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Blutengel

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03.10.2020
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Blutengel

Marianne wird nicht verstehen, was in Halle 5 geschehen ist.
Mein Unterkiefer zittert. Langes Schweigen zwischen uns. Ich warte auf den geeigneten Zeitpunkt. Vielleicht fühle ich mich danach besser. Sie sitzt starr auf ihrem Stuhl. Neben Isabell. Wie mir fehlen ihr die Worte. Ihre Augen geweitet, fixiert auf mich. Sie wartet darauf, dass ich ihr gestehe, dass ich irgendetwas sage. Oder dass ich Isabell auf den Arm nehme und aus der Wohnung verschwinde. Henry, fleht sie stumm.
Das Licht ist gedimmt. Auf dem Tisch liegt eine Zeitung. Ich kann die Schlagzeilen nicht erkennen. Sie sind verschwommen, die Buchstaben aufgequollen. Habe ich meinen Kaffee verschüttet? Nein. Die Tasse steht vor mir, warm gegen meine Hand. Geruch von frisch gemahlenen Bohnen. Dampf steigt auf. Im Licht der nackten Glühbirne sieht er aus wie der Nebel vor dem reifbeschlagenen Fenster. Dunst in meinem Kopf. Primakov im Kaffee.

Was hat Isabell von sich gegeben? Da war doch ein Geräusch. Isabell ist meine Tochter. Bei ihr bin ich mir sicher, dass sie mich liebt. Ich habe es nicht richtig gehört, weil ich mich nicht konzentriert habe. Wenn sie auf sich aufmerksam machen wollte, muss es wichtig sein. Woran habe ich gedacht? An Halle 5? Ich muss endlich den Knebel in meinem Mund loswerden.
Mir ist kalt. Mein Atem geht in Wolken. Nein, es ist nur der Kaffee. So kalt ist es nicht. Das Fenster ist zu, ich kann den Nebel dahinter sehen. Regungsloses Grau. Das gelbliche Rund einer Straßenlampe verleiht ihm ein Gesicht. Geduldig wartet die Nacht auf meine Beichte. Das Grau hinter dem Fenster schleicht sich in den Raum. Die Birne über mir knackt. Für einen Moment sitze ich im Dunkeln. Stromausfall. Dann wird’s wieder hell. Nur langsam und zögernd kehrt das Licht zurück.
Vielleicht kann ich ihr nur in diesem dunstigen Halblicht erklären, was mir fehlt. Vielleicht fällt es mir leichter, weil mein Gesicht jetzt versteckt ist. Aber deswegen fürchtet sie sich. Weil ich mir den Schmerz und die Dunkelheit wie eine Kapuze über den Kopf gezogen hab. Ich glaube, wenn ich es ihr sage, hat sie weniger Angst.
Schatten an den Wänden. Die Bilder sind gähnende Rechtecke, die mich in die Irre führen. Sie sind Tunnel in meinem Kopf, alle enden in dieser Nacht, an diesem Tisch, in diesem Moment. Die Tür zur Küche ist angelehnt. Tropfender Wasserhahn. Plitsch. Sag etwas. Platsch. Sag nichts.

Ich muss es ihr jetzt sagen!

Wir haben keine Lampe mit Dimmer. Wieso ist das Licht so gedimmt? Ich sitz am Tisch und lade den Revolver. Er gehörte meinem Vater. Ein alter Sechsschüsser. Die Trommel ist ausgeschwenkt. Patronen liegen auf der gefalteten Zeitung. Sechs Patronen und meine Finger greifen nach der zweiten. Schlagzeile: Aktivisten malen blutigen Engel an Schweinemastbetrieb. Ich schiebe die Patrone zur ersten in die Trommel. Niemand sagt etwas. Ich greife nach der dritten Patrone. Meine Finger zittern.
Halt! Stopp! Ich rühre Zuckerwürfel in meinen Kaffee! Es ist nur der Zucker und ein Löffel und die Tasse mit der Schnauze wo draufsteht: Ich hab den saucoolsten Dad der Welt. Marianne hat gefragt, wo ich die her hab. Ich weiß nicht wieso, denn Isabell hat sie mir zu Weihnachten geschenkt.
Ich muss an all die Jahre vorher denken. Mich erfüllt eine kalt pochende Leere. Rote Blitze hinter meiner Stirn, verzerrte Irrlichter in der Finsternis. Zäh fließt die Zeit dahin. Mündet in einen See aus schwarzem Eis, bildet Schichten aus gefrorenem Schmutz. Diese Jahre sind in mir ausgeblutet und erstarrt. Wie die Schweine, die ich mit dem Bolzengerät erschoss.

Ich hab meine Familie an Heiligabend nicht getötet. Auch an keinem anderen Tag. So einer bin ich nicht. Das bringe ich nicht mal in meiner Vorstellung übers Herz. Obwohl ich mein Hirn schon auf der Tapete kleben sah. Stattdessen bin ich losgefahren, zur Tankstelle an der A5. Den Revolver hab ich im Safe im Schlafzimmer gelassen. Manchmal, wenn ich wach neben Marianne im Bett lag, hoffte ich, sie würde sich zu mir drehen und mich nach der Kombination fragen, um all dem ein Ende zu bereiten.
Die Zeitung les ich noch. Die heutige Ausgabe liegt neben mir auf dem Beifahrersitz und flattert wie ein toter Vogel im Wind. Ich hab das Fenster einen Spalt heruntergekurbelt, weil ich mich selbst nicht riechen kann, weil ich nach der Vergangenheit stinke.
Mariannes Eltern wohnen im Kaff auf dem Land. Lange Strecke über schlecht beleuchtete Straßen. Vereinzelt Häuser wie fallengelassene Bauklötze in der Nacht. Vor mir der Wald. Ich fahre hinein. Schwerbeladene Äste schaben übers Dach. Scheinwerfer kämpfen gegen die verschneite Dunkelheit. Schneiden Schneisen durch die dicht stehenden Tannen. In ihrem Licht meine Gedanken. Alles wird gut. Ruhig Blut. Sie wird da sein, hat dich vermisst.
Die Reifen rutschen und quietschen auf dem spiegelglatten Untergrund. Schneeverwehungen reißen am Steuer. Muss langsam fahren. Bin vorhin schon ins Feld geschlittert. Ich spüre eine unsichtbare Kraft, die mich davon abhalten will, mein Ziel zu erreichen. Weihnachten bei den Schwiegereltern. Wenn ich nicht so ein Unmensch wär, hätt ich den Revolver mitgebracht.

Wenn Muttersäue pissen, stellen sich die Ferkel drunter. Sie können sich sonst nirgends baden. Mir hat mal einer erzählt, er habe beim Wichsen an die Besamung von Schweinen gedacht. Ob das abartig sei, hat er gefragt und sein Lachen staute sich im verqualmten Pausenraum. Später hat er ein Ferkel zertreten und mit dem Blut an seinen Stiefeln einen Engel in den Schnee gemalt.
Eine Muttersau bläht quiekend und grunzend den Rüssel, wenn man sie in die Flanke tritt. Man macht das, um die toten Ferkel unter ihr hervorzuziehen. Und wenn sie mit ihren roten Schweineaugen beobachtet, wie man ihre Kinder in einen stinkenden Plastikeimer wirft, zu all den Innereien und dem Kot, versucht sie aufzustehen, obwohl sie das nicht kann. Jedes Gatter ist stärker als der höchste Wille. Dieses Gatter ist meine Macht. Weil ich schon so lange darin gefangen bin, weiß ich es mir zu Nutzen zu machen. Gleichzeitig ist es mein Untergang. Während ich darauf warte, eines Tages selbst zur Schlachtbank geführt zu werden, hoffe ich, du vergibst mir, Isabell.

Seit ich aus dem Knast raus bin, kommt die Erinnerung bruchstückhaft zurück. Ein Nervengift. Schlimmer noch als Alkohol. Habe jemanden zum Krüppel geschlagen, damals bei dieser Tankstelle an der A5. Wollte nur meinen Primakov. Der andere den Streit. Wieso ich ihn halb tot geprügelt und getreten hab, kann ich nicht sagen. Da bleibt ein schwarzer Fleck. Vielleicht habe ich es aus Selbstschutz verdrängt. Oder gerade deswegen getan.
Der Haftantritt war die Hölle. Nach knapp zehn Stunden verlegten sie mich in den Krankentrakt. Ununterbrochen Kotzen und Schüttelfrost. Der Primakov und der Mief von Halle 5 siechten mir aus den Poren und vergifteten das Zimmer. Das Fenster trotz eisiger Temperaturen stets gekippt. Wenn jemand nach mir sah – immer mit Maske. Meinen Bettnachbarn mussten sie verlegen. Konnte nur meinen Kopf von der Bettkante hängen lassen. Würgte all den Hass und die Wut und die erstarrten Jahre in einen Eimer, bis lediglich erlösende Apathie übrigblieb.
Ich bekam Druckstellen vom Rumliegen. Jeden Tag warfen sie mir ein Tupperware Tabletten in den Rachen. Sobald ich wieder gehen konnte, schob ich diesen Tropf mit mir rum, dessen quietschende Räder mir den Schädel mit einer Kreissäge spalteten. Marianne hat mich besucht, aber Isabell war nie dabei. Jedes Mal dachte ich, es sei das letzte Mal, weil sie weinte und schrie und mich verfluchte und mit der Faust gegen das Glas zwischen uns donnerte. Ein dumpfes Gewitter, das weit entfernt vorüberzog.

Nach meinem Umzug in den Hauptflügel ist alles beim selben geblieben. Zurück in eine Welt aus Stahl, Gitter und Beton. Eingesperrt in einem Meer aus Gestank, den mein widerlicher Zellennachbar absonderte. Sein Schnarchen klang wie das Quieken der Schweine und erfüllte den Trakt. Am liebsten hätte ich ihn abgestochen oder einen Bolzen durch den Schädel gejagt. Mit anderen Worten: Obwohl mein Kopf endlich leer war, suchten die Erinnerungen an Halle 5 mich immer noch heim.
Ein entscheidender Unterschied existierte. Trotz meines Stumpfsinns fühlte ich im Innersten plötzlich eine bizarre Fröhlichkeit. Während der Knastbesuche konnte auch Marianne ihre Gefühle offener ausdrücken. Wir mussten uns nichts mehr vorspielen. Ich lernte ganz neue Seiten an ihr kennen. Nie hätte ich gedacht, dass etwas so Simples wie ein Trennglas ausreicht, um uns näher zusammenzubringen.
Nach ein paar Monaten fühlte ich mich wohl. Zuhause. Eingesperrt und trotzdem befreit. Bis sich an Heiligabend mein Zellennachbar die Pulsadern aufbiss und eine blutige Weihnachtskrippe an die Wand schmierte. Er machte einen Riesenaufstand, sobald die Wärter ihn packten, um ihm eine Beruhigungsspritze zu verpassen.
„Hey, Henry, vergiss den Engel nicht“, schrie er. „Du musst doch noch den Engel malen!“
Irgendwann erstarb sein Gezeter und sie schleiften ihn wie einen nassen Sack an meiner Zellentür vorbei. Hab ihn nie wieder gesehen. Nur seine Worte hallten nächtelang durch den Trakt, als wäre sein Geist bei mir in der Zelle geblieben.

Drei verdammte Jahre lang hat Marianne mich besucht, in unregelmäßigen Abständen. Sie konnte mich einfach nicht vergessen. Ich sagte ihr, wenn ich rauskomme, dann hab ich mich verändert, bin hier drin ein anderer geworden, ruhiger, besonnener, das wirst du schon sehen. Du brauchst dich nicht sorgen, Primakov gibt’s hier keinen. Etwas Geld liegt für dich auf der Bank. Nimm es und sieh zu, dass aus Isabell was wird. Sie geht doch bald in die Lehre bei diesem Anwalt. Schreibkraft. Sie wird bestimmt die Zusage erhalten, trotz Sonderschule und allem. Ich hab den beschissensten Anwalt der Welt. Schau, dass wenigstens sie einen besseren abbekommt.
Nach ein paar Wochen oder Monaten erzählte sie mir unter Tränen, dass Isabell bei eben jenem Anwalt die Stelle bekommen hätte. Ich wurde das Gefühl nicht los, dass sie es nur sagte, um mich zum Schweigen zu bringen. Bald hielt ich es nicht mehr aus. Wut und Ungewissheit trieben mich erneut über die Schmerzgrenze.
„Nimm verfickt nochmal die Kohle und verpiss dich!“, habe ich getobt, bis mir die Wärter den Taser an den Hals setzten. „Vergiss mich endlich und beginn ein anständiges Leben!“ Oder ich flüsterte tonlos in die Sprechmuschel. „Ich bin nur der schlechte Knecht. Ich töte Tiere für Geld und meine Familie für nichts.“

In meiner Zelle ein kleiner Spiegel. Mein steinernes Gesicht hing mir zum Hals raus. Vergrub mich in den Ecken meines Bewusstseins. Habe vergessen, wie ich aussehe. Vergessen, wer meine Frau ist. Marianne nur ein Schemen hinter zerkratztem Glas. Unsere Gespräche fühlten sich an, als hätte ich sie geträumt. Einen Monat vor meiner Entlassung, in einem seltenen, klaren Moment, ließ sie die Überraschung platzen.
„Wenn du draußen bist“, sagte sie, „essen wir bei meinen Eltern. Sie haben uns zu Heiligabend eingeladen.“
„Was?“
„Ich hab mich mit ihnen versöhnt. Hab ich dir schon erzählt. Sie haben mir doch die Therapie bezahlt.“
Sie klang stolz.
„Du bist clean“, erwiderte ich, als wäre alles so einfach.
„Schau, dass du dir vorher wenigstens die Haare bürstest und ein ordentliches Hemd anziehst. Sie wissen nicht, dass du im Loch sitzt.“
„Wo ist Isabell? Wieso hat sie mich nie besucht?“
Einen Moment lang schämte ich mich dafür, dass sie mir tatsächlich geglaubt hatte. Doch mir wurde bewusst, wie naiv die Menschen sind. Blind suchen sie nach Gleichversehrten. Marianne blieb bestimmt nicht aus Liebe bei mir. Auch nicht wegen Isabell. Sie blieb, weil der Primakov ein unzertrennliches Band zwischen uns gewebt hatte. In mir spiegelte sich der Trost des Deliriums, den sie so sehr hasste und gleichzeitig vermisste. Etwas Süßes, in das man nur noch in Erinnerung beißt, da der Zahn längst abgefault ist. Und sie blieb, weil die Erfahrungen von Sucht und Entzug aus meinem Gesicht sprachen, wie ein verständnisvoller Freund.

Die letzten Tage im Knast dachte ich nur an Isabell. Daran, was ich während der letzten Spätschicht in Halle 5 getan habe. Marianne und ich konnten ja selbst nie Kinder kriegen und dann kam ich mit diesem wunderschönen Mädchen aus der Nacht zurück. Veränderung macht Angst. Niemand weiß das besser als ich.
Seit fünf Tagen bin ich draußen. Fühlt sich an wie ein Jahr. Die Freiheit so eng wie meine Zelle, wenn nicht enger. Das Gefängnis gleichförmiger Gedanken ist ohne Mauern und ohne Tür. Wir haben telefoniert. Marianne hat mir nachdrücklich versichert, dass Isabell da sein wird und den Standort geschickt. In mir nagt die düstere Vorahnung, dass sie unser Mädchen immer noch nicht akzeptiert hat. Bin einen dreijährigen Marathon gelaufen, nur um wieder bei der Startlinie herauszukommen.
Ich sitze im Auto. Der Motor keucht. Ein zerlöchertes Schild im Licht der Scheinwerfer. Auffahrt A5. Jemand hat in Rot einen Engel darauf gemalt. Die Farbe ist über den Posten hinuntergelaufen und festgefroren. Habe ich mich verfahren? Weiß nicht, wo ich bin. Es kann nicht mehr weit sein. Sie warten auf mich. Im Schneetreiben die verzerrten Lichter einer Ortschaft. Ein Scheinwerfer, der sich in Myriaden Eiskristallen bricht. Der Wagen schlittert durch endlose Schwärze. Verschwindet im Tunnel, im Loch in meinem Kopf.

