten trat ein Mann hervor. Seine Konturen zeichneten sich weich in dem flackernden Licht ab. Die blonden Haare lagen pomadisiert am Kopf und seine Uniform war sauber gebügelt. Am rechten Arm trug er eine weiße Binde. Sein Gesicht war glattrasiert und jugendlich. Und dieser ekelhafte Geruch nach Kölnisch Wasser!
„Ich bin Oberleutnant Blumenthal von der geheimen Feldpolizei.“
Scharwächter sah ihn an. Geheime Feldpolizei?, dachte er.Sein Bein brannte und er schwitzte.
Der Oberleutnant verzog die dünnen Lippen. „Sind Sie stumm?“, fragte er.
„Äh... nein. Feldwebel Martin Scharwächter. Melde mich wie befohlen, Herr Oberleutnant.“ Er hatte den belegten Ton in seiner Stimme bemerkt, und verfluchte sich dafür. Vor was hatte er eigentlich Angst?
Blumenthal winkte kurz mit der rechten Hand. „Lassen wir das. Sie wissen warum ich hier bin?“
„Nein.“
Er seufzte. „Ich komme im Auftrag der obersten Heeresleitung. Meine Aufgabe ist es, die Ordnung an allen Abschnitten der Westfront aufrecht zu erhalten. Zum Zweck der Untersuchungen habe ich volle Weisungsbefugnis und Befehlsgewalt. Bei dieser...“
„Äh, Moment. Ich verstehe nicht...“
„Unterbrechen Sie mich nicht.“ Der strenge Blick in seinem jungenhaften Gesicht wirkte aufgesetzt. „Die Oberste Heeresleitung hat Grund zu der Annahme, dass es an diesem Frontabschnitt zu Fällen von Aufruhr und Meuterei gekommen ist. Diese Fälle werde ich untersuchen und die nötigen Konsequenzen ziehen. Von Ihnen erwarte ich in diesem Fall vollste Kooperation. Haben Sie Fragen?“
Scharwächter wischte sich einen Schweißtropfen aus dem Auge und bemerkte, dass er immer noch seinen Helm trug. Langsam löste er den Riemen, achtete darauf keine Barthaare mitzureißen, und nahm ihn vom Kopf.
„Von welchem Aufruhr sprechen Sie?“, sagte er in gedämpftem Tonfall. „Meine Männer erledigen ihren Dienst korrekt. Und hier ist es schon seit Jahren ruhig. Wer soll denn meutern?“
Der Oberleutnant nickte. „Glauben Sie, wir wissen das nicht? Hier passiert so gut wie gar nichts. Darum ist es umso alarmierender, wenn wir ungewöhnliche Meldungen bekommen.“
„Welche ungewöhnlichen Meldungen?“
„Sie haben Meldung an das Oberkommando gegeben, dass Sie in den letzten Monaten drei Soldaten verloren haben.“ Er kritzelte hektisch etwas auf seinen Block. Sein Füller sah sehr teuer aus. „Die Umstände bei diesen Verlusten waren etwas ... merkwürdiger Art.“
Der Feldwebel entspannte sich ein wenig. „Darum geht's? Darum sind Sie hier?“
Er klopfte auf den Block. „Wie gesagt, uns kommt bei diesen Fällen einiges seltsam vor.“
„Inwiefern?“, sagte er und ging zum Tisch. Er legte seinen Helm ab, und begann den Mantel auszuziehen.
Der Oberleutnant sah ihm zu, als hätte er ein unfolgsames Kind vor sich. „Drei Soldaten wurden ausgeweidet. Die Körperteile waren über das ganze Gelände verstreut.“ Er blickte kurz auf die Notizen. „Wenn sie überhaupt gefunden wurden. Sie halten das für völlig normal?“
Der Feldwebel faltete seinen Mantel mit ruhigen Bewegungen zusammen und legte ihn auf den Tisch. Langsam ging er auf den Vorgesetzten zu, bis ihn nur wenige Zentimeter von dem glattrasierten Gesicht trennten. Sein Blick war starr.
„Bei allem Respekt, Herr Oberleutnant. Ich war in Verdun. Und in Ypern. Ich hab' gesehen, wie Menschen lebendig verbrannt sind. Wie sie am Chlorgas erstickten und sich in die Hose geschissen haben. Und das ist der Alltag! Das ist das Gesicht dieses Krieges. Schön, dass Sie das nicht mit ansehen mussten. Aber kommen Sie jetzt nicht her, und erzählen mir wegen drei Gefallenen was von Aufruhr. Ich habe meine Truppe im Griff und wir halten hier die Stellung. Manchmal erwischt es einen, das ist so. Mag sein, dass man das im Büro nicht so sieht, aber das ist nicht meine Schuld!“ Die letzten Worte brüllte er fast. Schweiß glänzte in seinen Bartstoppeln, seine Augen funkelten. Vier Jahre Kriegserfahrung ließen sich nicht auslöschen.
Blumenthal sah den Feldwebel an. Dessen bärtiges Gesicht strahlte eine Härte aus, die man fast fühlen konnte. Ein anderer Vorgesetzter hätte bei diesem Tonfall ein Disziplinarverfahren verhängt oder den Feldwebel vielleicht sogar einsperren lassen. Wenn er es nur gekonnt hätte!
Blumenthal legte die gefalteten Hände vor den Mund. Seine Augen blickten ruhig durch die Nickelbrille. Er holte Luft. „Feldwebel Scharwächter, niemand bezweifelt Ihre Leistungen für das Vaterland. Und auch wenn Sie es nicht glauben wollen, ich habe in meiner Tätigkeit fast jeden Abschnitt dieser Front gesehen. Ich weiß, wie es aussieht, dieses Gesicht des Krieges. Und drei tote Soldaten sind sicher tragisch, aber nicht auffällig. Aber die Art, wie sie umkamen, die finden wir seltsam. Und Sie auch, geben Sie's zu.“
„Nein, finde ich nicht.“, antwortete er. Sein Tonfall war ruhig, fast lauernd.
Blumenthal atmete hörbar aus. „Sollen wir so weiter machen?“
„Nein. Es wäre besser, Sie gehen wieder.“ Er ließ ein schadenfrohes Grinsen sehen. „Hier gibt's nichts zu untersuchen. Und ich glaube, niemandem hier passt's, wenn Sie in ihrer geschleckten Uniform hier rum' schnüffeln.“ Scharwächter zog eine Zigarette aus der Brusttasche. Ein Streichholz flammte auf.
Der Oberleutnant beobachtete ihn regungslos. „Hören Sie mal!", sprach er leise, "ich bin ihr Vorgesetzter. Und wenn Sie nicht kooperieren, dann...“
„Verhaften Sie mich?“ Der Feldwebel blies den Rauch aus.
Ein Stöhnen und Kopfschütteln kam als Antwort. „Sie begreifen das nicht. Ich will hier niemandem auf die Füße treten. Und verhaften will ich hier nur einen.“
Der Feldwebel kaute auf seiner Zigarette. „Wen?“
„Den, der diese Morde begangen hat.“
Beinahe wäre ihm die Zigarette aus dem Mund gefallen. „Was? Sie...“
Blumenthal nickte unmerklich. „Ich halte diese drei Soldaten nicht für Kriegsgefallene. Meiner Ansicht nach wurden sie ermordet.“
Der Zigarettenrauch kräuselte sich an die Decke. In der Ferne hörte man kurz das Knattern von MG-Feuer.
„Feldwebel Scharwächter, es tut mir leid, wenn ich Sie beleidigt habe. Das wollte ich nicht. Alles, was ich will, ist, dass Sie in dieser Sache mit mir zusammen arbeiten.“ Er zog an seinem Kragen und sah zu Boden. „Ich brauche Sie.“
Der Feldwebel spuckte die Zigarette auf den Boden und trat sie aus. „Verraten Sie mir dann auch, wie Sie auf diesen Quatsch kommen? Sie wissen, was das ist hier ist! Hierher kommen die Verletzten und verlegte Truppen zum Ausruhen. Jeder ist froh, wenn er hier ist, und nicht irgendwo anders. Und Sie erzählen mir was von einem Mörder?“
„Nun, ich habe hier ihre Meldung an das Oberkommando“, antwortete er und fingerte ein zusammengefaltetes Papier aus der Tasche. „Die drei Soldaten wurden nicht sichtbar erschossen. Artillerie- und Granattreffer hat's hier schon seit Jahren nicht mehr gegeben, weil sie mittlerweile die Reichweite kennen. Was ist denn ihre Erklärung dafür?“
Scharwächter sah ihn mit glühenden Augen an. „Hunde.“
„Bitte, was?“
„Hunde. Die Franzosen haben Hunde auf uns gehetzt.“
„Warum haben Sie das nicht in den Bericht geschrieben?“, sagte er und wedelte mit dem Papier.
„Wenn ich gewusst hätte, dass mir gleich die Polizei geschickt wird, hätte ich's getan.“
.„Nun, und warum Hunde?“
Scharwächter freute sich über den enttäuschten Gesichtsausdruck seines Gegenübers. „Was weiß ich. Wir belauern uns hier seit Jahren. Jeder möchte irgendeinen Erfolg. Da probiert man mal was neues. Aber Gott sei dank haben sie nur drei erwischt. Bis jetzt, wenigstens.“
Blumenthal steckte das Papier wieder in die Tasche. „Und Sie haben diese Hunde gesehen?“
„Nein, aber...“
„Dann zeigen sie mir wenigstens die Fundorte, verdammt nochmal!“
Scharwächter schüttelte den Kopf. „Die kennen Sie doch. Stehen im Bericht. Von mir aus können Sie sich alles ansehen. Aber ich komm' nicht mit.“
Er rollte mit den Augen. „Gehen sie mit jedem so um?“
„Nein, nur mit ihnen.“
„Ich sollte Sie wirklich verhaften lassen.“
„Warum tun Sie's dann nicht?“
Einen Augenblick war es still. Dann ging Blumenthal mit schnellen Schritten an ihm vorbei. „Leck mich!“, zischte er.
„Du mich auch.“, kam als Antwort.

