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Bleiben Sie in Verehrung!

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15.05.2006
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Bleiben Sie in Verehrung!

Bleiben Sie in Verehrung!

Mit seinem üblichen Abschiedsgruß und einer graziösen Verbeugung entließ Erzengel Nathaniel, oberster Creative Director der AW&V, Anbetung,Wunder & Verehrungen-Werbeagentur, soeben seine aktuellste glückliche Kundin. “Bleiben Sie in Verehrung.”
Die bislang noch unbekannte Göttin mit dem seltsam anmutenden Namen Scheba, verließ seelig lächelnd die Räumlichkeiten der Agentur. Nathaniel hatte ihr vor wenigen Momenten ein Standardvermarktungs-Paket als exklusive Weil-Sie-es-sind-Sonderleistung schmackhaft gemacht, welches ihr einen hübschen kleinen Posten als Mondgöttin im arabischen Raum einbringen würde.
Inklusive einer ordentlichen Anhängerschaft. Genau mit dieser charmanten Selbstverständlichkeit, mit der Nathaniel immer wieder aufs Neue zufriedene Kunden für die AW&V heranschaffte, hatte er sich auch auf den Chefsessel befördert. Ihm war allerdings völlig schleierhaft, warum er jedes Mal nach den diversen Meetings und Besprechungen mit dieser Dame darüber nachdachte, eine neue Karriere mit der Herstellung von Katzenfutter zu beginnen. Er würde das irgend wann ergründen müssen.
Nun war es jedoch höchste Zeit, einen größeren Fisch an den Haken zu holen.
“Samsaeel!”, brüllte Nathaniel durch die Büroetage.
“Sofort in mein Büro! Und bringen Sie die Unterlagen der Leviathan-Kampagne mit!” Damit drehte er sich um und stapfte in sein Büro zurück. Kaum hatte er es sich in seinem monströsen Ledersessel der Marke Himmelflausch bequem gemacht, klopfte es zaghaft an der Tür und eine zerfledderte Cherubim namens Samsaeel steckte den Kopf in Nathaniels Büro.
“Machen Sie hin, ich habe nicht den ganzen Tag Zeit”, wetterte Nathaniel ungeduldig und zeigte auf den Besucherstuhl vor dem Schreibtisch. “Setzen Sie sich, setzen Sie sich.” Samsaeel drückte sich durch die Türöffnung in das Büro und ließ sich mit zitternden Flügelspitzen nieder, eine unordentliche Akte fest an den Körper drückend.
“Werter Erzengel Nathaniel. Ich äh...”
“Samsaeel”, unterbrach in der Agenturchef. “Kommen wir direkt zur Sache. Kurz und knapp. Wie steht es mit der Leviathan-Kampagne? Haben Sie Ergebnisse?”
“Nun ja, werter Erzengel. Ich äh... die Unterzeichnung des Kunden verzögert sich noch ein wenig.” Samsaeel zuckte unwillkürlich zusammen, als das voraussehbare Donnerwetter einsetzte.
“Sie Riesenidiot! Uns hängt die Konkurrenz auf den Flügeln und Sie lassen sich alle Zeit des Universums! Dieser Auftrag ist einer der wichtigsten in der Geschichte der AW&V, wenn nicht sogar der Wichtigste! Ich könnte den Tag verfluchen, an dem ich auf die hirnverbrannte Idee
gekommen bin, Sie auf diese Sache anzusetzten. Ich habe mich ja schon immer gefragt wie eine Cherubim mit einer derart ausgeprägten Inkompetenz es überhaupt bis in diese Etage geschafft hat. Zu Ihrem Glück habe ich bisher noch keinen gefunden, der mir diese dringliche Frage beantworten konnte. Wir haben unseren Kunden einen gewissen Standard zu bieten und das bedeutet Einsatz und Hingabe. Einsatz und Hingabe, verstehen Sie? Der Verlust des Leviathan-Auftrages könnte das Ende von AW&V bedeuten. Vermasseln Sie das hier bloß nicht, sonst werde ich Sie höchstpersönlich zum Reinigungsengel degradieren und zwar ohne Feudel und Putzlappen!”
Nathaniel holte kurz Luft, um scheinbar mit seinem Ausbruch weiterzumachen, hielt dann jedoch inne und fragte erregt:“Was ist nun? Geben Sie mir jetzt endlich Einzelheiten?”
“J-Jawohl”, stotterte Samsaeel, der eingeschüchtert erst nach seiner Brille, dann in den Unterlagen der unordentlichen Leviathan-Akte kramte. “Wir haben da ein kleines Problem. Es scheint so, als ob die AMOGOMA, die Agentur für modernes Gottheitenmarketing, ebenfalls einen Interessenten für dieses Projekt hat. Irgend ein Kerl namens Marduk, der sich den babylonischen Anbetungsmarkt sichern möchte. Und die wollen...”
“Um Himmels Willen”, funkte Nathaniel dazwischen.
“Ausgerechnet die AMOGOMA! Diese miesen kleinen Abstauber. Wir haben doch nicht umsonst die letzten Jahrhunderte stets als führender Vertreiber von Klassischer Gotteswerbung, Gläubigerforschung, Neue Wunder und Göttlicher Promotion alle würdigen und erachtenswerten Auszeichnungen erhalten. Als ob ich zulassen würde, dass so ein unterweltlicher Verein mir den Rang abläuft. Die sind doch schon seit dem Moment, in dem sie aus ihrem Pfuhl entstiegen sind, hinter allem her was eine erhöhte Position verspricht. Und das mit allen Mitteln. Absolut indiskutabel.”