Ich parke unweit der verschneiten Zapfsäulen. Die Beleuchtung der Tankstelle – ein Trugbild! Wabernd und fließend im Zentrum der Nacht. An der Überdachung hängen armlange Eiszapfen. Das gelbrote Logo mit der Muschel schief, das S des Schriftzugs abgefallen und nirgends zu sehen. Ich würge den Motor ab und trete in die Umarmung der Kälte. Nadelstiche perforieren das Gesicht. Ziehe die Kapuze meines Carhartt-Parkas nach oben. In meinem Magen schon die verheißende Wärme des Primakov. Mir ist übel, in den Gedärmen ein Ziehen und Rumoren.
Die Klingel über der Ladentür bimmelt, als ich eintrete. Stampfe mit den Stiefeln auf dem Abtreter. Im Innern riecht es nach Tabak und Scheuermittel und noch etwas anderem. Stechend und scharf. Hinter der Theke sitzt ein Junge mit Brille, mustert mich müde und desinteressiert. Über ihm eine Laufanzeige. Saumäßig günstige Preise, nur bei uns!
Ich such mir einen Weg zwischen den Regalen. Die Heizung taut meine Nase und die Wangen. Ein wohltuender Schmerz. Chipstüten und Sandwiches in den Auslagen, so weit das Auge reicht. Ein Irrgarten aus Snacks. Wo sind die Getränke? In der Ecke des Ladens steht ein Kühlschrank, der leise brummt. Daneben der Alkohol. Zögernd gehe ich hinüber. Der Junge liest ein Buch. Den Titel kann ich nicht erkennen. Er zerläuft zwischen seinen dünnen Fingern, tropft an ihnen hinab. Druckerschwärze bildet Flecken auf der Theke.
Ich stehe vor dem Regal und suche nach dem Primakov. Zuunterst steht eine letzte Flasche. „Sehr beliebt“, sagt der Junge in meinen Rücken und ich fahre zusammen. Lasse die Flasche beinahe fallen. Dann drehe ich mich um. Er hat sein Buch zugeklappt und schaut mich an. Lehnt sich in seinem Stuhl zurück. Die Augen gerötet. Wortlos stelle ich den Primakov vor ihn und fische die Geldbörse mit klammen Fingern. Schaue ihn nicht an, mein Blick auf dem Buch.
„Wo Engel sterben“, sagt er und lacht. Ich verstehe nicht. „Das Buch“, sagt er. Ich nicke. Lege Achtfünfzig neben dran. Er zählt ab und sagt: „Wünsch Ihnen noch 'ne Weihnacht und so.“
Ich will mich danklos abwenden, da bimmelt die Türklingel. Höre, wie schwere Stiefel abgeklopft werden. Im Spiegel hinter dem Jungen schwimmt die digitale Anzeige der Benzinpreise. Rot verwischte Ziffern. 23,58 pro Liter. Keine Preise. Die Zeit! In diesem Moment springen sämtliche Zahlen auf 59. Ich bin viel zu spät! Mein Name ist Henry und ich bin der beschissenste Vater der Welt. Ob Heiligabend, im Knast oder nicht.
Im Spiegel bin ich nur ein unerkennbarer Schatten. Die Produkte in den Regalen haben sich verändert. Revolver hängen an Abzugsbügeln. Daneben stapeln sich Säcke mit Mastfutter. Katheter für die Schweinebesamung. Tassen mit Sprüchen. Da ist auch eine mit einer Schnauze. Eine Träne rinnt mir über die Wange, versickert im Bart.
Dann geht alles sehr schnell. Der Junge duckt sich hinter die Theke. Jemand schlägt mir in die Nieren. Mir bleibt die Luft weg. Hiebe in den Rücken. Wie Messerstiche zwischen die Schulterblätter. Ich kann nichts tun. Will nichts tun. Den Primakov press ich an mich. Mein Körper wird herumgeschleudert. Vor mir steht ein Mann, Dunkelheit unter der Kapuze. Bevor er erneut zuschlägt und etwas in meinem Gesicht zerbricht, erkenne ich den Rüssel einer Schweinemaske und das Carhartt-Logo auf seinem dunkelgrünen Parka.

Stolpernd stoße ich die Ladentür auf. Schleppe mich über den dunklen Parkplatz Richtung Bäume. Höre den anderen schwer schnaufen, seine knirschenden Schritte ganz nah. Stütze mich am geparkten Wagen ab, die Scheinwerfer hab ich brennen lassen. In ihrem Lichtkegel kämpfe ich mich vorwärts, mein Körper plötzlich schwer und federleicht zugleich. Eine Hand in die Seite gepresst, die andere berührt beinah den Boden. Er tritt mir die Beine weg und ich breche zusammen. Warte darauf, dass mich die Schwärze der Nacht verschluckt. Aber da sind nur seine Stiefel und meine schreiende Schuld.
Irgendwann hört er auf. In meinen Ohren das Plätschern eines Baches. Statisches Rauschen in meinem Kopf. Das Grunzen der Schweine. Steck kopfüber im Gatter drin. In meinem Mund der Geschmack von Blut, die Kleidung nass davon. Friert an meiner Haut fest. Quer auf meiner Brust die Flasche Primakov. Wird langsam zugeschneit.
Isabell! Isabell! Wo bist du? Meine Hand tastet durch den Schnee. Findet dich. Um uns spüre ich die Körper der toten Ferkel. Ich denk an drei Jahre Knast, einen Sechsschüsser und an die Geburt in Halle 5. Streck Arme und Beine durch die Gitterstäbe, bewege sie hin und her. Ein verzweifeltes Kind, das am Laufstall zerrt. Und ich zeichne einen Engel, Rot auf Weiß, den Letzten, nur für dich. Fröhliche Weihnacht, meine geliebte Isabell.

 
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Hallo @deserted-monkey,

suchten die Erinnerungen an Halle 5 mich immer noch heim.
Ich hab mal gelesen, bei Tönnies laufen die Schweine durch ein Labyrinth, an dessen Ende sie erschlagen werden, und auf ihrem Weg hören sie aus Lautsprechern an der Decke „My Heart Will Go On“ in einer Panflötenversion. Das ist wie aus einem Fiebertraum von Leatherface. Wie wir mit Tieren umgehen ist Horror, da brauchst du nichts hinzudichten, einfach draufhalten.

Eine Muttersau bläht quiekend und grunzend den Rüssel, wenn man sie in die Flanke tritt. Man macht das, um die toten Ferkel unter ihr hervorzuziehen. Und wenn sie mit ihren roten Schweinaugen beobachtet, wie man ihre Kinder in einen stinkenden Plastikeimer wirft, zu all den Innereien und dem Kot, versucht sie aufzustehen, obwohl sie das nicht kann.
(Schweineaugen) So wie hier. Dieser Absatz ist echt ein Schlag ins Gesicht. Ein richtig guter. Man kann das auch in Dokus wie Dominion bekommen, aber die schauen zumeist Leute, die den ersten gedanklichen Schritt schon gemacht haben. Über das Unterhaltungsversprechen „Horrorgeschichte“ erreichst du möglicherweise jemanden, der sich zum ersten Mal überhaupt mit diesen Sachen auseinandersetzt. Ich weiß nicht, ob das deine Intention war, aber es wird mit Sicherheit in dem einen oder anderen Fall Teil der Wirkung dieser Geschichte sein.

Es erinnert mich an das, was Stephen King über den Film Prophezeiung gesagt hat, in dem so ein Monster durch den Wald läuft, das durch verkappten Industriemüll entstanden ist. King meinte du machst den Film aus, kicherst in dich hinein, was für ein Blödsinn, um dann kurz inne zu halten: Scheiße, was machen wir eigentlich wirklich mit dem ganzen Giftmüll?

Ein bisschen hinkt der Vergleich, weil Prophezeiung halt ein knalliger Gruselspaß mit Gummimonster ist und deine Geschichte ein düsteres Sozial-/Familiendrama mit Horrorelementen, aber sei’s drum.

Was mich an der Erzählstimme etwas irritiert hat, ist dieses Literaten-mäßige. Selbst wenn mir die Metaphern oder was auch immer hie und da gefallen, frage ich mich: Dieser Mensch redet so? Knast, Arbeit im Schlachthof, Alkohol, Drogen. Ja, Bukowski, aber das sind dann ja auch meine ich immer eher kurze, lebensnahe Sätze. Einfache Worte.

Würgte all den Hass und die Wut und die erstarrten Jahre in einen Eimer,
Hier zum Beispiel fand ich’s ganz krass.

Etwas banaler, aber auch das noch zum Thema „Person, die spricht/Kontext“:

„Fröhliches Weihnachtsfest. Alles Gute für Sie und Ihre Liebsten. Besuchen Sie uns bald wieder.“
Das sagt eine (zuvor auch explizit so beschriebene) lustlose Aushilfe an der Tankstelle?

Mir hat mal einer erzählt, er habe beim Onanieren an die Besamung von Schweinen gedacht. Ob das abartig sei, hat er gefragt und sein Lachen staute sich im verqualmten Pausenraum.
Du musst glaube ich stumpf sein oder es ganz schnell werden, wenn du an der Arbeit nicht zerbrechen willst. Kommt ja nicht von ungefähr, dass wir dafür Sklaven aus ärmeren Ländern einkaufen. Möglicherweise ist das auch eine Erklärung für die einfühlsame Sprache des Prots: Zu emphatisch, er ist an dem Job quasi kaputtgegangen.

SPOILER ALERT! Was mich zur Handlung bringt. Die habe ich beim einmaligen Lesen nicht hundertpro erfasst, aber so ein bisschen kryptisch soll es wohl auch sein. Insbesondere habe ich nicht verstanden, ob er Frau und Kind tatsächlich oder metaphorisch umgebracht hat. In sich drin. Abgestumpft, abgetötet, alles ausgerottet, was Gefühl verursacht, weil es wehtut. Was ich erfasst habe: Milieu, beide Alkoholiker, Knast, seelisch verrohender Job, er klammert sich an seine Tochter, will vllt das Ruder herumreißen - und wird dann von einem Tankstellenräuber umgebracht. Der trägt eine Schweinemaske (wegen der unter Horror-Vielkonsumenten wohl unvermeidbaren Assoziation Saw würde ich die einen Ticken detaillierter beschreiben, möglicherweise so ein lustiges Comicschwein, wie es auf dem Dach von Tönnies zusammen mit den anderen Todgeweihten fröhlich feixend auf den Fleischwolf zurennt). Die Schweine haben ihn quasi fertiggemacht.

Frau und insbesondere Tochter hätten mit ihrer Bedeutung glaube ich ein bisschen mehr Gesicht verdient. Ansonsten hat mir das sehr gefallen.

Ihre Augen geweitet, fixiert auf mich. Warten darauf, dass ich ihnen gestehe, dass ich irgendetwas sage. Oder das ich Isabell an der Hand nehme und aus der Wohnung verschwinde. Henry, flehen sie.
Das Bild finde ich unglücklich, weil die Augen sprechen.

Sie hat doch irgendetwas gesagt. Isabell ist meine Tochter. Sie ist Mariannes Gegenteil.
Du brauchst dich nicht sorgen, Primakov gibt’s hier keinen.
Das Alkoholproblem ist mit der ständigen Wiederholung des Wodka-Namens sehr gut eingebaut; dagegen kracht einem „Isabell ist meine Tochter“ so plump vor den Kopf, dass es fast schon Absicht sein könnte. Falls nicht: „Isabell ist das Gegenteil von Marianne. Das war mir schon kurz nach ihrer Geburt klar. Ich besuchte die beiden im Krankenhaus …“ Oder so was.

Woran habe ich gedacht? An Halle 5? Ich muss endlich den Knebel in meinem Mund loswerden.
Guter Spannungsaufbau mit dem beiläufig erwähnten Knebel.

Jedes Gatter ist stärker als der höchste Wille. Dieses Gatter ist meine Macht. Weil ich schon so lange darin gefangen bin, weiß ich es mir zu Nutzen zu machen. Gleichzeitig ist es mein Untergang.
Ich finde den ersten Satz hier so stark, dass alles danach seine Wirkung verwässert, wenn es natürlich auch den Kern der Geschichte beschreibt; das, was durch die Arbeit mit dem Prot passiert. Vielleicht ist es aber genau deshalb entbehrlich (don’t tell).

diesen Tropf mit mir rum, dessen quietschende Räder mir den Schädel mit einer Kreissäge spalteten
Sehr geiles Bild.

mein Zellennachbar die Pulsadern aufriss
Geht das anatomisch?

Wenn du draußen bist“, sagte sie, „essen wir bei Ma und Pa. Sie haben uns zu Heiligabend
Ma und Pa? Unsere kleine Farm? Ich kenne das wohl, dass Jüngere in Deutschland Mum und Dad sagen, aber Ma und Pa? Weiß nicht … wie alt ist Marianne?

Etwas Süsses, in das man nur noch in Erinnerung beißt, da der Zahn längst abgefault ist.
Die Metapher hat mir kurz das Hirn verknotet.

Das Gefängnis gleichförmiger Gedanken ist ohne Mauern und ohne Tür.
Einerseits schön, andererseits auch so eine Stelle, bei der man denkt: Heu, denkt der dick. Aber wenn er sich schon so gewählt ausgedrückt:
Habe einen dreijährigen Marathon gelaufen,
Bin

Saumäßig günstige Preise, nur bei uns!
Da wusste ich nicht ganz, was eine Tankstelle mit dem Wortspiel bewerben sollte. Deshalb kam es mir vor, als würde das Schweine-Thema mit aller Gewalt hier noch mal in den Absatz gepresst.

Die Produkte in den Regalen haben sich verändert. Revolver hängen an Abzugsbügeln. Daneben stapeln sich Säcke mit Mastfutter. Katheter für die Schweinebesamung. Tassen mit Sprüchen. Da ist auch eine mit einer Schnauze.
Dieses Surreale hier fand ich klasse. Hat mich an Jacob’s Ladder erinnert.

Ertaste deine Hand im Schnee so warm. Um uns spüre ich die Körper der toten Ferkel.
Ich finde: Nimmst du das (über-)dichterische „so warm“ hier raus, knallt es viel mehr:

„Ertaste deine Hand im Schnee. Um uns spüre ich die Körper der toten Ferkel.“


Viele Grüße
JC

 

Hallo!

Um ganz ehrlich zu sein, kann ich zu deiner Geschichte inhaltlich nicht allzu viel sagen. Ich hab sie zwar zwei mal gelesen, um mit dem Wissen des Endes das Vorige noch mal zu erleben, scheitere aber dennoch an einer Interpretation.
Das Ganze wirkt (albtraumhaft) wie das Erleben eines Menschen mit Psychose. Wahn und Realität sind nicht mehr zu trennen, so verschmolzen.