Er schlug die Zeltplane zur Seite und riss sie fast vom Haken. Hektisch lief er einige Meter durch den Schützengraben, bis er den Bunker nicht mehr sehen konnte. Links von ihm verschwanden die letzten blutroten Sonnenstrahlen hinter dem Berg. Seine Flanke war von Eingängen, Gräben und Unterständen überzogen, als hätten wahnsinnige Zwerge ihr Bergwerk hinein getrieben. Er schloss die Augen und zog die kalte Abendluft durch die Nase. Was für ein Bastard! Es stimmte, er konnte ihn nicht verhaften. Sein Auftrag war gewissermaßen halboffiziell. Bitter dachte er daran, wie er vor der obersten Heeresleitung hatte betteln müssen, um überhaupt hierher geschickt zu werden. Niemand glaubte an Mord. Niemand! Aber Blumenthal erkannte einen wenn er ihn sah.
Traurig blickte er in den Himmel, auf dem sich die ersten Sterne abzeichneten. Wann würde dieser elende Krieg endlich vorbei sein? In seiner Zeit bei der Bremer Polizei war er jemand gewesen. Man hatte Respekt vor ihm gehabt, und seine Arbeit geschätzt.
Jetzt hasste ihn jeder und seine einzige Aufgabe bestand darin, Deserteure aufzuspüren und zu verhaften, obwohl er sie insgeheim verstehen konnte. Und selbst wenn er hier einen Mörder überführte – Wen würde es interessieren? Ein kurzer Prozess, ein Strick, und weiter geht's. Was in Friedenszeiten monströse Verbrechen waren, wurde im Krieg zu reiner Statistik. In welch frohen Zeiten sie doch lebten!
Er sah nach oben in die undurchdringlichen Baumwipfel. Die Sonne war untergegangen und die Nacht ließ die dunklen Äste zu einer gleichförmigen schwarzen Kuppel verschmelzen. Rechts konnte er gerade noch den Bretterverschlag der Grabenwand wahrnehmen. Er fröstelte. Dieser Ort war unheimlich. Dieser arrogante Feldwebel konnte sich eine Menge einbilden auf seine tollen Kriegserfahrungen. Aber Blumenthal hatte auch seinen Teil gesehen. Er war ebenfalls in Verdun gewesen, wenn auch nur als Feldpolizist. Das Leid und der Schrecken waren ihm nicht unbekannt. Aber an keinem Ort hatte er eine solche Beklemmung gespürt. Der drohende Berg hinter ihm, der sich jeden Moment auf ihn stürzen wollte. Der ständige, fast greifbare Nebel. Und dieser schwarze, feindliche Wald, der nur darauf zu warten schien, sich für all die gefällten und niedergebrannten Bäume zu rächen. Kein Wunder, dass man auf den Bergen früher Hexen und Dämonen vermutete. Hier schrie die ganze wilde Natur: „Du bist nicht willkommen.“
Irgendwo im Wald rief ein Franzose. Die Gegenseite war nur wenige Meter von ihnen entfernt. Aber es stimmte, sie verhielten sich ruhig. An diesem Frontabschnitt verhielt sich jeder ruhig. Seitdem er angekommen war, hatte er gerade mal fünf Soldaten getroffen, Feldwebel Scharwächter eingeschlossen.
Er zog den Mantel enger und steckte die Hände in die Taschen. Es war sehr kalt geworden, sein Atem wurde in kleinen Wolken sichtbar. „Konzentrier dich! Geh alles noch mal durch! Drei Tote. Nicht erschossen. Keine Artillerie-Treffer. Der Erste ausgeweidet in einer MG-Stellung. Seitdem hat Scharwächter zwei MG-Posten eingesetzt. Der zweite Tote völlig zerstückelt zwischen den Felsen aufgefunden. Arme und Beine fehlten. Er war auf Patrouille gewesen. Und der letzte. Ohne Kopf am Rand des Grabens. Während der dienstfreien Zeit.“
Die Kälte kroch durch seine Stiefel und wanderte langsam an seinen Beinen hoch. Er schrak zusammen, als im Wald vor ihm ein Ast knackte. Franzosen? Wenn der Feldwebel nun Recht hatte mit den Hunden? Er spürte einen Klumpen im Magen und horchte. Es blieb still. Nur der Wind, der geisterhaft durch die Äste wisperte. Langsam normalisierte sich sein Herzschlag wieder. Sollte er rufen? Das wollte er lieber nicht riskieren. Vor ihm ragte der Holzwall, schmutzig, aber stabil. Dahinter nur Wald. Franzosen. Und vielleicht etwas schlimmeres?
Seine Nase lief. Er zog den Rotz hoch und drehte sich um. Er konnte nicht die ganze Nacht hier bleiben. Eilig stampfte er durch den matschigen Boden. Zum Teufel mit Scharwächter! Drei Tage Untersuchung waren genehmigt worden. Und die würde er ausnutzen. Selbst wenn er nichts herausfand, die Notizen hatte er. Und wenn der Krieg vorbei war - ja, wenn er wieder bei der Bremer Polizei war - würde er auf einer Untersuchung bestehen. Er würde diesen vorlauten Feldwebel vor ein Kriegsgericht bringen. Und er würde den Mörder finden. Niemand sollte sich zu sicher fühlen. Niemand....
Ein weiterer Ast zerbrach. Viel lauter. Und näher.
Er blieb stehen. Seine weißen Atemwolken waren jetzt größer.
Sein Blick ging nach rechts. Über die zerfurchte Bretterwand. Von dort oben konnte man jederzeit in den Graben springen. War es den drei Soldaten auch so ergangen?
Eisige Nadeln wanderten sein Rückgrat hinab. Er konnte spüren, wie sein Herz aus dem Hals springen wollte. Was war die Parole gewesen? Verdammt, warum hatte er sich das nicht gemerkt?
Noch ein Splittern. Mehrmals. Zerbrechende Äste. Kein Zweifel, aus dem Wald kam etwas auf den Schützengraben zu.
Mit zitternder Hand versuchte er den Knopf seines Pistolenholsters zu lösen. Er fluchte, als die schweißnassen Finger immer wieder abrutschten. Wo waren die Soldaten, verdammt?
Ein kehliges Knurren. Vom Rand des Grabens.
Jedes Gefühl aus seinen Armen und Beinen war verschwunden. Er war in Watte gepackt und schwebte. „Das kann nicht sein...
Er sah nach vorne. Die kalte, nach Winter riechende Herbstluft, die raschelnden Blätter, funkelnde Sterne am Nachthimmel – Jetzt nahm er alles viel deutlicher wahr.
Kein Knurren mehr.
Er zog die Mauser aus dem Holster. Seine Hände zitterten nicht. Der Lauf der Pistole zielte nach oben. Gerade, als er rufen wollte, kam der Sprung.
Es fühlte sich an, als würden zwei Balken gegen seinen Oberkörper gestoßen. Nägel schienen sich in seine Brust zu bohren. Er verlor das Gleichgewicht und knallte mit dem Rücken gegen die hintere Wand des Grabens. Die Pistole fiel ihm aus der Hand. Sein Rückgrat wurde taub und im Knie breitete sich ein heißes Gefühl aus. Er blinzelte Tränen aus den Augen und sah nach links. Erkannte einen großen schwarzen Schemen und blinzelte nochmal. Ein Hund!
Nein, dazu war es viel zu groß. Ein dichtes schwarzes Fell bedeckte den muskulösen Körper. Die Flanken hoben und senkten sich unter den Atemzügen. Das Maul war weit geöffnet und entblößte lange, vor Speichel glänzende Zähne. Schmutzige Krallen bohrten sich in den Boden.
Blumenthal sah teilnahmslos hin. Er konnte nicht aufstehen. Es war, als hätte ihn ein Lastwagen überfahren. „Ein Wolf“, dachte er resignierend, „ein verfluchter Wolf.
Das Tier zog die Lefzen nach oben und knurrte wieder. Es streckte den Rücken, winkelte die Hinterbeine an, und sprang erneut.
Blumenthal keuchte, als ihn die Wucht des Aufpralls traf. Die Luft wurde aus seinen Lungen gepresst und er hatte das Gefühl zu ersticken. Sein Kopf schlug auf den Boden und er biss sich auf die Zunge. Der Geschmack von Blut breitete sich in seinem Mund aus. Der Wolf drückte ihn tiefer in den Matsch und riss die Schnauze auf. Blumenthal roch heißen, stinkenden Raubtieratem. Das Tier zog den Kopf zurück und schnappte nach dem Hals.
Blumenthal riss den linken Arm vor das Gesicht. Er spürte kurz eine feuchte Zunge, bevor der Wolf zubiss.