Nathaniel holte tiefschürfend Luft, damit sich sein rot angelaufener Kopf nicht auch noch ins Violette verfärbte. Viel fehlte jedenfalls nicht mehr bis dahin. Schwer schnaufend beugte sich Nathaniel über den riesigen Schreibtisch zu Samsaeel hinunter.
“Nur weiter im Text. Scheuen Sie sich nicht, mir das ganze Jahrhundert zu verderben. Was haben Sie bisher arrangiert?”
Während Samsaeel das hektische Wühlen in seiner Akte wieder aufnahm, versuchte er sein Möglichstes, um das bedrohlich ungeduldige Trommeln der Erzengelfinger auf der Schreibtischplatte vor ihm zu ignorieren. Endlich, nach quälenden Minuten des schwitzenden Unwohlseins, wurde er fündig.
“Also...”, setzte Samsaeel an, während er diverse Blätter aus dem Stapel hervorzog. “Das Angebot an unseren Klienten Jhwh Elohim sieht vor, dass wir ihn zum Auftaktevent der Promotiontour Leviathan, den Chaosdrachen besiegen lassen. Alles wunderbar unterlegt mit Blitzgewittern und Donner. Dabei lassen wir es etwas beben und wackeln. Wir rütteln sozusagen an den Grundfesten der Welt...” Samsaeel wartete einen Moment ab, in der Hoffnung, dass der Erzengel seine scherzhafte Anspielung amüsant finden würde, erzielte aber offensichtlich keinen Erfolg bei Nathaniel. “Dann als krönenden Höhepunkt, wenn der Leviathan besiegt ist, formt unser Klient aus dem zerschmetterten Leib des Drachen Himmel und Erde. Selbstverständlich soll er den gefährlichen Kampf und das anstrengende Formen nicht persönlich übernehmen. Wir engagieren dafür am Besten ein Stuntdouble von Els Göttervertretungen.”
“Gut, gut. Ich erwarte allerdings, dass wir den Besten von Els Leuten bekommen. Seinen Sohn, diesen talentierten Knaben Micha. Der macht einen unglaublichen Eindruck, wenn er mit seinem Flammenschwert so durch die Luft wedelt. Wenn wir schon dabei sind, wir sollten unserem Kunden einen anderen Namen verpassen. Jhwh Elohim, das hat keinen Klang, keine Atmosphäre. Wir kürzen das zusammen.
Warten Sie...Jo...Jeho...Jehowa! Sehr gut, das klingt! Dieser eindrucksvolle Name wird den Gläubigen einen wohligen Schauer über den Rücken jagen. Sehen Sie, Samsaeel, so funktioniert das. Schnell, spontan und perfekt.”
“Jawohl, werter Erzengel Nathaniel. Unser Problem ist nun, dass die AMOGOMA ihrem Kunden Marduk exakt das gleiche Angebot gemacht hat. Inklusive aller unserer geheimen Planungseinzelheiten.”
Samsaeel zögerte einen Moment mit besorgtem Gesicht und kauerte sich tiefer in den Stuhl hinein. “Es kommt aber noch schlimmer. Sogar Micha El haben sie schon unter Vertrag. Aufgrund der deshalb kursierenden Gerüchte zögert unser Kunde mit der Unterschrift.”
Erzengel Nathaniel wurde um die Nasenspitze schlagartig weißer, als es jede Cummulus-Wolke geschafft hätte, selbst wenn sie sich bis zum Äußersten anstrengen würde.
“Wie es scheint, haben wir eine Schlange in unserem Garten”, sagte Nathaniel atemlos. “Ich werde sofort die Sicherheitsseraphim darauf ansetzen. Dieses subversive Subjekt muss umgehend gefunden und entfernt werden. Man sollte so einem Engel den Flugschein abnehmen. So eine Unglaublichkeit. Und das in den Reihen der AW&V. In meinem Hause!”, ächzte der Erzengel. “Gibt es sonst noch etwas, was ich wissen müsste?”
“Nun, wie es der so Zufall will, ist Leviathan, oder mit bürgerlichem Namen Tiamat, mit Marduk verwandt. Sie ist seine Mutter.”
“Was? Seine Mutter? Marduk will seine eigene Mutter bei diesem Event über die Klinge springen lassen? Das ist ja ungeheuerlich, erschreckend, absolut ekelerregend widerlich. Das ist einfach ... genial!” Ein bewunderndes Lächeln schlich sich schlagartig auf die eigentlich verhärmten Züge Nathaniels.
“Finden Sie umgehend heraus, welches wunderbare Genie sich da zu AMOGOMA verlaufen hat. Und vor allem, finden Sie heraus, was wir ihm bieten müssen, damit er die Agentur wechselt. Noch besser, schaffen Sie ihn postwendend her und stellen ihn unter Vertrag. Solche Leute brauchen wir bei uns.
Wahre Künstler mit Ambitionen! Merken Sie sich das endlich mal!”
“Ich werde es versuchen, werter Erzengel Nathaniel. Aber wie soll ich...?”
“Kein aber! So etwas gibt es in unserer Firmenpolitik nicht. Kein aber! Wir machen alles möglich. Haben Sie das immer noch nicht verstanden? Wie viele Jahrzehnte arbeiten Sie jetzt schon für mich und begreifen immer noch nicht die Grundsätze der Welt. Unfassbar. Entwicklung, Samsaeel, ist das Zauberwort. Und der Schlüssel zum Universum. Entwicklung! Wenn Sie sich nicht weiterentwickeln, werden Sie es nie zu etwas bringen. Fangen Sie also am besten gleich damit an. Wenn es bei Ihnen nicht eh schon viel zu spät ist, aber man kann ja nie wissen. Und noch etwas! Sie werden das wieder gerade biegen. Aber plötzlich!