Deine Sprache, deine Bilder sind gewaltig, ein absoluter Trip ist das. Schaut man allein auf die Wirkung deines Texts, hast du gemacht, was du versprichst: Horror.
Ich weiß an dieser Stelle nicht, wie wichtig es dir ist, dass der Leser versteht, was wirklich passiert ist (die Erklärung) oder ob es von dir sogar im Gegenteil beabsichtigt ist, dass er es nicht kann. Wer ist Isabell? Was hat er mit ihr gemacht? Was ist an der Tankstelle, die ja auch zwei mal vorkommt, mit unterschiedlichen Ergebnissen, tatsächlich passiert? Die Chronologie erscheint mir komplett aufgespalten. Proof sagt zur Handlung: "Die habe ich beim einmaligen Lesen nicht hundertpro erfasst." Okay, ich bin auch bei 2 bis stellenweise 3-maligem Lesen von 100 Prozent weit entfernt. Als emotionaler Text allerdings, hineingeschmissen in die Wahnwelt dieses Schweineschlächters, ist das sehr stark gemacht. Sprachlich harter Tobak.
Paar Einzelheiten:

Wie mir fehlen ihr die Worte.
Perspektivisch kann das ja nur eine Vermutung sein. Was er wahrnimmt ist, dass sie nichts sagt. Woher will er wissen, dass ihr 'wie ihm die Worte fehlen'?

Ihre Augen geweitet, fixiert auf mich. Warten darauf, dass ich ihnen gestehe, dass ich irgendetwas sage.
Hier ist der Bezug unklar. Ich nehme an, dass nicht die Augen drauf warten, dass er gesteht. Sondern die Frau. Der Ausdruck der Augen kann wartend sein, aber warten tun Personen. Daher find ich das schief.

Henry, flehen sie.
Flehende Augen kann ich mir vorstellen, aber nicht mit Vornamen.

Isabell ist meine Tochter. Sie ist Mariannes Gegenteil. Bei ihr bin ich mir sicher, dass sie mich liebt. Ich habe es nicht verstanden, weil ich mich nicht konzentriert habe. Wenn sie etwas gesagt hat, muss es wichtig sein.
Da weiß ich nicht, warum sie dadurch, dass er glaubt, sie liebe ihn, Mariannes Gegenteil ist.
Inhaltlich ist mir klar, was du sagst, aber wahrscheinlich kannst du den Satz auch streichen, was besser wäre. Ich denke, es ist klar, dass er sich Mariannes Liebe nicht sicher ist.


Nur langsam und zögernd. Als hüte sich das Licht davor, zurückzukehren.
Das Licht, das sich hütet, ist mir zu gekünstelt. Du hast viele gelungene Bilder in deinem Text, dennoch prüfe so was noch mal, das ist wie eine kleine Störung.

Tropfender Wasserhahn. Plitsch. Sag etwas. Platsch. Sag nichts.
:thumbsup:
Diese Jahre sind in mir ausgeblutet und erstarrt. Wie die Schweine, die ich mit dem Bolzengerät erschoss.
Einfach brutal in dieser lapidaren Form.
:thumbsup:


Die heutige Ausgabe liegt neben mir auf dem Beifahrersitz und flattert wie ein toter Vogel im Wind.
:thumbsup:
Wenn Muttersäue pissen, stellen sich die Ferkel drunter. Sie können sich sonst nirgends baden. Mir hat mal einer erzählt, er habe beim Onanieren an die Besamung von Schweinen gedacht. Ob das abartig sei, hat er gefragt und sein Lachen staute sich im verqualmten Pausenraum.
Eine Muttersau bläht quiekend und grunzend den Rüssel, wenn man sie in die Flanke tritt. Man macht das, um die toten Ferkel unter ihr hervorzuziehen. Und wenn sie mit ihren roten Schweinaugen beobachtet, wie man ihre Kinder in einen stinkenden Plastikeimer wirft, zu all den Innereien und dem Kot, versucht sie aufzustehen, obwohl sie das nicht kann. Jedes Gatter ist stärker als der höchste Wille. Dieses Gatter ist meine Macht. Weil ich schon so lange darin gefangen bin, weiß ich es mir zu Nutzen zu machen. Gleichzeitig ist es mein Untergang. Während ich darauf warte, eines Tages selbst zur Schlachtbank geführt zu werden, hoffe ich, du vergibst mir, Isabell. Für uns hab ich ein Ferkel zertreten und mit seinem Blut an den Stiefeln einen Engel in den Schnee gemalt.
Sehr intensiv.

Irgendwann hört er auf. In meinen Ohren das Plätschern eines Baches. Statisches Rauschen in meinem Kopf. Das Grunzen der Schweine. Steck kopfüber im Gatter drin. In meinem Mund der Geschmack von Blut, die Kleidung nass davon. Friert an meiner Haut fest.
:thumbsup:
Um uns spüre ich die Körper der toten Ferkel. Ich denk an drei Jahre Knast, einen Sechsschüsser und an die Geburt in Halle 5.
Halle 5, Tankstelle an der A5. Geburt, Tochter, Ferkel.

Streck Arme und Beine durch die Gitterstäbe, bewege sie hin und her. Ein verzweifeltes Kind, das am Laufstall zerrt.
Dann wieder die Knaststäbe, das Gatter für die Schweine und die Schlachtban für ihn?


Oder das ich Isabell an der Hand nehme und aus der Wohnung verschwinde. Henry, flehen sie.
Hier fehlt das 2. 's'.

Bin ja sehr neugierig auf weitere Kommentare und Interpretationen oder was dazu von dir.
Gern gelesen, auch wenn es kein Vergnügen war.


Gruß von Flac

 

Hallo @Proof

Vielen Dank für dein Feedback, ich habe mich sehr darüber gefreut. Nicht nur, weil Dir die Geschichte gefallen hat, sondern auch, weil Du ein paar sehr gute Anmerkungen im Gepäck hast, von denen ich die meisten gleich umgesetzt hab. Aber der Reihe nach:

Ich hab mal gelesen, bei Tönnies laufen die Schweine durch ein Labyrinth, an dessen Ende sie erschlagen werden, und auf ihrem Weg hören sie aus Lautsprechern an der Decke „My Heart Will Go On“ in einer Panflötenversion.
Ich habe das bei ZDF Magazin Royale gesehen mit Jan Böhmermann. Er hatte vor ein paar Monaten eine Sendung über Tönnies gemacht. Wollte deshalb das mit der Panflöte und "My Heart Will Go On" zuerst einbauen, um es noch grotesker zu machen, habe mir dann aber gedacht, dass wäre zu sehr abgekupfert und das man das vielleicht kennen könnte. Du als erster Kommentator hättest es also bereits direkt gekannt ... Trotzdem: Es würde sehr gut passen, vielleicht dreh ich an der Stelle noch was.

Ich weiß nicht, ob das deine Intention war, aber es wird mit Sicherheit in dem einen oder anderen Fall Teil der Wirkung dieser Geschichte sein.
Das war meine Hauptabsicht mit dem Text. Die Zustände in der industriellen Schweinemast durch den Charakter von Henry zumindest ansatzweise etwas zu beleuchten. Ich hab vor kurzem eine Doku darüber gesehen (hab leider den Link gerade nicht parat, aber ich such mal danach und ergänze den dann hier), die auf einem emotionalen Level bei mir extrem reingehauen hat. Wirklich grausam. Auch schön, dass Du weiter schreibst:

deine Geschichte ein düsteres Sozial-/Familiendrama mit Horrorelementen
Ja, so habe ich mir das vorgestellt. Mit den Horrorelementen war ich mir auch gar nicht sicher, also ob da der Tag 'Horror' überhaupt an diese Geschichte drangehört, aber nach deiner und FlicFlacs Rückmeldung scheint das schon ganz gut zu passen. Ebenso wegen 'Weihnachten', ist ja keine Weihnachtsgeschichte, sie spielt lediglich an Weihnachten und da habe ich mich natürlich von der momentan laufenden Challenge inspirieren lassen. Dachte mir dann aber, ich knall die dort nicht rein, weil der Bezug zu Weihnachten bisschen dünn ist (im Kern geht's ja um ganz was anderes) und auch ganz ehrlich gesagt: Weil ich mir - wieder einmal - absolut nicht sicher war, ob die Geschichte was taugt. Ob die überhaupt gut genug dafür wäre. Ich war also sehr froh, dass deine Rückmeldung so positiv ausgefallen ist! Du hast mir Mut gemacht, bei einer späteren Challenge vielleicht mal mitzumachen. Eine weitere Inspiration neben der Doku und der Challenge war das Videospiel 'Alan Wake II': da hat mich das Storytelling ziemlich umgehauen und ich wollte versuchen, was in eine ähnliche Richtung zu machen. Für einmal habe ich die Geschichte auch nicht mit Extreme Metal als Soundtrack geschrieben, sondern mit einem Song aus ebenjenem 'Alan Wake II'.

Dieser Absatz ist echt ein Schlag ins Gesicht. Ein richtig guter.
Danke.

Möglicherweise ist das auch eine Erklärung für die einfühlsame Sprache des Prots: Zu emphatisch, er ist an dem Job quasi kaputtgegangen.
Das hat mich am meisten gefreut an deinem Beitrag. Dass Du sagst, der Protagonist benutze eine einfühlsame Sprache und deine Erklärung, dass er aufgrund seiner Empathie an dieser Arbeit kaputtgegangen ist. Hatte die Befürchtung, Henry komme zu verroht rüber und das wollte ich nicht.

Das Bild finde ich unglücklich, weil die Augen sprechen.
Habe die Stelle ein paar mal umgeschrieben vor dem Posten und war nie so richtig zufrieden damit. Habe nun aber eine für mich akzeptable Version gefunden und es im Text angepasst. Danke fürs Aufzeigen.

dagegen kracht einem „Isabell ist meine Tochter“ so plump vor den Kopf, dass es fast schon Absicht sein könnte
Ja, der Satz muss so stehen bleiben. Der hat für mich schon Bedeutung, weshalb er auch für sich alleine steht, also ohne Verbindung mit 'und' oder Komma. Plump als Rückmeldung gefällt mir natürlich nicht wirklich, ich schaue mal, ob ich es noch etwas besser hinkriege.

Ich finde den ersten Satz hier so stark, dass alles danach seine Wirkung verwässert, wenn es natürlich auch den Kern der Geschichte beschreibt; das, was durch die Arbeit mit dem Prot passiert. Vielleicht ist es aber genau deshalb entbehrlich (don’t tell).
Gute Rückmeldung. Erst hatte ich das kürzer, habe aber dann noch ein paar Sätze beigefüttert, weil ich mir unsicher war, ob man das versteht, ob das seine Wirkung so überhaupt entfalten kann. Ich studiere bisschen weiter dran rum, ob nicht Reduktion doch besser wäre.

Geht das anatomisch?
Ich hatte erst 'er schlug sich die Unterarme blutig' drin, habe es dann zu 'aufreissen' abgeändert. Vielleicht könnte ich 'aufbeissen' nehmen, mit den Zähnen sollte es gehen, denke ich. Im Moment habe ich das im Text noch nicht geändert, ich überleg noch ein wenig, wie's am besten passen könnte.

Ma und Pa? Unsere kleine Farm? Ich kenne das wohl, dass Jüngere in Deutschland Mum und Dad sagen, aber Ma und Pa? Weiß nicht … wie alt ist Marianne?
Haha, ja, so nenne ich meine eigenen Eltern. Das hat sich in den Text geschlichen :lol: Habe es nun angepasst und sie spricht nur noch von 'meinen Eltern'.

Da wusste ich nicht ganz, was eine Tankstelle mit dem Wortspiel bewerben sollte. Deshalb kam es mir vor, als würde das Schweine-Thema mit aller Gewalt hier noch mal in den Absatz gepresst.
Habe ich nachträglich hinzugefügt. Wenn ich es mir recht überlege, macht es schon nicht so viel Sinn in einer Tankstelle. Wie Du sagst: Was sollte die damit bewerben? Vielleicht kann man es als Foreshadowing sehen, da die Produkte sich danach verändern. Auch habe ich mir gedacht, vielleicht muss es gar nicht viel Sinn machen, weil es eben eines dieser halluzinatorischen Elemente ist, die ich habe versucht in den Text einzubauen. Ich überlege aber weiter, ob ich es abändere, damit es kohärenter wirkt oder ob ich es doch ganz rausnehme. Bin mir da noch nicht sicher.

Ich finde: Nimmst du das (über-)dichterische „so warm“ hier raus, knallt es viel mehr: „Ertaste deine Hand im Schnee. Um uns spüre ich die Körper der toten Ferkel.“
Super. Habe ich sofort angepasst.

Das sagt eine (zuvor auch explizit so beschriebene) lustlose Aushilfe an der Tankstelle?
Sehr gute Anmerkung. Habe ich auch sofort verändert. Er sagt jetzt lediglich:
„Wünsch Ihnen noch 'ne Weihnacht und so.“
Passt so auch viel besser, weil Henry hat ja keine Weihnacht (und schon gar keine schöne).

Was mich an der Erzählstimme etwas irritiert hat, ist dieses Literaten-mäßige.
Bisschen mein altes Problem immer noch. Liegt wahrscheinlich daran, dass hier teilweise deserted-monkey die Geschichte erzählt, nicht Henry, der Protagonist. Vor dem Einstellen hab ich schon paar Metaphern rausgenommen oder umgeschrieben, da waren also vielleicht noch mehr "Ablenker" drin. Dein Beispiel ist sehr wichtig für mich, ich sehe sofort, was Du an der Stelle meinst. Probiere auch hier zu schauen, ob ich das noch runder hinkriege und ob im Text noch mehr solche Stellen stecken.

SPOILER ALERT! Was mich zur Handlung bringt. Die habe ich beim einmaligen Lesen nicht hundertpro erfasst, aber so ein bisschen kryptisch soll es wohl auch sein. Insbesondere habe ich nicht verstanden, ob er Frau und Kind tatsächlich oder metaphorisch umgebracht hat. In sich drin. Abgestumpft, abgetötet, alles ausgerottet, was Gefühl verursacht, weil es wehtut. Was ich erfasst habe: Milieu, beide Alkoholiker, Knast, seelisch verrohender Job, er klammert sich an seine Tochter, will vllt das Ruder herumreißen - und wird dann von einem Tankstellenräuber umgebracht. Der trägt eine Schweinemaske (wegen der unter Horror-Vielkonsumenten wohl unvermeidbaren Assoziation Saw würde ich die einen Ticken detaillierter beschreiben, möglicherweise so ein lustiges Comicschwein, wie es auf dem Dach von Tönnies zusammen mit den anderen Todgeweihten fröhlich feixend auf den Fleischwolf zurennt). Die Schweine haben ihn quasi fertiggemacht.
Mir gefällt deine Lesart. Das kommt dem Kern der Geschichte, wie ich ihn mir vorgestellt habe, ziemlich nahe. Sehr schön. Ich möchte jetzt (noch) nicht mehr dazu schreiben, sondern noch ein wenig abwarten, bis ich genaueres sage. Werde ich aber zu gegebenem Zeitpunkt nachreichen. In der Zwischenzeit werde ich mal sehen, wo ich noch das ein oder andere Rädchen im Text drehen kann, damit für mich wichtige Details, die nach den beiden Kommentaren bisher noch nicht genannt wurden, hoffentlich etwas deutlicher werden. Mal sehen, ob ich das hinkriege.

Das mit Saw war mir gar nicht so bewusst, wohl zu offensichtlich, als dass ich es geschnallt hätte :D Aber hast natürlich recht.


Vielen Dank für das ausführliche Feedback, proof, da waren eine Menge gute Sachen dabei. Schönes Weekend aus dem verschneiten Bern,

d-m

 

Moin @deserted-monkey,

danke für Deine Geschichte.
Habe sie gerne gelesen, auch wenn ich sie nicht verstanden habe.
Den Einstieg empfinde ich als ein wenig zu sperrig, ich kann nicht verorten, wo wir uns befinden und was eigentlich abgeht. Ist aber wahrscheinlich genau so intendiert?