Der Schmerz ließ ihn fast ohnmächtig werden. Er hörte Knochen knacken und feine Blutspritzer landeten auf seinem Gesicht. Er brüllte um Hilfe. Warum war keiner der Soldaten hier? Dieser Lärm musste doch jeden aufschrecken!
Der Wolf kaute auf seinem, jetzt komplett gefühllosen, Arm. Rosafarbener Speichel tropfte hinab. Blumenthal spürte, wie sein Mageninhalt nach oben wanderte. Er drehte den Kopf zur Seite. Alles war egal. Er würde kotzen und dann sterben. Da sah er die Pistole. Es war unglaublich. Sie lag in Griffweite neben ihm. Eine unglaubliche Freude breitete sich in ihm aus. So musste sich ein Verdurstender fühlen, der in der Wüste auf eine Oase traf. In einer schnellen Bewegung zog er den Holzgriff aus dem Schlamm und drückte den Lauf gegen die Brust des Wolfs. „Lieber Gott, bitte lass sie funktionieren, bitte, bitte...
Der Rückstoß schlug seinen rechten Ellbogen zurück. Ein ohrenbetäubender Knall schlug von den Wänden des Grabens zurück. Ein konstantes Pfeifen machte sich in seinem Gehör breit, sodass er das schmerzerfüllte Jaulen des Wolfes nur erahnen konnte. Er hatte den Arm losgelassen und Speichelfäden hingen zwischen seinem Maul. In dem Fell auf seiner Brust glänzte etwas. Das Blut wirkte in der Dunkelheit fast schwarz. Er hob den Kopf und jaulte wieder.
Blumenthal hob den Arm und zielte mit der Pistole auf den Kopf des Wolfs. Da hörte er zu jaulen auf und sah ihn an. Die gelben Augen blickten direkt in Blumenthals Gesicht. Hass strahlte aus diesen funkelnden Pupillen. Und noch etwas. Trauer?
Der Wolf knurrte kurz, fletschte die Zähne und sprang dann mit einem einzigen Satz auf den Rand des Schützengrabens. Blut tropfte aus seiner Brust auf den hölzernen Wall. Blumenthal schoss ein weiteres Mal, traf aber nur die Balken unter den Sandsäcken. Splitter flogen zur Seite. Ein weiterer Sprung genügte, und das schwarze Fell des Wolfs war mit dem dunklen Wald verschmolzen.
Blumenthal lag halb aufgerichtet auf dem Boden, den rechten Arm mit der Pistole immer noch ausgestreckt. Der andere Arm lag auf seiner Brust. Er sah aus wie ein Stück zerkautes Fleisch. Warmes Blut tränkte die Vorderseite seiner Uniform. In seinem Mund schmeckte er Blut und Magensäure. Er spuckte aus und würgte. Die Grabenwände umschlossen ihn wie ein Sarg. Er sah nach links, dann nach rechts. Jeden Moment würden die Soldaten auftauchen, und ihn ins Lazarett bringen. Den Lärm und die Schüsse konnte niemand überhört haben!
Er ließ den rechten Arm sinken, ohne die Umklammerung vom Pistolengriff zu lösen. Den Kopf ließ er fallen, sodass er flach am Boden lag. Was war hier nur los? Tollwütige Wölfe in den Wäldern? Oder von den Franzosen abgerichtet? Er hatte gewusst, dass ihn sein Instinkt nicht getäuscht hatte. Hier stimmte etwas nicht.
Er hob den Kopf. Warum zur Hölle kam niemand? Hier waren hunderte von Soldaten stationiert!
„He!“, schrie er, „Ich bin verletzt! Alarm!“
Die Antwort war französisch. Er hörte hektisches Rufen von der anderen Frontseite und plötzlich wurde die Stille von Gewehr- und MG-Feuer zerrissen.
„Na, wunderbar!“, stöhnte er. Er sah nach rechts. Einige hundert Meter entfernt musste sich der Bunker befinden. Er schrie so laut, dass sich seine Stimme überschlug. „Feldwebel Scharwächter! Verdammt, kommen sie heraus. Die Franzosen greifen an!“
Kugeln schlugen mit einem klatschenden Geräusch in die Sandsackreihe am Rand des Grabens.
Das konnte nicht sein! Hier neben ihm müsste längst alles voller Männer stehen, die das Feuer erwiderten. Wo waren sie alle? Warum reagierte niemand auf sein Rufen? Und wo war dieser Drecksack von einem Feldwebel? Der hockte in seinem Bunker und scherte sich um nichts! Nicht um den Angriff der Franzosen, nicht um seine Männer und nicht um Scheißwölfe aus dem Wald!
Aus einiger Entfernung konnte er das Heulen eines Mörsers hören. Ob von französischer oder deutscher Seite, war nicht zu erkennen.
Er musst zum Bunker. Was blieb ihm anderes übrig?
Er presste den rechten Arm in den Boden und richtete den Oberkörper auf. Langsam winkelte er den rechten Fuß an und zog sich mit der Hand an einem der Bretter hoch. Den linken zerfleischten Arm presste er weiter fest gegen die Brust. Gebückt humpelte er in Richtung des Bunkers. Mehrmals musste er pausieren, als der Schmerz im linken Knie und Arm übermächtig wurde. Als er seinen Kopf gegen einen Balken stützte, bemerkte er, dass die Schüsse der Franzosen langsam abklangen. Kein Wunder, schließlich erhielten sie überhaupt kein Gegenfeuer. Die ganze deutsche Frontseite schien komplett verlassen zu sein. Er war allein. Er wollte weinen. Weinen wie ein kleines Kind. „Bin ich tot? Ist das die Hölle?“ Der Schmerz fuhr erneut durch sein Knie und riss ihn aus seinen Gedanken. „Nur noch ein wenig. Ich bin gleich da.“ Sein Mund war trocken und er hatte schrecklichen Durst. Da sah er die Zeltplane vor dem Eingang des Bunkers. Gott sei Dank!
„Scharwächter!“ schrie er. Sollten doch die Franzosen wieder zu schießen beginnen, es war ihm egal. Er wollte nur diesen Feldwebel umbringen, dem scheinbar alles egal war. „Scharwächter, verdammt! Was treiben sie da eigentlich?“ Zwischen den Spalten der Plane leuchtete gelbes Licht. Er schlug die Plane zurück. „Sie sind ein Arschloch! Wissen sie was...“ Er blieb stehen.
Die Petroleumlampe war fast niedergebrannt. Ein Stuhl war umgestoßen worden. Unter dem Tisch lag der Feldwebel. Er war nackt und hatte sich in Fötusstellung zusammengerollt. In seiner Brust klaffte eine große Wunde, aus der Blut auf den Boden sickerte. Eine rote Pfütze hatte sich um seinen Körper gebildet.
Blumenthal schleppte sich näher heran. „Scharwächter, was...“
Der Kopf des Feldwebels hob sich ruckartig. Seine Augen waren trüb. Und Blumenthal wurde schlagartig klar, wo er diese Augen schon mal gesehen hatte.
Scharwächter stöhnte. „Ich hätte sie gleich töten sollen.“
„Wovon reden sie?“
„Tun sie nicht so. Ich hab's in ihrem Gesicht gesehen. Sie wissen, dass ich der Wolf bin.“
„Sie? Der Wolf? Aber...“
Ein dünnes Rinnsal Blut lief aus Scharwächters Mund. „Ich war nicht der erste. Sie sind hier schon so lange in diesem verfluchten Wald.“
„Wer? Wer ist hier?“
„Tiere. Menschen. Ah, ich weiß nicht. Manche können's kontrollieren. So einer bin ich geworden. Die anderen... Sie sind viel wilder. Die haben die drei von uns geholt. Ansonsten haben wir uns nur bei den Franzosen bedient.“
Blumenthals Brille beschlug. „Von was sprechen sie? Was ist hier los?
Scharwächter packte seinen Fuß. Seine Augen wirkten kurz etwas wacher. „Die Wölfe! Wenn man's kontrollieren kann, ist es wunderbar. Es macht einen so stark! Die wilden sind sogar noch stärker. Aber die wollen nur Blut. Sie töten alles.“ Er hustete und spuckte Blut auf den Boden. Erschöpft legte er den Kopf ab. „Weiß nicht, was sie mit ihnen machen wern'. Sie sind ein kluger Mann. So jemand' brauchen sie. Aber wenn sie 'n' wilder wern'... Sie... sind...“ Er sog die Luft in einem langen rasselnden Atemzug ein. Die Augen starrten zur Decke. Er war tot.
Blumenthal sah noch eine Weile auf den nackten Leichnam hinab und drehte sich dann um. Was sollte das mit den Wölfen? Von was hatte er gesprochen? Das Gestammel eines Sterbenden? Aber... Er zog die Plane zurück und erstarrte.