Haben Sie verstanden? Nehmen Sie Kontakt mit unserem Kunden Jehowa auf und teilen ihm unsere Änderungen mit. Er muss schnellstmöglich den Vertrag unterzeichnen. Gar nicht auszumalen was passiert, wenn wir diesen Auftrag verlieren. Und jetzt machen Sie, dass Sie mir erst wieder unter die Flügel kommen, wenn Sie Ergebnisse haben! Raus!”
Mit hängenden Schultern steckte Samsaeel die Brille ein und schnappte sich seine Unterlagen.
Während er auf den Flur hinaus trat, telefonierte Nathaniel
bereits mit dem Büro der Sicherheitsseraphim und klärte diese über den Ernst der Lage auf.
Samsaeel schlurfte, den Aktenhaufen unter dem Arm geklemmt, zu seinem winzigen Büro. Sorgfältig schloss er die Tür hinter sich zu. Dieser Raum war eigentlich als Lagerraum für Reinigungsutensilien und diverse Ersatzteile vorgesehen, bevor Nathaniel ihm diesen in seiner überaus großzügigen Art als Büro zur Verfügung gestellt hatte. Zumindest war er hier ungestört, denn an das Ende des Ganges verirrte sich nur selten ein anderer Mitarbeiter der AW&V. Unachtsam ließ er die Leviathan-Akte in eine der unordentlichen Ecken plumpsen, setze sich an seinen winzigen Schreibtisch und ballte wütend die Fäuste zusammen. Dann griff Samsaeel unter den Schreibtisch, drückte einen versteckten Knopf an der Unterseite der Platte, worauf sich mit einem leisen Klicken ein Geheimfach öffnete und ein handliches SVS, das neueste und modernste sphärische Video-Übertragungssytem, in seine Hand fallen ließ. Während er sich nochmals vergewisserte, dass nicht doch einer seiner übereifrigen Kollegen plötzlich im Büro auftauchen konnte, drückte er diverse Knöpfe auf der Bedienungsoberfläche des SVS.
Nach wenigen Momenten war eine Verbindung aufgebaut und das Firmenlogo der AMOGOMA erschien auf dem Display, unterlegt mit irgendeinem billigen, ohrwurmverdächtigen Jingle. Als dieses schließlich verschwand, machte es dem dümmlich androgynen Gesicht eines Sekretärengels Platz.
“Willkommen bei der AMOGOMA, der Agentur für modernes Gottheitenmarketing! Mein Name ist Sariel. Was kann ich für Sie tun?”
“Hier ist Samsaeel. Ist der Chef zu sprechen?”
“Ein Moment bitte, ich werde sofort nachfragen.” Nach einigen Momenten ertönte die Stimme des Sekretärengels: “Ich verbinde...”
Zunächst geschah überhaupt nichts, der Bildschirm blieb weiterhin schwarz. Dann ergoss sich ein rötlich waberndes Licht auf den Schirm, aus welchem sich langsam ein scharf-kantiges Gesicht mit stechenden Augen heraus schälte. “Samsaeel!”, dröhnte es dumpf aus den kleinen Lautsprechern des SVS. “Wie steht es mit unseren kleinen Wette?”
“Mein Gebieter Astoreth, Erleuchteter, es entwickelt sich alles zu unseren Gunsten. Der Giftstachel sitzt bereits tief im Fleisch der AW&V. Nathaniel hat von mir soeben die entsprechenden Informationen erhalten und sucht bereits fieberhaft nach der undichten Stelle in seinem persönlichen Garten Eden. Er weiß bisher nicht einmal, dass Marduk und der Promotionauftakt schon voll im Gange sind. Sobald jedoch der entsprechende Bericht über den Äther geht und Marduk in seiner Dankes- und Antrittsrede der AW&V für die uneingeschränkte Unterstützung dankt, dürfte es Nathaniel wohl dämmern, wer das wunderbare Genie bei der Konkurrenz ist. Ich schätze, Erleuchteter, damit dürfte ich wohl der Gewinner unserer kleinen Wette sein.”
“In der Tat, Samsaeel. Ich hätte wirklich nicht gedacht, dass sich Nathaniel auf seine alten Tage derartig hereinlegen lässt.” Astoreth gab ein gehässiges Lachen von sich. “Wohl an, Samsaeel. Du hast dir den Wetteinsatz wahrlich verdient. Du solltest wohl besser mal anfangen zu packen. Dein neuer Schreibtisch wartet hier bereits auf dich. Meinen Glückwunsch!”
Mit diesen Worten erlosch das Display auf dem SVS.
Samsaeel stand auf, packte alles Notwendige in seine Aktentasche, drehte sich an der Tür noch einmal um und warf einen letzten Blick auf sein ehemaliges Büro. Sein neuer Arbeitsplatz würde um Welten geräumiger sein, vom Gehalt ganz zu schweigen. Unbeachtet von den überall hektisch umherlaufenden Sicherheitsseraphim ging Samsaeel gemächlich den Flur hinunter, nahm den Aufzug nach unten, nickte dem Portierengel zu und hielt auf die Ausgangstür zu. Mit der Klinke in der Hand verharrte er noch einen Moment, die geöffnete Tür vor Augen.
Nur noch einen winzigen Augenblick.
Samsaeel fühlte es förmlich aus Nathaniels Büro in der obersten Etage hervorbrechen und genoss den ganzen Weg, den es bis zur unteren Ebene hinunterschwemmte.
“SAMSAEEL!”
Mit einem Lächeln voll seeliger Genugtuung ging Samsaeel durch die Ausgangstür und ließ sie hinter sich ins Schloss fallen.