Du hast einige saugute (;)) knüppelharte Beschreibungen und Dialoge drin, an anderen Stellen könntest Du mMn einzelne Wörter streichen, um noch mehr Punch herauszuholen:

Wenn Muttersäue pissen, stellen sich die Ferkel drunter. Sie können sich sonst nirgends baden. Mir hat mal einer erzählt, er habe beim Onanieren an die Besamung von Schweinen gedacht. Ob das abartig sei, hat er gefragt und sein Lachen staute sich im verqualmten Pausenraum.
Eine Muttersau bläht quiekend und grunzend den Rüssel, wenn man sie in die Flanke tritt. Man macht das, um die toten Ferkel unter ihr hervorzuziehen. Und wenn sie mit ihren roten Schweineaugen beobachtet, wie man ihre Kinder in einen stinkenden Plastikeimer wirft, zu all den Innereien und dem Kot, versucht sie aufzustehen, obwohl sie das nicht kann. Jedes Gatter ist stärker als der höchste Wille. Dieses Gatter ist meine Macht. Weil ich schon so lange darin gefangen bin, weiß ich es mir zu Nutzen zu machen. Gleichzeitig ist es mein Untergang. Während ich darauf warte, eines Tages selbst zur Schlachtbank geführt zu werden, hoffe ich, du vergibst mir, Isabell. Für uns hab ich ein Ferkel zertreten und mit seinem Blut an den Stiefeln einen Engel in den Schnee gemalt.
Das war für mich der beste Absatz des gesamten Textes. Diese fiese Härte und der Ton, Sätze wie "Jedes Gatter ist stärker als der höchste Wille". Stark geschrieben.


Ich bekam Druckstellen vom Rumliegen. Jeden Tag warfen sie mir ein Tupperware Tabletten in den Rachen.
Sagt man das so? ein Tupperware ? Hat mich stolpern lassen.

Sobald ich wieder gehen konnte, schob ich diesen Tropf mit mir rum, dessen quietschende Räder mir den Schädel mit einer Kreissäge spalteten.
Braucht es hier das Bild der Kreissäge? Könntest Du mMn kürzen.

Nach ein paar Monaten fühlte ich mich wohl im Knast. Zuhause.
Das kann auch weg. Wir wissen da ja schon längst, dass er sich im Knast befindet.

An der Überdachung hängen armlange Eiszapfen. Das gelbrote Logo mit der Muschel schief, das S des Schriftzugs abgefallen und nirgends zu sehen.
Das fand ich auch ein sehr geiles Bild. Aus Shell wird hell ... Sehr cool.

Feine Nadelstiche perforieren das Gesicht.
Das feine könntest Du streichen. Denn das sind Nadelstiche ja eigentlich immer.

Im Spiegel hinter dem Jungen schwimmt die digitale Anzeige der Benzinpreise. Rot verwischte Ziffern. 23,58 pro Liter. Keine Preise. Die Zeit.
Hier würde ich überlegen, den Satz umzustellen. Vielleicht so:
Im Spiegel hinter dem Jungen verschwimmt die Digitalanzeige: Rote Ziffern. 23,58 pro Liter. Keine Preise. Die Zeit!


Joa, hat mir insgesamt gut gefallen, obwohl ich Prota und Nebencharaktere nicht greifen konnte, nicht verstanden habe, was es mit Isabell auf sich hat (die seine Tochter ist, obwohl er und Marianne keine Kinder kriegen können) und auch sonst mit dem Greifen der Handlung ziemlich auf dem Schlauch stand. Der Revolver taucht zum Beispiel mehrmals auf, wird dann aber überhaupt nicht benutzt. Oder sollte der irgendeine Verbindung zum Schlachtbetrieb darstellen, weil die Schweine damit erschossen werden? Aber da erwähnst Du ja wiederum das Bolzenschussgerät ...
Scheint mir eher wie so ein David Lynch-Ding zu sein, man mäandert durch die Handlung, freut sich über geile Bilder und coole Dialoge und am Ende fragt man sich: WtF?


Ich finde übrigens, Du könntest den Text auch gut zur Weihnachts-Challenge stellen. Da fehlt noch ein Horrorbrett, findest Du nicht? :xmas:

Wie dem auch sei, gerne gelesen
beste Grüße und ein entspanntes Wochenende
Seth

 

Hallo @FlicFlac

Herzlichen Dank fürs Lesen, Kommentieren und deine investierte Zeit. Dass Du den Text zwei, oder gar dreimal gelesen hast, bedeutet mir viel. Das ist wirklich ein tolles Feedback.

Das Ganze wirkt (albtraumhaft) wie das Erleben eines Menschen mit Psychose. Wahn und Realität sind nicht mehr zu trennen, so verschmolzen.
Deine Sprache, deine Bilder sind gewaltig, ein absoluter Trip ist das.
Als emotionaler Text allerdings, hineingeschmissen in die Wahnwelt dieses Schweineschlächters, ist das sehr stark gemacht. Sprachlich harter Tobak.
Vielen Dank! Das ist grossartig, dass die Geschichte bei Dir so angekommen ist. Genau diese Richtung hatte ich beim Schreiben intendiert: Dass die Story wirkt wie ein albtraumhafter Trip, geschildert mit deftiger Wortwahl. Ich freue mich so sehr, dass das bei Dir (und wohl auch allgemein bisher) gut funktioniert hat.

Ich weiß an dieser Stelle nicht, wie wichtig es dir ist, dass der Leser versteht, was wirklich passiert ist (die Erklärung) oder ob es von dir sogar im Gegenteil beabsichtigt ist, dass er es nicht kann.
Dass die grobe Rahmenhandlung verständlich ist, ist mir schon wichtig. Also das man nichts versteht (beziehe das jetzt nicht auf Dich, sondern allgemein gesagt), das war nicht das Ziel. Mir war schon klar, dass es wohl nicht ganz einfach wird, die Handlung in ihrer Gänze zu erfassen, aber dennoch hat es mich auch ein wenig erstaunt, dass gewisse Dinge bisher nicht genannt worden sind. Das liegt aber in dem Fall eindeutig an der Geschichte, nicht an den Lesern, weil in allen drei Rückmeldungen steht, dass die Handlung nicht oder nicht komplett verstanden werden konnte. Vielleicht muss ich da gewisse Dinge noch ein wenig klarer machen, nur weiss ich gerade noch nicht wie, will ja auch nicht zu viel verraten *grins*. Liegt sicherlich auch an der gewählten Form, zu der Du ja auch noch etwas schreibst:
Die Chronologie erscheint mir komplett aufgespalten.
Ja, die Geschichte ist so entstanden beim Schreiben. Ich wollte die einzelnen Segmente dann ordnen, in eine straighte Abfolge bringen, aber ich habe mir dann überlegt, dass es eigentlich so viel besser passt, weil das sind ja alles Erinnerungen und die können auch mal hin- und herspringen oder in Henrys Fall auch etwas wirr daherkommen. Mir gefällt es so ganz gut. Vielleicht, oder sehr wahrscheinlich, ist das aber auch ein Grund, dass bisher alle Leser Mühe hatten, der Handlung zu folgen. Ein paar Hinweise habe ich verstreut, aber es kann sehr gut sein, dass die dadurch, durch diese aufgebrochene Chronologie, wie Du das treffend nennst, untergehen und gar nicht wirklich entdeckt, erfasst werden können. Muss ich mal noch überlegen, was ich eventuell wie noch verändere.

Perspektivisch kann das ja nur eine Vermutung sein. Was er wahrnimmt ist, dass sie nichts sagt. Woher will er wissen, dass ihr 'wie ihm die Worte fehlen'?
Ja, ich verstehe, was Du meinst. Ich habe den Satz auch erst im Nachhinein eingefügt. Für mich klang der einfach gut in dem Moment, aber sehe schon auch, dass das bisschen schief ist von der Perspektive her. Ich werde das noch ausbessern, sobald ich eine Idee habe. Ist notiert. Vielen Dank für die Anmerkung.

Hier ist der Bezug unklar. Ich nehme an, dass nicht die Augen drauf warten, dass er gesteht. Sondern die Frau. Der Ausdruck der Augen kann wartend sein, aber warten tun Personen. Daher find ich das schief.
Das ist bereits korrigiert. Proof hatte das auch angemerkt, es sollte jetzt besser sein.

Flehende Augen kann ich mir vorstellen, aber nicht mit Vornamen.
Auch das ist jetzt ausgebessert.

Da weiß ich nicht, warum sie dadurch, dass er glaubt, sie liebe ihn, Mariannes Gegenteil ist.
Inhaltlich ist mir klar, was du sagst, aber wahrscheinlich kannst du den Satz auch streichen, was besser wäre. Ich denke, es ist klar, dass er sich Mariannes Liebe nicht sicher ist.
Bin da noch ein wenig hin- und hergerissen, aber Du hast schon recht, ich werde den Satz wahrscheinlich einfach streichen.

Das Licht, das sich hütet, ist mir zu gekünstelt. Du hast viele gelungene Bilder in deinem Text, dennoch prüfe so was noch mal, das ist wie eine kleine Störung.
Habe ich angepasst und das mit dem 'das Licht hütet sich zurückzukehren' rausgenommen bzw. verkürzt, damit es hoffentlich weniger gekünstelt wirkt. Danke auch hier für dein aufmerksames Lesen.

Sehr intensiv.
Vielen Dank! :shy:

Hier fehlt das 2. 's'.
Habe ich korrigiert.

Bin ja sehr neugierig auf weitere Kommentare und Interpretationen oder was dazu von dir.
Ja, den Spoiler bei der Antwort an proof hätte ich mir eigentlich auch sparen können, haha. Wie schon dort geschrieben: Ich gehe später noch ausführlich(er) auf die Handlung ein, wie ich sie sehe und intendiert habe.

Vielen Dank Dir nochmal, FlicFlac, hab mich wirklich gefreut von Dir zu lesen. Einen schönen ersten Advent wünsch ich Dir.

Beste Grüsse,
d-m

p.s.: Bin gerade daran, deine Challenge-Geschichte zu lesen und zu kommentieren. Vielleicht krieg ich das heute noch hin, ansonsten die Tage. Also bis später!

 

Hey @deserted-monkey,

mir gefällt der Text. Ich hatte beim Lesen so ein bisschen den Eindruck, dass er in Schleifen verläuft. Er dreht sich im Kreis und du gibst dem Leser nur langsam Informationen, so dass man die meiste Zeit nicht genau weiß, wo dein Protagonist gerade ist. Steckt er gerade in seinen Erinnerungen oder passiert das gerade wirklich? Auf der anderen Seite hatte ich an manchen Stellen den Eindruck, dass du dich einen Ticken zu weit auf diesen Schleifeneffekt konzentrierst. An diesen Stellen reihst du einige Bilder aneinander, die die Handlung nicht voranbringen, sondern schon fast etwas ermüden (z.B. im zweiten Absatz). Im Großen und Ganzen bin ich aber sehr gut durch den Text gekommen, obwohl er ja durchaus lang ist.

Ein Schlachter, der von seinen Erinnerungen heimgesucht wird. Aber die unterdrückten Erinnerungen sind nicht die vom Schlachten selbst, wenn ich es richtig verstehe. Das Bild des Blutengels kam von Aktivisten, er erinnert sich wie er einen Revolver läd und dann bricht er diese Erinnerung ab. Wenn ich den Text richtig verstehe, hat er Tierrechtsaktivisten erschossen, die in den Betrieb eindringen wollten? Aber woher kommt Isabell? Irgendwie schwer vorstellbar, dass ein Aktivist hochschwanger war. Na ja, vielleicht habe ich auch etwas überlesen und tappe im Dunkeln. :)
Dass du dieses Ereignis in Halle 5 immer wieder umkreist mit den Bildern des Blutengels ist schon ein cooles Storytelling-Element. Du erzeugst Spannung beim Leser, weil er sich fragt, was wohl passiert ist. Der Nachteil daran ist allerdings, dass der Fokus etwas vom Text selbst weggeht, denke ich. Du provozierst damit so eine Art Rätselraten bei mir. Ich habe jedenfalls nach dem Lesen nochmal nach allen Stellen gesucht, die mit dem Ereignis selbst zu tun haben.

Marianne wird nicht verstehen, was in Halle 5 geschehen ist.
Als ich den Einstiegssatz zum ersten Mal gelesen habe, war ich nicht ganz zufrieden damit. Auf der einen Seite löst er die Frage aus "was ist denn geschehen", also er motiviert schon zum Lesen, denke ich. Auf der anderen Seite wirkt er irgendwie austauschbar, als könne er vor einer Menge Geschichten stehen, um den Leser zu motivieren die darauffolgende Handlung zu lesen.
Nach dem Lesen gefällt er mir aber besser. Ist so etwas wie der Schlüsselsatz der Geschichte. Der Protagonist kann nicht ausdrücken, was in Halle 5 geschehen ist. Darum dreht sich ja der ganze Text irgendwie.

Isabell ist meine Tochter.
Der Satz wirkt unnatürlich erklärend, also nicht wie etwas, was einem durch den Kopf geht. "Isabell – meine kleine Tochter", so in der Richtung würde es natürlicher klingen, finde ich.

Veränderung macht angst
Angst groß.

flattert wie ein toter Vogel im Wind.
Ein toter Vogel flattert im Wind? Flattern nicht eher lebende Vögel? Vielleicht ein anderes Wort nehmen.

Ein zerlöchertes Schild in den Scheinwerfern.
Würde hier vielleicht sowas schreiben wie "im Licht der Scheinwerfer". Ich dachte beim Lesen zuerst, dass die Scheinwerfer kaputt wären.

Das gelbrote Logo mit der Muschel schief, das S des Schriftzugs abgefallen und nirgends zu sehen.
Also steht da jetzt Hell, hm? :D Sehr coole Idee.

Vor mir steht ein Mann, Dunkelheit unter der Kapuze. Bevor der Unbekannte erneut zuschlägt und etwas in meinem Gesicht zerbricht, erkenne ich den Rüssel einer Schweinemaske.
Hmmm, also ich lese das jetzt mal so, dass der Mann ein Aktivist bzw. die Erinnerung an einen Aktivisten ist, weil die maskiert mit Schweinemasken in den Betrieb eingedrungen sind. Wenn das hier auf die Schweine selbst referenziert, fände ich es etwas albern.

Ein verzweifeltes Kind, das am Laufstall zerrt.
Dieses Käfigbild, dass du mehrmals auf unterschiedliche Situationen angewendet wiederholst, gefällt mir sehr gut.

Nach ein paar Wochen oder Monaten erzählte sie mir unter Tränen, dass Isabell bei ebenjenem Anwalt die Stelle bekommen hätte. Ich wurde das Gefühl nicht los, dass sie es nur sagte, um mich zum Schweigen zu bringen. Bald hielt ich es nicht mehr aus. Wut und Ungewissheit trieben mich erneut über die Schmerzgrenze.
Diese und einige andere Stellen lassen mich daran denken, dass du mit dem Text mehr darauf hinauswillst, dass Isabell tot ist. Bin ich mit diesem Aktivistenkram also auf der falschen Spur? =D

Ich habe den Text gerne gelesen. War gut geschrieben und die Absätze zur Schweineschlachtung sind schon echt düster, was ich super finde.

Beste Grüße
Klamm

 
Zuletzt bearbeitet:

Guten Morgen @Seth Gecko

Vielen Dank für deinen Kommentar. Es freut mich, dass Du neben der Challenge Zeit gefunden hast, bei meiner Geschichte reinzusehen. Habe mich über deinen Beitrag gefreut.

Folgendes habe ich direkt angepasst:

Das kann auch weg. Wir wissen da ja schon längst, dass er sich im Knast befindet.
Das feine könntest Du streichen. Denn das sind Nadelstiche ja eigentlich immer.
Ist nun beides übernommen.