Sie standen vor dem Bunker. Dicht an dicht, ihre schwarzen Felle bildeten ein einziges Meer. Und leuchtende gelbe Augen wohin man sah.

 

So, hier meine erste Geschichte seit Ewigkeiten. Ich habe lange gezögert, ob ich sie reinstellen soll, weil ich sie immer noch für absolut misslungen halte.
Aber es ist an der Zeit, mit meinen Selbstzweifeln und dem inneren Kritiker aufzuräumen.
Schreiben lernt man nur durch schreiben, korrigieren und wieder schreiben. Und diese psychischen Blockaden haben mich jetzt tatsächlich Jahre gekostet, in denen ich viel hätte lernen können.

Insofern: Zerpflückt die Geschichte bis zum Kern. Ich bin wieder mit an Bord und ich will besser werden. Und es kann nur besser werden!

Vorab vielen Dank und Grüße
Unbeliever

 

Hallo Unbeliever!

Erstmal herzlichen Glückwunsch zur Überwindung der Selbstzweifel. Solche Blockaden kenne ich gut, das ist ätzend.

Zerpflückt die Geschichte bis zum Kern
Woher weißt du, was ich abends am liebsten mache? :D

Absolut misslungen ist die Geschichte sicher nicht.
Ziemlich vorhersehbar fand ich sie, aber das lässt sich kaum vermeiden, wenn man so tief in der Mottenkiste wühlt. :) Es spricht aber überhaupt nichts dagegen, einen bekannten Plot zu benutzen, um wieder ins Schreiben rein zu kommen.
Und der Text hat durchaus Stärken: Ich fand, das die Figuren ganz gut charakterisiert sind, und die Atmosphäre in der Geschichte ist stellenweise ziemlich unheimlich.

Aber ich habe auch Zerpflückmaterial gefunden:

Blutgier
Bei dem Titel denke ich mir schon: Okay, 50/50 Werwolf- oder Vampirgeschichte. Ich würde da etwas Neutraleres wählen, damit der Leser nicht gleich zu Anfang darauf eingestellt ist.

Eine heiße Flamme zog durch seine Wade
nasses Wasser. Für solche offensichtlichen Sachen braucht man kein Adjektiv.

Von allen Seiten umschlossen ihn Bäume.
Also, ich habe da ganz wenig Ahnung, aber das kommt mir komisch vor. Wäre das nicht strategisch sehr ungünstig, wenn direkt neben dem Schützengraben der Wald anfängt? Da könnten sich doch jede Menge feindliche Guerilla-Kämpfer drin herumtreiben, ohne das man das mitbekommt. Und aus Filmen und so kenne ich Schützengräben auch nur in offenem Gelände.

Wieder ein Beweis für die Größe des deutschen Kaiserreichs! Wilhelminische Soldaten schlugen kein Loch in den Fels, sondern eine sauber gearbeitete rechteckige Tür!
Das war mir zu plump - so Leser, jetzt wisst ihr, wo ihr das ganze historisch einordnen müsst. Ich meine, ich bin schon interessiert daran zu wissen, dass das vor dem Hintergrund des ersten Weltkriegs spielt, aber ich hätte das gerne mit weniger Holzhammer vermittelt. Ich habe auf die Schnelle keinen Vorschlag, wie man das besser machen könnte, aber ich sage dir trotzdem meinen Eindruck davon.

Wie lange hatte er dass nicht mehr gerochen?
das

„Sind sie stumm?“, sagte er.
Sie als Anrede muss groß geschrieben werden. Der Fehler zieht sich durch den ganzen Text.

„Äh, moment. Ich verstehe nicht...“
Moment groß

Martin wischte sich einen Schweißtropfen aus dem Auge und bemerkte, dass er immer noch seinen Helm trug.
Ich glaube, es macht sich besser, wenn du die Figuren durchgehend beim Nachnamen nennst. Sonst ist man an der Stelle erst mal verwirrt, und fragt sich, wo dieser Martin plötzlich her kommt. In diesem militärischen Setting wirken Vornamen eher fehl am Platz, und generell finde ich es immer besser, wenn man sich für eine Variante entscheidet, und das nicht mischt.

„Wie gesagt, uns kommt bei diesen Fällen einiges komisch vor.“
Ich kann das nicht belegen, aber ich glaube, die Wortwahl ist zu modern, ich denke zu der Zeit hätte man "komisch" im Sinne von "lustig", aber nicht im Sinne von "merkwürdig" verwendet. Seltsam/eigenartig/verdächtig wären Alternativen, die besser passen, denke ich.

Martin faltete seinen Mantel mit ruhigen Bewegungen zusammen
Ich bin für Scharwächter, oder der Feldwebel.

Sein Gesicht strahlte eine Härte aus, die man fast fühlen konnte.
Wessen Perspektive ist das? Denkt das der Scharwächter von sich selbst? "Mein Gesicht strahlt eine Härte aus, die man fast fühlen kann"?

Herr Scharwächter, niemand bezweifelt ihre Leistungen für das Vaterland.
Wie gesagt, ich habe da nicht viel Ahnung, aber vom Gefühl her würde ich sagen, die würden sich da nicht die ganze Zeit mit ihren zivilen Namen anreden, eher mit dem militärischen Rang. Das muss aber nicht richtig sein, vielleicht kriegst du noch einen Kommentar von jemandem mit mehr Militärkenntnissen, der das kompetenter beurteilen kann.

Sie begreifen dass nicht.
das

Scharwächter sah ihn ausdruckslos an. Seine Augen glühten. „Hunde.“
Der sieht ihn ausdruckslos, aber mit glühenden Augen an?

Traurig blickte er in dem Himmel, auf dem sich die ersten Sterne abzeichneten.
den

Dass Maul war weit geöffnet und entblößte lange, vor Speichel glänzende Zähne.
das

Blumenthal riss den linken Arm vor das Gesicht und spürte einen kurzen Augenblick die feuchte Zunge des Wolfs. Dann biss er zu.
Das "er" ist nicht eindeutig, das könnte auch Blumenthal sein, der zubeißt.

„Oh, ganz toll!“, stöhnte er.
Kommt mir auch zu modern vor in dem Kontext.

Verdammt kommen sie heraus.
Komma nach verdammt

Martin stöhnte. „Ich hätte sie gleich töten sollen.“
Du musst dich echt für eins entscheiden, Vor- oder Nachname. Jedesmal, wenn das wechselt, bringt es mich raus.

Jetzt wusste er, wo die Soldaten waren.
Gefällt mir nicht so richtig als letzter Satz. Das ist irgendwie auch wieder sehr holzhammermäßig.

Grüße von Perdita

 

Hallo Unbeliever

Na, das ging ja fix mit deiner Geschichte :)

Der Wald hatte wieder damit begonnen, sein Gebiet zurück zu erobern. Von allen Seiten umschlossen ihn Bäume.

An solchen Stellen musst du aufpassen: das "ihn" im zweiten Satz bezieht sich hier auf den Wald, den du im Satz zuvor erwähnst. Dabei meinst du den Feldwebel. Da sind einige Male die Bezüge durcheinander, Perdita hat auch Stellen erwähnt, ich denke das liegt auch daran, dass du den Namen lange nicht erwähnst. So beginnt auch dein Text mit

Der Wind heulte durch den Graben, schnitt ihm ins Gesicht und ließ den Saum seines Mantels flattern.

Natürlich klingt das irgendwie geheimnisvoller, als wenn da jetzt "Feldwebel Scharwächter" stehen würde, und natürlich handelt es sich bei ihm in Wirklichkeit um einen Werwolf, und dann ist ein solcher Anfang vielleicht angebracht. Aber ich bevorzuge hier eher die Klarheit, daher gib dem Mann doch gleich zu Beginn seinen Namen, ich denke dann stolperst du auch nicht so über die Bezüge.

Die Äste griffen nacheinander, nur manchmal konnte man den grau verhangenen Himmel erkennen.

Das ist mir auch im ersten Absatz schon aufgefallen, diese Formulierung mit "man". Ich finde, die klingt nicht gut, so unpersönlich, obwohl du einen persönlichen Erzähler hast, das ist dann nicht optimal. Besser wäre hier: "nur manchmal konnte er den grau verhangenen Himmel erkennen"

Bei so Formulierungen wie "grau verhangen" - ich weiß, man stolpert da schnell rein, aber es sind halt so Standardformulierungen. In Romanen liest man das oft, und da fällt es vielleicht weniger auf, weil man den auch nicht unbedingt so seziert wie eine Geschichte auf dieser Seite hier :) aber du schreibst beispielsweise in den ersten Abschnitten von "dichter Nebelsuppe" und "milchigem Nebelschleier" - da muss man sich dann fragen, ob der "grau verhangene Himmel" noch gebraucht wird. Es muss ja am Ende auch ein stimmiges Bild geben, und ich weiß nicht, sieht man bei dichtem Nebel noch den grauen Himmel? Du versuchst hier natürlich eine gewisse Atmosphäre in den Text zu bringen, aber vielleicht übertreibst du es zu Beginn zu sehr, da ist manchmal weniger dann mehr. Gerade am Anfang eines Textes ist es ja wichtig, direkt in die Handlung einzusteigen.

