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Blicke

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30.10.2007
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Blicke

Joshua saß mitten in der Nacht auf dem Bett, in der einen Hand das Leben, dass er bisher geführt hatte, die andere leer. Drei Stunden hatte er dort gesessen und auf seine bare Hand gestarrt. Ständig gingen ihm Fragen durch den Kopf, mit was er diese Hand füllen könnte. Alles ging er durch. Sollte er ein Werkzeug hineinlegen und wenn ja welches? Sollte er sie zum Gestikulieren benutzen? Er könnte sie auch trainieren, damit sie stark und unbezwingbar würde. Aber woran sollte er sehen, welches sein Weg wäre?

Schließlich stand er auf, seine leere Hand vor sich zu einer Faust geballt, die andere hing schlaff an seiner rechten Seite, sie hatte im Moment keinen Platz in seinen Gedanken. Er ging ein paar Schritte in die Mitte seines Schlafzimmers. Verwirrung machte sich in ihm breit. Er begann langsam zu vergessen, warum er hier stand und hob den Kopf. Seine bis eben leblose Hand griff nach einer auf seinem Schreibtisch liegenden Schachtel Zigaretten, die Linke streckte er nach einem Feuerzeug aus. Sein Blick fokussierte sich auf eine Zigarette, die wie von selbst in seinem Mund aufgetaucht war, und wanderte dann zur immer noch geballten linken Faust, die aufs Feuerzeug zielte. Ein Ruck durchfuhr ihn, seine Faust öffnete sich und schlug ihm unsanft die Zigarette aus dem Gesicht. Mit geöffnetem Mund ins Leere blickend spürte er einen kleinen Schmerz über seine Lippen wandern. Er setzte sich auf sein Bett, legte die zur flachen gespreizten Hand verkrampfte Linke auf seinen Schoß und starrte sie wieder an.
Ein Tropfen Blut fiel von irgendwo aus seinem Gesicht auf die Handfläche. Sie zuckte und er beobachtete, wie sich das Blut in die feinen und groben Linien der Hand verteilte. Ein zweiter Tropfen fiel zielsicher auf die Stelle an der sich die meisten groben Linien treffen, bespritze dabei die Kuppe des kleinen und des Zeigefingers. Wie von selbst klappten Mittel- und Ringfinger nach innen und tauchten kurz in die kleine, verästelte Pfütze. Er beugte seinen Kopf um alles genauer zu betrachten und ein weiterer Tropfen fiel auf die innere Seite seines Daumens. Einige Minuten passierte nichts bis Joshua bemerkte, dass das Blut langsam zu trocknen begann. Er zwang seinen Blick ins Zimmer hinein und erhob sich. Ein Bogen Papier lag auf dem Schreibtisch. Er stellte sich davor, drückte die ausgestreckte Linke ruckartig auf das Blatt und riss sie sofort wieder hoch. Seine Augen geschlossen, beide Hände hinter seinem Kopf, bereitete er sich darauf vor zu erkennen, was ihm das Blatt zeigen würde.

Eine halbe Stunde später saß Joshua an seinem Küchentisch, das Blatt neben ihm. Er hatte gerade seinen Kaffee ausgetrunken ohne auch nur einmal den Blick von dem Blatt abzuwenden. Er stellte die Tasse ab. Aus dem Augenwinkel sah er, wie sie von der Tischkante kippte. Der Henkel wurde beim Aufprall abgesprengt und in den Raum katapultiert. Mit gehöriger Wucht prallte er gegen Joshuas Schläfe. Er stand auf und sammelte den Henkel ein, legte ihn auf den Tisch und räumte die restlichen Scherben weg. Er setzte sich wieder und starrte auf seinen Peiniger, der ihm anscheinend ein deutlicheres Zeichen geben wollte als sein Blutblatt. Bei diesem Gedanken fiel sein Blick wieder auf den Handabdruck und er schmunzelte. Joshua wickelte den Henkel in das Blatt, griff die Kugel und warf sie in Richtung Papierkorb, daneben. Er stand auf und nahm sein Leben in die Hand.

 

Hallo Mukk und willkommen auf kg.de.

die andere Leer.
leer klein -> Eigenschaft

3 Stunden
Die Zahlen bis zwölf kannst du in Geschichten getrost ausschreiben.

sie hatte im Moment keinen Platz in seinem Kopf.
Da das davor so metapherartig klang, kann man das glatt wörtlich nehmen.