Sagt man das so? ein Tupperware ? Hat mich stolpern lassen.
Ich denke, man kann das so sagen. Ich würde das so sagen. Damit ist natürlich gemeint, ein Tupperware voller Tabletten, also die schmeissen ihm die Tabletten ja nicht samt Tupperware in den Rachen :D Ist halt bisschen verkürzt, aber ich denke, ich lasse es so drin. Falls noch andere Leser darüber stolpern sollten, werde ich mir überlegen, es zu ändern.

Braucht es hier das Bild der Kreissäge? Könntest Du mMn kürzen.
Mir gefällt das. Die quietschenden Räder allein würden wahrscheinlich ausreichen, aber ich wollte das an der Stelle etwas deftiger formulieren, also in seinem Zustand nimmt er das Geräusch eben nicht nur als Qietschen wahr, sondern das ist schon sehr aggressiv und treibt ihn weiter in den Wahnsinn.

Hier würde ich überlegen, den Satz umzustellen. Vielleicht so:
Im Spiegel hinter dem Jungen verschwimmt die Digitalanzeige: Rote Ziffern. 23,58 pro Liter. Keine Preise. Die Zeit!
Ja, das hatte ich erst so drin mit dem verschwimmen. Im nächsten Satz kommt dann: Rot verwischte Ziffern. Ich wollte da nicht zwei 'ver'-Wörter direkt nacheinander. Ausserdem gefiel mir das Bild mit dem Schwimmen: Henry nimmt das so wahr, als schwimmten die Zahlen unter Wasser, also als betrachte er die durch eine Wasseroberfläche. Naja, ich hoffe, Du verstehst was ich damit meine ...

Den Einstieg empfinde ich als ein wenig zu sperrig, ich kann nicht verorten, wo wir uns befinden und was eigentlich abgeht. Ist aber wahrscheinlich genau so intendiert?
Ist schon zu einem gewissen Grad intendiert, ja. Ich wollte da bei der Verortung nicht zu genau werden. Also klar, ich hätte noch hinzuschreiben können, in welcher Ortschaft das ist etc. pp., aber das erachte ich als Unrelevant und es hätte nur abgelenkt und den Anfang in die Länge gezogen. Ein paar Angaben gibt es ja: Wir befinden uns in einer Wohnung. Marianne und Isabell sitzen Henry gegenüber am Tisch im Wohnzimmer. Eine nackte Glühbirne an der Decke. Die Tür zur Küche, die angelehnt ist. Ich dachte, das muss ausreichen :)

Du hast einige saugute (;)) knüppelharte Beschreibungen und Dialoge drin
Das war für mich der beste Absatz des gesamten Textes. Diese fiese Härte und der Ton, Sätze wie "Jedes Gatter ist stärker als der höchste Wille". Stark geschrieben.
Scheint mir eher wie so ein David Lynch-Ding zu sein, man mäandert durch die Handlung, freut sich über geile Bilder und coole Dialoge und am Ende fragt man sich: WtF?
Hey, vielen Dank, Seth! Das freut mich sehr.

Ich finde übrigens, Du könntest den Text auch gut zur Weihnachts-Challenge stellen. Da fehlt noch ein Horrorbrett, findest Du nicht? :xmas:
Danke für den Vorschlag wegen der Challenge. Habe mir das auch überlegt, aber schlussendlich ist es ja so: Ich habe mich beim Einstellen dazu entschieden, die Geschichte ausserhalb der Challenge zu posten und da wird sie nun auch bleiben. Fände es etwas komisch, hier jetzt erst ein paar Kommentare abzugreifen und die dann verschieben zu lassen ... Bei der nächsten Challenge mache ich dann mit! :thumbsup: Und danke an der Stelle, dass Du die Geschichte als 'Horrorbrett' bezeichnest :cool:

Dir eine schöne Woche & Beste Grüsse,
d-m

p.s.: Mitabstimmen bei der Challenge werde ich, habe bisher alle Geschichten gelesen.

 

Marianne wird nicht verstehen, was in Halle 5 geschehen ist.Hallo deserted-monkey!

Kann ich sagen, dass ich die Geschichte gern gelesen habe? Nein, eigentlich nicht, denn ich habe mich eher durchgearbeitet, du kennst das sicher, dass es eigentlich Mühe macht, weiterzulesen, man blickt nicht durch, muss überlegen, blickt trotzdem nicht durch. Aber irgendetwas bewegt einen, doch fortzufahren und irgendwann hat man es geschafft. Man überlegt, man denkt nach und muss nochmal von vorne anfangen.

Ich muss sagen, das Lesen der Kommentare, das Abgleichen der Versionen mit den eigenen Gedanken und das Zuhören beim Klicken im Kopf, wenn irgendwas ineinandergreift (großer Gott, die Metaphernkiste zu!), das macht dann doch wieder Spaß, ist anregend und man sieht im günstigsten Fall etwas klarer.
Was ich leider nicht bei allen Zügen der Geschichte sagen kann. Große Frage für mich: Woher kommt Isabell?!

Ich mochte den Einstieg (die ersten Absätze) nicht sehr. Ich bin für die Art Storys nicht gemacht - siehe oben. Ich hatte ehrlich gesagt auch meine Probleme mit all den kurzen Sätzen. SPO. Ich meine, ich weiß, was du damit bezweckst und wenn ich mir viel Mühe gebe, dann weckt das auch in mir etwas (bei bestimmten Abschnitten kann ich den Gedanken sogar folgen), aber im großen sind diese Schlaglichter, diese Gedankenfetzen eher nichts für mich. Aber das ist Ansichtssache. Hin und wieder vergaloppierst du dich auch für meine Begriffe etwas, manche Bilder sind arg beliebig, das ein oder andere würde ich sogar als kitschig bezeichnen. Aber - und das ist die Crux - das kann sogar gewollt sein.
Wenn du dann allerdings auf die narrative Schiene einschwenkst, wenn du Fakten gibst, dann liest man begierig weiter und folgt dir fast überall hin.

Und tatsächlich, einige magengrubenwühlende Bilder hast du zu Papier gebracht, und wenn ich mich vor den Text setze, die Augen zukneife, und emotional darauf reagiere, dann zeigt sich ein glasklares Bild.
Das dann natürlich wieder verschwimmt, wenn ich die Augen wieder aufmache.


Marianne wird nicht verstehen, was in Halle 5 geschehen ist.

Der erste Satz hat mir gut gefallen, muss ich sagen. Bei mir hat er gewirkt.

Im Licht der nackten Glühbirne ...

Das wäre zum Beispiel so ein Klischeesatz. Kann sein, dass ich zu pingelig bin, und immerhin ist es so, dass man dem Leser Vertrautes bieten muss, damit Bilder in seinem Kopf entstehen. Allerdings sollte das Vertraute nicht unbedingt abgelutscht und zu rund sein. Eine Gratwanderung.

Mir hat mal einer erzählt, er habe beim Onanieren an die Besamung von Schweinen gedacht.

Ich weiß nicht, das wurde glaube ich auch schon angemerkt. Die Erzählsprache ist nicht immer vollkommen stringent, und bei solchen kleinen Holpersteinen bin ich schnell raus. Wenn jemand etwas von diesem Inhalt von sich gibt, dann denke ich, nutzt er kräftigere Ausdrücke. Ich finde, Onanieren klingt ziemlich technisch.

Und wenn sie mit ihren roten Schweineaugen beobachtet, ...

Das wurde schon angemerkt und du hast es auch geändert. Ich hatte mir das notiert, allerdings mit der Änderung Schweinsaugen. Na, auch das ist Ansichtssache.

Nie hätte ich gedacht, dass etwas so Simples wie ein Trennglas ausreicht, um uns näher zusammenzubringen.

Ist das eine Doppelung? Ich glaube, näher kannst du weglassen.

Den Primakov klammere ich an mich.

Hmm, klingt für mich auch ein wenig schief. Entweder umklammerst du den Primakov oder du presst ihn an dich.

Also, wie eingangs erwähnt, ist das Ganze schon mit Anstrengung verbunden, man hat sich noch immer nicht durch den Inhalt durchgekämpft, aber faszinierend, wirklich, und eindrücklich.
Insofern also doch gern gelesen.

Schöne Grüße von meiner Seite!

 

Hey @Klamm

Vielen Dank auch Dir für den Beitrag, fürs Lesen und deine investierte Zeit. Du hattest das ja schon per PN angekündigt und ich habe mich dann sehr gefreut, deinen Kommentar unter meiner Story zu lesen. Da stecken viele gute Anmerkungen drin. Auch will ich mal bisschen mehr dazu schreiben, wie ich mir die Handlung gedacht habe. Zuunterst im Beitrag habe ich einen Spoiler gesetzt und meine Lesart, meine Intention reingeschrieben, anhand von Zitaten am Text.

Ich hatte beim Lesen so ein bisschen den Eindruck, dass er in Schleifen verläuft. Er dreht sich im Kreis und du gibst dem Leser nur langsam Informationen, so dass man die meiste Zeit nicht genau weiß, wo dein Protagonist gerade ist. Steckt er gerade in seinen Erinnerungen oder passiert das gerade wirklich? Auf der anderen Seite hatte ich an manchen Stellen den Eindruck, dass du dich einen Ticken zu weit auf diesen Schleifeneffekt konzentrierst.
Das freut mich sehr, dass Du das mit dem Schleifeneffekt benennst. So war es gedacht. Ich schreibe unten im Spoiler noch ein wenig mehr dazu.

An diesen Stellen reihst du einige Bilder aneinander, die die Handlung nicht voranbringen, sondern schon fast etwas ermüden (z.B. im zweiten Absatz). Im Großen und Ganzen bin ich aber sehr gut durch den Text gekommen, obwohl er ja durchaus lang ist.
Ja, ich verstehe, was Du meinst und ich sehe da auch ein wenig das Problem, dass der Text etwas auf der Stelle tritt, weil es da zu viel Wiederholung gibt. Ich versuche das ein wenig zu reduzieren. Das ist ein guter Hinweis.

Wenn ich den Text richtig verstehe, hat er Tierrechtsaktivisten erschossen, die in den Betrieb eindringen wollten?
Interessante Lesart.

Aber woher kommt Isabell?
Ich schreibe dazu was im Spoiler.

Ist so etwas wie der Schlüsselsatz der Geschichte. Der Protagonist kann nicht ausdrücken, was in Halle 5 geschehen ist. Darum dreht sich ja der ganze Text irgendwie.
Absolut. Das sehe ich ebenfalls so. Ich habe den ersten Satz auch erst geschrieben, als die ganze Geschichte bereits stand, der war zuerst anders.

Der Satz wirkt unnatürlich erklärend, also nicht wie etwas, was einem durch den Kopf geht. "Isabell – meine kleine Tochter", so in der Richtung würde es natürlicher klingen, finde ich.
Verstehe ich. Ich schreibe dazu was im Spoiler.

Angst groß.
Ich hatte das erst gross, aber ich glaube, dass das von 'angstmachen' kommt, also müsste es klein bleiben. Oder bin ich da völlig schief?

Ein toter Vogel flattert im Wind? Flattern nicht eher lebende Vögel? Vielleicht ein anderes Wort nehmen.
Das ist so eine Stelle, über der ich länger gesessen bin bzw. die ich immer mal wieder umgestellt und verändert habe. Ich gebe Dir insofern recht, klar, tote Vögel flattern nicht (mehr). Hatte das auch erst ohne den Wind drin und ein Kumpel, der die Geschichte vor dem Einstellen gelesen hat, meinte dann, he, das passt nicht, vielleicht könnte der tote Vogel ja im Wind flattern? Habe es dann so übernommen, will aber jetzt natürlich nicht meinem Kumpel die Schuld geben, nein nein :D FlicFlac fand das Bild gelungen, hat es ja sogar rauszitiert als gelungene Stelle, aber ich bin auch immer noch ein wenig hin- und hergerissen. Ist sicherlich auch Geschmacks- oder Interpretationssache, ob das passt oder nicht. Jedenfalls überlege ich noch, wie ich die Stelle verändern könnte. Sobald mir was einfällt, passe ich es an.

Würde hier vielleicht sowas schreiben wie "im Licht der Scheinwerfer". Ich dachte beim Lesen zuerst, dass die Scheinwerfer kaputt wären.
Ja, die Stelle habe ich auch auf dem Radar. Das scheint mir zu verkürzt. Ich werde entweder deinen Vorschlag direkt so übernehmen oder den Satz in ähnlicher Form erweitern. Danke fürs Notieren.

Also steht da jetzt Hell, hm? :D Sehr coole Idee.
Danke :thumbsup:

Hmmm, also ich lese das jetzt mal so, dass der Mann ein Aktivist bzw. die Erinnerung an einen Aktivisten ist, weil die maskiert mit Schweinemasken in den Betrieb eingedrungen sind. Wenn das hier auf die Schweine selbst referenziert, fände ich es etwas albern.
Interessante Lesart!

Dieses Käfigbild, dass du mehrmals auf unterschiedliche Situationen angewendet wiederholst, gefällt mir sehr gut.
Super, das freut mich. Gerade bei der Passage mit dem Laufstall war ich mir recht unsicher, ob es passt oder drüber wirkt.

Ich habe den Text gerne gelesen. War gut geschrieben und die Absätze zur Schweineschlachtung sind schon echt düster, was ich super finde.
Herzlichen Dank! Fürs Lesen, den guten Kommentar und deine dafür aufgewendete Zeit, für die Auseinandersetzung mit meinem Text. Ich bin sehr gespannt auf deine nächste Geschichte.

Also, ich denke, die Frage, die sich die meisten Leser gestellt haben, war die folgende: Wer ist Isabell? Woher kommt sie? Meine Intention dahinter: Isabell existiert eigentlich gar nicht, also zumindest ist sie kein Mensch. Isabell ist ein Ferkel. Henry hat das Ferkel mit nach Hause genommen und Marianne 'vorgestellt'.
Die letzten Tage im Knast dachte ich nur an Isabell. Daran, was während der letzten Spätschicht in Halle 5 passiert ist. Marianne und ich konnten ja selbst nie Kinder kriegen und dann kam ich mit diesem wunderschönen Mädchen aus der Nacht zurück. Veränderung macht angst. Niemand weiß das besser als ich.
Das wollte ich bei dieser Passage verdeutlichen. Deshalb beharrt Henry auch so darauf, dass Isabell seine Tochter ist, denn selbstverständlich hat Marianne das nicht akzeptiert, hat sich gedacht, jetzt ist der Henry völlig durchgeknallt. Darum der Satz:
Isabell ist meine Tochter.
Ebenfalls ein Hinweis hier:
Marianne hat mich besucht, aber Isabell war nie dabei.
Isabell war nie dabei, weil sie eben nicht existiert, als Person. Und Marianne ist das Ferkel bestimmt längst losgeworden, auf welche Art auch immer. Oder es könnte bedeuten, dass ihm bewusst ist oder wird, dass Isabell keine Person, sondern ein Ferkel ist. Deshalb sieht er nur Marianne. Hier eine weitere Andeutung:
In mir nagt die düstere Vorahnung, dass sie unser Mädchen immer noch nicht akzeptiert hat.
Für mich ist dann auch das hier perspektivisch nicht mehr allzu schief:
Wie mir fehlen ihr die Worte.
Denn Henry weiss, dass ihr die Worte fehlen, soviel Verstand hat er noch in seinem Wahn: Man kommt nicht mit einem Ferkel nach Hause und stellt es seiner Frau als die eigene Tochter vor.