Einmal hatte er geträumt, der Berg blute aus tausenden von Wunden, die ihm das Sperrfeuer zugefügt hatte. Der Gipfel hatte ausgesehen wie ein Totenschädel und war schließlich in einer Flut aus Staub und Blut zusammengestürzt.

Das hat mir gut gefallen. So etwas bringt auch mehr Stimmung in den Text als der dichte Nebel oder der graue Himmel.

Sofort umfing ihn die stickige Luft und der betäubende Geruch von Ersatzzigaretten.

Auch das ist mir aufgefallen, vor allem zu Beginn: an jedem Substantiv klebt ein Adjektiv. Da solltest du sparsamer mit umgehen.

„Äh...nein.

Leerzeichen hinter die Punkte machen.

Bei der Unterhaltung schwankt mir Scharwächter dann zu sehr von einem Extrem ins andere. Es beginnt so:

Er hatte den belegten Ton in seiner Stimme bemerkt, und verfluchte sich dafür. Vor was hatte er eigentlich Angst?

Da wirkt er eingeschüchtert. Das ändert sich dann aber schnell zu

Die letzten Worte brüllte er fast. Schweiß glänzte in seinen Bartstoppeln, seine Augen funkelten. Vier Jahre Kriegserfahrung ließen sich nicht auslöschen. Sein Gesicht strahlte eine Härte aus, die man fast fühlen konnte.

Da wirkt er aggressiv. Ich habe nicht ganz verstanden, woher diese Wandlung kommt. Falls das schon mit seiner Verwandlung zum Werwolf zu tun hat, kommt das hier zu wenig durch, aber ich würde das auch nicht unbedingt hier schon andeuten. Ich würde mich hier entscheiden: entweder durchgehend unterwürfig oder durchgehend angriffslustig. Momentan scheint beides durch, das wirkt nicht authentisch auf mich.

Herr Scharwächter,

Während meiner Zeit bei der Bundeswehr galt eine solche Anrede als grober Fehltritt. Ich hab da sogar mal einen ziemlichen Anschiss von einem Hauptmann kassiert, weil ich ihn "zivil" angeredet habe. Also entweder Rang und Name oder "Herr" und Rang. Keine Ahnung, ob das zu Zeiten des 1. WK auch schon so war, aber ich würde wetten, dass ja.

Das Streichholz beleuchtete kurz sein kantiges Gesicht, als er sie anzündete.

Auch das hat Perdita angesprochen und mit einer anderen Stelle belegt, hier passiert es auch, du wechselst hier - vermutlich unbewusst - die Perspektive. Aus Sicht von Scharwächter kann er selbst nicht sehen, wie das Streichholz sein Gesicht beleuchtet (und das kantig schon gar nicht).

Die drei Soldaten wurden nicht sichtbar erschossen. Artillerie- und Granattreffer hat's hier schon seit Jahren nicht mehr gegeben,

Ich wundere mich, dass die Jahre in ein- und demselben Schützengraben verbringen. Würden die nicht irgendwann weiterziehen?

Die Stelle mit Blumenthal fand ich dann spannend. Ich finde es gut, dass du einen Werwolf ins Spiel bringst, ich kenne da nur wenige Geschichten oder Bücher, die das Thema ernsthaft angehen. Trotzdem ist es natürlich genre-typisch, und ich finde, wenn man sich heute entscheidet, so eine Geschichte mit einem Werwolf zu schreiben, dann sollte man versuchen, die Perspektive da ein wenig zu verschieben, irgendeinen neuen Aspekt reinzubringen. So wie man das seit dem Dawn of the Dead Remake mit Zombies in diversen Spielarten versucht, oder wie Lindqvist das mit So finster die Nacht und den Vampiren gemacht hat, wo es immerhin gleich zwei Verfilmungen innerhalb kurzer Zeit gegeben hat. Ich hab mich selbst nie so intensiv mit dem Werwolf-Mythos beschäftigt, aber ich denke, auch da gibt es bestimmt noch Potential, das nicht so oft verwendet wurde - deine Geschichte folgt da recht konsequent den Genre-Regeln, bzw. deutet zumindest am Ende an, dass es manche Menschen kontrollieren können - aber das ist ein Aspekt, der sehr kurz kommt, vielleicht hätte es sich gelohnt, da tiefer einzusteigen und vielleicht das Verhalten innerhalb der Gruppe mehr zu thematisieren. Du bringst mit dem Oberleutnant einen Aussenstehenden hinein, der dann eben vom Wolf attackiert wird - man könnte das auch mehr aus der Perspektive der Wölfe schreiben.

Natürlich muss man nicht mit dem Anspruch an so eine Geschichte gehen, das Genre neu zu definieren - ist mehr so als "Schubser" für dich gedacht, was ich mir vorstellen könnte, in welche Richtung ein solcher Text auch gehen kann. Grundsätzlich aber, wie gesagt, finde ich das Thema gut gewählt.

Das Highlight für mich in der Geschichte war dann das Bild am Ende, die verwandelten Soldaten, die alle vor dem Bunker stehen - das finde ich stark. Da würde ich sogar den allerletzten Satz überlegen zu streichen - das ist eine Erklärung, die es nicht mehr braucht.

Alles in allem, Unbeliever, solltest du deinen Text nicht so schlecht reden. Am Stil kann man sicher noch arbeiten, aber das sind halt so Dinge - zu viele Adjektive, falsche Bezüge, Perspektivwechsel - die sich einschleichen wenn man vielleicht länger nicht geschrieben hat, die lassen sich mit ein wenig Routine und Arbeit ausbügeln. Ebenso bei der etwas überladenen Atmosphäre zu Beginn, da gilt es jetzt eben, die richtige Balance zu finden. Bei anderen Punkten, wie bspw. dem Setting oder dem Spannungsbogen hat der Text durchaus seine Reize und kann punkten, also alles in allem kann man da sehr gut drauf aufbauen.

Grüsse,
Schwups

 

Hallo Unbeliever,

Ich habe lange gezögert, ob ich sie reinstellen soll, weil ich sie immer noch für absolut misslungen halte.
Ja, wer hatte noch nicht damit zu kämpfen? Ich finde, je mehr man über das Schreiben lernt, desto höher werden auch die Ansprüche an die eigenen Geschichten. Das ist ja grundsätzlich nichts schlechtes, aber es kann eben auch Blockaden schaffen.
Ich kann dich aber beruhigen: Für absolut misslungen hielt ich sie nämlich absolut nicht.

Das Setting fand ich für solch eine Monstergeschichte schon mal ausgezeichnet. Hat mich an das Computerspiel Wolfenstein erinnert, das ich mal vor etlichen Jahren bei einem Freund gezockt habe. Da ging es, glaube ich, um Nazis, die zu Werwölfen werden. Natürlich ist es etwas vorausschaubar. Vampire? Werwölfe? Oder doch ein neu erfundenes Monster? Gut, es waren dann diese Werwölfe. Trotzdem fand ich alles sehr spannend. Die Szene, als Blumenthal im dunkeln kauert, diese Geräusche wahrnimmt und dann vor dieser Bestie steht. Da hat die Atmosphäre einfach gestimmt.

Einmal hatte er geträumt, der Berg blute aus tausenden von Wunden, die ihm das Sperrfeuer zugefügt hatte. Der Gipfel hatte ausgesehen wie ein Totenschädel und war schließlich in einer Flut aus Staub und Blut zusammengestürzt. Er war aufgewacht und konnte eine halbe Stunde nicht mehr aufhören zu husten. Das war in der Nacht, als sie den zweiten Toten fanden.
Den Textabschnitt habe ich mir auch gleich rausgezogen. Das beschreibt diese unbehagliche Umgebung einfach perfekt. Da könntest du dir auch einige weitere Beschreibungen sparen.

Er schrak zusammen als im Wald vor ihm ein Ast knackte.
, als

„Ein Wolf.“, dachte er resignierend, „Ein verfluchter Wolf.“
Der Punkt hinter dem ersten Wolf muss weg. Und nach resignierend geht es klein weiter. Schau dir nochmal die Dialogzeilen an. Davor ist mir auch schon was ins Auge gesprungen.

Die Haare um den Wutrand waren versengt und rauchten.
Wundrand? An dieser Stelle bin ich ohnehin hängengeblieben. Du hast ja beschrieben, dass die Baumwipfel eine dunkle Kuppel bilden, es ist Nacht. Sieht er da wirklich die versengten Haare? Noch dazu kommt, dass sich der Wolf ja entfernt hat und dass sein ganzer Arm zerfleischt ist und er wahrscheinlich total am Durchdrehen ist.

Die Grabenwände umschlossen ihn wie ein Sarg.
Wirklich zutreffen.:thumbsup:

„Bin ich tot? Ist das die Hölle?“
Ich war etwas verwirrt. Das ist mehr so etwas wie ein innerer Monolog, das spricht er nicht laut aus, oder? Für den Fall, dass ich mit der Vermutung richtig liege, würde ich die Sätze vielleicht eher kursiv darstellen.

