Blind Date
Kennen Sie das lieber Leser „ Blind Date“?
Ja, natürlich werden Sie jetzt sagen. Das ist doch das wo man quasi „ blind“,… ohne vorher zu wissen … irgendwo.. mit irgendjemand…
Genau das!
Zwar kein Trendthema heutzutage aber doch akut, für viele interessant und für manche unmöglich.
Ich habe es gewagt und möchte Ihnen meine Erfahrungen hinterlassen sozusagen als Anreiz oder Warnung. In welche Kategorie Sie sich einordnen überlasse ich Ihnen.
Hier nun mein Vermächtnis an Sie.
Darauf gestoßen bin ich an einem Kioskständer in einer dieser grundehrlichen Frauenzeitschriften, die sich so teilnahmsvoll und offensichtlich in dem Bettgestöber der Prominenz zurechtfindet.
Für einen kleinen Obolus von zwei bis vier Euro dürfen wir teilhaben, wie nett!
Ich stöberte also in diesem Hochglanzmagazin, ja auch ich kann mich von einer gewissen Neugier nicht freisprechen und da fällt es mir in die Hände:
Ein dickes Single-Heft, prall gefüllt mit einsamen männlichen Herzen, die an einem warmen, kuscheligen Frauenbusen getröstet werden wollten. Und alle nur für mich!
Mich allein! Und da sich in Sachen Bettgestöber bei mir nicht wirklich etwas tat, beschloss ich mich diesen armen Seelen anzunehmen. Gutherzig wie ich nun mal bin.
Zuhause angekommen, mit dem frisch ergatterten Heftchen (fragen Sie mich bitte nicht nach dem Verbleib des Hochglanzmagazines, sonst müsste ich mich des Raubes einer Singelheftchenbeilage bekennen). Fing ich an es mit zittrigen Fingerchen durchzublättern.
Toll da gab es ja Unmengen von ehrlichen, einsamen Froschkönigen, die von einem Prinzesslein, vorzugsweise blond, in die Zweisamkeit geküsst werden wollten. Wahnsinn.
Das Beste war das man sich für 1,65 Euro/Min. die Anzeigentexte auf einer Voice-Mailbox anhören konnte und zusätzlich eine Antwort zurück hauchen konnte, wenn man denn interessiert war.
Perfekt für mich denn das war schnell, effektiv und mein Antwortschreiben war nicht dazu verurteilt 1 Jahr in meinem Schreibtisch auf die Dinge die da kämen, einer Briefmarke,zu harren.
Die Qual der Wahl, nach einer Stunde und einer Schachtel Zigaretten hatte ich mich für zehn Teilnehmer entschieden.
Zehn waren genug angesichts meiner jetzt schon sehr bedenklichen Telefonrechnung.
Ich lauschte also den Balzrufen meiner auserwählten Herren, um dann mit rauchig-erotischer Stimme mein Sprüchlein nebst Telefonnummer aufzusagen.
Und dann wartete ich.
Nach 2 Stunden bekam ich Zweifel, war bei denen vom Magazin die Technik kaputt, war die Telekom pleite oder hielten die zehn Männlein mich für eine Telefonsextante?
Ich zwang mich zur Geduld und konnte mich beherrschen nicht noch mal alle anzurufen und ihnen mailboxmäßig auszurichten, das sie mich mal könnten.
Nach einer fast schlaflosen Nacht begann ich ziemlich demotiviert den Samstag.
Und dann als ich gerade akribisch mein Klo reinigte schellte das Telefon.
Mein Sprint aus dem Badezimmer zum Telefon war Goldmedaillen würdig.
Und tatsächlich es war der erste Rückrufe und nicht der letzte.
Vorab sei gesagt, dass von meinen zehn Prinzen nur die sieben Zwerge antworteten.
Die Ausbeute dieses samstäglichen Telefonmarathons waren sieben Dates für die kommende Woche und eine Verabredung mit meiner besten Freundin zwecks Lagebesprechung.
Welch herrlich reiche Ausbeute.
Bei meinem ersten Date erwachte ich in der Notaufnahme.
Ein akuter Asthmaanfall meinerseits, sowie Millionen roter Pusteln und ein Kreislaufkollaps hatten meine treue Freundin dazu bewogen ihre beistehende Rolle kurzfristig zu einer lebensrettenden umzuwandeln.
Meine Nervosität schien in Hysterie umgeschlagen zu sein. Somit hatte ich Date Nr. 1 nie zu Gesicht bekommen und er hat sich auch nie wieder gemeldet.
Kein gutes Omen für meine Mission.
Das 2. Date beschloss ich unter zur Hilfenahme von Valium wahrzunehmen.
An unserem verabredeten Treffpunkt stand ein abgrundtief hässliches Ungeheuer. Erst schob ich das dem Valium zu, doch selbst unter Drogen schien mir dieses Wesen viel zu real. Ich beschloss einen unbemerkten Rückzug und kroch schneckenartig davon.
Verabredung Nummer 3,4 und 5 erschienen erst gar nicht.
Nun war ich sehr verzagt und mein Selbstbewusstsein auf dem Tiefpunkt.
Ich hielt meine Blind-Date –Idee nicht mehr für so gut, aber ich wollte es durchziehen.
Das Treffen mit meinem sechsten Kandidaten war perfekt. Er was charmant, humorvoll mit Esprit und einem Aussehen, das alle meine totgeglaubten sexuellen Gelüste erweckte.
Wer konnte denn ahnen dass er just an diesem Abend den Lebensentscheidenden Anruf seiner Agentur bekam?
Versetzung nach Amerika für ein Jahr, Karriere, Lifestyle, jetzt sofort oder nie wieder!
Und so schritt Mister Perfect aus dem Restaurant und aus meinem Leben.
Die siebte und letzte Verabredung.
Sie kamen zu zweit. Misstrauisch beäugte ich sie. Nr. 1 war ganz o.k nur Nr. 2 hatte so einen naiven-dämlichen-Heulsusen-Gesichtsausdruck.
Die Erklärung für dieses Auftreten bekam ich umgehend.
Die beiden waren ein schwul-bisexuelles Pärchen, wobei Nr. 1 der bisexuelle Part war, dem zu seiner Vollkommenheit noch das weibliche Baustück fehlte.
Nr. 2 hatte natürlich mitzuentscheiden ob ich für das Gefüge gut war.
Dieses müsste ich erst mit meiner lesbischen Domina abklären war meine amüsiert-wütende Antwort und ich rauschte aus dem Lokal.
Tief enttäuscht gab ich mich geschlagen.
Kein Pfeil Amor´s der mein weinendes Herz durchbohrte, kein Froschkönig den ich küssen durfte.
Blind Dates sind wohl eine gute Lösung für Leute mit Humor und einem weniger dünnen Nervenkostüm, aber ich bin da wohl anders oder einfach ein Pechvogel.
Nun liebe Leser, wenn ich aus dem See des Selbstmitleides wieder aufgetaucht bin und eine neue Methode entwickelt habe dem anderen Geschlecht beizukommen werde ich es Sie wissen lassen.
[ 01.08.2002, 01:08: Beitrag editiert von: Toxinchen ]