So, da dies ein Text ist, der ins Horror-Genre fällt oder dies zumindest streift, könnte man das natürlich gedanklich noch ein wenig weiterspinnen: Hat Henry eine Muttersau geschwängert? Einen Mensch-Sau-Hybriden gezeugt? Ich hatte das anfangs, bevor ich die Geschichte reingestellt habe, so drin, zumindest stark angedeutet. Habe es dann aber rausgenommen, weils mir so schien, als würde ich das dem Leser zu stark auf die Nase binden und ich mir auch sehr unsicher war, ob es nicht komplett drüber ist. Habe es deshalb entschärft und das mehr im vagen gelassen.

Henry kann sich durch die ganze Geschichte nicht wirklich klar ausdrücken. Gerade auch, was seine Gefühle anbelangt und vor allem auch, was in Halle 5 geschehen ist. Ich habe es mir so gedacht, dass er durch seinen Alkoholismus und durch seine Arbeit den Anschluss zu den Menschen irgendwo verloren hat, weshalb er dann in dem Ferkel eine neue Bezugsperson sucht/findet. Klingt schräg, ich weiss :D

Der Schleifeneffekt: Der Typ, der Henry am Ende in der Tankstelle an der A5 angreift und zusammenschlägt, ist er selbst. Henry macht sich quasi selbst fertig, weil er mit der Schuld nicht leben kann, die er sich aufgebürdet hat. Ein paar Zitate dazu. Vom Beginn des Textes:

Weil ich mir den Schmerz und die Dunkelheit wie eine Kapuze über den Kopf gezogen hab.
Als er bei der Tankstelle ankommt:
Ziehe die Kapuze nach oben.
Als er herumgeschleudert wird und den Angreifer sieht:
Vor mir steht ein Mann, Dunkelheit unter der Kapuze.
Die Schweinemaske habe ich im Nachhinein hinzugefügt. Ich finde da Proofs Deutung ganz gut, Klamm war es ja zu albern. Das kann ich auch verstehen, dass es so wirken kann. Vielleicht passt es auch nicht recht, oder öffnet da noch einmal zu sehr den Raum für Interpretationen. Vielleicht muss das raus. Ich habe es mir so gedacht, dass er eine Schweinemaske trägt, um sich Isabell näher zu fühlen.

Einen weiteren "Hinweis" auf diesen Schleifeneffekt gibt es meiner Meinung nach auch zu Beginn. An dieser Stelle hier:

Die Bilder sind gähnende Rechtecke, die mich in die Irre führen. Sie sind Tunnel in meinem Kopf, alle enden in dieser Nacht, an diesem Tisch, in diesem Moment.
Später, als er im Wagen sitzt und vermeintlich zu seinen Schwiegereltern fährt:
Der Wagen schlittert durch endlose Schwärze. Verschwindet im Tunnel, im Loch in meinem Kopf.

Man könnte es so interpretieren, dass sich die ganze Geschichte nur in Henrys Kopf abspielt. Der Knast, die Gitter etc. sind das Gefängnis seiner Gedanken. Als er 'aus dem Knast rauskommt', hat er einen klaren Moment, versucht vielleicht etwas in seinem Leben zu verändern, bis er wieder von sich selbst, von seiner Schuld, eingeholt wird. Ja, ist vielleicht ein wenig weit hergeholt! :D

Eine weitere (ok, sehr versteckte) Andeutung auf die Schleife:

Ich denk an drei Jahre Knast, einen Sechsschüsser und an die Geburt in Halle 5.
3 Jahre Knast, einen 6-Schüsser, Halle 5. Ergibt 365. Ein Jahr. Das sollte noch einmal verdeutlichen, dass er quasi in einer Schleife gefangen ist, an diesem Heiligabend, er erlebt den 365sten Tag immer und immer wieder. Aber ja, vielleicht ist das auch Quatsch.

Es kann gut sein, dass ich hier zu viel Andeutungen in den Text gesteckt habe, was den Text insgesamt zu unscharf werden lässt. @Hanniball hat ja auch was zu dieser Unschärfe geschrieben. Vielleicht kann man da einfach zu viel in den Text bzw. in die Handlung reininterpretieren, mittlerweile sehe ich das auch etwas als Schwäche des Textes. Vielleicht bröselt jetzt der ganze Text nach meinem Erklärungsversuch auseinander ... Dann rügt mich gerne! :D Jedenfalls vielen, vielen Dank für alle Antworten bisher, es war mir eine grosse Freude sie zu lesen!

@Hanniball: Ich melde mich alsbald! Vielen Dank schon mal :-)

So long,
d-m

 

Moin, @deserted-monkey ,

Ich hatte das erst gross, aber ich glaube, dass das von 'angstmachen' kommt, also müsste es klein bleiben. Oder bin ich da völlig schief?
Nicht völlig, aber etwas: Angst machen.

Vielleicht hast du es aus älteren Büchern klein in Erinnerung.

Und ich meine, Angstmachen (zusammen, aber auch dann groß) ginge als Substantivierung nicht, zumindest klingt es schräg und wird auch hier rot unterstrichen: Das Angstmachen durch Horrorfilme nimmt immer extremere Formen an. Meh. Nee.

Herzliche Grüße,
Katla

 

Hallo @deserted-monkey ,
da revanchiere ich mich erst einmal, auch wenn ich zu denen gehöre, die hier sehr verwirrt zurückbleiben. Generell sehe ich da als Thema die Verwüstung, die eine Schweinehaltung, die so quälend für die Tiere ist, in einer Seele anrichtet. Die erste Szene wirft eine Frage auf:

Ihre Augen geweitet, fixiert auf mich.
Hier hatte ich das Bild, dass sie geknebelt ist und er sie irgendwie in seiner Gewalt hat. Ich glaube, ich war mehrmals auf der falschen Fährte.
Ich muss endlich den Knebel in meinem Mund loswerden.
Denn hier geht es um seinen Knebel, wobei ich vermute, dass das eher metaphorisch gemeint ist.
Das Grau hinter dem Fenster schleicht sich in den Raum. Die Birne über mir knackt. Für einen Moment sitze ich im Dunkeln. Stromausfall. Dann wird’s wieder hell. Nur langsam und zögernd kehrt das Licht zurück.
Da sind schöne atmosphärische Beschreibungen drin.
Ich muss es ihr jetzt sagen!
So, und nun gehe ich klar mit der Erwartung daran, dass diese Frage beantwortet wird.
Halt! Stopp! Ich rühre Zuckerwürfel in meinen Kaffee! Es ist nur der Zucker und ein Löffel und die Tasse mit der Schnauze wo draufsteht: Ich hab den saucoolsten Dad der Welt.
Wie du das Schweinemotiv hier immer wieder variierst, das finde ich super.
Zäh fließt die Zeit dahin. Mündet in einen See aus schwarzem Eis, bildet Schichten aus gefrorenem Schmutz. Diese Jahre sind in mir ausgeblutet und erstarrt. Wie die Schweine, die ich mit dem Bolzengerät erschoss.
Hier gibt es einmal etwas Konkretes, das scheint so gewesen zu sein. Das ist für mich jetzt greifbarer. Ansonsten macht der Erzähler einen unzuverlässigen Eindruck. Das könnte sich genausogut alles in seinem Kopf abspielen.
Ich hab meine Familie an Heiligabend nicht getötet. Auch an keinem anderen Tag. So einer bin ich nicht. Das bringe ich nicht mal in meiner Vorstellung übers Herz. Obwohl ich mein Hirn schon auf der Tapete kleben sah. Stattdessen bin ich losgefahren, zur Tankstelle an der A5. Den Revolver hab ich im Safe im Schlafzimmer gelassen. Manchmal, wenn ich wach neben Marianne im Bett lag, hoffte ich, sie würde sich zu mir drehen und mich nach der Kombination fragen, um all dem ein Ende zu bereiten.
So auch der erste Satz. Sagt er das, weil er genau das getan hat, seine Familie getötet? Immer wieder so eine Todessehnsucht bei ihm.
Die Zeitung les ich noch. Die heutige Ausgabe liegt neben mir auf dem Beifahrersitz und flattert wie ein toter Vogel im Wind.
Spontan fand ich das Bild gut und originell. Jetzt bin ich mir nicht so sicher, denn flattern würde ich mit einem lebendigen Vogel in Verbindung bringen.
Ich spüre eine unsichtbare Kraft, die mich davon abhalten will, mein Ziel zu erreichen. Weihnachten bei den Schwiegereltern. Wenn ich nicht so ein Unmensch wär, hätt ich den Revolver mitgebracht.
Ja, bis hier tappe ich echt im Dunkeln. Er war im Gefängnis, weil er einen Mann an der Tankstelle zusammengeschlagen hat? Am Ende wird er ja selber zusammengeschlagen. Da sind so viele Themen drin, das Schweinethema finde ich am Stärksten.
Wenn Muttersäue pissen, stellen sich die Ferkel drunter. Sie können sich sonst nirgends baden.
Eine Muttersau bläht quiekend und grunzend den Rüssel, wenn man sie in die Flanke tritt. Man macht das, um die toten Ferkel unter ihr hervorzuziehen. Und wenn sie mit ihren roten Schweineaugen beobachtet, wie man ihre Kinder in einen stinkenden Plastikeimer wirft, zu all den Innereien und dem Kot, versucht sie aufzustehen, obwohl sie das nicht kann. Jedes Gatter ist stärker als der höchste Wille. Dieses Gatter ist meine Macht. Weil ich schon so lange darin gefangen bin, weiß ich es mir zu Nutzen zu machen. Gleichzeitig ist es mein Untergang. Während ich darauf warte, eines Tages selbst zur Schlachtbank geführt zu werden, hoffe ich, du vergibst mir, Isabell. Für uns hab ich ein Ferkel zertreten und mit seinem Blut an den Stiefeln einen Engel in den Schnee gemalt.
Das finde ich alles so bitter, Bilder, die man schlecht aus dem Kopf bekommt. Und sich vorstellen kann, was das mit jemandem macht. Aber letztlich hat ihn ja niemand gezwungen, oder?
Der Primakov und der Mief von Halle 5 siechten mir aus den Poren und vergifteten das Zimmer. Das Fenster trotz eisiger Temperaturen stets gekippt. Wenn jemand nach mir sah immer mit Maske. Meinen Bettnachbarn mussten sie verlegen.
Der Geruch von Schweinestall ist ja legendär.
Sein Schnarchen klang wie das Quieken der Schweine und erfüllte den Trakt. Am liebsten hätte ich ihn abgestochen oder einen Bolzen durch den Schädel gejagt. Mit anderen Worten: Obwohl mein Kopf endlich leer war, suchten die Erinnerungen an Halle 5 mich immer noch heim.
Also sein Kopf ist leer, weil er im Gefängnis sitzt und nichts tun muss? Oder weil er nüchtern ist? Ich stelle mir das so vor, dass er so vor sich hindämmert, aber ihn Erinnerungen an die Situation in der Halle überfallen.
Ein entscheidender Unterschied existierte. Trotz meines Stumpfsinns fühlte ich im Innersten plötzlich eine bizarre Fröhlichkeit. Während der Knastbesuche konnte auch Marianne ihre Gefühle offener ausdrücken. Wir mussten uns nichts mehr vorspielen. Ich lernte ganz neue Seiten an ihr kennen. Nie hätte ich gedacht, dass etwas so Simples wie ein Trennglas ausreicht, um uns näher zusammenzubringen.
Wieder ein neues Thema.
Nur seine Worte hallten nächtelang durch den Trakt, als wäre sein Geist bei mir in der Zelle geblieben.
Hier bin ich doch schon lange an dem Punkt, wo ich nichts verstehe. Was weiß der Nachbar plötzlich von diesem Engel?
Oder ich flüsterte tonlos in die Sprechmuschel. „Ich bin nur der schlechte Knecht. Ich töte Tiere für Geld und meine Familie für nichts.“
Hat er jetzt doch die Familie getötet?
Du bist clean“, erwiderte ich, als wäre alles so einfach.
„Schau, dass du dir vorher wenigstens die Haare bürstest und ein ordentliches Hemd anziehst. Sie wissen nicht, dass du im Loch sitzt.“
„Wo ist Isabell? Wieso hat sie mich nie besucht?“
Ja, du hättest mich normalerweise als Leserin wahrscheinlich verloren. Da kommen eher immer neue Fragen. Was jetzt mit den Schwiegereltern ist.
Ich stehe vor dem Regal und suche nach dem Primakov. Zuunterst steht eine letzte Flasche. „Sehr beliebt“, sagt der Junge in meinen Rücken und ich fahre zusammen. Lasse die Flasche beinahe fallen. Dann drehe ich mich um. Er hat sein Buch zugeklappt und schaut mich an. Lehnt sich in seinem Stuhl zurück. Die Augen gerötet. Wortlos stelle ich den Primakov vor ihn und fische die Geldbörse mit klammen Fingern. Schaue ihn nicht an, mein Blick auf dem Buch.
Vor mir steht ein Mann, Dunkelheit unter der Kapuze. Bevor der Unbekannte erneut zuschlägt und etwas in meinem Gesicht zerbricht, erkenne ich den Rüssel einer Schweinemaske.
Die Geschichte an der Tankstelle ist in sich jetzt zusammenhängend, dass er da zusammengeschlagen wird.
Insgesamt hat doch schon eine Wucht, ist sehr düster, sprachlich und thematisch steckt das viel drin, zu viel für mein Gefühl, vor allem zuviel Ungeklärtes. Da du Horror getaggt hast, habe ich mit etwas Übernatürlichem gerechnet. Irgendwie, als hätte er ein Ferkel getötet und daraus wäre ein Baby geworden, so eine Art Pakt mit dem Teufel.
So jetzt habe ich oben deinen Spoiler gelesen. Du hast also eine sehr komplexe, maximal ungewöhnliche Handlung, die du durch die Selbstgespräche eines Psychotikers durchscheinen lässt. Ich behaupte damit mutest du den Lesern zuviel zu, frustrierst eher. Wenn selbst das Gefängnis sich in seinem Kopf abgespielt haben soll, dann brauche ich eben dafür mehr Hinweise.
Das ist nun eigentlich gar nicht mein Genre. Als Idee hätte ich dazu nur, dass du noch Mariannes Perpektive mit einbringst, um so ein paar Pfosten der Klarheit einzuschlagen. Oder um es skurriler zu machen, vielleicht Isabels Stimme, als nicht existentes Wesen, die aber dennoch Klarheit schafft. Ich persönlich möchte schon gerne verstehen, was sich da wirklich abspielt.

Liebe Grüße von Chutney
P.S.

Danke für den Vorschlag wegen der Challenge. Habe mir das auch überlegt, aber schlussendlich ist es ja so: Ich habe mich beim Einstellen dazu entschieden, die Geschichte ausserhalb der Challenge zu posten und da wird sie nun auch bleiben. Fände es etwas komisch, hier jetzt erst ein paar Kommentare abzugreifen und die dann verschieben zu lassen ... Bei der nächsten Challenge mache ich dann mit! :thumbsup: Und danke an der Stelle, dass Du die Geschichte als 'Horrorbrett' bezeichnest :cool:
Das ist natürlich deine Entscheidung, aber bis morgen hättest du auf jeden Fall noch die Möglichkeit die Geschichte in die Challenge zu schieben. Thematisch passt es doch und du hast dadurch ja nicht mehr Kommentare "abgegriffen", als wenn sie gleich in der Challenge gelandet wäre. Ich will dich nicht drängen, dir aber die Sorge nehmen, dass das irgendwie unredlich wäre.

 

Hey @Hanniball

Auch Dir ganz herzlichen Dank fürs Lesen und Kommentieren, deine aufgewendete Zeit. Habe mich sehr gefreut, nach dem fahlen Glanz des Moores erneut von Dir zu lesen (ich schaue, dass ich ein wenig im Archiv grabe und als Gegenleistung mal eine Geschichte von Dir kommentiere). Du sprichst einige für mich wichtige Dinge an, auf die ich gerne etwas näher eingehe.