Er war tot.
Das war mir dann irgendwie zu plötzlich. Auch dieser Dialog am Ende kam mir etwas zu gezwungen vor. "Pass auf! Hier kommt die Offenbarung! Ich habe extra noch auf dich gewartet, um dir das zu erzählen. Aber jetzt wird es langsam Zeit zu sterben. Für das Kaiserreich! Peace!"

Jetzt wusste er, wo die Soldaten waren.
Haben meine Vorredner ja schon angesprochen. Ich würde den auch streichen. Das Ende ist ohne ihn viel effektvoller.


Egal, du triebst mir mit deiner Geschichte auf jeden Fall einige Schauer über den Rücken.:)

Grüße
Hacke

 

Oh, so viel Feedback in so kurzer Zeit! Das ist echt schön!

Vorab an alle: Herzlichen Dank für's lesen, kommentieren und kritisieren!

Perdita:

Ich fand, das die Figuren ganz gut charakterisiert sind, und die Atmosphäre in der Geschichte ist stellenweise ziemlich unheimlich.

Speziell letzteres freut mich unheimlich (Hach, was für ein schönes Wortspiel) Ich liebe Horror in Filmen und Büchern. Und mein größtes Ziel ist es, andere zumindest etwas zum gruseln zu bringen.
Toll, dass das bei dir so angekommen ist!

Mit dem Titel hast du recht. Den werde ich evtl. noch abändern.

Wäre das nicht strategisch sehr ungünstig, wenn direkt neben dem Schützengraben der Wald anfängt?

Ich habe mich im Vorfeld der Geschichte wieder mal zu Tode recherchiert. Das ist auch so ein Problem von mir. Ich denke ständig über den Hintergrund nach, recherchiere, lese Fachbücher usw. Bis ich die Geschichte irgendwann gar nicht mehr schreiben kann und möchte. Hier habe ich mich endlich überwunden, und die Story in einem Gewaltakt herunter geschrieben, ohne auf meinen inneren Recherche-Professor zu hören. Das man dann über Logik-Fehler stolpert, war fast abzusehen.

Also zur Erklärung: Die Front, die ich beschreibe, soll die auf dem Hartmannsweilerkopf sein. Das ist ein Berg im Elsass, am Fuße der Vogesen. Dieser Berg war aufgrund seiner strategisch günstigen Position im 1. Weltkrieg schwer umkämpft. Allerdings nur bis Mitte 1916. Dann erkannte sowohl Frankreich als auch Deutschland, dass man einen Sieg einfach nicht erreichen konnte, und beide Seiten gruben sich ein. Die Gräben verliefen tatsächlich auf dem Berg und durch waldreiche Gebiete. Und bis zum Ende des Krieges blieb es einer der ruhigsten Abschnitte überhaupt. Beide Seiten belauerten sich zwar, und warteten auf den Fehler des jeweils anderen, aber zu großartigen Gefechten kam es nicht mehr. Das Leben schreibt manchmal wirklich die merkwürdigsten Geschichten.... Wenn man googlet, findet man zu dieser Front recht eindrucksvolle Fotos.

Das war mir zu plump - so Leser, jetzt wisst ihr, wo ihr das ganze historisch einordnen müsst.

Der Absatz ist komplett draußen. Hat mir auch nicht mehr gefallen.

Du musst dich echt für eins entscheiden, Vor- oder Nachname.

Hab ich gemacht. Es sind jetzt die Nachnamen und die militärischen Ränge. Ich hatte da Angst vor Wiederholungen und hab' deshalb so mit den Namen jongliert. Gut, dass du mich darauf hingewiesen hast. Den Namen einfach beizubehalten ist in Ordnung. Das musst mir erst mal wieder klar gemacht werden.

Deine anderen Hinweise habe ich eingearbeitet. Vielen Dank für dein Feedback! Hat mich sehr gefreut! Werde dir bald was zurück geben, und deine Geschichten kommentieren!

Schwups:

Na, das ging ja fix mit deiner Geschichte

Sie war eigentlich schon vor zwei Wochen fertig. Aber ich hab' ihr immer noch nicht getraut. Aber meine Zweifel sind erst mal weg. Momentan läuft's wieder.

daher gib dem Mann doch gleich zu Beginn seinen Namen

Erledigt ;) Und auch ansonsten bin ich bei den Nachnamen und militärischen Rängen geblieben. Hoffe, es wird jetzt ein wenig klarer.

ob der "grau verhangene Himmel" noch gebraucht wird.

Berechtigter Einwand. Er ist weg ;)

an jedem Substantiv klebt ein Adjektiv. Da solltest du sparsamer mit umgehen.

Vielleicht hätte ich im Vorfeld weniger Böll lesen sollen? :D

Ich habe nicht ganz verstanden, woher diese Wandlung kommt. Falls das schon mit seiner Verwandlung zum Werwolf zu tun hat, kommt das hier zu wenig durch, aber ich würde das auch nicht unbedingt hier schon andeuten.

Das sollte tatsächlich seine Verwandlung andeuten. Aber es stimmt, es ist zu vage. Wie ich das ändere, überlege ich mir noch...

entweder Rang und Name oder "Herr" und Rang

Hätte mir aus meiner Bundeswehrzeit auch noch im Gedächtnis sein müssen. Aber die Zeit hab' ich wohl verdrängt ;) Ist geändert.

du wechselst hier - vermutlich unbewusst - die Perspektive

Mehr ungeschickt als unbewusst. Aber ich habe diese Teile jetzt umgeschrieben, und hoffe, dass sie klarer werden.

Ich wundere mich, dass die Jahre in ein- und demselben Schützengraben verbringen. Würden die nicht irgendwann weiterziehen?

Ich weiß, ich habe wie ein Irrer recherchiert, und das dann ganz schlecht in der Geschichte untergebracht. Zur Erklärung siehe meine Antwort an Perdita.

wenn man sich heute entscheidet, so eine Geschichte mit einem Werwolf zu schreiben, dann sollte man versuchen, die Perspektive da ein wenig zu verschieben,

Das kommt noch, versprochen! Ich habe wahnsinnige Lust, noch weitere Werwolf-Geschichte zu schreiben. Ich finde auch, dass man aus dem Thema noch jede Menge rausholen kann. Auch wenn's mir hier noch nicht so gelungen ist.
Aber ich werde das Thema bestimmt demnächst mal wieder aufgreifen und dann versuchen, einen anderen Dreh hinein zu bringen.

Da würde ich sogar den allerletzten Satz überlegen zu streichen

Das haben alle bemängelt. Er ist gestrichen ;)

solltest du deinen Text nicht so schlecht reden

Es wird schon besser ;)

Bei anderen Punkten, wie bspw. dem Setting oder dem Spannungsbogen hat der Text durchaus seine Reize und kann punkten

Das freut mich. Vor allem, dass du den Spannungsbogen gut findest. Die Geschichte entstand nämlich ohne Plotstruktur. Quasi in der Art von Stephen King hingesetzt, drauf los geschrieben und geschaut, was passiert.
Normalerweise mache ich das nicht gerne. Aber hier brauchte ich es. Ich musste mich von meinen eigenen Zweifeln „davon schreiben“.
Das dabei noch was brauchbares herausgekommen ist, freut mich sehr.

Danke für dein wie immer äußerst hilfreiches Feedback! Hat wirklich weitergeholfen!

Hacke:

Für absolut misslungen hielt ich sie nämlich absolut nicht.

Also vielen Dank! Das freut mich echt, dass sie auch bei dir nicht so schlecht weggekommen ist.

Das beschreibt diese unbehagliche Umgebung einfach perfekt.

Danke. Das ist Balsam für eine gebeutelte Schreibseele ;)

Wundrand? An dieser Stelle bin ich ohnehin hängengeblieben.

Berechtigter Einwand. Da hab' ich nicht aufgepasst. Ich hab es jetzt umgeschrieben. Mal sehen, wie es wirkt.

würde ich die Sätze vielleicht eher kursiv darstellen.

War auch ein Flüchtigkeitsfehler. Hab's geändert, danke!

Auch dieser Dialog am Ende kam mir etwas zu gezwungen vor. "Pass auf! Hier kommt die Offenbarung! Ich habe extra noch auf dich gewartet, um dir das zu erzählen. Aber jetzt wird es langsam Zeit zu sterben. Für das Kaiserreich! Peace!"

:D Cool geschrieben! Ja stimmt, dass ist plump. Ich hab' es Schwups schon geschrieben: Die Geschichte entstand in einem Rutsch ohne lange Vorplanung. Ich musste es diesmal so machen. Sonst hätte ich wieder nichts zu Papier gebracht.
Die nächste Geschichte, an der ich arbeite, ist wieder stärker geplant. Mal schauen, was daraus wird'.

Egal, du triebst mir mit deiner Geschichte auf jeden Fall einige Schauer über den Rücken.

Dass ich das geschafft habe, freut mich wahnsinnig! Super, dass du Spaß hattest! Und vielen Dank für deine hilfreiche Kritik! Ich revanchiere mich in Kürze bei dir!