Er begann langsam zu vergessen, warum

fokussierte sich auf eine Zigarette; die wie von selbst in seinem Mund aufgetaucht war, und
Der Nebensatz wir abgetrennt, weil er sich auf 'Zigarette' bezieht.

geballten linken Faust, die aufs Feuerzeug zielte.
Dito.

Einige Minuten passierte nichts, bis

Tja, deine Geschichte ist zwar kurz, aber irgendwie hat sie mir trotzdem gefallen. Anfangs klang das ganze noch wie eine einzige Metapher, aber dann wurde die Geschichte zunehmend realer.
Allerdings hat mich das Ende etwas unbefriedigt zurückgelassen. Erst dachte ich, dass das Blut auf dem Blatt irgendein Zeichen darstellt, das dem Prot. zur Lösung seines Problems verhilft, doch nun denke ich, dass wirklich nur der Handabdruck zu sehen war.
Trotzdem sieht es so aus, als hätte er die Antwort gefunden. Ich als Leser sehe sie leider nicht. Vielleicht geht das nur mir so, oder du löst tatsächlich nicht auf, dann finde ich das schade. Willst du nicht sagen, womit er nun seine leere Hand füllt?

Aber trotzdem, ganz ordentlich.

Viele Grüße von Jellyfish

 

hey, danke für die korrekturen und die kritik. bin nochmal drübergegangen und hab auch das ende etwas abgeändert, mit dem war ich eh nich so zufrieden.

eine wirkliche auflösung wollte ich eigentlich nicht in den text schreiben um zu schauen, ob ich den punkt rüberbringen kann ohne ihn anzusprechen. vielleicht hilft das neue ende? wäre dankbar für erneutes feedback

 

Hallo, Mukk.

Zuerst möchte ich sagen, dass ich es toll von dir finde, dass du nicht alle meine Kritikpunkte einfach so übernimmst, sondern bei deiner Idee bleibst. Toll finde ich auch, dass du den Leser so zum Nachdenken bringen willst.

Leider bin ich nicht besonders gut im Interpretieren, werd's aber mal versuchen:

Die rechte Hand beinhaltet das bisherige Leben, die linke ist noch leer. Also steht sie entweder für die Zukunft, oder für eine Veränderung, die Joshua herbeisehnt, weswegen er auch danach trachtet, sie zu füllen.
Andererseits könnte die rechte Hand auch für die logische, motorische Seite stehen, die linke für die sensorische und kreative, wegen den Gehirnhälften, vorausgesetzt Joshua ist Rechtshänder.
Er fragt dann übertragen, ob er die Linke zum arbeiten, verständigen oder kämpfen benutzen soll, was ihm aber alles nicht besonders zusagt.
Mit der Rechten nimmt er dann die Zigaretten, welche die Linke, die ihm das Feuerzeug geben soll, ihm wieder wegschlägt. Das passt am besten zu meinem ersten Gedanken, dass die Linke die Zukunft symbolisiert, denn Rauchen führt zu einem früheren Tod, ist also schlecht für die Zukunft. Das zeigt dann auch das Blut, das auf die linke Hand tropft, welches ja auch für den Tod stehen kann.
Rauchen ist tödlich.
Kaffee ist eigentlich auch eine Droge, und am Ende wird Joshua von dem Henkel verletzt, ähnlich, wie es die Linke zuvor getan hatte.
Nachricht: Drogen sind schlecht.
Zum Schluss will Joshua Henkel und Blutblatt in den Papierkorb werfen, sie also loswerden, was ihm aber nicht gelingt.
Nachricht: Von der Sucht kommt man nicht mehr los.
Vielleicht sind die 'Angriffe' auf Joshuas Kopf auch eine Art Aufforderung, diesen endlich zu benutzen.
Und wegen dem neuen Schlusssatz: Keine Ahnung, denn eigentlich hatte er anfangs schon sein Leben in der Hand, zumindest in der einen.

Ich habe den Eindruck, dass ich noch nicht auf die Lösung gekommen bin. Vielleicht wartest du andere Kritiken ab. Das dürfte nicht allzu lange dauern, schließlich ist deine Geschichte kurz und die anderen sehen jetzt, dass du auch antwortest.

Viele Grüße von Jellyfish

 

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