Ich muss sagen, das Lesen der Kommentare, das Abgleichen der Versionen mit den eigenen Gedanken und das Zuhören beim Klicken im Kopf, wenn irgendwas ineinandergreift (großer Gott, die Metaphernkiste zu!), das macht dann doch wieder Spaß, ist anregend und man sieht im günstigsten Fall etwas klarer.
Darüber habe ich mich besonders gefreut, vielen Dank. Aber wie schon in meinem vorherigen Beitrag geschrieben: Ich sehe das als auch eine Schwäche des Textes, weil zu viel hineininterpretiert werden kann, denke ich, zumindest mittlerweile, nach intensiverem Lesen der Kommentare.

Ich mochte den Einstieg (die ersten Absätze) nicht sehr. Ich bin für die Art Storys nicht gemacht - siehe oben. Ich hatte ehrlich gesagt auch meine Probleme mit all den kurzen Sätzen. SPO. Ich meine, ich weiß, was du damit bezweckst und wenn ich mir viel Mühe gebe, dann weckt das auch in mir etwas (bei bestimmten Abschnitten kann ich den Gedanken sogar folgen), aber im großen sind diese Schlaglichter, diese Gedankenfetzen eher nichts für mich.
Verstehe ich. Normalerweise sagt mir so ein Stil auch nicht unbedingt zu. Zu dieser Geschichte schien es einfach zu passen und ich habe es mal ausprobiert. Habe nicht vor, weiter so zu schreiben, bisschen ausformulierter gefällt mir persönlich auch viel besser. Nach mehrmaligem Lesen der Geschichte, jetzt auch mit paar Tagen abstand, sehe ich auch, dass diese kurzen Sätze ermüdend wirken können.

Hin und wieder vergaloppierst du dich auch für meine Begriffe etwas, manche Bilder sind arg beliebig, das ein oder andere würde ich sogar als kitschig bezeichnen. Aber - und das ist die Crux - das kann sogar gewollt sein.
Nein, das ist nicht gewollt. Die Stelle mit der 'nackten Glühbirne', die Du aufführst, da habe ich mir schon ein wenig an die Stirn geklatscht jetzt. Ja, ist ein sehr verbrauchtes Bild. Ich wollte die Startszene etwas genauer und habe u.a. das im Nachhinein noch eingefügt. Ich überlege mir, es rauszunehmen, oder zumindest zu ändern (zu etwas, das mehr auf einen Schweinestall referenziert?), gebe Dir recht!

Wenn du dann allerdings auf die narrative Schiene einschwenkst, wenn du Fakten gibst, dann liest man begierig weiter und folgt dir fast überall hin.
Danke!

Und tatsächlich, einige magengrubenwühlende Bilder hast du zu Papier gebracht, und wenn ich mich vor den Text setze, die Augen zukneife, und emotional darauf reagiere, dann zeigt sich ein glasklares Bild.
Das dann natürlich wieder verschwimmt, wenn ich die Augen wieder aufmache.
Ich verstehe, was Du meinst. Es fehlt dem Text bisschen an Genauigkeit, Präzision, gerade in der Handlung. Muss ich dran arbeiten. Ich denke, vorher habe ich auch Texte geschrieben, die eher ins Gegenteil ausgeschlagen sind, also, dass ich alles zu sehr genau auserzählt habe ... Bin da vielleicht auch ein wenig das richtige Mass am ausloten :-)

Ich weiß nicht, das wurde glaube ich auch schon angemerkt. Die Erzählsprache ist nicht immer vollkommen stringent, und bei solchen kleinen Holpersteinen bin ich schnell raus. Wenn jemand etwas von diesem Inhalt von sich gibt, dann denke ich, nutzt er kräftigere Ausdrücke. Ich finde, Onanieren klingt ziemlich technisch.
Supergutes Beispiel. Ich hab 'Onanieren' gekillt und 'Wichsen' draus gemacht. Passt viel besser in den Duktus, danke!

Das wurde schon angemerkt und du hast es auch geändert. Ich hatte mir das notiert, allerdings mit der Änderung Schweinsaugen. Na, auch das ist Ansichtssache.
Schweineaugen, Schweinsaugen. Mein Schreibprogramm beharrt auf Schweinaugen. Ist 'ne Krux, ja.

Ist das eine Doppelung? Ich glaube, näher kannst du weglassen.
Ja, ich überleg mir das, vielleicht nehme ich es raus. Glaube zu verstehen, wieso Du es angemerkt hast.

Hmm, klingt für mich auch ein wenig schief. Entweder umklammerst du den Primakov oder du presst ihn an dich.
Pressen. Gefällt mir. Ich übernehme es.

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Hallo @Katla

Und ich meine, Angstmachen (zusammen, aber auch dann groß) ginge als Substantivierung nicht, zumindest klingt es schräg und wird auch hier rot unterstrichen: Das Angstmachen durch Horrorfilme nimmt immer extremere Formen an. Meh. Nee.
Ok, verstehe. Ja, vielleicht habe ich diese veraltete Schreibform (angst machen) tatsächlich aus irgendwelchen älteren Romanen aufgeschnappt :-) Habe es jedenfalls jetzt geändert, danke für deine Hilfe und die Erklärung!

Beste Grüsse an euch beide,
d-m

 

Sein Schnarchen klang wie das Quieken der Schweine und erfüllte den Trakt. Am liebsten hätte ich ihn abgestochen
...
Die Freiheit so eng wie meine Zelle, wenn nicht enger.

Veränderung macht Angst.

Wie wahr,

lieber (oder doch böser?) dm,

es gesellt sich aber nicht zufällig der Gleichklang der pluralen Angst, „Ängste“, mit dem mit dem Superlativ „am engsten“, wobei die eher unbestimmte Angst schon den lieben Kleinen etwa im Straßenverkehr zur Vorsicht gemahnt.

Das muss ich wahrscheinlich nicht weiter „ausbauen“, aber ich bin immer wieder erstaunt, wie viel Flusen noch aufzulesen sind – bereits hier

Oder dass ich Isabell an der Hand nehme und aus der Wohnung verschwinde.
Besser „an „die“ Hand“ nehmen, die er dann „in der Hand“ hält ...

Was hat Isabell gesagt? Sie hat doch irgendetwas gesagt. Isabell ist meine Tochter. Sie ist Mariannes Gegenteil.
Geht das?
Ich war zB „anders“ (vom Verhalten her und auch äußerlich) als mein Bruder – aber sein Gegenteil, selbst wenn wir uns gelegentlich als Hinterteil bezeichneten ...

Geduldig wartet die Nacht auf meine Beichte.
Schönes Bild!

Wenn jemand nach mir sah immer mit Maske.
Ich denk in wörtlicher Rede wird idR zwischen „sah“ und „immer“ (das vllt. noch besonders betont wird) reflexartig eine Pause eingelegt, aber statt eines Kommas (von der Grammatik her wäre da eh keines anzubringen, also vllt. ein Gedankenstrich ...

„HeyKOMMA Henry, vergiss den Engel nicht“, schrie er.

Ich hab den beschissensten Anwalt der Welt. Schau, dass wenigstens sie einen Besseren abbekommt.
„besseren“ schlag ich vor, weil es m. E. ein Attribut eines (wenn auch verschwiegenen) „besseren Anwalts“ ist.

Nach ein paar Wochen oder Monaten erzählte sie mir unter Tränen, dass Isabell bei eben[...]jenem Anwalt die Stelle bekommen hätte.
Spricht er tatsächlich KOnj. II, in dem ja auch Zweifel bis hin zur Unwahrheit mitschwingen, während Konj. I ja tatsächlich in Niederschriften statt der (buchstäblichen direkten) Rede entwickelt wurde und Wahrhaftigkeit unterstellt.

Etwas Süsses, in das man nur noch in Erinnerung beißt, da der Zahn längst abgefault ist.
Hastu während des Schreibens die Tastatur gewechselt?
„Süßes“!

Die Beleuchtung der Tankstelle* ein Trugbild.
* Gedankenstrich?, aber auf jeden Fall ein Ausrufezeichen!

... und trete in die Umarmung der Kälte.
Ein Hauch von Poesie und schönes Bild

Chipstüten und Sandwiches in den Auslagen, soweit das Auge reicht.
Warum die Konjunktion (fürchtet er zu erblinden?) statt des Horizontes im unbestimmten „so weit das Auge reicht“?

Wie dem auch wird,
schönen Restsonntag aus'm trüben Pott von

het windje!

 

Hallo @Chutney

Herzlichen Dank für deinen Kommentar! Es freut mich umso mehr, dass Du die Geschichte gelesen hast, weil das wohl normalerweise überhaupt nicht dein Genre ist. Ich gehe praktisch mit allem mit, was Du schreibst:

Generell sehe ich da als Thema die Verwüstung, die eine Schweinehaltung, die so quälend für die Tiere ist, in einer Seele anrichtet.
Ja, ich denke, dass ist das zentrale Thema. Die Zustände in der industriellen Schweinemast und was das mit Mitarbeitern machen kann/könnte.

Hier hatte ich das Bild, dass sie geknebelt ist und er sie irgendwie in seiner Gewalt hat.
um seinen Knebel, wobei ich vermute, dass das eher metaphorisch gemeint ist
Genau. Ich wollte da schon suggerieren, dass Henry sie in seiner Gewalt hat, vielleicht sogar gefesselt und geknebelt und dann ist es hier plötzlich er, welcher den Knebel in seinem Mund loswerden will. Ich lese es so, dass das für Dich zumindest im Ansatz funktioniert hat, es ist sozusagen eine falsche Fährte, ja.

Da sind schöne atmosphärische Beschreibungen drin.
Wie du das Schweinemotiv hier immer wieder variierst, das finde ich super.
Vielen Dank!

Spontan fand ich das Bild gut und originell. Jetzt bin ich mir nicht so sicher, denn flattern würde ich mit einem lebendigen Vogel in Verbindung bringen.
Du bist nicht die Erste, die hier drüberstolpert. Von daher: Ich werde das anpassen, Du hast mich überzeugt :-)

Ja, bis hier tappe ich echt im Dunkeln. Er war im Gefängnis, weil er einen Mann an der Tankstelle zusammengeschlagen hat? Am Ende wird er ja selber zusammengeschlagen. Da sind so viele Themen drin, das Schweinethema finde ich am Stärksten.
Viele Themen, ja, wohl zu viele. Habe wohl ein zu grosses Fass aufgemacht bzw. zu viele Fässer. Solche Hinweise, Anmerkungen, sind sehr wichtig für mich, ich denke, so der Ansatz 'reduce to the max' wäre hier und auch generell in meinen Stories wohl angebracht. Ich schaue, ob ich das hier anpasse, aber auf jeden Fall nehme ich es mir für künftige Geschichten mit! Wegen der vielen angeschnittenen Themen kommt dann auch der Leser nicht mit, das habe ich kapiert, haben bis jetzt eigentlich alle das Problem gehabt, auch @Henry K. schreibt das.

Das finde ich alles so bitter, Bilder, die man schlecht aus dem Kopf bekommt.
Nun, das war schon irgendwo das Ziel ;)

Der Geruch von Schweinestall ist ja legendär.
Jetzt, wo ich die zitierte Stelle so isoliert sehe, fällt es mir auf: Das wirkt extrem drüber. Werde da bisschen reduzieren, danke fürs Aufzeigen!

Ja, du hättest mich normalerweise als Leserin wahrscheinlich verloren.
Ich verstehe das. Anhand deiner Zitate und deinen Gedanken dazu kann ich das sehr gut nachvollziehen. Schade natürlich, aber ich sehe, dass es am Text liegt, nicht an Dir als Leserin, selbst wenn Du hier vielleicht von deinen Lesegewohnheiten ziemlich abgeschweift bist. Wichtige Anmerkung.

Insgesamt hat doch schon eine Wucht, ist sehr düster, sprachlich und thematisch steckt das viel drin
Du hast also eine sehr komplexe, maximal ungewöhnliche Handlung, die du durch die Selbstgespräche eines Psychotikers durchscheinen lässt.
Das freut mich wiederum sehr, auch wenn Du da Probleme benennst. Dein Beitrag hat mir viele Hilfestellungen gegeben, mit denen ich gut arbeiten kann.

Ich behaupte damit mutest du den Lesern zuviel zu, frustrierst eher. Wenn selbst das Gefängnis sich in seinem Kopf abgespielt haben soll, dann brauche ich eben dafür mehr Hinweise.
Das ist nun eigentlich gar nicht mein Genre. Als Idee hätte ich dazu nur, dass du noch Mariannes Perpektive mit einbringst, um so ein paar Pfosten der Klarheit einzuschlagen. Oder um es skurriler zu machen, vielleicht Isabels Stimme, als nicht existentes Wesen, die aber dennoch Klarheit schafft. Ich persönlich möchte schon gerne verstehen, was sich da wirklich abspielt.
Würde ich mittlerweile so unterschreiben. Deine Ideen sind sehr gut, danke für den Input. Chutney, ich wünsche Dir viel Erfolg bei der Challenge und eine erfolgreiche Woche!

Beste Grüsse,
d-m

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Hallo @Henry K.

Was soll ich zu deinem Beitrag schreiben? Ich denke, es wäre etwas müssig, auf deine versuchte Provokation einzugehen (Blutorgie, Masslosigkeit, Fremdscham, hysterischer Schrei nach Aufmerksamkeit etc.), weshalb ich es bei einem Danke für deine Kritik! belasse.

Gute Woche & Beste Grüsse,
d-m

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Hallo @Friedrichard

Ganz vielen lieben Dank für deine Flusenlese! Ich habe das alles verbessert.

Geht das?
Ich war zB „anders“ (vom Verhalten her und auch äußerlich) als mein Bruder – aber sein Gegenteil, selbst wenn wir uns gelegentlich als Hinterteil bezeichneten ...
Ja, das klang komisch, hatten auch andere schon angemerkt. Der Satz ist jetzt raus!

Hastu während des Schreibens die Tastatur gewechselt?
:D :lol:

Beste Grüsse in den Pott!
d-m

 
Zuletzt bearbeitet:

Hey @deserted-monkey

In meinen Augen entwickelst du dich zu einem sehr interessanten Autor. Sprachlich und atmosphärisch hat mir dieser Text hier gut gefallen. Thematisch natürlich auch, mein Debutroman handelt ja unter anderem von Aktivisten, die in einen Schweinestall einbrechen. Ich hab da auch ein paar grausige Passagen drin und einmal wurde ich nach einer Lesung von einer Zuhörerin fünf Minuten lang beschimpft. Da muss man durch. :D Ich fand deinen Text diesbezüglich weder übertrieben noch effekthascherisch, eher hart und düster, das hat mich überzeugt. Ist schon einiges zum Plot gesagt worden. Ich verzichte daher auf die Schilderung eines Leseeindrucks und mache Textarbeit vor dem Hintergrund deiner Schreibabsichten, die du in den Spoiler gesetzt hast. Ich werde das entsprechend ebenfalls tun. Grundsätzlich kann ich sagen, dass ich nicht so ganz durchgeblickt habe, obwohl ich eine Ahnung hatte, was IsabelI angeht.