 
Zuletzt bearbeitet:

Hallo Unbeliever,
ich möchte gern auch noch meinen Senf dazugeben. Will ich schon lang machen, nur die Zeit hats nicht zugelassen, die dumme.
Aber erst mal muss ich sagen, ich find das total sympathisch, wie offen du mit deiner Zweifelei umgehst. Und die Schlussfolgerung ist absolut vernünftig. Ich merk das ja grad selbst, ich komm überhaupt nicht zum Schreiben. Und wenn man es dann mal versucht, ach je, das ist dann was.
Aber eins muss ich auch loswerden, mach ma deine Geschichte nicht so schlecht. Wieso soll die misslungen sein? Ich glaub, da hat Bruder Zweifel dir die Feder geführt. :)
Da sind sehr gute Stellen drin in deiner Geschichte und paar Nickligkeiten, was solls, die kann man ja überarbeiten. Ich fand das Thema jetzt zwar nicht neu von den Werwölfen her, aber die im ersten Weltkrieg anzusiedeln, das gefiel mir ganz gut. Ich fand es spannend und hab es gern gelesen. Besonders der Schluss geht gut zur Sache.

Du hast ja schon eine Menge überarbeitet, hier sind meine Anmerkungen:

Der Wald hatte wieder damit begonnen, sein Gebiet zurück zu erobern. Die Äste griffen nacheinander und zwischen den schwarzen Stämmen lag eine dichte Nebelsuppe.
Unabhängig von der Frage, ob Schützengräben des 1. Weltkriegs am Wald gebaut wurden, stimmt die zeitliche Zuordnung für mich hier nicht und es klingt umständlich: hatte wieder damit begonnen zurückzuerobern ...
Also ich würd das umformulieren. Auch die Äste, die nacheinander griffen.
Auch das wirkt ein bisschen unbeholfen auf mich.

Einmal hatte er geträumt, der Berg blute aus tausenden von Wunden, die ihm das Sperrfeuer zugefügt hatte. Der Gipfel hatte ausgesehen wie ein Totenschädel und war schließlich in einer Flut aus Staub und Blut zusammengestürzt.
das ist gut

„Ich bin Oberleutnant Blumenthal von der geheimen Feldpolizei.“
Scharwächter sah ihn an. „Geheime Feldpolizei?“ Sein Bein brannte und er schwitzte.
Der Oberleutnant verzog die dünnen Lippen. „Sind Sie stumm?“, sagte er.
fragte er
Und wenn du „Geheime Feldpolizei?“ das hier so in Anfühungszeichen setzt, dann denkt man natürlich, er redet und wundert sich, dass der Oberleutnant ihn fragt, ob er stumm sei. Wär besser, ihn das denken zu lassen.

Er seufzte. „Ich komme ihm Auftrag der obersten Heeresleitung.
im

Von ihnen erwarte ich in diesem Fall vollste Kooperation. Haben Sie Fragen?“
Ihnen

Langsam löste er den Riemen, achtete darauf KOMMA keine Barthaare mitzureißen KOMMA und nahm ihn vom Kopf.

„Meine Männer erledigen ihren Dienst korrekt. Und hier ist es schon seit Jahren ruhig. Wer soll denn meutern?“
Wieso sind die denn dann noch da? Mein Einwand geht in dieselbe Richtung wie Einwände vorhergehender Kommentatoren.

Der Oberleutnant nickte. „Glauben sie, wir wissen dass nicht? Hier passiert so gut wie gar nichts. Darum ist es umso alarmierender, wenn wir ungewöhnliche Meldungen bekommen.“
Sie
das

„Sein Füller sah sehr teuer aus. „Die Umstände bei diesen Verlusten waren sehr merkwürdiger Art.“
zweimal sehr, folgt mir zu dicht aufeinander, brauchts ja auch gar nicht. Der Eindruck passt ja so schon gut.

Die letzten Worte brüllte er fast. Schweiß glänzte in seinen Bartstoppeln, seine Augen funkelten. Vier Jahre Kriegserfahrung ließen sich nicht auslöschen.
Schwups schrieb das auch schon. Ich glaube, du hasts schon überarbeitet, mir geht die Wandlung immer noch ein bisschen zu schnell. Bin einfach hängengeblieben

Blumenthal sah den Feldwebel an. Sein Gesicht strahlte eine Härte aus, die man fast fühlen konnte. Ein anderer Vorgesetzter hätte bei diesem Tonfall ein Disziplinarverfahren verhängt oder den Feldwebel vielleicht sogar einsperren lassen. Wenn er es nur gekonnt hätte!
Sein Gesicht strahlte Härte aus. Ich fragte mich kurz, wessen Gesicht. Und passt irgendwie nicht von der Perspektive her.

Und auch wenn sie es nicht glauben wollen, ich habe in meiner Tätigkeit fast jeden Abschnitt dieser Front gesehen. Ich weiß KOMMA wie es aussieht, dieses Gesicht des Krieges. Und drei tote Soldaten sind sicher tragisch, aber nicht auffällig.
Sie

„Nein, finde ich nicht.“, antwortete er. Sein Tonfall war ruhig, fast lauernd.
Blumenthal atmete hörbar aus. „Sollen wir so weiter machen?“
„Nein. Es wäre besser, Sie gehen wieder.“ Er ließ ein schadenfrohes Grinsen sehen. „Hier gibt's nichts zu untersuchen. Und ich glaube KOMMA niemandem hier passt's, wenn Sie in ihrer geschleckten Uniform hier rum' schnüffeln.“ Er zog eine Zigarette aus der Brusttasche. Ein Streichholz flammte auf.
Der Oberleutnant zog die Lippen wie ein beleidigtes Kind nach unten. „Hören Sie mal! Ich bin ihr Vorgesetzter. Und wenn Sie nicht kooperieren, dann...“
„Verhaften Sie mich?“ Er blies den Rauch aus.
Ein Stöhnen und Kopfschütteln kam als Antwort. „Sie begreifen das nicht. Ich will hier niemandem auf die Füße treten. Und verhaften will ich hier nur einen.“
Im Unterschied zu sonst, wo ich die Charakterisierungen ganz gut fand, gefielen mir die Vergleiche hier nicht so. Der Blumenthal kam mir gar nicht vor wie ein beleidigtes Kind. Und unklar ist mir insgesamt die Perspektive.


„Verraten Sie mir dann auch, wie sie auf diesen Quatsch kommen? Sie wissen, was dass ist hier ist! Hierher kommen die Verletzten und verlegte Truppen zum ausruhen.
Sie
das
Ausruhen

„Nun, ich habe hier ihre Meldung an das Oberkommando.“, antwortete er
Ihre
Und die wörtliche Rede niemals mit einem Punkt abschließen, wenn die Redeformel danach weitergeht. Das Fragezeichen darf stehen, das Ausrugezeichen auch, der Punkt nicht.

So leider krumpelt die Zeit schon wieder an mir rum.

Die Motive, warum Blumenthal so gern den Mörder aufspüren will, das fand ich ganz gut nachvollziehbar erzählt. Das hat mir eingeleuchtet.
Und wie gesagt, das Ende ist toll.

Bis denn mal wieder und schreib schön weiter. Hat Spaß gemacht, deine Geschichte.

Vielleicht pack ichs ja auch mal wieder.
Viele Grüße von Novak

 

Hallo Novak,

herzlichen Dank für dein Feedback und deine Korrekturen.

Ich glaub, da hat Bruder Zweifel dir die Feder geführt.

Das tut er immer, egal was ich schreibe. In der Alltags-Rubrik hab ich eine Geschichte reingestellt, in der ich versucht habe, das ein wenig zu verarbeiten.

Deine Verbesserungen habe ich alle übernommen. Danke dafür!

Wieso sind die denn dann noch da? Mein Einwand geht in dieselbe Richtung wie Einwände vorhergehender Kommentatoren.

Ich weiß, es kommt nicht wirklich raus in der Geschichte. Aber auf dem Hartmannsweilerkopf lagen sich Deutschland und Frankreich wirklich jahrelang
gegenüber, ohne nennenswert zu kämpfen. Abziehen konnte aber auch niemand, dafür war der Berg strategisch zu wichtig. Das war quasi eine Pattsituation.

Hat Spaß gemacht, deine Geschichte.

Freut mich sehr, dannke! Und hilft vielleicht, dass der innere Kritiker stiller wird.

Liebe Grüße
Unbeliever

 

Hallo Unbeliever,

mir hat Deine Geschichte sehr gut gefallen. Hat Stimmung und ist spannend erzählt.

Vermutlich Deinem spontanen, "plotlosen" Ansatz zu verdanken hat die Geschichte den Perspektivenwechsel vom Feldwebel auf den Oberleutnant nach dem Disput im Bunker. Meines Erachtens hättest Du mehr rausholen können, wenn Du von Anfang an aus der Sicht des Oberleutnants erzählt hättest. Dessen erste Eindrücke von der Atmosphäre in dem Gräben wären frischer als die des Feldwebels, für den das Alltag ist. Das Verhalten und die beginnende Veränderung des Feldwebels hättest Du durch die Augen des jungen Oberleutnants beschreiben und durch seine Gedanken charakterisieren können. Und wenn der junge etwas schüchterne Kerl mit seinem 4711 und seinem Füller den alten Haudegen in dem schwachen Bunkerlicht das erste Mal sieht, hat das auch mehr Potenzial für Gruselstimmung als andersrum.

