- Zuletzt bearbeitet:
- Kommentare: 10
Blutcamp
Blutcamp (update)
Es war der erste Urlaub dieser Art. Endlich mal ohne Eltern. Nur mit ein paar Freunden, einer Menge anderer Jugendlichen und einem Haufen bildhübscher Mädchen. Der Urlaub schien vielversprechend zu werden. Eine letzte Umarmung von den Eltern und dann ab in den Bus und in den Urlaub. Aber erst mussten wir die 12 Stunden lange Busfahrt hinter uns bringen. Doch mit ein paar gemischten Drinks ließ sich diese recht erträglich gestalten.
Kaum waren wir aus dem Bus gestiegen wurden uns jedoch Befehle entgegengebrüllt. Man wies uns an, unsere Montur abzuholen und sich dann für die Zimmerverteilung einzutragen.
So hatte ich mir den Urlaub eigentlich nicht vorgestellt. Unmut breitete sich unter den Jugendlichen aus und einer wagte es zu wiedersprechen.
Wir sahen ihn erst zwei Tage später wieder. Er wich unseren Blicken aus, unsere Fragen überging er und Nachts hörte man sein leises Wimmern im Schlaf. Nach diesem Vorfall traute sich keiner mehr zu widersprechen. Wir Kerle wurden in eine kleine, heruntergekommene Barke gesteckt. Die Mädchen wurden wo anders untergebracht und als ich einmal nachfragte bekam ich als Antwort das es mich einen feuchten Dreck anginge. Telefonate als auch das schreiben von Briefen war uns untersagt. Im ganzen Lager herrschte eine tropische Hitze, selbst Nachts war es kaum kühler und ließ das Schlafen zu einer Schweißtreibenden Angelegenheit werden. Das harte Training verlangte alles von uns ab und die einzige Hoffnung die wir hatten, war das die zwei Wochen schnell vorüber gehen würden.
Es war Anfang der zweiten Woche als wir mitten in der Nacht geweckt wurden und uns in voller Montur zu einem abgelegenem Waldgebiet begeben mussten. Ein zweites mal stiegen wir in den Bus.
Am Waldrand wurden wir in Gruppen eingeteilt mit jeweils einem Vorgesetzten und marschierten los.
Der Wald lag in vollkommener Dunkelheit, die Luft war heiß und so feucht, das es schwer fiel zu Atmen. Der Boden war morastig, warm und von kriechendem Leben erfüllt.
Die Montur war durch dass Stundenlange Gleiten durchnässt und der Schweiß vermischte sich mit der Tarnfarbe im Gesicht und tropfte zu Boden. Das Gleiten wurde immer schwieriger, es schien als ob bei jedem Zug nach vorne der Boden ein Stückchen mehr nachgab. Das Pochen des Pulses in den Ohren wurde längst von dem Rauschen des Blutes übertönt. Die Glieder waren zu einem tauben Klumpen geworden der sich nur noch mit Mühe bewegen ließ. Jegliches Denken wegen dem "Warum" und "Wieso" war vergessen . Es gab nur noch einen Gedanken der sich bis zum Schluss eingebrannt hatte. Weiter, immer weiter.
Ein lauter Befehl zeriss die Stille. Unser Vorgesetzter schien einen geeigneten Platz zum Rasten gefunden zu haben und befahl uns anzuhalten. Diejenigen die noch konnten versuchten sich bequem hinzusetzten oder einen bequemeren Platz aufzusuchen. Die anderen blieben einfach da wo sie gerade waren liegen.
War die Hitze schon unerträglich so kamen noch die Moskitos dazu wenn man sich nicht bewegte. Aber auch das waren nur noch Fetzen einer Wahrnehmung die unter den Schleiern der Erschöpfung hochkamen. Das war nicht die Realität, sie durfte es nicht sein.....
Es konnten nur ein paar Minuten vergangen sein nachdem die Bewusstlosigkeit überhand genommen hatte, denn mit einem Blick in die Runde schien alles genauso wie vorher. Stille und eine geradezu spürbare bedrückenden Atmosphäre in der Luft. Oder doch, etwas hatte sich geändert, die eigene Motivation sank immer tiefer gegen Null.
Aus den anfangs so motivierten Jugendlichen war ein Haufen Elend geworden. Keiner von ihnen sprach, keiner hatte mehr die Kraft dazu. Selbst in den viel zu kurzen Pausen herrschte eine unheimliche Stille die auf den Zustand jedes einzelnen schließen ließ.
Zwei von uns hatten wir schon nach der vierten Pause verloren. Sie waren einfach liegengeblieben und zurückgelassen worden.
Wir wussten nicht einmal gegen wen oder vielmehr gegen was wir kämpften. Aber die leisen Gespräche der Offiziere wirkten immer sehr angespannt.
Durch einen weiteren Befehl wurde ich wieder in die Realität zurückgeworfen. Es ging weiter.
Wohin? Was für einen Sinn hatte diese Übung, oder war es keine mehr?
Irgendwas war passiert, denn wir mussten nicht mehr Gleiten, sondern im schnellen Marsch vorwärts und es wurde auch nicht mehr darauf geachtet leise oder unentdeckt zu bleiben.
Wieder zeriss ein Befehl die Stille. Ohne zu zögern wechselten wir in den Laufschritt .