 

Hi Steeni,
nette kleine Geschichte. Zu vorhersehbar, aber nett.

Aber wo liegt der Sinn? Was willst du damit sagen? Denn im Grunde ist es nichts anderes, als dass ein Arbeiter in einer Firma diese verrät und zur Konkurrenz wechselt, nur eben mit dem Unterschied, dass es sich sozusagen auf göttlicher Ebene abspielt.

Sorry, mehr fällt mir dazu jetzt nicht ein. Nur noch, dass ichs gerne gelesen habe

Bruder Tserk

P.S: Fehlerliste kommt per PN

 

Hi Steeni,

zum Glück habe ich noch mal auf Aktualisieren gedrückt, bevor ich die Kritik geschrieben habe. Das hat mir eine Menge Arbeit erspart, da Tserk ja schon eine Fehlerliste erstellt hat.
Deine Geschichte ist flott geschrieben und amüsant, wenn auch nicht bahnbrechend komisch. Eine Satire sehe ich aber leider nicht darin, weder auf Industriespionage, noch auf Religionsmarketing.
Zwar jonglierst du hübsch mit Namen und hast die Atmosphäre gut ausgestattet, es fehlt aber das wirklich kritische Element, das du karikierst.
Insofern eine gute Geschichte, für mich nur leider in der falschen Rubrik.

Lieben Gruß, sim

 
Zuletzt bearbeitet:

Auf jeden Fall schon mal danke für die Kommentare.
Hatte schon gedacht, es schreibt keiner was zu der Geschichte...

War mir selber nicht so ganz sicher, ob die KG in der Rubrik Satire richtig ist.
Letztendlich ziehe ich ja "nur" diverse" Ansichten ein wenig durch den Kakao.
Aber schön, dass es euch wenigstens gefallen hat.

Meinen Dank auch an Tserk.
Werde die Fehlerliste so schnell als möglich abarbeiten...

Nachtrag:
Fehler sind behoben!

 

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