Das nur als Gedanke für die nächsten Geschichten :-)

Weiter so und viele Grüße

von w140,

der noch immer an seiner ersten Geschichte herum bastelt.

 

Hallo Unbeliever!

Gleich vorweg, ich fand deine Geschichte richtig gut. Deine bildreiche Sprache hat mich mitten ins Geschehen gezogen. Die Charaktere haben mich überzeugt. Und es war wirklich gruselig. Was will man mehr?

W 140 hat das man dem Perspektivenwechsel schon angesprochen. Ich bin derselben Meinung. Auch würde der Feldwebel etwas mysteriöser daher kommen. Aber gut, vielleicht wäre dadurch das Ende vorhersehbarer ...


„Die Oberste Heeresleitung hat Grund zu der Annahme, dass es an diesem Frontabschnitt zu Fällen von Aufruhr und Meuterei gekommen ist. Diese Fälle werde ich untersuchen und die nötigen Konsequenzen ziehen. Von Ihnen erwarte ich in diesem Fall vollste Kooperation. Haben Sie Fragen?“

Haben sie Fragen find ich hier zu höflich, eher verstanden oder gar nichts

„Meine Männer erledigen ihren Dienst korrekt. Und hier ist es schon seit Jahren ruhig. Wer soll denn meutern?“

Wer soll den meutern würd ich weglassen. Überhaupt enden hier die Dialoge oft mit Fragen. Der Feldwebel sollte m.M.n gar nicht groß darauf eingehen.

Mag sein, dass man das im Büro nicht so sieht, aber das ist nicht meine Schuld!“ Die letzten Worte brüllte er fast.

Ich fänds besser, wenn er es durch die Zähne sagt, brüllen kann ich mir hier nicht vorstellen

Und Sie auch, geben Sie's zu.“

zu!

Er rollte mit den Augen. „Gehen sie mit jedem so um?“
„Nein, nur mit ihnen.“

Würd ich weglassen, les es mal ohne ...

Dieser arrogante Feldwebel konnte sich eine Menge einbilden auf seine tollen Kriegserfahrungen

tollen klingt nicht gut, würd ich streichen

Die Kälte kroch durch seine Stiefel und wanderte langsam an seinen Beinen hoch. Er schrak zusammen, als im Wald vor ihm ein Ast knackte. Franzosen? Wenn der Feldwebel nun Recht hatte mit den Hunden? Er spürte einen Klumpen im Magen und horchte. Es blieb still. Nur der Wind, der geisterhaft durch die Äste wisperte. Langsam normalisierte sich sein Herzschlag wieder. Sollte er rufen? Das wollte er lieber nicht riskieren. Vor ihm ragte der Holzwall, schmutzig, aber stabil. Dahinter nur Wald. Franzosen. Und vielleicht etwas schlimmeres?[/
I]

guuuuut

Alles war egal. Er würde kotzen und dann sterben. Da sah er die Pistole. Es war unglaublich. Sie lag in Griffweite neben ihm. Eine unglaubliche Freude breitete sich in ihm aus.

Meine Lieblingstelle ... aber etwas zu unglaublich

„Tiere. Menschen. Ah, ich weiß nicht. Manche können's kontrollieren. So einer bin ich geworden. Die anderen... Sie sind viel wilder. Die haben die drei von uns geholt. Ansonsten haben wir uns nur bei den Franzosen bedient.“

Ich find's prima, wie sich das auflöst. Find's überzeugend.


Und leuchtende gelbe Augen wohin man sah.

... leuchtende, gelbe Augen blickten ihn an., fänd ich besser


Die Sache mit deinem inneren Zwist ... Vielleicht sollte man sich klarmachen, was man mit dem Schreiben eigentlich bezwecken will.

Sei so gut und hör auf damit, denn ich hab echt bock auf ne neue Horrorstory von dir!

Grüße,
Cybernator

 

Hallo w140 und cybernator,

vielen Dank für eure Kritik und das Lob. Hat mich riesig gefreut.

w140:

hättest Du mehr rausholen können, wenn Du von Anfang an aus der Sicht des Oberleutnants erzählt hättest.

Ich hatte auch kurz überlegt, aus der 1. Person zu erzählen. Aber da bin ich nicht sicher genug. Wenn da der Ton nicht passt, kann man viel kaputt machen.

der noch immer an seiner ersten Geschichte herum bastelt.

Ich bin gespannt!

Danke für dein Feedback

cybernator:

Überhaupt enden hier die Dialoge oft mit Fragen.

Berechtigte Kritik. Gut beobachtet, danke dafür!

Meine Lieblingstelle ... aber etwas zu unglaublich

Haha, da kritisier ich das bei dir, und dann mach ich den gleichen Fehler. Aber nobody's perfect ;)

Vielleicht sollte man sich klarmachen, was man mit dem Schreiben eigentlich bezwecken will.

Gute Frage von dir. Natürlich will ich unterhalten. Und mein Traum ist, irgendwann mal eine recht klassische Suspense-Geistergeschichte hinzukriegen, die wirklich beunruhigt. "The Haunting of Hill House" ist immer noch eines meiner größten Vorbilder. Aber vielleicht sind das auch zu große Fußstapfen.
Das die Geschichte aber vielen gefällt, gibt mir auf jeden Fall Auftrieb. Ich freue mich auch sehr, dass du Spaß hattest.

Sei so gut und hör auf damit, denn ich hab echt bock auf ne neue Horrorstory von dir!

Nicht zuletzt durch solche tollen Rückmeldungen schreibe ich momentan fleißiger als jemals zuvor. Es kommt bald was neues, versprochen.

Herzlichen Dank für's lesen und kommentieren!

Liebe Grüße
Unbeliever

 
Zuletzt bearbeitet:

Hallo "Ungläubiger"!

Ich beginne mal mit den paar Dingen, die mir so aufgefallen sind. Zunächst einmal, weiß jemand der sich nicht mit Geschichte auskennt, wahrscheinlich nicht wirklich, dass diese Geschichte während dem 1sten Weltkrieg spielt (das tut sie doch?). Wird zumindest nie erwähnt (oder hab ich was übersehen?). Und etwas geht mir auch nicht mehr aus dem Kopf - du beschreibst einen Frontabschnitt, an dem schon jahrelang nicht mehr gekämpft wird; es also immer ruhig ist. Wie kann man dann MG-Feuer hören und warum sind die Franzosen so nahe dran? Das gibt mir Rätsel auf ;)
Aber nun zu dem erfreulicheren Teil meiner Kritik: Ich finde, du hast es vor allem während der 1sten Hälfte gut bis sehr gut geschafft, die nötige Stimmung einzufangen und aufzubauen. Kam bis auf schon erwähnten Einspruch sehr gut rüber - ich wollte (musste) unbedingt weiterlesen. Also: Dein Stil wirkt schon sehr ausgereift. Sind schöne Beschreibungen in der Geschichte. Auch die Dialoge am Anfang der Geschichte sind sehr überzeugend und tragen für mich sehr zur Glaubwürdigkeit der Geschichte bei.
Aja: Fehlersuche, im Sinne von Rechtschreibfehlersuche habe ich keine betrieben, da ich hierfür nicht der richtige Ansprechpartner bin. Mir geht es immer nur um den Inhalt. Und der ist ja recht gut. Der wäre sogar noch um einiges besser, wenn der Titel nicht unbedingt "Blutgier" wäre. Auch, und jetzt kommts: Gegen Ende der Geschichte kommt es mir so vor, als hättest du keine rechte Lust mehr gehabt. Was ich sehr schade finde. Die Formulierungen werden knapper und das Ende ist für mich ein wenig unbefriedigend. Und das obwohl ich die Story wirklich mag - zumindest die erste Hälfte davon. Zwar sind auch das Thema und der gewählte Schauplatz nichts Neues - hab ich schon mal einen ähnlichen Film gesehen, aber wenn du versuchen würdest, dir mit der Auflösung der Geschichte etwas mehr Zeit zu lassen und speziell das letzte Drittel der Geschichte etwas subtiler angehen würdest, könnte das Ende ziemlich rocken - denk ich. So: Ich hoffe, mein Beitrag bringt dir was! Ich jedenfalls wünsche dir alles Gute und lass er krachen. ;)

Liebe Grüße, Mirkoo

 

Hallo Unbeliever,
es ist ja schon sehr viel zu Deiner Geschichte gesagt worden, aber ich möchte trotzdem meinen Senf dazugeben. Der Titel ist ein bißchen reisserisch, aber was soll's, er soll ja schließlich neugierig machen. Was mir besonders gefällt, ist der wirklich erstaunliche Detailreichtum, der für eine außerordentlich dichte Atmosphäre sorgt, die für eine Werwolfstory nun mal unverzichtbar ist. Die Dialoge sind gelungen, und die Idee, sowas zwischen Schützengräben, Unterständen und Wäldern anzusiedeln, finde ich klasse. Weiter so!
atmosphärische Grüße
Harry

 

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