Etwas stimmte nicht, hatte sich die Stimme unseres Befehlshabers etwa beunruhigt angehört?
Ein weiterer Befehl zwang uns dazu noch schneller auszuholen.
Nein, sie hörte sich nicht beunruhigt an, es war ANGST! In seiner Stimme war An......
Ein Schrei durchdrang die Nacht und mein Kamerad vor mir war verschwunden. Ein zweiter und ein dritter Schrei durchhallte den Wald und ich musste mich nicht umdrehen um zu wissen das hinter mir auch jemand verschwunden war.
Was war das?
Im Dunkeln waren nur Schatten zu sehen gewesen, aber die Proportionen schienen falsch zu sein. Und wieder durchdrangen Schreie die Stille . Drei.........vier ........fünf.
Diesmal also fünf!
Der nächste war ich selbst. Eine dünne Hand packte mich und zog mich wie ein Spielzeug ins Dickicht. Was nun vor mir stand ließ mir den Atem stocken. Die Gliedmaßen waren zu lang und zu dünn. Der Kopf war zu groß und aus diesem heraus starrten mich zwei weiße pupillenlose Augen an. Ein langer dünner Finger berührte meine Stirn.
Die Angst fiel ab, auch meine Erschöpfung begann abzulassen. Meine Gedanken schienen leicht zu werden. Sie begannen sich aufzulösen. Mit Schrecken begriff ich das es solange weitergehen würde bis dieses Wesen mich ganz aufgesogen haben würde. Doch auch das wurde von dem Sog der Kreatur verschlungen.
Ich begann mich selber zu vergessen, alles wurde so unwirklich und bald würde alles vorbei sein! Etwas silbernes sauste herab. Der Sog verschwand und meine gesamte Wahrnehmung stürmte auf mich ein. Mein Denken, mein Fühlen aber auch meine Erschöpfung waren schlagartig zurückgekehrt.
Breitbeinig vor mir stand mein Vorgesetzter mit einer Machete in beiden Händen. Er schaute mir in die Augen und schrie.
„LAUF“
Ich sprang auf und lief los und konnte sehen wie er unter vier oder fünf solcher Kreaturen verschwand. Panik überfiel mich, konnte es etwas geben das in der Lage war das Leben selbst aufzusaugen, die Seele?
Raus hier, raus aus diesem verdammten Ort! Kraftreserven die es nicht mehr geben durfte, gaben mir Kraft! Vielleicht genug Kraft um hier rauszukommen.
Eine Hand schloss sich um meinen Fuß und ich flog der Länge nach auf den weichen Boden.
Spürte den Griff meines Messers in der Hand, öffnete in einer routinierten Bewegung die Sicherheitsschlaufe und stand durch eine geschickte Aufwärtsrolle wieder auf den Beinen. Vor mir war jedoch kein dünngliedriges Wesen, sondern ein schwer verletzter Soldat der auf dem Boden an einem Baum kauerte. Richtig es war ein Soldat! Nicht irgend ein Jugendlicher wie ich oder die anderen die man nur in Uniform gesteckt hatte.
Er winkte mich heran und drückte mir einen sonderbaren Schlüssel in die Hand.
„Mitte....des....Waldes, Lichtung“ die Worte waren nur ein schwaches Krächzen, aber was sollte ich dort und wozu der Schlüssel? Leider konnte ich ihn das nicht mehr Fragen. Sein Körper war erschlafft und seine Gesichtszüge zu einem Lächeln erstarrt. In seiner rechten hielt der Soldat noch die Pistole mit der er sich vermutlich selber die Kugel in die Brust gejagt hatte. Vielleicht konnten diese Wesen niemanden absorbieren der bereits im sterben lag. Unschlüssig hielt ich den Schlüssel, der an einer Kette befestigt war, in der Hand. Ich musste völlig verrückt sein, drehte mich um und begab mich ins Zentrum des Waldes.
Es waren keine 15 Minuten die ich unterwegs war als sich vor mir eine Lichtung auftat. Sie war mit toten Soldaten übersäht und es wimmelte nur so von diesen Kreaturen. Ich hob den Schlüssel hoch und blickte zur Mitte der kleinen Lichtung.
Mit einem Schlag wurde mir alles klar. Wir waren nie dafür gedacht irgendwelche Aufgaben oder Missionen auszuführen.
Ich lachte.
Nein, wir waren nur das Ablenkungsmanöver für diese Viecher gewesen, damit die Soldaten genug Zeit hatten um ihre Arbeit auszuführen. Das ganze Unternehmen war von Anfang an ein Himmelfahrtskommando gewesen.
Ich wusste was ich zu tun hatte und wenn alles so lief wie ich es mir Vorstellte, hatte ich eine Minute Zeit, vielleicht auch ein bisschen weniger. Meine Hand ergriff das Messer. Ein angenehmes, schweres Gefühl das eine trügerische Sicherheit vermittelte.
Noch einmal schaute ich in die Runde und atmete tief durch. Setzte das Messer an die Brust und stieß es bis ans Heft hinein. Schmerz und Müdigkeit versuchten mich zu überwältigen.
Ich schüttelte es ein letztes mal ab und setzte mich in Bewegung. Vorbei an den Kreaturen, mit dem zweiten Schlüssel für den Nuklearen Sprengsatz in der Mitte.