Dass Isabel ein Ferkel ist, hatte ich auf der Liste. Das Problem ist, dass du zuvor einige Marker setzt, die dieser Interpetation stark zuwiderlaufen. Natürlich kannst du immer sagen, ja, das stellt er sich halt nur vor. Aber die Marker sind meiner Meinung nach unnötig, wenn du das anpasst, dann wird die Interpetation naheliegender, ohne dass du expliziter werden musst. Konkret:
Oder dass ich Isabell an die Hand nehme
Isabell hat Hände! Schreib doch: "Oder dass ich Isabell auf den Arm nehme" oder sonst etwas, das sowohl mit einem Kind wie auch mit einem Ferkel möglich ist.
Was hat Isabell gesagt? Sie hat doch irgendetwas gesagt.
Isabell kann sprechen! Du relativierst das zwar anschliessend, weil er nicht versteht, was sie sagt, aber das bezieht man als Leser auf den Zustand des Erzählers, nicht auf das Wesen Isabells. Vielleicht: "Was hat Isabell von sich gegeben?" So eine Formulierung, die etwas irritiert, wiederum etwas, was sowohl Schweine wie auch Menschen tun können.
Isabell und Marianne und die Nacht sind eins. Ausgeschlossen bin nur ich, und mein einziger Zugang die Wahrheit.
Da verknüpfe ich Isabell und Marianne zu einer Mutter-Tochter-Einheit, die schwer wieder zu lösen ist. Das widerspricht dem Gedanken, dass Marianne Isabelle nicht akzeptiert. Würde ich weglassen. Ich glaube, du kannst noch etwas stärker darauf achten, was bestimmte Aussagen in den Köpfen der Leserschaft verankern.
Es ist nur der Zucker und ein Löffel und die Tasse mit der Schnauze wo draufsteht: Ich hab den saucoolsten Dad der Welt. Isabell hat sie mir zu Weihnachten geschenkt.
Isabell kann Geschenke machen! Am geilsten wäre hier, wenn du es schaffst, gleichzeitig zu behaupten, dass er die Tasse von ihr geschenkt bekommen hat und klar zu machen, dass er selbst sie gekauft hat. Vielleicht auch einfach durch eine Rückfrage von Marianne: "Wo hast du die denn her?", hat Marianne gefragt.
Daran, was während der letzten Spätschicht in Halle 5 passiert ist. Marianne und ich konnten ja selbst nie Kinder kriegen und dann kam ich mit diesem wunderschönen Mädchen aus der Nacht zurück.
Das ist ein unglücklicher Ausdruck, finde ich. Eher: "was ich getan habe" oder "wozu ich mich entschieden habe".
Während ich darauf warte, eines Tages selbst zur Schlachtbank geführt zu werden, hoffe ich, du vergibst mir, Isabell. Für uns hab ich ein Ferkel zertreten und mit seinem Blut an den Stiefeln einen Engel in den Schnee gemalt.
Das kann ich überhaupt nicht integrieren und das war vielleicht die Passage, die mich am stärksten davon abgehalten hat, Isabell als Ferkel zu lesen. Wieso muss er ein Ferkel zertreten, um Isabell mit nach Hause zu nehmen?

Ob du noch positive Marker setzen musst, weiss ich nicht. Womöglich. Aber ich denke, es hilft, die negativen Marker zu entfernen, um den Lesern die Interptetation einfacher zu machen.

Die Schleife.

Jemand schlägt mir in die Nieren. Mir bleibt die Luft weg. Hiebe in den Rücken. Wie Messerstiche zwischen die Schulterblätter.
In Fight Club gibt es eine ganz kurze Szene, wo man sieht, wie der Protagonist sich selbst ins Gesicht schlägt. Die finde ich wichtig, um den Zuschauern zu verdeutlichen, dass es möglich ist, was hier erzählt wird. Lass ihn sich selbst ins Gesicht schlagen, nicht in den Rücken. Ansonsten komme ich nie im Leben auf die von dir gewünschte Interpretation.
Vor mir steht ein Mann, Dunkelheit unter der Kapuze.
Auch den Hinweis mit der Kapuze habe ich nicht gerafft. Ich würde da etwas Spezifischeres nehmen, etwas, wo der Leser denkt, ah, das hat doch der Erzähler auch!
Bevor der Unbekannte erneut zuschlägt
Und hier wieder so ein negativer Marker. Wieso nicht der Hinweis auf ein seltsam vertrautes Gesicht?

Sehr gern gelesen!

Lieber Gruss
Peeperkorn

 
Zuletzt bearbeitet:

Hallo @Peeperkorn

Hat mich gefreut, von Dir zu lesen! Vielen Dank für deine sehr hilfreichen Anmerkungen. Ich habe die entsprechenden Stellen alle verändert und durch deine Textarbeit habe ich auch mindestens eine weitere Stelle entdeckt, die im Kontext der Handlung noch nicht wirklich rund war. Ich schau mal noch weiter, danke für die Denkanstösse!

Sprachlich und atmosphärisch hat mir dieser Text hier gut gefallen.
Ich fand deinen Text diesbezüglich weder übertrieben noch effekthascherisch, eher hart und düster, das hat mich überzeugt.
Das freut mich sehr. Hart und düster. Ja, wenn ich mir während des Schreibens zwei Adjektive vorgestellt hätte, dann wären es wohl diese beiden gewesen. Schön, dass der Text für dich auf sprachlicher und atmosphärischer Ebene soweit funktioniert hat. Bezüglich der Unklarheiten in der Handlung hast Du mir wie gesagt sehr gute Tipps an die Hand gegeben: Vielen Dank! (siehe Spoiler für meine Umsetzung) Das hilft mir auch für die Zukunft, ich muss da noch die richtige Balance finden, wie viel verrate ich? Wo lasse ich Leser selbst die Lücke füllen? Also wirklich wertvoll für mich, was Du hier schreibst :-)

Deine Anmerkungen sind wirklich enorm hilfreich für mich und haben mich überzeugt. Ich denke, die Interpretation sollte Neulesern nun etwas einfacher fallen. Ich gehe mal durch die entsprechenden Stellen und führe auf, wie ich die verändert habe.

* * *

Isabell hat Hände! Schreib doch: "Oder dass ich Isabell auf den Arm nehme" oder sonst etwas, das sowohl mit einem Kind wie auch mit einem Ferkel möglich ist.
Das mit dem 'auf den Arm' nehmen habe ich direkt so übernommen. Vielleicht ändere ich es noch leicht ab, weil mir da die Doppeldeutigkeit nicht so gut gefällt, aber vielleicht denke ich da auch zu weit, denn aus dem Kontext sollte wohl klar sein, was er da macht. Jedenfalls hat mich deine Anmerkung gleich auf eine weitere Stelle aufmerksam gemacht: Beim Ende stand
Isabell! Isabell! Wo bist du? Ertaste deine Hand im Schnee. Um uns spüre ich die Körper der toten Ferkel.
Das habe ich jetzt verändert zu:
Isabell! Isabell! Wo bist du? Meine Hand tastet durch den Schnee. Findet dich. Um uns spüre ich die Körper der toten Ferkel.

* * *

Isabell kann sprechen! Du relativierst das zwar anschliessend, weil er nicht versteht, was sie sagt, aber das bezieht man als Leser auf den Zustand des Erzählers, nicht auf das Wesen Isabells. Vielleicht: "Was hat Isabell von sich gegeben?" So eine Formulierung, die etwas irritiert, wiederum etwas, was sowohl Schweine wie auch Menschen tun können.
Guter Punkt! Ich habe das mit dem 'von sich geben' übernommen, überlege aber noch ein wenig weiter, vielleicht fällt mir noch etwas ein :-) Jedenfalls habe ich folgendes verändert:
Was hat Isabell gesagt? Sie hat doch irgendetwas gesagt. Isabell ist meine Tochter. Bei ihr bin ich mir sicher, dass sie mich liebt. Ich habe es nicht verstanden, weil ich mich nicht konzentriert habe. Wenn sie etwas gesagt hat, muss es wichtig sein.
zu
Was hat Isabell von sich gegeben? Da war doch ein Geräusch. Isabell ist meine Tochter. Bei ihr bin ich mir sicher, dass sie mich liebt. Ich habe es nicht richtig gehört, weil ich mich nicht konzentriert habe. Wenn sie auf sich aufmerksam machen wollte, muss es wichtig sein.
So ganz gefällt es mir noch nicht, ich überlege mal noch weiter.

* * *

Da verknüpfe ich Isabell und Marianne zu einer Mutter-Tochter-Einheit, die schwer wieder zu lösen ist. Das widerspricht dem Gedanken, dass Marianne Isabelle nicht akzeptiert. Würde ich weglassen. Ich glaube, du kannst noch etwas stärker darauf achten, was bestimmte Aussagen in den Köpfen der Leserschaft verankern.
Überzeugt! Wollte das erst ein wenig umschreiben, weil's bisschen ein Darling war, aber ich hab da nichts wirklich Schlaues draus machen können, deshalb ist die Passage jetzt raus.

* * *

Isabell kann Geschenke machen! Am geilsten wäre hier, wenn du es schaffst, gleichzeitig zu behaupten, dass er die Tasse von ihr geschenkt bekommen hat und klar zu machen, dass er selbst sie gekauft hat. Vielleicht auch einfach durch eine Rückfrage von Marianne: "Wo hast du die denn her?", hat Marianne gefragt.
Die Stelle habe ich nun auch verändert, nun steht da:
Ich hab den saucoolsten Dad der Welt. Marianne hat gefragt, wo ich die her hab. Ich weiß nicht wieso, denn Isabell hat sie mir zu Weihnachten geschenkt.

* * *

Das ist ein unglücklicher Ausdruck, finde ich. Eher: "was ich getan habe" oder "wozu ich mich entschieden habe".
Gekauft. Ich habe es verändert zu:
Daran, was ich während der letzten Spätschicht in Halle 5 getan habe.

* * *

Das kann ich überhaupt nicht integrieren und das war vielleicht die Passage, die mich am stärksten davon abgehalten hat, Isabell als Ferkel zu lesen. Wieso muss er ein Ferkel zertreten, um Isabell mit nach Hause zu nehmen?
Meinem liebsten Darling an den Kragen gehen? :heul: :sconf: Aber ich verstehe das Problem. Den letzten Satz dieses Abschnittes habe ich jetzt mal schweren Herzens gekillt :D

[EDIT]: Ich konnte das mit dem Ferkel-Zertreten jetzt anderweitig unterbringen :-)
* * *

Lass ihn sich selbst ins Gesicht schlagen, nicht in den Rücken. Ansonsten komme ich nie im Leben auf die von dir gewünschte Interpretation.
Verstehe ich! Siehe letztes Zitat hier im Spoiler.

* * *

Auch den Hinweis mit der Kapuze habe ich nicht gerafft. Ich würde da etwas Spezifischeres nehmen, etwas, wo der Leser denkt, ah, das hat doch der Erzähler auch!
Auch ein sehr guter Hinweis. Ja, das war wohl zu undeutlich. Ich habe nun versucht, es mittels einer Marke deutlicher zu machen. Zu Beginn des zweitletzten Abschnittes, wo er an der Tankstelle ankommt und die Kapuze nach oben zieht, steht jetzt neu
Ziehe die Kapuze meines Carhartt-Parkas nach oben.
Am Ende des Abschnittes dann folgendes
Bevor er erneut zuschlägt und etwas in meinem Gesicht zerbricht, erkenne ich den Rüssel einer Schweinemaske und das Carhartt-Logo auf seinem dunkelgrünen Parka.
Ich denke, hoffe, so wird es nun deutlicher, aber nicht zu überdeutlich :D Carhartt passt wohl auch gut, ist ja so eine Marke für Arbeitskleidung und auch relativ bekannt. Die Rede ist jetzt auch nur noch von dem Mann (er), somit ist auch der negative Marker mit dem 'Unbekannten' an der Stelle eliminiert.

* * *

Und hier wieder so ein negativer Marker. Wieso nicht der Hinweis auf ein seltsam vertrautes Gesicht?
Könnte das mit dem Carhartt-Parka bereits ausreichend sein? Ansonsten würde ich hier noch eine Passage hinzufügen, wo Henry seinem Angreifer an den Rüssel langt und die Schweinemaske vom Gesicht zieht. Ich überlege mir das!

Peeperkorn! Es war mir eine Freude :-) War alles sehr hilfreich, vielen Dank. Bin sehr gespannt auf deine nächste Story. Also hoffentlich bis bald!

Beste Grüsse & ein erholsames Wochenende,
d-m

 

Hallo DM,
Du hast mir den Appetit auf einen Weihnachtsbraten gründlich vermiest. Tatsächlich finde auch ich, wie schon andere hier, die Stelle mit der Sau und den kleinen Ferkeln am ergreifendsten. Das solche Zustände noch immer herrschen, trotz der vielen Proteste und Verordnungen, habe ich nicht gewusst.

Vom Kopf her, will ich endlich Veganerin werden oder wenigstens Vegetarierin, werde aber immer wieder schwach. Von allen Fleischsorten bevorzuge ich Schwein, war schon als Kind so, dass ich kein Rind mochte. Aber wenn ich mir so Deinen Text durchlese, vergeht mir die Lust auf Kassler, das ja schon bekanntlich das Lieblingsgericht von Erich Honecker war.

Nützt das eigentlich den Tieren, wenn so viele Leute Fleischgenuss verweigern? Macht sich das in der Masse bemerkbar? Mein Exfreund war auch strikter Vegetarier, so dass ich die Suppe immer in zwei Töpfen kochen musste. Seine schmeckte immer sehr fade, worüber er sich aufregte. Da fehlte einfach die Fleischbrühe.
Zu Deinem Text: Ich bin beim Lesen öfter durcheinander gekommen. Vielleicht könntest Du den Handlungsfaden besser herausarbeiten.
Fröhliche Weihnachten aus der verregneten Hauptstadt wünscht Frieda

 

Hallo @Frieda Kreuz

Danke für deinen Kommentar und ein gutes neues Jahr!

Du hast mir den Appetit auf einen Weihnachtsbraten gründlich vermiest.
Frieda, das tut mir leid, aber gleichzeitig freut es mich natürlich auch! :D Ich hoffe, Du konntest den Weihnachtsbraten dennoch geniessen.

Tatsächlich finde auch ich, wie schon andere hier, die Stelle mit der Sau und den kleinen Ferkeln am ergreifendsten.
Ja, danke Dir!

Das solche Zustände noch immer herrschen, trotz der vielen Proteste und Verordnungen, habe ich nicht gewusst.
Das habe ich auch nicht gewusst, bis ich eine Doku gesehen habe, welche die aktuellen Zustände in der Schweinemast beleuchtet hat und ich fand das sehr krass, so krass, dass ich diese Geschichte geschrieben habe.

Nützt das eigentlich den Tieren, wenn so viele Leute Fleischgenuss verweigern? Macht sich das in der Masse bemerkbar? Mein Exfreund war auch strikter Vegetarier, so dass ich die Suppe immer in zwei Töpfen kochen musste. Seine schmeckte immer sehr fade, worüber er sich aufregte. Da fehlte einfach die Fleischbrühe.
Nun ja, das frage ich mich manchmal auch, welchen Impact das hat. Ich kenne immer mehr Leute, die Vegetarier- oder VeganerInnen sind bzw. geworden sind. Aber trotzdem liegt ja im Supermarkt immer noch dieselbe Menge Fleisch in den Auslagen. Das mit der Suppe kann ich gut verstehen, haha. Meine beiden Schwestern und mein Vater sind ebenfalls Vegetarier, da muss man aufpassen beim Kochen! ;-)

Zu Deinem Text: Ich bin beim Lesen öfter durcheinander gekommen. Vielleicht könntest Du den Handlungsfaden besser herausarbeiten.
Ist wohl den Meisten so ergangen ... Ich denke jedoch, was ich mit der Geschichte aussagen wollte, ist durchaus angekommen. Von dem her lasse ich die Geschichte mal so stehen.

Danke nochmals für deinen Kommentar, einen guten Start ins 2024 und Beste Grüsse,
d-m

 

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